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Jetzt Heumilch erzeugen?

Lesezeit: 7 Minuten

Heumilch schreibt in Österreich seit Jahren eine Erfolgsgeschichte. Schafft sie jetzt auch in Süddeutschland den Durchbruch?


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Das Quotenende wird ein erhöhtes Milchaufkommen mit sich bringen. Doch Expansion ist gerade für Milchviehhalter in Berggebieten wie dem Allgäu oder Oberbayern nur schwer umsetzbar. Zeit also, um sich über die Wertschöpfung Gedanken zu machen. Die Frage lautet: Wie kann ich gegebene Produktionsnachteile in Standortvorteile umwandeln?


Eine Möglichkeit ist das Schaffen neuer Absatzwege. Am besten für ein Premiumprodukt als Nische am Markt. „Die Produktion von Heumilch könnte so eine Nische sein“, ist sich Markus Fischer sicher. Der Ostallgäuer Milcherzeuger ist Vorsitzender der 2014 gegründeten Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Heumilch in Deutschland.


Das Vorbild Österreich weckt Begehrlichkeiten, weil das Allgäu und Oberbayern ähnliche Naturräume und Bewirtschaftungsweisen haben wie die österreichischen Heumilch-Boomregionen Vorarlberg und Tirol. In diesen Bundesländern macht Heumilch bereits rund 40 Prozent an der Gesamtproduktion aus.


Glänzende Zahlen:

Die ARGE Heumilch Österreich kann mit glänzenden Zahlen aufwarten:


  • 8 000 Heumilcherzeuger, die einen Heumilchzuschlag von fünf Cent pro Kilogramm erhalten.
  • 500 unterschiedliche Heumilchprodukte, von denen der Lebensmittel-handel jährlich 40 000 Tonnen absetzt, was einem Rohmilchaufkommen von 430 Mio. kg entspricht. Tendenz steigend.
  • Der Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung von Heumilch und Heumilchprodukten liegt bei über 80 Prozent und nimmt weiter zu.


Die Erzeugung und Verarbeitung von Heumilch hat auch in Süddeutschland Tradition. Heumilch ist für die Hartkäse-Herstellung, wie den EU-weit geschützten Allgäuer Emmentaler, der ideale Rohstoff und gleichzeitig ein Muss. Die Lieferanten müssen strenge Kriterien in der Fütterung, Milcherzeugung und -verarbeitung sowie in der Lagerung erfüllen.


Dazu gehört auch eine silagefreie Fütterung der Kühe. Denn für die Hartkäserei-Tauglichkeit ist ein geringer Gehalt an Clostridiensporen in der Rohmilch ein wichtiger Qualitätsparameter. Früher wurde diese Milch unter dem Begriff „silagefrei“ geführt. Heu-te wird sie unter Marketingaspekten meist als Heumilch bezeichnet.


Allerdings gehen die Anforderungen der ARGE Heumilch Deutschland an die Rohmilcherzeugung über die der Emmentaler Milch hinaus. So muss zum Beispiel der gesamte Viehbestand, also auch das Jungvieh, ausschließlich mit Grün- oder Dürrfutter versorgt werden.


Silagefreie Milch erfassen in Süddeutschland 21 Molkereien und Sennereien in Schwaben und Oberbayern (siehe Karte oben). Die meisten Heumilchverarbeiter sitzen im Regierungsbezirk Schwaben. Zwei Unternehmen haben ihren Standort in Oberbayern und drei befinden sich im württembergischen Allgäu.


Unter den Verarbeitern sind kleine Hofkäsereien bis hin zu mittelständischen Marken-Molkereien wie Alpenhain, die Allgäuer Emmentalerkäserei Leupolz oder die Schönegger Käsealm.


Käseherstellung dominiert.

Die meisten süddeutschen Verarbeiter verwenden die Heumilch zur Käseproduktion, wobei Hartkäse dominiert. Daneben werden auch Schnitt- und Weichkäse sowie Frischkäse-Spezialitäten wie Ricotta und Mozzarella erzeugt. Einige Verarbeiter packen auch Butter, Joghurt und Quark ab.


„Wenngleich die in Bayern erfassten Heumilchmengen noch relativ gering sind, zeigt die Erfassung in den letzten Jahren einen permanenten Aufwärtstrend“, resümiert Ludwig Huber vom Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Der Heumilchanteil an der gesamten Anlieferung liegt derzeit bei 0,8 Prozent. Eine Erhebung der LfL bei den meldepflichtigen Molkereien im Freistaat ergab für 2014 eine Heumilchanlieferung von 72,4 Mio. kg, davon etwa 37 % in Bioqualität.


Für Baden-Württemberg liegen keine aktuellen Zahlen vor. Im Jahr 2012 hat das Stuttgarter Landwirtschaftsministerium die Milchmenge, die Baden-Württemberger Betriebe unter Verzicht auf Silagefütterung im Winter erzeugt haben, auf rund 90 Mio. kg geschätzt.


Im Schnitt 5 Cent Zuschlag:

Den Mehraufwand für die Erfüllung der Emmentaler Bestimmungen bzw. der ARGE Heumilch bekommen die Landwirte in Form eines Zuschlages honoriert. Der schwankt für konventionelle Milch nach eigenen Erhebungen zwischen 2,75 und 6 Cent je Liter. Im Schnitt, so Huber, liegt der Auszahlungspreis für konventionelle Heumilch gut 5 Cent je kg über dem Auszahlungspreis für Standardmilch.


Kleinere Sennereien in Tourismusgebieten, die viel Ware über die Direktvermarktung absetzen können, zahlen noch besser. Bei Spezialitätenmolkereien, wie Emmentaler Käsereien, sind Zuschläge häufig bereits im Grundpreis enthalten.


Dass für Heumilchprodukte zusätzliches Absatzpotenzial besteht, hat eine Umfrage des bayerischen Landwirtschaftsministeriums bei den Molkereien im Freistaat ergeben. Die Molkereien weisen jedoch auf die geringen Rohstoffmengen und den noch relativ geringen Bekanntheitsgrad von Heumilchprodukten beim Verbraucher hin.


Flächenprämien für Heumilch:

Genau diese beiden Knackpunkte gilt es zu lösen. Bayern fördert deshalb Heumilchbauern im Rahmen von KULAP. Über die Maßnahme „Heumilch – Extensive Futtergewinnung“ erhalten Heumilchbauern 100 Euro pro ha. Wer in eine „Heutrocknungsanlagen auf Basis regenerativer Energie“ investiert, kann bei einem Investitionsvolumen zwischen 5 000 und 100 000 € mit einer Förderung von 25 % über das bayerische Sonderprogramm Landwirtschaft rechnen.


In Baden-Württemberg greift das Förderpaket FAKT. Für Milcherzeuger, die sich mindestens für fünf Jahre dazu verpflichten, auf ihrem gesamten Betrieb weder Silage zu gewinnen noch zu verfüttern gibt es für alle Grünland- und Ackerfutterflächen, auf denen Heu erzeugt wird, 80 € pro ha.


Zudem unterstützt der Südwesten Investitionen in die Heutrocknung ab einer Mindestsumme von 20 000 € mit einem Fördersatz von 20 %.


Mehr Marketing erforderlich:

Solche Fördermaßnahmen helfen, in den Markt einzusteigen und Preisschwankungen nach unten abzufedern. Dennoch halten Marktexperten die Wertschöpfungskette bei Heumilch für fraglich, solange sich nicht die entsprechenden Erlöse am Markt erzielen lassen. So stagniert der Emmentaler- und Bergkäseabsatz seit Jahren.


Speziell als Heumilch deklarierte und beworbene Produkte sind hierzulande so gut wie nicht in den Regalen zu finden. Vor allem nicht im Segment der weißen Linie, wozu Trinkmilch, Quark, Joghurt , Schmand und Sahne gehören. Es fehlt an Verarbeitungskapazitäten in den Heumilchregionen. Die vorhandenen Trinkmilchhersteller verfolgen derzeit andere Vermarktungskonzepte, wie Bio, GVO-Freiheit, Weide- oder Bergbauernmilch.


Von einem größeren Wachstum der Heumilcherzeugung ist nur dann auszugehen, wenn zur staatlichen Unterstützung koordinierte Marketingmaßnahmen für Heumilch kommen.


Ein Blick zu den Nachbarn nach Österreich zeigt, wie das gehen kann. Über Facebook, mit Kinderbüchern, Broschüren, Plakaten, Verkostungsaktionen und Videos macht die ARGE Heumilch seit 2009 mobil. Der neueste Clou ist eine rollierend hinterleuchtete Werbewand. Frische Gräser und Kräuter werden in bewegten Bildern vor den Augen der Betrachter von der Heumilchkuh Hanni genüsslich verspeist. Und dies viermal mitten in Wien.


Wie hoch sind die Mehrkosten?

Eine Platzierung der Heumilch im Premiumbereich ist schon deshalb vonnöten, um die Mehrkosten für die Erzeugung abzudecken.


Pauschale Empfehlungen dazu sind schwierig, weil die Ausgangssituationen der Betriebe sehr unterschiedlich sind. Handelt es sich um einen Emmentaler Betrieb, der schon aus Tradition bei der Milchproduktion auf Silage verzichtet? Oder handelt es sich um einen wirklichen Neueinsteiger, der bisher vorwiegend Silage gefüttert hat?


Neueinsteiger müssen sich über die hohen Kosten für die Heubergung, -trocknung und -lagerung im Klaren sein. So ist bei der Einfuhr von Anwelkgut mit 35 % TS mit Trocknungskosten von 0,3 bis 0,7 Cent pro kg Heu zu rechnen. Außerdem nimmt die Heugewinnung deutlich mehr Zeit in Anspruch als die Silagebereitung.


Und: Heumachen will gelernt sein. Hohe Qualitäten setzen kurze Feldliegezeiten voraus. Das erfordert moderne und schlagkräftige Trocknungsanlagen, die das Futter schonend und ausreichend auf den gewünschten TS-Gehalt bringen.


Damit lassen sich auch hohe Grundfutterleistungen ermelken, die bei den Kraftfutter-Vorgaben der ARGE-Heumilch für eine wirtschaftliche Milcherzeugung auch nötig sind.


Friederike Stahmann

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