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Schwarzkümmel, Hanf, Leindotter & Co.

Lesezeit: 6 Minuten

Lisa und Markus Nagengast aus Oberfranken bauen seltene Bioölfrüchte an. Sie pressen selbst und kümmern sich auch um die Vermarktung.


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Wenn uns vor drei Jahren jemand gesagt hätte, wie viel Arbeit und Schwierigkeiten mit dem Pressen und der Vermarktung von Ölfrüchten auf uns zukommen, hätte uns das vielleicht abgeschreckt, aber wir hätten es trotzdem gemacht“, sagt Markus Nagengast, der mit seiner Frau Lisa einen Bioland-Betrieb in Hallerndorf im Landkreis Forchheim führt.


Das Besondere: Die eigens angebauten Ölfrüchte veredelt und vermarktet das Landwirtspaar selbst. Mit Hanf, Leindotter, Öllein, Schwarzkümmel, Sonnenblumen und Raps bieten sie eine große Bandbreite unterschiedlicher Speiseöle an.


Einfach losgelegt


„Wir wollten die Verarbeitung und Vermarktung unserer Produkte selbst in die Hand nehmen und etwas machen, das nicht jeder macht“, war die Idee des mutigen Paares. Ohne zu wissen, wie man sie bedient, haben sie eine Ölpresse gekauft und losgelegt.


Schritt für Schritt lernten die Pioniere dieses Betriebszweigs die unterschiedlichen Vorgänge beim Ölpressen. Dabei müssen sie gleichzeitig die jeweiligen Vorgaben des Veterinäramtes, der Berufsgenossenschaft und ihres Erzeugerverbands Bioland beim Ölpressen und der Kennzeichnung der Ölflaschen einhalten.


„Vom Anbau bis zum Abfüllen ist es unser Ziel, eine hohe Qualität der Öle zu gewährleisten. Die Wertschätzung der Kunden für regionale Produkte ist der Lohn dafür“, so Markus Nagengast. Er betont, dass die Ölsaaten den Hof nie verlassen. Selbst die Trocknung und Reinigung der Körner übernimmt die Familie und ihre Mitarbeiter.


Der Anbau und die Veredelung der Ölfrüchte bilden zwar nicht das Haupteinkommen des Betriebes – dies ist überwiegend der Anbau von Sommer- und Wintergetreide. Aber sie sind eine sinnvolle Ergänzung. Die Ölfrüchte lockern außerdem die Fruchtfolge auf.


Wertvoller Schwarzkümmel


„Ich musste schon Kunden Bilder des Schwarzkümmels auf unseren Feldern zeigen, damit sie es mir glaubten, dass wir ihn selbst anbauen“, erzählt Lisa Nagengast. Denn Schwarzkümmel wächst überwiegend in Asien. Nagengasts zählen zu den wenigen, die ihn in Deutschland anbauen. Gleichzeitig ist die Ölfrucht ihre arbeitsintensivste Kultur. Dafür schätzen die Kunden sein Öl besonders.


Schwarzkümmel wächst nur langsam und erreicht zur Ernte nur eine Höhe von ca. 35 cm. Nach der Aussaat benötigt er zwei bis drei Wochen, bis er aufläuft. „Ich striegele den Schwarzkümmel zwei- bis dreimal blind. Nach dem Auflaufen hacke ich ihn ebenfalls zwei- bis dreimal“, berichtet Markus Nagengast und erläutert, dass die Kultur keine Beikräuter unterdrückt.


Nach dem Blindstriegeln und dem Hacken sind noch ca. 250 Stunden pro ha Handarbeit nötig, um die restlichen Beikräuter vor der Ernte Mitte August zu zupfen. „Schwarzkümmel ist durch den hohen Arbeitsaufwand so wertvoll, dass ich das Stroh erstmal auf dem Schwad liegen lasse und es dann kontrolliere, wie gut es ausgedroschen ist. Jedes Kilo ist wichtig“, betont der Bioland-Landwirt.


Der Kornertrag der Ölfrucht schwankt jährlich stark, kann aber bis zu 8 dt pro ha betragen. Der hohe Arbeitsaufwand führt zu einem stolzen Preis: Eine 100 ml-Flasche Schwarzkümmelöl kostet 10,50 €.


Leindotter und Hanf sind pflegeleichter


Im Vergleich zum Schwarzkümmel macht Leindotter viel weniger Arbeit. „Wichtig ist, dass er bei der Aussaat nicht zu tief abgelegt wird“, weiß Markus Nagengast. Er baut ihn in Reinkultur an und hackt ihn auch. Das Hacken ist jedoch nicht immer notwendig. „Leindotter reift gleichmäßig ab und unterdrückt Beikräuter gut. Jährlich ernten wir circa 10 dt pro ha Leindotter“, berichtet der Landwirt.


Aus Erfahrung nennen Nagengasts den Hanf ebenfalls eine „relativ anspruchslose Kultur“. Er sollte allerdings bei trockenen Bedingungen ausgesät werden, sehr leichte Böden verträgt er nicht. „Normalerweise regulieren wir kein Beikraut im Hanf. Die Sorte Finola habe ich aber auch schon mal auf Hackabstand gesät, um Saatgutkosten einzusparen“, erzählt der Betriebsleiter. Mit dem Kornertrag ist er zufrieden. Er liegt zwischen 3 und 10 dt pro ha.


Für die Ölgewinnung bauen Nagengasts zudem braunen und goldenen Lein, Raps und Sonnenblumen an. Nach dem Drusch ist es wichtig, die Körner sofort bei unter 40°C schonend zu trocknen. Für die Trocknung stehen Trocknungsboxen zur Verfügung. Kleinere Erntemengen kommen auf die Wagentrocknung.


Schonende Pressung


Die Einstellungen an der Presse sind für jede Ölfrucht verschieden, hat Lisa Nagengast herausgefunden. Auch die Pressgeschwindigkeit ist unterschiedlich. Raps und Leindotter gehen leicht und einfach zu pressen, Hanf und Leinsamen sind anspruchsvoller und erfordern mehr Aufmerksamkeit.


„Wir pressen alle Öle kalt, also unter 40°C, damit essenzielle Inhaltsstoffe erhalten bleiben. Hanf und Lein benötigen sogar noch niedrigere Temperaturen“, erklärt die Betriebsleiterin. Zudem sollte man die Presse nicht zu lange aus den Augen lassen, um Temperatur und Überlauf zu kontrollieren.


Ein selbst konstruierter Kühlraum sorgt dafür, dass die Ölsaaten kühl und bei gleichbleibender Temperatur lagern. Die Körner können so bei Bedarf das ganze Jahr über gepresst werden. In der Regel läuft die Presse ein- bis zweimal in der Woche. Nach der naturtrüben Filterung kommen die Öle in Flaschen von 100, 250 und 500 ml.


„Den Online-Shop auf der Homepage nutzen überwiegend Kunden, die ich bereits auf Märkten kennengelernt habe und die Öle nachbestellen“, sagt Lisa Nagengast. 2019 beschickten Nagengasts circa 20 verschiedene Wochenmärkte oder Hoffeste in der Umgebung und jeden Freitag gibt es einen Direktverkauf auf dem Hof. Rund um die Uhr hält ein Automat die wertvollen Öl-Flaschen und andere Produkte bereit. Im Zuge der Coronapandemie hat der Direktverkauf sogar noch zugenommen.


Alles selbst gemacht


Lisa und Markus Nagengast sind mit der Entscheidung, Anbau, Veredelung und Vermarktung ihrer Ölfrüchte selbst in die Hand zu nehmen, sehr zufrieden. „Wir könnten zwar noch mehr Ölfrüchte anbauen, aber das ist nicht unser Ziel.“ Bisher können sie alles selbst bewerkstelligen und möchten, dass das so bleibt. „Unsere Kunden legen darauf großen Wert“, so Markus Nagengast.


Ihrer Meinung nach haben Ölfrüchte im Biolandbau noch großes Potenzial. Auch wenn am Ende der Verbraucher über den Mehrpreis für regional erzeugte Bioöle entscheidet, eine authentische, handwerkliche Herstellung spielt eine große Rolle.


Eileen Nicolai


klaus.dorsch@topagrar.com


klaus.dorsch@topagrar.com


Dieser Beitrag ist zuerst im bioland-Fachmagazin 12/2020 erschienen.

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