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Mut haben, sich dem Leben zu stellen

Lesezeit: 3 Minuten

Hildegard Brändle ist Logotherapeutin und begleitet in ihrer Praxis in Münsingen Menschen in schwierigen Phasen und in Trauer.


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Warum gehen Menschen unterschiedlich mit Schicksalsschlägen um?


Brändle: Wie Menschen auf einen Schicksalsschlag reagieren, hat mit der Resilienz zu tun. Also mit der Fähigkeit, mit dem umzugehen, was einem das Schicksal gegeben hat. Ich betreue in meiner Praxis unterschiedliche Menschen, dabei beobachte ich, dass bäuerliche Klienten besser mit schwierigen Lebenssituationen umgehen können. Das liegt daran, das Bäuerinnen und Bauern viel mit ihren Händen „verschaffen“. Was den Menschen beeindruckt, braucht einen Ausdruck – ob bei der Stall-, Feld- oder Gartenarbeit ist egal. Außerdem sind Bäuerinnen und Bauern gut eingebunden: ins Familienleben, in die Dorfgemeinschaft und ins Vereinsleben. Das lässt sie anders mit Schicksalsschlägen umgehen.


Ist das Weiterführen der Arbeit nicht auch Zwang?


Brändle: Das „Müssen“ ist auch ein Motor, der beim Heilen helfen kann. Müssen kann, gerade bei Krankheiten, zum Sinn werden.


Was macht eine Krankheit oder der Tod eines geliebten Menschen mit dem Familiengefüge?


Brändle: Es wird durcheinander geworfen. Bei einem Trauerfall bleibt die Welt stehen. Und trotzdem muss alles weitergehen. Bei einer Krankheit hingegen verschiebt sich oft das Kräfteverhältnis. Derjenige, der krank wird, fühlt sich schwach. Auf dieser schwachen Ebene darf er oder sie später nicht stehen bleiben. Das Gleichgewicht muss die Familie gemeinsam wieder herstellen. Rituale und die Arbeit können dabei helfen.


Was können Außenstehende tun?


Brändle: Bei einem Trauerfall ist es wichtig, einfach nur da zu sein, ohne dass der Trauernde das Gefühl bekommt, etwas zurückgeben zu müssen. Trauer braucht Zeit und Raum. Der Trauernde muss sich ausklagen dürfen, kommt die Person aber aus dem tiefen Loch nicht mehr heraus, müssen Vertrauenspersonen handeln und „Hilfe holen“. Der Grat ist schmal: Wie lange schaue ich zu? In der Therapie gibt es drei Schritte: erkennen, benennen, verändern. Wenn man im eigenen tiefen Loch hängt, dann erkennt man manchmal nicht mehr. Dann braucht man jemanden, der benennt. Dafür braucht es viel Achtsamkeit, denn der Zeitpunkt muss stimmen.


Wie findet man nach einer schweren Krankheitsdiagnose den Mut, sich wieder ins Leben zu kämpfen?


Brändle: Erkrankte sollten mit ihrer Krankheit nach außen gehen und sich Hilfe holen: beim Sozialdienst, im Krankenhaus, in der Beratung. Gespräche können dazu führen, dass die Person ihre Einstellung zu der Krankheit ändert. Denn man kann hadern und gibt der Angst und der Krankheit ganz viel Raum. Oder man kann die Einstellung ändern und hoffnungsvoll sein. Das allerdings ist ein Weg, für den Menschen nach der Diagnose Unterstützung brauchen. Vor allem diejenigen, bei denen das Glas sowieso immer halbleer ist. Man muss den Mut haben, sich dem Leben zu stellen.

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