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Aus dem Heft

Ansprüche bei verunreinigten Lebensmitteln

Durch die vor kurzem bekannt gewordene Salmonellenkontamination des Futtermittels bei ADM stellt sich vielen Landwirten die Frage, welche Ansprüche sie gegen die Futtermittelverkäufer haben.

Lesezeit: 6 Minuten

Besteht ein Schadensersatzanspruch gegen den Futtermittelverkäufer?

Es besteht ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch iSd § 280 I BGB, § 24 LFGB nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch(LFGB). Nach § 24 LFGB übernimmt der Futtermittelhersteller Gewähr dafür, dass das Futtermittel den Anforderungen des Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 entspricht. Die Rechtsprechung des BGH hat den aus dieser Gewähr resultierenden Schadensersatzanspruch im Jahr 2014 nochmals bestätigt.

Artikel 4

Anforderungen an die Sicherheit und das Inverkehrbringen

(1) (…)

(2) Zusätzlich zu den in Absatz 1 dieses Artikels genannten Anforderungen stellen die Futtermittelunternehmer, die Futtermittel in Verkehr bringen, sicher, dass diese Futtermittel

a) unverdorben, echt, unverfälscht, zweckgeeignet und von handelsüblicher Beschaffenheit

sind; (…)

Durch die Salmonellenkontamination ist das Futtermittel nicht mehr unverdorben. Nach der Rechtsprechung muss allerdings dieser Mangel konkret bei der jeweiligen Charge Futtermittel nachgewiesen werden. Der Verdacht einer Verunreinigung reicht für die verschuldensunabhängige Haftung nicht aus. Allerdings ist es ebenfalls ausreichend, dass die Charge auf Veranlassung der Aufsichtsbehörde oder des Verkäufers wegen Salmonellenverdachts zurückgerufen wird und nicht weiter verwendet werden darf, da dem Futtermittel dann die uneingeschränkte Verkehrsfähigkeit fehlt und es somit keine handelsübliche Beschaffenheit mehr hat.

Aufgrund der verschuldensunabhängigen Haftung kann sich der Verkäufer nicht darauf berufen, alle zumutbaren Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen ergriffen zu haben.

Desweiteren bestehen die üblichen Sachmängelgewährleistungsansprüche des Kaufrechts nach § 437 BGB wie Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt und verschuldensabhängiger Schadensersatz.

 

Wie hoch ist der Schadensersatz?

Schadensersatzfähig ist grundsätzlich jeder Vermögensschaden, welcher infolge der Verunreinigung des Futtermittels aufgetreten ist. Also alle höheren Kosten, welche durch die Verunreinigung entstanden sind.

Beispielweise Tierarztkosten aufgrund von Untersuchungen oder Behandlungen wegen des Salmonellenverdachts, höhere Kosten für anderes Futtermittel, ua.

Von den zusätzlichen Kosten ist der Preis des verunreinigten Futtermittels in Abzug zu bringen, soweit er zurückerstattet wurde, da man beim Schadensersatz so gestellt wird, als hätte es die Verunreinigung beim Futtermittel nicht gegeben.

Grundsätzlich wären auch Leistungs- oder Gewichtseinbußen der Tiere infolge der Salmonellenkontamination des Futtermittels schadensersatzfähig, wobei allerdings in der Praxis regelmäßig Schwierigkeiten bei der Beweisbarkeit des Zusammenhangs zwischen der Verunreinigung und den Einbußen gibt.

 

Welche Maßnahmen sind vorläufig zu treffen?

Zuerst muss überprüft, ob das gelieferte Futtermittel nach den behördlichen Angaben nicht mehr verwendet werden darf und sie somit überhaupt betroffen sind.

Es müssen alle Mehrkosten dokumentiert werden, sowie Beweise(Zeugen, Quittungen) für diese Mehrkosten bereitgehalten werden.

Falls Ihre Futtermittelchargen nicht zurückgerufen wurden, müssten Sie auf eigene Kosten das Futtermittel untersuchen lassen um die Verunreinigung feststellen zu können und die verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers zu begründen. Falls sich eine Verunreinigung in den Proben zeigt, wären die Kosten der Untersuchung auch erstattungsfähig.

 

 

 

Die Schlachthöfe haben, nachdem sie von der möglichen Salmonellenkontamination des Futters gehört hatten, Tiere, die das Futter gefressen hatten, separat geschlachtet und verarbeitet und zudem auf Salmonellen getestet. Dafür haben sie Landwirten Pauschalen von 5 bis 60€ pro Schlachttier in Rechnung gestellt. Muss der Hersteller auch diesen Schaden ersetzen? ADM bezeichnet die Schlachthofpauschalen in einem Kundenanschreiben als "nicht substantiiert".

 

Der Einwand, dass eine Forderung nicht substantiiert ist, wird häufig von der Gegenseite eingewandt. Dies soll bedeuten, dass eine Prüfung des Anspruches aufgrund der vorgelegten Informationen nicht möglich ist. Soweit für diese Bearbeitungsgebühren Rechnungen vorhanden sind und Mitarbeiter des Schlachthofes als Zeugen zur Verfügung stehen, dass das Vieh nur mit der separaten Schlachtung angenommen wird, ist dies für den Schadensersatzanspruch ausreichend. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Kosten für die separate Verarbeitung den Wert des Tieres übersteigen würden. Dann wäre der Schadensersatz auf den Wert beschränkt.

 

Betroffene Landwirte mussten offenbar fünf Tiere, die das entsprechende Futter erhalten hatten, am Schlachthof auf Salmonellenbefall untersuchen lassen, um wieder eine uneingeschränkte Freigabe für ihren Betrieb zu erhalten. Nicht alle Schlachthöfe boten diesen Test an. Dadurch entstanden weitere Transportwege. Muss ADM diesen Mehraufwand ersetzen?

Ja der Mehraufwand ist zu ersetzen, soweit der Wert des Tieres nicht überstiegen wird.

 

Landwirte mussten ihre Silos und Fütterungsanlagen reinigen und desinfizieren – auch hier: Muss ADM dies ersetzen? Reicht ggf. eine Zeugenaussage über den Arbeitsaufwand?

Auch die Reinigung und Desinfektion der Silos ist zu ersetzen, soweit es notwendig für die Weiterbenutzung der Anlage war.

 

 

Gilt dies auch so, wenn die Minderleistung nicht durch Salmonellen im Futter entstand, sondern dadurch, dass die Landwirte den Sojaschrot nicht mehr verfüttern durften und damit keine Eiweißkomponente mehr im Futter hatten?

Würde auch dann gelten, soweit es möglich die Eiweißkomponente anderweitig zuzuführen. Es müsste dargelegt und bewiesen werden, dass kein Ersatzfutter besorgt werden konnte und die Gewichtseinbußen in der mangelnden Eiweißzufuhr begründet liegen. Das Erstere kann durch Zeugen bewiesen werden, das Zweite müsste durch ein Sachverständigengutachten bewiesen werden. Allerdings wird ADM diesen Schadensposten mit hoher Wahrscheinlichkeit ablehnen, da er im Vergleich mit den anderen Schadenspositionen nur schwer beweisen werden kann.

 

 

Wie können Landwirte den Ersatz des entstandenen Schadens einfordern? Ist es eine Option, die Rechnung des Landhändlers für betroffene Futtermittel einfach nicht zu bezahlen, bis die Sache mit ADM geklärt ist?

 

Grundsätzlich sollten die Landwirte alle angefallenen Schäden, auch solche, welche schwer nachzuweisen sind, unter Angabe der hierfür erforderlichen Tatsachen (Schadenshöhe, Art des Schadens) bei ADM mit einem Schreiben geltend machen.

Es können auch alle Schadenspositionen mit dem Preis für das Futtermittel verrechnet werden. Der Kaufpreis braucht bis zur Nachlieferung auch nicht bezahlt werden, da der Käufer, soweit er es geltend macht, ein Zurückbehaltung hinsichtlich des Kaufpreises hat, wenn noch nicht mangelfrei geliefert wurde. Sobald mangelfrei geliefert wurde, muss der Kaufpreis bezahlt werden, allerdings können dann im Wege der Aufrechnung die Schadenspositionen abgezogen werden.

Falls ADM auf das Anspruchsschreiben nicht oder ablehnend reagiert, sollte ein Rechtsanwalt konsultiert werden um das weitere Vorgehen und dessen Erfolgsaussichten zu besprechen, da dann geklagt werden müsste und bei einem Streitwert von über 5000,00 € ohnehin die Vertretung durch einen Rechtsanwalt bei Gericht verpflichtend ist. Bei kleineren Beträgen kann grundsätzlich selbst geklagt werden, allerdings ist dies nicht empfehlenswert, da ein gegnerischer Anwalt mit ein paar juristischen Tricks in einigen Fällen auch bei einer an sich begründeten Forderung eine Klageabweisung erreichen kann.

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