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topplus Sommergerste im Winter

Sommerbraugerste schon im Herbst anbauen?

Hitze und Trockenheit setzten der Sommerbraugerste in den letzten Jahren massiv zu. Der Anbau schon im Herbst könnte eine Alternative sein, wie Sortenversuche der Landwirtschaftskammer Niederösterreich zeigen.

Lesezeit: 8 Minuten

Unser Autor: Harald Schally, Landwirtschaftskammer Niederösterreich

Die Anbaufläche von Sommergerste in Österreich ist auf ein historisches Tief von nur mehr 31.000 ha gesunken. Darum mussten Alternativen gesucht werden, um österreichisches Malz für das heimische Bier sicherstellen zu können. Bereits vor Jahren etablierte sich in Niederösterreich die Winterbraugerste.

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Zwar überwog anfangs eine gewisse Skepsis, vor allem in der Brauindustrie. Letztlich entwickelte sich der Anbau aber zu einer Erfolgsgeschichte. Die Winterbraugerstenflächen steigen von Jahr zu Jahr. Derzeit wird sie bereits auf über 11.000 ha angebaut.

Zuletzt beschäftigte man sich auch mit dem Anbau von Sommerbraugerste im Herbst. Erste Erfahrungen in den Jahren 2018 und 2019 waren positiv. 2020 wurden bereits rund 1500 ha Sommergerste aus Herbstanbau geerntet.

Letztes Jahr legte die Landwirtschaftskammer (LK) Niederösterreich einen Großflächenversuch an, um die drei Anbauvarianten Winterbraugerste und Sommerbraugerste im Herbst und Frühjahr miteinander vergleichen zu können.

Mehr Winterbraugerste angebaut

Zunächst zur Winterbraugerste: Die Sortenzüchtung hat hier viel weitergebracht. Schwächen bei der Extraktausbeute oder auch bei den Beta-Glucanwerten wurden nahezu ausgemerzt.

Als größter Nachteil der Winterbraugerste wird die knappe Frosthärte gesehen, die durch die Einkreuzung von Sommerbraugersten entstanden ist.

Das Ertragspotenzial von Winterbraugerste ist mehr als 20% größer als das der Sommergerste. Damit ist auch eine Anhebung der Stickstoffdüngung möglich. In der Praxis haben sich Stickstoffgaben bis zu 80 kg N/ha bewährt – je nach Standort und Vorfrucht. Die Düngung sollte ebenfalls in einer Gabe zu Vegetationsbeginn im Frühjahr verabreicht werden.

Stickstoffdüngungen nach Schossbeginn sind kritisch zu sehen: Bei einer zweiten Gabe werden zwar höhere Erträge erreicht, das Risiko von zu hohen Eiweißgehalten steigt jedoch deutlich an.

In den letzten Jahren zeigte sich die Brauindustrie mit der Qualität der angelieferten Winterbraugerste zumeist sehr zufrieden. Aufgrund der mittlerweile sehr brauchbaren Qualitäten und der deutlich besseren Ertragssicherheit könnte der Winterbraugerstenanteil bezogen auf das gesamte Braugerstenaufkommen in Österreich künftig auf über 50% steigen.

Sommergerste im Herbst

Die Idee des Herbstanbaus von Sommerbraugerste ist an und für sich nichts Neues. In südlicheren Regionen Europas (Ungarn, Kroatien, Frankreich, Türkei) gibt es bereits viel Erfahrung damit. Generell besitzt Sommergetreide eine gewisse Flexibilität in der Saatzeit. Entscheidend ist bei einem Herbstanbau vor allem die Winterfestigkeit.

Laut Züchterangaben liegt diese je nach Entwicklungsstadium um die -12 °C und somit unter der von Winterbraugerste. Um gut über den Winter zu kommen, sollte Sommerbraugerste bis zum Vegetationsende nicht in die Bestockungsphase kommen. Bis dorthin reicht die Frosthärte aus, um durchschnittlich kalte Winter schadlos zu überstehen.

Bei stärkeren Beständen, die sich in der Hauptbestockung befinden, sinkt die Winterhärte wieder ab. Je nach Anbauregion ergeben sich somit Saatzeiten von Ende Oktober bis Mitte November. Die Saatstärke kann dabei je nach Standort abgesenkt werden. Saatstärken von 220 bis 300 Körnern je m2 sind anzustreben.

Vorteile des Herbstanbaus von Sommergerste

Vorteile eines Herbstanbaus von Sommerbraugerste im Vergleich zum Frühjahrsanbau sind:

  • Saat nach spätem Körnermais oder Zuckerrübe möglich.
  • Kaum Probleme mit dem Gelbverzwergungsvirus und anderen Virosen.
  • Gute Nutzung der Winterfeuchte und dadurch ein besseres Wurzelsystem.
  • Höhere Vollgerstenerträge und Hektolitergewichte.
  • Im Vergleich zur Winterbraugerste höhere Preise erzielbar.
  • In Österreich bieten einige Firmen Verträge an, in deren Rahmen im Auswinterungsfall kostenloses Sommerbraugerstensaatgut für Frühjahrsanbau zur Verfügung gestellt wird.
  • Die Ernte der im Herbst ausgesäten Sommergerste liegt zwischen Wintergerste und einer im Frühjahr angebauter Sommergerste.

Festzuhalten ist jedoch, dass die Frosthärte bzw. Regenerationsfähigkeit nach strengeren Wintern als die der letzten Jahre noch wenig bekannt ist.

Aktuelle Versuchsergebnisse

Im Erntejahr 2020 wurde beim Kammerversuch mit den geprüften Winterbraugerstensorten ein Ertragsschnitt von 7,8 t/ha erzielt. Ertraglich vorne liegt die zweizeilige Sorte Suez mit knapp über 8 t/ha. Nur knapp dahinter befinden sich die Sorten Wanda, Piroschka und KWS Donau.

Die Siebungen (2,5-mm-Schlitzsieb) liegen bei allen Sorten über 90%. Das hohe Ertragsniveau lässt sich durch eine hohe Ährendichte von rund 950 Ähren/m2 erklären. Auch die Kornanzahl je Ähre ist beachtlich: Sie beträgt rund 20 Körner, bei manchen Sorten sogar mehr.

Aufgrund des überraschend hohen Ertragsniveaus liegen die Proteinwerte zum Teil unter 10%. Das Hektolitergewicht beträgt im Schnitt rund 64 kg/hl. Lediglich die neue Winterbraugerste Sonja zeigt hier eine gewisse Schwäche.

Generell wird in Österreich nur eine begrenzte Zahl von Sorten von der Brauindustrie akzeptiert. In Österreich sind die Sorten Monroe und KWS Scala die wichtigsten Winterbraugersten. KWS Donau wird zukünftig an Bedeutung gewinnen; KWS Scala wird auslaufen. Im Kammerversuch wurde die Sommerbraugerstensorte Ellinor für den Herbstanbau ausgewählt. Dabei wurde sie um 28 Tage später als die Winterbraugerstensorten gedrillt.

Ertraglich und qualitativ liegt Ellinor auf dem Niveau der geprüften Winterbraugerstensorten. Die sehr bestockungsfreudige Braugerste erzielte – mit einer Ährendichte von über 1000 Ähren/m2 – einen Ertrag von 7,7 t/ha. Die Kornzahl je Ähre betrug wie bei den Winterbraugersten rund 20. Die Ernte erfolgte jedoch um rund 10 Tage später als die der Winterbraugerste. Beim Proteinwert liegt die Variante Ellinor (Herbst) etwas über den mitgeprüften Winterbraugersten.

Sommerbraugerste im Frühjahr hat es schwer

Die letzten Jahre ließen Hitze und Trockenheit die Sommergerstenbestände in Österreich schnell abreifen. Auf schwächeren Standorten waren eine schlechte Kornfüllung, niedrige Vollgerstenanteile und hohe Proteinwerte die Folge. So waren im Erntejahr 2018 je nach Region nur 15 bis 45% der angelieferten Sommergerste braufähig.

Bei besonders schwachen Erträgen wurden Eiweißwerte bis zu 19% gemessen. Der Umstand, dass Sommergerste häufig nach der stark wasserzehrenden Zuckerrübe gebaut wird, verschärfte die Situation zusätzlich.

Somit war die Brauindustrie gezwungen, maximale Flexibilität bei der Übernahme zu zeigen. Dafür wurde der Basis-Eiweißgehalt von 11% auf 12% erhöht. Erst ab 12% gibt es Abschläge. Auch die Stoßungsgrenze wurde angehoben.

Auch 2020 war die Braugerstenernte nach Frühjahrsanbau vielerorts eine Herausforderung. Im Kammerversuch konnte die Variante Sommergerste (Frühjahrsanbau) mit der Sorte Ellinor erst am 1. August geerntet werden. Starker Zwiewuchs hatte hier zu einer deutlichen Verzögerung geführt. Bei der Ermittlung der Bestandsdichte Anfang Juni wurden nur etwa 500 Ähren pro m2 gezählt. Ergiebige Regenfälle führten jedoch zum Nachschieben von bereits zurückgelassenen Bestockungstrieben.

Ertraglich lag diese Variante mehr als 40% hinter den Herbstvarianten. Auch bei der Qualität musste der Frühjahrsanbau Abstriche machen. Das Protein lag bei 11,5% (Herbst: 10,3%), das Hektolitergewicht bei 58 kg/hl (Herbst: 64 kg/hl) und die Siebung bei nur 83% (Herbst: 96%).

Die letzten Jahre lagen im Frühjahr gedrillte Sommergersten ertraglich rund 20 % hinter den im Herbst angebauten Sommerbraugersten. Auch die Proteinwerte zeigten sich aufgrund des geringeren Ertragsniveaus höher. Siebung und Hektolitergewichte waren bei der Frühjahrsvariante niedriger, als die der im Herbst angebauten Parzellen. Der Unterschied wird besonders in trockenen Jahren deutlich.

Braugerste und Gefahren durch Frost im April

Trockene, klare und windschwache Tage führten Ende März/Anfang April zu einer starken Abkühlung in der Nacht. Die Temperaturen stürzten gebietsweise auf -8 °C ab. Dies führte in Niederösterreich zu verfärbten Blattspitzen, Chlorophyllaufhellungen oder auch Blatteinschnürungen. Auch bestimmte Pflanzenschutzmittel (aus der Gruppe der Azole, Sulfonylharnstoffe, Wachstumsregler, „Abbrenner“ etc.) konnten die Symptomausprägung zusätzlich verstärken, wenn sie knapp vor dem Frost eingesetzt wurden.

Im LK Braugerstenversuch Sierndorf zeigte vor allem die Variante Ellinor (Frühjahr) eine stärkere Schädigung als die im Herbst angebaute Variante. Ellinor (Herbst) scheint hier doch noch besser auf kühlere Temperaturen eingestellt zu sein. Die Winterbraugersten zeigten zwar Schädigungen; diese fielen aber geringer aus als beim Sommergetreide.

Vereinzelt wurden bei den Winterbraugersten sterile Spindelstufen (sog. Laternenblütigkeit) gefunden. Die geschädigten Spindelstufen sind zu erkennen, wenn man die Ähre ins Licht hält. Kann das Licht durch die Spelzen schimmern, sind die Blüten nicht befruchtet. Somit kann kein Korn ausgebildet werden.

Letztendlich führten die Frostnächte Ende März/Anfang April zu keinen nennenswerten Ertragsauswirkungen. Die Schäden waren nach einigen Wochen nicht mehr zu sehen, da unter besseren Witterungsbedingungen neue Blätter ausgebildet werden.

Kommentar von Anderas Holzhammer

Die Fruchtfolge bedenken!

Die Versuchsergebnisse aus dem Nachbarland machen deutlich: Geht es um Sommerbraugerste, ist der Herbstanbau dem Frühjahrsanbau mittlerweile in vielen Fällen überlegen. Im Spätherbst gesät, kann die Gerste die kostbare Winterfeuchte nutzen. Diesen Kniff könnten vor allem die Anbauer in trockenen Regionen zu schätzen lernen.

Winterbraugerste beherrscht diesen Trick naturgemäß und österreichische Verarbeiter setzen darauf. Bei uns spielt sie immer noch eine kleinere Rolle: Zwar sei Winterbraugerste mittlerweile ein fester Bestandteil nahezu jeden Abnahmevertrages zwischen Brauereien und Mälzern, erklärt Dr. Herbert Siedler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Würzburg. Doch meist mache sie nur etwa 10 % der Gesamtmenge aus, sie diene den Verarbeitern als Risikoabsicherung. Die Qualitätssprünge der Winterbraugerste reichten Siedler zufolge noch nicht für jedes Bier aus, vor allem für Premiumbiere greife man doch noch lieber zu den bewährten Sommerbraugersten.

Da diese jedoch stark unter der Trockenheit der letzten Jahre gelitten haben – vor allem bei den Erträgen – scheint der Herbstanbau von Sommer braugerste eine Alternative zu sein. Schließlich verspricht er das Ertrags niveau einer Wintergerste, gepaart mit den Kornqualitäten und entsprechenden Marktpreisen einer Sommergerste. Der Preis dafür ist der Verlust einer Sommerung in der Fruchtfolge.

Das ist eher unproblematisch, solange darin noch andere Sommerungen stehen, wie Rüben oder Sojabohnen. Ist die Kulturfolge allerdings schon winterungslastig, wird der Herbstanbau der Sommerbraugerste zur Herausforderung.

Dann nämlich drohen Problemungräser und kräuter überhandzunehmen – z. B. der Ackerfuchsschwanz. In diesem Fall könnten die Nachteile überwiegen.

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