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Tierschutz: Was kommt auf die Bullenmäster zu?

Lesezeit: 5 Minuten

Das bayerische Umweltministerium plant eine Tierschutzleitlinie für Rindermäster nach dem Vorbild von Niedersachsen. Experten drängen auf realistische Vorgaben und ausreichend lange Übergangsfristen.


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Sie hat bundesweit 2018 unter den Rindermästern für Aufregung gesorgt: Die niedersächsische Tierschutzleitlinie für die Rindermast, die schnell auch in anderen Bundesländern Schule machte. Etliche Mäster fürchteten durch hohe Haltungsauflagen aus der Produktion gedrängt werden.


Nach Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen geht nun auch Bayern das Thema an. Das bayerische Umweltministerium will bis Jahresende eine an die Betriebsstrukturen in der bayerischen Rindermast angepasste Leitlinie vorlegen. Ziel seien konkrete Vorgaben für Neubauten und Übergangsfristen für bestehende Ställe. Baden-Württemberg hat derzeit keine derartigen Pläne.


Bisher griffen Berater und Veterinärbehörden in Bayern zur Bewertung von Neu-, Um- oder Altbauten auf veraltete Empfehlungen des Europarates oder auf die niedersächsische Leitlinie zurück. Letztlich handelt es sich bei einer Leitlinie zwar lediglich um Empfehlungen ohne Rechtsverbindlichkeit. In Niedersachsen hat sie in der Praxis aber einen hohen Stellenwert. „Damit schaffen wir für beide Seiten, also für Landwirte und Veterinäre, eine bessere Absicherung ihrer Entscheidungen“, betont Dr. Jan Harms von der LfL Bayern, der an der Leitlinie mitwirkt.


Die wichtigsten Vorgaben


Neben vielen Punkten zur guten fachlichen Praxis in der Rindermast enthält das niedersächsische Vorbild folgende bauliche Anforderungen:


  • eine Krankenbucht mit Einstreu oder Gummiauflage mit mind. 4 m2/Tier sowie Separationsmöglichkeiten;
  • ein Flächenangebot in Vollspaltenbuchten von insgesamt 3,5 m²/Tier in der Endmast, davon mindestens 2,5 m2 mit Gummimatten belegt (siehe Übersicht). Einflächenbuchten sind komplett mit Gummiauflage auszurüsten;
  • Altbauten haben Bestandsschutz, müssen aber mindestens 2,7 m²/Endmasttier bieten. Ab 2030 gelten auch für sie die Vorgaben für Neubauten;
  • kein Aufsprungschutz; in Altbauten nur auf einer Teilfläche mit mindestens 50cm Abstand zum Widerrist der Tiere;
  • Anbindehaltung bei männlichen Tieren bis maximal sechs Monate und nur mit Gummiauflage;
  • ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1:1 mit mind. 75 cm Fressplatzbreite in der Endmast;
  • in Neubauten mind. zwei Tränken pro Bucht; die Hälfte davon als Schalen- oder Trogtränken; Altbauten brauchen ab 2023 eine Schalentränke pro Bucht.


Für Neubauten gelten diese Vorgaben bereits seit 2018, für Altbauten gibt es je nach Maßnahme eine Übergangsfrist von zwei bis zwölf Jahren. Durch diese Fristen zeigen sich die Auswirkungen auf die Betriebe vermutlich erst in den nächsten Jahren. „Ich rechne damit, dass wir dadurch vor dem Hintergrund der anhaltend schlechten Wirtschaftlichkeit noch viele Bullenplätze verlieren werden“, sagt Dirk Albers von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.


Die größten Herausforderungen für die Betriebe sind die Platzvorgaben in der Endmast, die Schaffung einer weichen Liegefläche auf zwei Dritteln sowie die Installation von Schalentränken. „Die meisten Bullen werden bei uns derzeit auf etwa 2,7 m²/Tier gehalten“, sagt Matthias Lambers vom Rindermast Beratungsring Osnabrück. Er schätzt, dass seine spezialisierten Mäster, die im Schnitt 235 Mastplätze bewirtschaften, mit den Vorgaben weniger Probleme haben als beispielsweise kleinere Gemischtbetriebe.


Kleine Betriebsstrukturen


Gerade die machen aber in Süddeutschland noch einen großen Anteil der Bullenmast aus. Nach Angaben des LKV Bayern stehen nur knapp die Hälfte der bayerischen Mastbullen in spezialisierten Betrieben. Den überwiegenden Teil der Tiere halten Milchviehbetriebe, die ihre männlichen Kälber oft in Altgebäuden auf Vollspalten ausmästen.


Während spezialisierte Mäster nach Aussage der bayerischen Spezialberatung zum Teil schon 3 bis 3,2 m² pro Fleckviehbulle in der Endmast erreichen und für die Zielwerte Einzeltiere aus der Bucht nehmen müssten, bedeuten die Platzvorgaben für kleinere Betriebe aber vielfach eine deutliche Abstockung ihres Bestandes.


In Gummimatten investieren müssten alle mit Vollspalten. Denn auch bei den Profis ist Gummi in der Endmast noch rar. Kostenpunkt laut einem Hersteller: 75 bis 100 €/m² je nach Menge. Hinzu kämen vielfach Kosten für neue Tränken oder eine Krankenbucht.


Schwer vorstellbar, dass viele Mäster diesen Weg angesichts der stark angespannten wirtschaftlichen Situation in der Bullenmast mitgehen. Die Zahlen aus der Leistungsprüfung Rindermast des LKV zeigen, dass die Betriebe ihre Festkosten in den letzten zwei Jahren kaum decken konnten und ihre Arbeitszeit nicht entlohnt wurde.


Klaus Zimmerer vom Fachzentrum für Rindermast am AELF Erding: „Unter den aktuellen Bedingungen kann ein Neubau nicht wirtschaftlich sein.“ Nur in abgeschriebenen Ställen oder mit Quersubvention durch eine Biogasanlage sei die Situation etwas besser.


Eine 1:1-Übernahme der niedersächsischen Leitlinie würde daher die Maststrukturen in Bayern zerschlagen, sind sich Branchenvertreter einig. Nicht nur den kleineren Betriebsstrukturen, sondern auch den Bedürfnissen der Rasse Fleckvieh gelte es Rechnung zu tragen. Wie geht man mit aus der Produktion ausgeschiedenen Milchkühen um, die auf den Höfen oft noch ausgemästet werden? Wird es für die Almwirtschaft Sonderfälle geben? Für diese Fragen süddeutscher Mäster muss die neu gegründete Arbeitsgruppe umsetzbare Antworten finden. Und der Freistaat ist seinerseits gefordert, diese mit ausreichend Fördermittel zu flankieren.


Der Bayerische Bauernverband, der neben zwei Praktikern sowie Vertretern der LfL Bayern in dieser Gruppe sitzt, will zwar auf realistische Vorgaben sowie auf ausreichende Übergangsfristen drängen. Doch das allein beruhigt die Rindermäster nicht. Viele sind angesichts der von KTBL und Thünen-Institut im Leitfaden „Eigenkontrolle Tiergerechtheit“ veröffentlichten Platzvorgaben von 4,5 m² als Alarmwert und 6 m² pro Tier als Zielwert in der Endmast in Aufruhr. Auch wenn diese Werte von allen Seiten als praxisfern und nicht finanzierbar kritisiert werden, befürchten sie, dass sie doch irgendwann in die Anforderungen der Initiative Tierwohl Rind und der Borchert-Kommission einfließen könnten.


Niedersächsische Berater sind froh, den KTBL-Werten ihre auf fachlich fundierter Grundlage erarbeitete Leitlinie entgegenhalten zu können. Spezialberater Matthias Lambers: „Bis zu 3,5 m² pro Tier stellen wir einen wirtschaftlichen Vorteil fest. Darüber nicht mehr.“ Studien, wie sich ein Flächenangebot von 4 m² und mehr auf das Tierwohl auswirkt, gibt es bisher nicht. silvia.lehnert@topagrar.com

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