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Mit Rotor in die Reihe

Das Hacken von Unkräutern zwischen dein Reihen ist heute technisch keine Herausforderung mehr, wohl aber innerhalb der Reihe. Ein Landwirt aus Niederbayern hat dafür eine eigene Lösung entwickelt.

Lesezeit: 5 Minuten

Junglandwirt Stefan Heinrich aus Oberschneiding im Landkreis Straubing baut auf dem elterlichen Nebenerwerbsbetrieb fünf Hektar Bio-Zuckerrüben an. Das bedeutet viel Hackaufwand: Jährlich fallen 100 bis 150 Handarbeitsstunden je Hektar an – vor allem für die Unkrautbekämpfung in der Reihe. Grund genug für Heinrich, nach einer Lösung mit mehr Flächenleistung und geringerem Zeitaufwand zu suchen.

Die am Markt derzeitig verfügbaren, sogenannten In-Row-Hacken überzeugten aber Heinrich ebenso wenig wie die autonomen Roboter, die er auf Betrieben in der Nähe in Augenschein nehmen konnte. Aus seiner Sicht fehlte es entweder an Flächenleistung, Praxisreife oder für ihn wirtschaftlichen Anschaffungspreisen.

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Deshalb entstand im Rahmen seiner Promotion an der Universität Hohenheim 2018 die Idee, sich dem Problem im Rahmen eines EIP-Agri-Projektes mit einem eigenen Lösungsansatz zu nähern. Oberstes Ziel dabei: maximale Flächenleistung. Vom Konzept eines autonomen Geräts nahm Heinrich dabei schnell Abstand, da das Hacken aus seiner Sicht nie ohne einen Menschen zur Überwachung stattfinden sollte.

Nach insgesamt zwei Jahren Entwicklungszeit, einigen Rückschlägen und schlaflosen Nächten nahm im April 2020 der erste arbeitsfähige Prototyp seine Arbeit auf Heinrichs Feldern auf – mit Erfolg.

Präzise Spurführung

Die Grundmaschine bildet eine sechs Meter breite Hacke mit hydraulischer Einzelaushebung der Hackaggregate von Hatzenbichler. Bei einem Reihenabstand von 45cm bearbeitet diese zwölf Reihen in einer Überfahrt. Wichtig: Die Hacke wird ausschließlich im Frontanbau gefahren. Heinrich entschied sich gegen Heckanbau und Verschieberahmen, um die Maschine besser im Blick zu haben und Störungen schneller erkennen zu können. Zudem spart er so Gewicht.

Der Clou an Heinrichs Lösung: Die vorne montierten Tasträder werden hydraulisch gelenkt. Vier Kameras haben die Reihen im Blick und geben die entsprechenden Lenkimpulse an die Räder weiter. Jede Lenkbewegung der Tasträder wird zudem automatisch 1:1 an die Traktorlenkung übertragen, wodurch auch ohne GPS eine enorm präzise Spurführung entsteht – ähnlich dem Prinzip einer Zwischenachshacke beim Geräteträger. Um die rund 1300 kg schwere Maschine adäquat bewegen zu können, empfiehlt sich ein Traktor im Leistungsbereich um die 120 PS.

Mit Paddeln zwischen die Pflanzen

Heinrichs eigentliche Innovation sind allerdings die Hackrotoren, die jedem Hackaggregat vorgeschaltet sind und die Heinrich zusammen mit dem befreundeten Maschinenbauer Thomas Stangl entwickelt hat. Die Rotoren haben einen Durchmesser von 40 cm und sind mit je vier 10 cm breiten Paddeln versehen. Jeweils sechs Rotoren arbeiten nach links und rechts.

Jeder Hackrotor wird von einem eigenen Hydraulikmotor angetrieben und über Drehgeber gesteuert. Zudem lassen sich die Hackrotoren im Winkel von 0° bis 45° verstellen, um entsprechend der Vorfahrtgeschwindigkeit ein Arbeiten im rechten Winkel zur Reihe zu erreichen.

Die Entwickler haben bewusst darauf verzichtet, komplett um die Rübe herumzuhacken. Zum einen würde dies die Leistung der Hacke ihrer Ansicht nach zu sehr einbremsen und zum anderen werden kleine Unkräuter ohnehin durch das Brechen des Bodens zerstört.

Die Rotoren lassen sich über Federn in der Tiefe verstellen und sind auch unempfindlich gegen Stroh und Pflanzenrückstände, sodass auch in Mulchsaat gedrillte Rüben damit gehackt werden können. Zudem kann die Hackmaschine auch weiterhin ohne die Rotoren zum standardmäßigen Hacken zwischen den Reihen eingesetzt werden.

Einzelpflanzenerkennung anhand der Form

Die bereits erwähnten vier Kameras überblicken jeweils drei Pflanzenreihen. Die Rüben wurden mit einer Präzisionsdrille in Gleichstandsaat gelegt – eine zwingende Voraussetzung für das Funktionieren der Technik. Die Kameras erfassen die exakte Position der Rübe anhand ihrer Form und interpolieren Fehlstellen oder stark verunkrautete Bereiche. Ein Hochleistungsrechner ermittelt aus den Bildern so den genauen Standort jeder einzelnen Pflanze und steuert die Hackrotoren entsprechend an. Die Erkennungsrate liegt Heinrich zufolge bei über 80%.

Die dazu benötigte Rechenleistung ist enorm und wird von einem Intel- Core-i9-Prozessor mit zehn Rechenkernen und Hochleistungsgrafikkarte übernommen. Mit diesem System kann die Hacke vom ersten Laubblattstadium bis zum Reihenschluss eingesetzt werden – auch bei viel Blattmasse und sich überlappenden Blättern. Mit der entsprechenden Lichttechnik an den Kameras wäre auch ein Einsatz bei Dunkelheit möglich.

Der Lohn der Mühe ist ein exaktes Hacken bei einer vergleichsweise hohen Vorfahrtgeschwindigkeit: Die Maschine kann bis zu 2 km/h schnell gefahren werden. Das klingt nach wenig, sorgt aber für eine Stundenleistung von einem Hektar und ersetzt somit 24 Menschen mit Handhacke.

In der Saison 2020 wurde die Hacke im ersten Laubblattstadium, im 4-Blattstadium und zum Reihenschluss eingesetzt und ersparte dem Betrieb zwischen 50 % und 70 % der Handarbeitsstunden. Die Saisonleistung gibt der Entwickler mit 40 ha Biorüben an.

Patent und Vermarktung

Aktuell lässt Stefan Heinrich die Erfindung patentrechtlich schützen. Zudem wollen die Entwickler das Gerät für den Einsatz in gepflanzten Kulturen (z.B. Kohl) adaptieren. Im Prinzip lassen sich aber alle Reihenkulturen mit dieser Maschine hacken, die mit einer präzisen Einzelkorndrille und 15 cm Abstand in der Reihe gedrillt wurden. Auch eine 3-D-Pflanzenerkennung ist in Arbeit. Dafür muss allerdings die Rechenleistung des PCs noch deutlich gesteigert werden.

Im kommenden Jahr ist die Vermarktung einer Kleinserie an interessierte Landwirte geplant – zu einem Listenpreis von rund 120.000 €.

Frank Friedrich

Kontakt in die Redaktion: andreas.holzhammer@topagrar.com

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