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Ohne Ungräser in den Winter

Lesezeit: 8 Minuten

Zunehmende Resistenzen bei Windhalm und Ackerfuchsschwanz und immer weniger zugelassene Wirkstoffe erfordern eine ausgeklügelte Bekämpfungsstrategie im Wintergetreide. Basis für den Erfolg ist ein erfolgreicher Herbizideinsatz im Herbst.


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Wer in den letzten Jahren aufmerksam über die Getreidefelder schaute, dem wird nicht entgangen sein, dass immer öfter Ungräser über die Bestände hinausragen.


Während es bei Windhalm oft kompakte Inseln sind, ist der Ackerfuchsschwanz mehr oder weniger stark über die ganze Fläche verteilt. Auch Trespen sind längst nicht mehr auf die Feldränder beschränkt.


Septembersaaten kritisch


Mögliche Ursachen gibt es viele: bereits zu große Unkräuter zum Behandlungstermin, nicht ideale Witterungsbedingungen bei der Anwendung, schlechte Benetzung oder auch fragliche Mittelwahl. Wenn die chemische Regulierung an ihre Grenzen stößt, muss man auch über pflanzenbauliche Maßnahmen nachdenken, die die Unkraut- und Ungrasbekämpfung unterstützen. Das reicht bis zu Fruchtfolgeumstellungen auf mehr Sommerungen bzw. mehrjährigen Feldfutterbau.


Auch die zunehmende Praxis von Septembersaaten bei Weizen ist in diesem Zusammenhang sehr kritisch zu sehen. Schon eine moderate Verlagerung des Saattermins um ein bis zwei Wochen nach hinten kann den Besatz an Ungräsern deutlich senken. So bringt eine spätere Weizensaat nach Mitte Oktober oft eine Reduzierung von Ackerfuchsschwanz von 50 bis 75% – ganz ohne Herbizideinsatz!


Auch dem Pflug kommt zur Besatzreduzierung von Ungräsern eine wichtige Rolle zu. Denn Ackerfuchsschwanz und Windhalm sind Flachkeimer.


Auf Problemstandorten sollte auch der Einsatz von Glyphosat in der Stoppel in Betracht gezogen werden. Dies trägt damit auch zur Einsparung von Folgeherbiziden bei. Zudem kann eine vorgezogene Saatbettbereitung um ein bis zwei Wochen sinnvoll sein, um den Ackerfuchsschwanz zum Keimen anzuregen und ihn dann mit der Saatbettkombination bei der eigentlichen Saat mechanisch zu bekämpfen.


Oft sind es aber auch Resistenzen. Denn gerade beim Windhalm provozierte die lange gängige Behandlungspraxis, ausschließlich im Frühjahr Herbizide aus der Klasse der Sulfonylharnstoffe (z.B. Broadway, Atlantis Flex) einzusetzen, eine rasche Resistenzentwicklung.


Eine durchdachte Anti-Resistenzstrategie ist daher unerlässlich. Setzen Sie nicht in Herbst-Frühjahrsspritzfolgen blattaktive Präparate aus der gleichen Wirkgruppe ein. Sollten Sie zum Beispiel im Herbst mit Axial 50 oder Traxos (ACCase-Hemmer) behandeln, sollten Sie bei erforderlicher Nachbehandlung im Frühjahr nur ein Sulfonylharnstoffpräparat einsetzen. Die Anwendung des Kombipräparates Avoxa ist daher kritisch zu sehen.


Mit BodenwirkstoffenKombinieren


Aus diesem Grund wird die Möglichkeit, über eine optimale Kombination der nur gering bis nicht resisistenzgefährdeten Bodenwirkstoffe wie Flufenacet, Diflufenican, Prosulfocarb oder Pendimethalin hohe Wirkungsgrade zu erzielen, immer wichtiger. So kann die passende Herbstbehandlung eine notwendige Frühjahrsbehandlung deutlich unterstützen oder im Idealfall sogar unnötig machen.


In puncto Bodenfeuchte stellt Flufenacet die höchsten Ansprüche gefolgt von Pendimethalin. Prosulfocarb und Chlortoluron (CTU) entfalten auch bei etwas trockeneren Bedingungen ihr Wirkpotenzial.


Zudem ist der Herbsteinsatz von Herbiziden in Wintergetreide meist unproblematischer als im Frühjahr zu sehen, denn die Anwendungsbedingungen sind – abgesehen von Jahren mit langanhaltender Bodentrockenheit – besser und es steht eine größere Mittelpalette zur Verfügung.


Die Ungräser- und Unkräuter sind noch klein und oft haben sich nach milden Wintern bereits bestockte Ackerfuchsschwanz- und Windhalmpflanzen etabliert, deren Bekämpfung selbst bei optimalen Bedingungen einen höheren Aufwand erfordert oder nicht mehr sicher gelingt.


In unseren Versuchen hat sich zudem gezeigt, dass auf kritischen Standorten, bei frühen Saatterminen und hohen Ausgangsbesatzdichten nur eine Spritzfolge bestehend aus Herbst- und Frühjahrstermin zu ausreichenden Bekämpfungsleistungen führt. In der Wintergerste und in gut entwickeltem Winterweizen ist die Herbstbehandlung eine Pflicht.


Bei späten Saatterminen etwa nach Körnermais oder Zuckerrüben kann beim Winterweizen eine Frühjahrsbehandlung sinnvoller sein kann. Denn generell gilt, dass für die blattaktiven Wirkstoffe genügend Benetzungsfläche vorhanden sein muss, um eine ausreichende Wirkstoffaufnahme sicherzustellen.


Windhalm im Herbst bekämpfen!


Windhalm keimt immer im Herbst und lässt sich normalerweise sicher und kostengünstig mit Bodenherbiziden erfassen. Deshalb ist von der verbreiteten Praxis, die Bekämpfung auch im Weizen erst im Frühjahr blattaktiv mit Sulfonylharnstoff-Herbiziden (ALS-Hemmer) vorzunehmen, abzuraten. Denn Windhalm bildet sehr schnell ALS-Resistenzen aus.


Die Mittelwahl richtet sich in erster Linie nach dem Anwendungstermin. Gerade in Kombinationen mit dem keimhemmenden Wirkstoff Flufenacet sind frühe Anwendungen für gute Wirkungen entscheidend. Herold SC, Malibu und Jura zeigten in unseren Versuchen gute und gleichwertige Wirkungen im sehr frühen Nachauflauf (BBCH 10-12). Für den etwas späteren Nachauflauf bis BBCH 13 ist die Kombination Carmina 640 + Alliance oder Trinity geeignet, bei trockeneren Bodenbedingungen sind Kombinationen mit Prosulfocarb (Boxer, Filon) wirkstabiler.


Bei bereits aufgelaufenem Windhalm kann eine Tankmischung aus Stomp Aqua + Axial 50 eingesetzt werden, die primär für den späten Nachauflauf in der Wintergerste passt. CTU-haltige Kombinationen erfassen zudem Kornblume oder Kamille gut.


Axial 50 nur in Wintergerste


Für die Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz in der Wintergerste steht mit Axial 50 nur noch ein einziger blattaktiver Wirkstoff zur Verfügung. Der Wirkstoff Pinoxaden aus der hoch resistenzgefährdeten Wirkgruppe der ACCase-Hemmer im Axial 50 sollte deshalb in Getreidefruchtfolgen ausschließlich der Wintergerste vorbehalten sein.


Eine Herbstbehandlung ist hier unverzichtbar. In der Regel sind immer Kombinationen aus Boden- und Blattherbiziden sinnvoll.


Gute Ergebnisse haben in unseren Versuchen Mischungen von Herold SC, Malibu oder Stomp Aqua mit Axial 50 im Zwei- bis Dreiblattstadium des Ackerfuchsschwanzes erzielt. Während auf Windhalmstandorten 0,3 bis 0,4 l/ha Herold SC ausreichen, sollte die Aufwandmenge bei Ackerfuchsschwanz auf 0,5 l/ha erhöht werden.


In trockenen Regionen oder Jahren mit verzögertem Auflauf wird in der Praxis oft zu früh behandelt. Denn hat das Ungras erst ein Blatt ausgebildet, wird zu wenig Wirkstoff aufgenommen. Somit kann die ausschlaggebende blattaktive Behandlung nicht ausreichend wirken. In diesem Fall sollte der Einsatz von Axial 50 erst im Frühjahr erfolgen oder in einer Herbst-Spritzfolge nach vorausgegangenem Bodenherbizid.


Für die Herbstvorlage kommen in diesem Fall reine Bodenherbizide mit guter Ackerfuchsschwanzwirkung wie Herold SC oder Malibu, oder noch etwas griffiger, die Kombination aus Herold SC bzw. Malibu + Boxer zum Einsatz. Wenig effektiv zeigten sich rein blattaktive Herbstbehandlungen mit Axial 50 oder Axial Komplett.


Ausreichende Wirkungsgrade bei der Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz zeigen nach unseren Erfahrungen oft nur Spritzfolgen. Denn um das Samenpotenzial zumindest konstant zu halten, sind hier Wirkungsgrade von mindestens 98% anzustreben.


Frühzeitig Bekämpfen


Bei der Bekämpfung kann daher vor allem auf Standorten mit hohen Besatzdichten auf die Herbstvorlage kaum verzichtet werden. Diese sollte aus resistenztechnischen Gründen bereits sehr frühzeitig in den Auflauf von Ackerfuchsschwanz auf der Basis von 0,5 l/ha Herold SC und einer eventuellen Ergänzung mit Prosulfocarb (Boxer) erfolgen. Eventuelle durch Prosulfocarb verursachte Aufhellungen wachsen sich meist wieder aus und führen in der Regel zu keinen relevanten Ertragsminderungen.


Vom Einsatz des Wirkstoffes CTU (Carmina 640, Trinity) zur Ackerfuchsschwanzbekämpfung raten wir ab. Zum einen ist die Wirksicherheit aufgrund von Resistenzentwicklungen nicht mehr ausreichend gegeben. Zum anderen besteht bei CTU die Gefahr des Austrages in Grund- bzw. Oberflächengewässer. Deshalb sind diese Produkte mit einer entsprechenden Auflage auf dränierten Flächen versehen.


Später mit Traxos absichern


Bei späteren Behandlungsterminen mit entsprechend aufgelaufenem Ackerfuchsschwanz kann die Zugabe von 0,9 l/ha Traxos zum Bodenherbizid die Bekämpfungsleistung absichern. Bei extrem hohen Besatzdichten und nicht ausreichender Herbstwirkung könnte als Maximalvariante dann noch eine Nachbehandlung im Frühjahr mit 0,2 bis 0,33 kg/ha Atlantis Flex erfolgen.


Eine rein blattaktive Behandlung im Herbst mit Traxos ist nur bei sehr trockenen Bedingungen gerechtfertigt und erfordert meistens eine Nachbehandlung im Frühjahr.


Durch den Einsatz von Herbiziden im Herbst besteht das Risiko, dass durch nachfolgende Winterniederschläge und Schneeschmelzen Wirkstoffausträge über Versickerung oder Abschwemmung zu Umweltbelastungen führen. Als besonders sensible Wirkstoffe sind hier CTU (Carmina 640, UP CTU, Trinity) und Diflufenican (Alliance, Herold SC, Battle Delta u.a.) zu nennen.


Unabhängig von einem vorhandenen Randstreifen empfehlen wir, auf den Einsatz dieser Wirkstoffe auf Flächen, die an Gewässer angrenzen, zu verzichten. Neben den Abdriftauflagen zu Nichtzielflächen oder Gewässern (NT, NW) gelten auch bei Getreideherbiziden oft auch Abschwemmungsauflagen.


Auf Schlägen mit über 2% Hangneigung muss beim Einsatz dieser Präparate ein je nach Auflage 5 bis 20 m breiter bewachsener Randstreifen zum Gewässer hin vorhanden sein, der nicht mitbehandelt werden darf. Getreidekulturen erfüllen hier die geforderte geschlossene Bodenbedeckung im Herbst in der Regel nicht.


Verdunstung beachten


Als umweltrelevanter Aspekt dazugekommen ist das Verdunstungspotenzial der Wirkstoffe Pendimethalin (Stomp Aqua, Picona, Addition, Agolin, Trinity u.a.) und Prosulfocarb (Boxer, Filon, Jura). Diese Wirkstoffe können bei entsprechenden Umweltbedingungen (Thermik, Temperatur) über weite Distanzen verfrachtet werden und zu Kontaminationen auf sensiblen Kulturen führen. Problematisch sind hier vor allem biologisch bewirtschaftete Flächen.


Vermeiden Sie deshalb die Anwendung in der Nähe von noch zur Ernte anstehenden Kulturen. Der Einsatz dieser Wirkstoffe darf nur mit einer 90%-abdriftgeminderten Düse, mindestens 300 l Wasser/ha, Fahrgeschwindigkeit max. 7,5 km/h und Windgeschwindigkeit unter 3 m/s erfolgen.


klaus.dorsch@topagrar.com

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