Der scheidende LfL-Vizepräsident Christian Stockinger analysiert in der Südplus-Ausgabe 2/2017 die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsperspektiven der bayerischen Landwirtschaft. Ergänzend dazu prognostiziert
er die Chancen der agrarischen Energieproduktion und erläutert, welche Faktoren künftig die Agrarmärkte bestimmen.
Agrarische Energieproduktion erreicht Grenzen
Der Weltenergiebedarf wird nach Vorschätzungen der Internationale Energieagentur (IEA) bis 2035 auf 23,9 Mrd. Steinkohleeinheiten ansteigen, trotz stagnierender Verbrauchszahlen in den OECD-Staaten. Der Grund liegt im explosiven Verbrauchszuwachs der dynamisch wachsenden Transformationsländer Indien, China und Brasilien. Der Anteil der regenerativen Energien wird in diesem Zeitraum weltweit von heute knapp 10 auf 20 Prozent anwachsen.
In Deutschland wird der Verbrauch an Primärenergie bis 2030 von 14 044 auf unter
10 000 PJ fallen und der Anteil regenerativ erzeugter Endenergie ca. 25 % erreichen. Die im Jahr 2030 installierte Stromleistung aus regenerativer Produktion wird sich fast verdreifachen, der Zubau wird jedoch überwiegend aus Wind- und Son-
nenenergie kommen. Die Verwendung knapper Flächenressourcen stößt wegen der Effekte auf indirekte Landnutzungsänderung und der Auswirkung auf die Lebensmittelpreise auf zunehmende gesellschaftliche Kritik. Wegen der innersektoralen Flächenkonkurrenz wird die Branche selbst für eine Deckelung der für Energieproduktion verwendeten Fläche eintreten.
Christian Stockinger
Was bestimmt die Märkte?
Im Unterschied zu den weitgehend staatlich regulierten EU-Marktbedingungen bis Anfang der 2000er Jahre haben wir es heute und künftig mit folgenden Rahmenbedingungen zu tun:
Die entscheidenden Bestimmungsgrößen der Agrarmärkte sind die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen der bedeutenden Wirtschaftsnationen der Welt und – damit im engen Zusammenhang – der Verlauf der Energiepreise. Tendenziell profitieren die Lebens- und Futtermittelmärkte von der steigenden Kaufkraft in den Schwellenländern.
Die Märkte für standardisierte, kostengünstige Rohstoffe sind international eng verbunden und deren Preisbildung wird von globalen Angebots-/Nachfragebilanzen bestimmt. Nach weitgehender Abschaffung der EU-Marktordnungen sind die Agrarpreise hochvolatil.
Produzenten, Verarbeiter und international agierende Handelsunternehmen werden sich noch mehr als heute zu hochfunktionellen Verbünden zusammenschließen und mit normierten QS-Systemen sowie standardisiertem Risikomanagement die „Massenmärkte“ erfolgreich beschicken.
Daneben behaupten sich auch weiterhin hochspezialisierte Wertschöpfungsketten, die hochpreisige Spezial-Rohstoffe herstellen, verarbeiten und vertreiben. Es hat sich dafür eine Käuferschicht entwickelt, die dem globalen Einheitstrend eine ausgeprägte regionale Identität gegenüberstellt. Diese Kunden stellen nicht nur hohe Ansprüche an die Produkteigenschaften, sondern haben auch bestimmte Erwartungen an die Produktionsmethodik und die Einheit von Herstellung und Verbrauch in der Region.
Die Landwirtschaft gewinnt immer mehr Erfahrungen mit Preisabsicherungsinstrumenten wie Vorverträge oder Abschlüsse auf Warenterminbörsen.
Die zumindest im Bereich der Anlagengüter (Gebäude, Technik, Grundstücke) zu erwartende Inflation wird gerade die kostenintensiven Produktionsverfahren der tierischen Erzeugung belasten.