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Rechnet sich Heumilch?

Lesezeit: 7 Minuten

Die Erzeugung von Heumilch verursacht mehr Arbeit und Kosten, bringt aber höhere Erlöse als Milch aus Silage. Zwei Studien geben Aufschluss über die Wirtschaftlichkeit von Heumilch.


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In Gründlandregionen ist Heumilch eine Alternative, um die Wertschöpfung der Milcherzeugung zu verbessern, vorausgesetzt, es gibt eine Molkerei, die speziell diese Milch sucht und abnimmt. Doch selbst wenn das der Fall ist, sollte man zunächst prüfen, ob sich diese Form der Erzeugung für einen selbst auch rechnet.


Doppelt so viel Arbeit Auf Heubetrieben


Eine Studie der LfL Bayern (ILT, J. Macˇuhová und S. Thurner, 2020) hat die Arbeitszeiten der Produktion von Belüftungsheu im Vergleich zur Grassilage untersucht. Dabei zeichneten bis zu elf Belüftungsheu- und acht Silagebetriebe ihre Arbeitszeiten in Arbeitstagebüchern auf. Sie zeigen, dass auf Grassilagebetrieben im Durchschnitt 2,2 (±1,4) Arbeitspersonenstunden (APh) pro ha und Schnitt aufgewendet wurden. Dagegen fiel auf den Heubetrieben mit 4,1 (±1,6) APh pro ha und Schnitt fast doppelt so viel Arbeit an (Übersicht 1). Die Produktionstechnik ist dabei nicht der einzige große Faktor. Die Unterschiede im Arbeitszeitbedarf liegen auch am Feld im Wenden bzw. Zetten, Schwaden und Einlagern des Materials:


  • Mähen: Während die Grassilage-Betriebe auch Dreier-Mähwerkskombinationen verwendet haben (Arbeitsbreite bis zu 9,6 m), setzten Heu-Betriebe beim Mähen maximal eine Doppel-Mähwerkskombination (max. Arbeitsbreite 6,5 m) ein. Das erklärt den tendenziell höheren Arbeitszeitaufwand für das Mähen von Belüftungsheu (0,62 statt 0,38 APh/ha).
  • Zetten/Wenden: Alle Heu-Betriebe haben ihre Heu-Chargen nach dem Mähen auf der Fläche gezettet, wohingegen dies nur bei zwei Drittel der Grassilage-Chargen erfolgte (0,35 statt 0,16 APh/ha). Zudem wurden fast alle Chargen des Belüftungsheus am Feld einmal gewendet, um einen TM-Gehalt von 60% zu erreichen. Dies entfiel bei den Grassilage-Chargen meistens (TM 35%). Das spiegelt sich in einem deutlich erhöhten Arbeitszeitaufwand für das Wenden des Heus wider (0,49 APh statt 0,12 APh/ha).
  • Einlagern: Das Einlagern des Heus in die Trocknungsboxen benötigte signifikant mehr Arbeitszeit als das Einlagern und Verdichten des Materials im Silo (0,62 statt 0,31 APh/ha). Die meisten Heukräne arbeiten inzwischen sehr effektiv, trotzdem wird für diesen Arbeitsschritt die gemessene Zeit benötigt.


Kein Unterschied beim Füttern


Bei der Fütterung der Kühe konnte jedoch bezüglich des Arbeitszeitaufwands kein Unterschied zwischen den Betrieben mit überwiegend Belüftungsheu- oder Silagefütterung (9,52 bzw. 8,82 APh pro Kuh und Jahr) beobachtet werden. Die arbeitswirtschaftlichen Ergebnisse zur Ernte sprechen daher eher für die Silageproduktion, auch wenn bei der Fütterung kein Unterschied zu beobachten war.


„Andererseits haben die Landwirte die Möglichkeit, ihre Milch als Heumilch zu vermarkten und können von langfristigen Lieferverträgen und Heumilchaufschlägen profitieren“, meint Stefan Thurner, LfL Bayern.


Hohe Zuschläge möglich


„Der aktuell erzielbare Preisaufschlag für Heumilch ist in Bayern je nach Molkerei unterschiedlich. Bei den Betrieben, die ihre Milch als Heumilch vermarkten können, fängt es dann bei rund 3 ct je kg an und geht teilweise sogar auf mehr als 10 ct/kg rauf“, berichtet Thurner weiter. Laut Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Heumilch liegt der Heumilch-Zuschlag in Bayern aktuell bei 5 ct/kg.


Da die Investitions- und Betriebskosten für die Heutrocknung keine Direktkosten, sondern übrige Vorleistungskosten sind, lassen sich die Systeme jedoch anhand der Teilkostenergebnisse der Betriebszweigauswertung nicht vergleichen. Das heißt, ein sauberer Vergleich ist nur anhand der Vollkostenrechnung möglich.


Vergleich von Heu und Silage


Eine Auswertung der Vollkosten der österreichischen oder süddeutschen Heumilchbetriebe gibt es derzeit nicht. Stattdessen hat die Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft (HBLFA) im österreichischen Raumberg-Gumpenstein die Wirtschaftlichkeit mehrerer Heu-Bergeverfahren (Bodenheu, Ventilator-Kaltbelüftung, Unterdachtrocknung mittels Entfeuchter) sowie die Silage-Produktion im Fahrsilo miteinander verglichen.


„Da sich jedoch absolute Zahlen zwischen den Betrieben hochgradig unterscheiden, haben wir die Differenz zwischen den Verfahren berechnet“, erklärt Christian Fritz vom Institut Tier, Technik und Umwelt der HBLFA Raumberg-Gumpenstein.


Die Ergebnisse (Übersicht 2):


  • Bodenheu (+100 €/ha) und Kaltbelüftung (+240 €/ha) verursachen höhere Kosten als die Silage. Erwartungsgemäß ist die Kostendifferenz bei der Entfeuchtertrocknung (+580 €/ha) im Vergleich zur Silage am größten.
  • Alle Heuverfahren weisen aufgrund des Heumilchzuschlags gegenüber der Silage höhere Erlöse auf. Beim Bodenheu (+50 €/ha) wird der Zuschlag jedoch durch die höheren Futterverluste weitgehend eingebüßt. Bei der Kaltbelüftung (+460 €/ha) und der Entfeuchtung (+680 €/ha) ist die Milcherzeugung je ha deutlich höher. Da die Heumilchprämie im bayerischen Kulturlandschaftsprogramm an den Mineraldüngerverzicht und eine Besatzdichte von unter 1,76 GV/ha Hauptfutterfläche gekoppelt ist, wurde diese bei der Berechnung nicht berücksichtigt.
  • Bei der Differenz von Mehrerlös und Mehrkosten schneiden die beiden Belüftungsverfahren positiv ab (220 €/ha bei der Kaltbelüftung und 100 €/ha bei der Entfeuchtung).


Die Modellkalkulation zeigt vereinfacht:


  • Bodenheuwerbung: geringe Erlöse bei geringen Kosten;
  • Kaltbelüftung: hohe Erlöse bei mittleren Kosten;
  • Entfeuchterverfahren: sehr hohe Erlöse bei hohen Kosten;
  • Silageproduktion: mittlere Erlöse bei sehr geringen Kosten.


„Die Studie zeigt, dass jedes der untersuchten Verfahren je nach den gegebenen Rahmenbedingungen seine Berechtigung hat“, resümiert Christian Fritz. Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit der Produktion von Heu (Boden oder Belüftung) oder Silage ist daher betriebsindividuell zu betrachten.


Fünf Erfolgsfaktoren


„Natürlich spielt die Heumilchvermarktung eine Rolle, aber eben nicht nur! Es kommt mehr darauf an, wie gut man im Management aller Bereiche seines Milchviehbetriebes ist“, erläutert Fritz. Der Wissenschaftler hat daher ausgerechnet, was auf einem mittleren österreichischen Heubetrieb die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Wirtschaftlichkeit sein können (Übersicht 3).


  • Wetterrisiko: Das Wetterrisiko hat mit insgesamt 22% Anteil an den Gesamterlösen den größten Einfluss. Der Landwirt kann hier mit dem richtigen Schnittzeitpunkt (+/-5 Tage), Schlagkraft (1,3 statt 4 Einfuhrchargen) sowie Technisierung bei der Belüftung besonders viel herausholen!30


  • Grünland: Hohe Feld- und Bröckelverluste müssen unbedingt vermieden werden (Ziel: <20%)! Mit einer optimierten Pflege des Grünlandbestandes (Nachsaat, effiziente Düngung etc.) lassen sich bis zu 600 kg TM/ha Mehrertrag sowie hohe Energie- und Proteingehalte bei der Heubergung erzielen.31


  • Fütterung: Im Stall profitieren die Kühe von der besten Grundfutterqualität. Damit lässt sich eine hohe Futteraufnahme erzielen. Das macht zwischen Grassilage und Entfeuchterheu bis zu 500 kg mehr Milch pro ha und Jahr zugunsten des Heus aus!32


  • Märkte: Der Milchpreis bekommt durch die Menge zwar einen gewissen Hebel. Dennoch hat der Auszahlungspreis (Grundpreis plus Zuschlag) im bestehenden Vermarktungssystem nur einen Einfluss von 10% auf die Wirtschaftlichkeit am Heubetrieb.33


  • Technikkosten: Die Investitions- und Betriebskosten einer Trocknungsanlage bieten erheblichen Spielraum, haben aber nicht den größten Einfluss auf die betriebliche Wirtschaftlichkeit.34


„Der maßgebliche betriebswirtschaftliche Vorteil in der Milchproduktion entsteht durch die Reduktion des Wetter- und Ertragsrisikos“, fasst Christian Fritz zusammen. „Damit kann sich eine Höhertechnisierung zum Entfeucher- oder Silageverfahren rentieren.“ Eine nicht unwesentliche wirtschaftliche Einflussgröße ist zudem der Energieaufwand für einer Belüftungsheutrocknung, egal ob hier eigene Biomasse, Strom oder Diesel zum Einsatz kommt.


Einzelbetriebliche Einflüsse auf die Betriebswirtschaft sind zudem die unterstellte Nutzungsdauer der Investitionen sowie eine geschickte Organisation im Alltag: „Ich beobachte häufig, dass die Landwirte mit längeren Nutzungsdauern rechnen. Dabei spielt eine Rolle, ob es z.B. eine Nachnutzung für die Halle gibt, wenn man die Heubelüftung aufgibt“, berichtet Stefan Thurner.


Zudem setzen die Landwirte laut Thurner bei der Heuwerbung oft gebrauchte Maschinen ein und erledigen die Arbeit in Eigenleistung. Bei der Silage werde hingegen meist eine Erntekette über den Maschinenring oder Lohnunternehmer organisiert. „Und für die Futtervorlage benötigen viele Betriebe keinen Futtermischwagen“, erläutert Thurner. „Wenn man klug plant, kann man mit dem Heukran direkt den Futtertisch bedienen.“


felicitas.greil@topagrar.at

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