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Mit Komposttee gegen die Ackerwinde

Lesezeit: 5 Minuten

Mit Feuereifer arbeiten Andreas und Rainer Müller an einem neuen Ackerbaukonzept für ihre Flächen. Ihr Ziel: Starke Kulturpflanzen und weniger Chemie. Kann das gelingen?


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Wie können wir die Dichtlagerung auf unseren Lettenkeuper-Böden aufbrechen und Ertragseinbußen durch Staunässe dauerhaft verhindern?


Mit diesen Fragen beschäftigen sich Rainer und Andreas Müller vom Stiftsgrundhof in Backnang (Rems-Murr-Kreis) schon einige Zeit. „Wir haben in nassen Jahren oft schlechtere Erträge als in trockenen, weil die Pflanzenwurzeln zu wenig Luft bekommen“, sagen die beiden Betriebsleiter.


Im Schnitt der Jahre verzeichnen sie an ihrem Standort zwar 800 mm Niederschläge: „Doch immer häufiger kommen sie als Starkregen zum falschen Zeitpunkt.“ Weil sie den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel reduzieren wollten, legten sie schon vor Jahren den Fokus auf die Stärkung der Pflanzen und setzten ein Blauwasser-Produkt zur Verbesserung des Wurzelwachstums ein. „Punktuell war das erfolgreich, doch wo Kalk im Boden fehlte, kamen wir an Grenzen. Den Pflanzen fehlte Calcium, nicht dem Boden“, wissen die Ackerbauern heute und kalken ihre knapp 100 ha Acker wieder.


Pflanzen stark machen


Mittlerweile steht eine bessere Bodenstruktur und die Aktivierung des Bodenlebens im Zentrum ihrer Philosophie. „Wir möchten einen Boden, auf dem die Kulturpflanze von alleine stark wird und wir keine Unkräuter mehr bekämpfen müssen“, bringt Junior-Chef Andreas sie auf den Punkt.


Die fünfgliedrige Fruchtfolge (Gerste, Weizen, Mais, Soja, Rote Beete) und der Anbau von überwiegend nicht abfrierenden Zwischenfrüchten sind dabei nur zwei Bausteine aus mehreren.


Die Zwischenfruchtmischung der Wahl besteht aus Grünroggen, Winterwicke und Rübsen. Auch wenn sie durch den Grünroggen aus der FAKT-Förderung rausfällt: „Wir brauchen das Gras als Kohlenstoffpumpe, das viel Zucker in den Boden bringt und damit die Humusbildung fördert.“ Außerdem sei der Nmin-Gehalt geringer als nach abfrierenden Zwischenfrüchten. Als Untersaat im Getreide schwören die Ackerbauern auf eine immergrüne Biomischung aus sehr frühen, langsam wachsenden Weidelgräsern, Leindotter, Inkarnat- und Hornschotenklee sowie Gelbklee. „Die Weidelgräser sind vor dem Getreide reif und der Leindotter bleibt im Rosettenstadium stehen. In der ertragsbildenden Phase haben sie keine Relevanz mehr“, sagt Rainer Müller.


Keine Herbstbehandlung mehr


Das Ergebnis: Im Wintergetreide musste nur noch im Frühjahr auf 10 % der Flächen eine Herbizidbehandlung erfolgen. Für den Körnermais suchen die beiden Betriebsleiter noch nach der richtigen Untersaat: „Sie darf im Wintergetreide später keine Probleme machen.“ In der Überlegung ist eine Mischung mit Buchweizen und Perserklee.


Gesteinsmehl und Kräuter


Urgesteinsmehl kennen die Ackerbauern aus dem Futter ihrer 170 Muttersauen und 800 Mastschweine. In der Ration macht es 1% aus und soll im Stall die Ammoniak-Emissionen mindern. Über die Gülle später auf den Flächen ausgebracht, versprechen sich die Landwirte davon die Bindung freier Nährstoffe. Bereits im zweiten Jahr kommt Pflanzenkohle mit 2 kg/m³ in die Gülle, um mehr Wasser und Kohlenstoff im Oberboden zu speichern.


Für die Zubereitung der selbst vermehrten Kräuterfermente und des Komposttees (siehe Kasten) haben sie einen beheizbaren Raum geschaffen und große Tanks gekauft. Die Fermente, die anaerobe Rotteprozesse im Boden lenken und keimhemmend wirken sollen, basieren auf einem Starterferment, auf Zuckerrohrmelasse sowie auf regionalen Unkräutern, wie etwa Disteln oder Brennnesseln. Andreas Müller setzt sie hauptsächlich zur Förderung der Flächenrotte mit 100 l/ha sowie zur Belebung der Gülle mit 1 l je m³ ein. „Zum Beispiel mulchen wir die abfrierende Zwischenfrucht im Herbst und fräsen sie mit den Fermenten versetzt vor der Roten Beete unter.“


Partielle Tiefenlockerung


Auch zur Aussaat baut der Junglandwirt den 600-l-Tank frontseitig an, sodass die Kräuterbrühe im Zuge der partiellen Tiefenlockerung mit vier Scharen im Abstand von 75 cm etwa 25 bis 35 cm tief in den Boden eindringen kann. Von diesem Riss aus soll die weitere Bodenbelebung erfolgen. „Dass wir im nassen Oktober 2019 nach nur einem flachen Grubberstrich überhaupt reinfahren konnten und der Bestand auf den Lockerungsstreifen üppiger ist, schreibe ich diesen Maßnahmen zu“, sagt Rainer Müller. Seine Begründung: Silicium erschließende Mikroorganismen würden Silicium wieder verfügbar machen, wovon die Bodenstruktur und das Bodenleben profitiere. „Er ist immer gut zu bearbeiten, wir haben deutlich weniger Unkraut und Ausfallgetreide.“


Auf fast allen Schlägen gibt es nur noch Gülle als Startergabe. Als Mineraldünger werden Schwefel und Bor eingesetzt. Ein Ergebnis der Untersuchung der Böden nach der amerikanischen Kinsey-Methode. Per APV-Streuer bringen sie gezielt Mikronährstoffe wie Zink und Kupfer aus.


Eine Umstellung im Kopf


Rainer und Andreas Müller wissen, dass sie mit ihrer Strategie am Anfang stehen. Erste Effekte stimmen optimistisch. „Die Umstellung ist für den Kopf eine Herausforderung und wir benötigen viel Arbeitszeit dafür. Dennoch sind wir überzeugt, dass wir damit einzelbetrieblich den Wegfall von Pflanzenschutzmitteln ohne Ertragseinbußen kompensieren können.“


Als zusätzliche Motivation haben sie mit Carbocert einen Vertrag, der den Aufbau von Humus mit regional handelbaren CO2-Zertifikaten belohnt. Zurzeit liegt der Humusgehalt ihrer Flächen im Schnitt bei 2,4%. „In fünf Jahren wollen wir bei 3,5% sein.“


silvia.lehnert@topagrar.com

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