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Sonnenstrom und Früchte auf einer Fläche

Lesezeit: 4 Minuten

Die Agriphotovoltaik nimmt an Fahrt auf. In Süddeutschland entstehen mehrere neue Projekte.


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Mit der fortschreitenden Energiewende wird die Fläche zum begrenzenden Faktor. So drängen Freiflächen-Photovoltaikanlagen auf Ackerflächen beispielsweise die landwirtschaftliche Nutzung zurück. Eine Lösung für das Problem bietet die „Agriphotovoltaik“, bei der Solarstromproduktion und Anbau von landwirtschaftlichen Erzeugnissen auf einer Fläche kombiniert werden. Schon im Jahr 2016 startete die Hofgemeinschaft Heggelbach am Bodensee mit einer Pilotanlage in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) aus Freiburg.


Doppelnutzen möglich


Dabei haben die Landwirte unter den hoch aufgeständerten Solarmodulen Gemüse, Getreide, Mais und andere Früchte angebaut. Wichtige Erkenntnisse aus dem Projekt: Bei geschickter Planung lässt sich der Ertrag unter den Modulen sogar steigern, wenn Früchte angebaut werden, die vom Schatten und anderen Effekten profitieren. Sowohl die Landwirtschaft als auch die PV-Anlage bringen rund 80 % des Ertrags, den sie bei alleiniger Nutzung der Fläche erwirtschaften würden.


Doch die Pilotanlage in Heggelbach hat einige Nachteile. Dazu gehört, dass die gewählte Konstruktion sehr teuer und aufwendig und baurechtlich nicht einfach zu genehmigen ist.


Schutz von Obstplantagen


Inzwischen hat sich die Technik aber weiterentwickelt. Im September 2021 haben BayWa r.e. und das Fraunhofer ISE mit weiteren Forschungspartnern auf dem Bioobsthof Nachtwey in Gelsdorf in Rheinland-Pfalz deutschlandweit die erste Agri-Photovoltaikanlage für Äpfel und Spalierobst errichtet (zu den Details siehe nachfolgendes Interview).


Neben der Anpassung an den Klimawandel und dem Schutz des Agrarguts sollen durch das Agri-PV-Projekt in Gelsdorf auch ökonomische Vorteile für Landwirte aufgezeigt werden. Diese schließen die teilweise dauerhaft geringeren und besser kalkulierbaren Energiekosten, weniger Investitionskosten für den Kulturenschutz sowie weniger Kosten für Betriebsmittel und Müllentsorgung mit ein.


Module als Zaunelemente


Ein weiteres Konzept sind senkrecht aufgeständerte Module, wie sie die Firma Next2Sun anbietet. Das Grundprinzip des Konzeptes besteht in der senkrechten Anordnung von Solarmodulen, die Sonnenlicht sowohl von der Vorder- als auch von der Rückseite nutzen können („bifaciale“ Solarmodule). Die beiden aktiven Seiten sind nach Osten und Westen ausgerichtet. Die Flächen zwischen den Modulreihen können weiter landwirtschaftlich genutzt werden und entstehende Blühstreifen sollen insbesondere der Insekten- und Vogelwelt Raum bieten. Bei diesem Konzept könnten die Solarmodule auch als Zaun auf Weideflächen dienen. Auch das Unternehmen Hörmann hat dazu ein Pilotprojekt gestartet.


Der wirtschaftliche Vorteil, den die Solarstromproduktion als Alternative zu sonst üblichen Techniken bietet, könnte dafür sorgen, dass die Agri-PV aus dem Stadium von Pilot- und Forschungsanlagen heraustritt.


Ausschreibung im Jahr 2022


Weiteren Auftrieb könnte der Technologie die Innovationsausschreibung im Jahr 2022 geben.


Im Rahmen der Ausschreibung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) können Landwirte und andere Projektpartner im kommenden Jahr erstmals Angebote für Agri-PV-Projekte abgeben. Die zuständige Bundesnetzagentur wird dazu 150 Megawatt ausschreiben. Nach einer neuen Verordnung steht seit Kurzem fest, welche Anforderungen eine Agri-PV-Anlage für die Ausschreibung erfüllen muss. So gilt der aktuelle Stand der Technik als erbracht an, wenn Solaranlagen und der Nutzpflanzenanbau bzw. der Anbau von Dauerkulturen oder mehrjährigen Kulturen auf den Flächen über die gesamte Förderdauer die Anforderungen der DIN SPEC 91434:2021-05 erfüllen. Diese Norm klassifiziert verschiedene Anlagentypen und legt Kriterien und Anforderungen für die landwirtschaftliche Hauptnutzung fest, vor allem zum Flächenverlust und zur Flächennutzungseffizienz. Ziel ist es, den Eingriff in die landwirtschaftliche Nutzung zu minimieren und eine sogenannte Pseudo-Landwirtschaft auszuschließen.


Noch Nachbesserungsbedarf


Allerdings gibt es auch Kritik an der geplanten Ausschreibung: Der Bundesverband Solarwirtschaft bemängelt, dass bei der Ausschreibung lediglich Ackerflächen und kein Weideland oder anderweitig genutzte landwirtschaftliche Flächen zugelassen sind. Kontraproduktiv sei auch, dass Landwirte, die PV-Anlagen auf ihren Böden betreiben und damit Gewinne erwirtschaften, nach aktuellem Recht keine EU-Beihilfen mehr erhalten dürfen.


Auch Bayerns Energieminister Hubert Aiwanger fordert Nachbesserungen: „Dringend erforderlich ist eine Erhöhung der zulässigen Anlagengröße von zwei Megawatt. Schließlich sollen Kostenvorteile schneller und besser erschlossen werden können.“ Weiter plädiert Aiwanger dafür, dass es auch nach 2022 weitere Ausschreibungen gibt und mindestens zwei Ausschreibungstermine jährlich angesetzt werden, um mehr Planungssicherheit für die Bieter zu gewähren.


Starke Konkurrenz


Und noch eine Hürde droht: So muss sich diese Anlagentechnik in der Innovationsausschreibung gegen schwimmende Solaranlagen sowie Anlagen auf Parkhausdächern durchsetzen, die ebenfalls an der gleichen Ausschreibung teilnehmen dürfen. Konkurrenz gibt es auch innerhalb der Agri-PV: Hoch aufgeständerte Agri-PV-Systeme (in der Norm als „Kategorie I“ bezeichnet) müssen gegen die kostengünstigere bodennahe Kategorie II antreten. „Dass hoch aufgeständerte Systeme in punkto Flächeneffizienz laut DIN SPEC zudem höhere Anforderungen erfüllen müssen als bodennahe Systeme, dürfte deren Erfolgsaussichten nochmals schmälern“, erwartet Max Trommsdorf, Agri-PV-Experte beim Fraunhofer ISE.


hinrich.neumann@topagrar.com

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