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Rübenkrise hoch drei

Lesezeit: 5 Minuten

Rübenderbrüssler fressen ganze Felder auf, Neonics sind verboten und der Preis ist am Boden – in Österreich sind Anbauer gleich mit mehreren Krisenherden konfrontiert.


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Wie eine biblische Plage sind die Rüsselkäfer über die Rüben von Lorenz Mayr hergefallen. „Meine gesamten 13 ha sind ihnen zum Opfer gefallen. Und ich stand hilflos daneben“, erzählt der Bauer aus Niederösterreich.


Er ist kein Einzelfall. Bereits 2018 hat der sogenannte Derbrüsselkäfer große Schäden in Österreich angerichtet. Von 40000 ha Rüben haben es letztes Jahr nur 32000 ha zur Ernte geschafft.


Kopfgeld auf Käfer


Einiges wurde gegen den Schädling bereits ausprobiert – allerdings mit überschaubarem Erfolg. Anfang April verteilte die Agrana Pheromonfallen an ihre Landwirte. Einer davon war Josef Keiblinger. Auf seinen 8 ha Rüben kontrolliert der Niederösterreicher täglich die eingegrabenen Pheromonfallen. Dabei handelt es sich um Eimer mit einem Lockstoff in der Mitte. „Früher hieß es ab Mai wird der Rüssler inaktiver, weil er mit der Paarung beschäftigt ist. Nach Ostern ist die Zahl der Käfer in meinen Fallen aber deutlich gestiegen. Fliegt er erst ab 20° C oder schon ab 15° C? Wir wissen viel zu wenig über den Derbrüsselkäfer. Er muss noch viel mehr erforscht werden, um Gegenmaßnahmen zu entwickeln“, so Keiblinger.


10 € pro Kilo Käfer hat die Agrana, eine Tochter der Südzucker AG, ihren Bauern nun per SMS als Anreiz angeboten. „Diese Kopfprämie hat viele Landwirte verärgert. Käfersammeln ist eine Maßnahme wie vor 100 Jahren“, erklärt Markus Schöberl von der Vereinigung „Die Rübenbauern“. „Die Nerven liegen aber auch bei der Agrana blank. Jeder gesammelte Käfer hilft“, sagt er.


Andere Branchenkenner vermuten, dass die Fabrik in Leopoldsdorf bei Rübenmangel bald zusperren müsste.


Bereits letztes Jahr haben Landwirte Fallschlitze um ihre Rübenflächen gezogen. Auf dem Weg zu den Rübenpflanzen sollen die Käfer so in eine Grube fallen. Soweit die Theorie. „Vor allem auf leichten Böden und wegen der trockenen Verhältnisse sind die Fallschlitze reihenweise eingebrochen“, berichtet Veronika Nowak-Graf von der Bezirksbauernkammer Tulln.


Rüben schützen verboten


„Mit Pflanzenschutzmitteln hat man gegen den Derbrüsselkäfer wenig Erfolg. Meist sind die Wirkstoffe viel zu schwach dosiert“, erzählt Ernst Karpfinger, Präsident der Vereinigung der österreichischen Rübenbauernorganisationen. Immer mehr Wirkstoffe würden von der EU auch verboten. Heute seien es die Neonics, morgen Betanal und übermorgen Vibrance SB. „Wir entwickeln uns zurück in die Steinzeit. Da ist es kein Wunder, wenn Schädlinge zunehmen“, sagt Karpfinger.


Erst letztes Jahr hat die EU-Kommission den Einsatz der Neonics im Freiland verboten. Das bedeutete auch das Aus für die neonicotinoide Saatgutbeize. Ohne diese sind die jungen Rübenpflanzen Erdfloh, Moosknopfkäfer und Co. schutzlos ausgeliefert.


Das endgültige Ende der Beize war das jedoch nicht. Die Rübenbauern beantragten eine Notfallzulassung. Die Landesregierungen von Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark genehmigten den Einsatz der Beize mit Auflagen. Für Karpfinger ein klares Signal: „In diesen Bundesländern ist Landwirtschaft noch etwas wert.“


Anders ist die Situation in Wien und dem Burgenland. In diesen beiden Bundesländern verzichtete die Politik auf eine Notfallzulassung. „Die Landesregierung war nicht gesprächsbereit“, erzählt Markus Fröch vom burgenländischen Rübenbauernbund. Im Gegenzug gebe es jetzt eine Bioumstiegswelle. „Wenn Landwirte schon keine Neonics einsetzen dürfen, wollen sie wenigstens mehr verdienen“, so Fröch.


Georg Mauser aus Niederösterreich ist seit Juni 2018 Umstellerbetrieb. „Für Bio-Rüben bekommt man heute 103 €/t. Das ist fast das Vierfache von dem was konventionelle Zuckerrüben bringen“, erklärt er. Die Bio-Rübenanbaufläche ist so im Vergleich zum Vorjahr von 1700 ha auf 2095 ha gestiegen. Wegen Derbrüsselkäfer, Erdfloh und Trockenheit haben es letztes Jahr aber lediglich 550ha zur Ernte geschafft. Und der händische Aufwand bei Bio-Rüben ist enorm. Für ganz Österreich wäre das undenkbar. „Wer soll 40000 ha Bio-Rüben händisch pflegen? Herr und Frau Österreicher sicher nicht“, so Markus Schöberl von den Rübenbauern.


Kampf oder Flucht


Wie geht es mit dem Rübenanbau weiter? Historische Aufzeichnungen zum Derbrüsselkäfer zeigen, der Schädling kommt und geht. Ein feuchter Spätsommer und die Population könnte wieder zusammenbrechen. „Ein nasser Boden ist schlecht für die Larven des Schädlings“, erklärt Schöberl.


Eine negative Prognose stellt hingegen Ernst Karpfinger in den Raum: „Werden immer mehr Wirkstoffe verboten, ist die gesamte moderne Landwirtschaft bedroht.“ Auch zunehmende Wetterextreme und Trockenheit durch den Klimawandel betreffen letztlich nicht nur Rübenbauern. Wie sich der Zuckerpreis entwickelt kann letztlich niemand genau sagen.


Wie lautet die Devise: aufgeben oder durchhalten? Im Zweifelsfall haben die österreichischen Anbauer die Möglichkeit, die Fläche zu reduzieren. Die Rübenbauern erlauben sogar eine zweijährige Anbaupause. So bleibt das wirtschaftliche Risiko für den Betrieb gering. Teresa Gastegger

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