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Trockenstellen: Mehr Mut bitte!

Lesezeit: 4 Minuten

Seit vier Jahren stellt das LVFZ Achselschwang die Kühe selektiv trocken. Dadurch sank nicht nur der Antibiotika-Einsatz deutlich, sondern auch die Zellzahl. Wolfgang Müller beschreibt das neue Eutergesundheitsmanagement.


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Wie in vielen Praxisbetrieben verfügen wir auch in Achselschwang über sehr viele Daten zur Gesundheit unserer Herde. Allein durch die Teilnahme unseres Betriebes am bayerischen Rindergesundheitsmonitoring-Programm „ProGesund“ erhalten wir eine Menge an Informationen und Diagnosen zur Eutergesundheit, die uns eine Schwachstellenanalyse und die frühzeitige Erkennung von Problemen erlauben. Doch was helfen solche Daten, wenn man sie nicht nutzt?


Bisheriges Management:

Diese Frage war im Herbst 2014 der Ausgangspunkt, die Eutergesundheit im Bestand genauer zu beleuchten und möglicherweise zu verbessern. Bisher lag der Zellgehalt der 180 Tiere zählenden Hochleistungsherde mit 180000 Zellen/ml im bayerischen Durchschnitt.


Alle Kühe wurden bis zu diesem Zeitpunkt mit einer Kombination aus antibiotischem Trockensteller und internem Zitzenversiegler in den „Jahresurlaub“ entlassen. Das Herdenmanagement-Programm sieht den 230. Trächtigkeitstag für das Trockenstellen vor. Eine „Fahrt ins Blaue!“ also.


Beim verwendeten Trockensteller handelt es sich um ein Breitbandpräparat mit langer Wirkungsdauer. Zu beobachten war, dass sich therapieresistente Euterentzündungen häuften. Eine Entwicklung, die von vielen Praktikern bestätigt wird. Vermutlich als Folge der wiederholten Anwendung? Es stellte sich die Frage: Welches Präparat hilft überhaupt noch?


Vorgehen heute:

Seit Ende 2014 wird nun am LVFZ Achselschwang von jeder Kuh, unabhängig vom Zellgehalt, 14 Tage vor dem Trockenstellen eine Viertelgemelks-Probenuntersuchung (bakteriologische Untersuchung = BU) durchgeführt. Hinzu kommt ein Empfindlichkeitstest auf Arzneimittel.


Die Probenahme erfolgt grundsätzlich am Dienstag oder Mittwoch, das Trockenstellen freitags im Rahmen eines Wochenarbeitsplanes. Hinzu kommt noch einmal der Milchzelltest.


Positiver Befund:

Bei einem positiven BU-Befund wird der Einsatz eines Trockenstellers wahrscheinlich. Ein kurz vor dem Trockenstellen hin erkranktes Euter behandeln wir und überführen es unmittelbar aus der Behandlung heraus mit einem antibiotischen Trockensteller und internen Zitzenversiegler in die Trockenstehzeit. Die dabei eingesetzten Antibiotika sind auf die Erreger abgestimmt, die dem Tier während dieser Zeit Probleme bereiten.


Tiere mit negativem Befund – wenn ausschließlich die BU berücksichtigt wird – erhalten nur einen internen Zitzenversiegler.


Die Viertelgemelks-Probenuntersuchung liefert also eine eindeutige, klar nachvollziehbare Datengrundlage für jede einzelne Trockenstellentscheidung. Zur Interpretation der Untersuchungsergebnisse und zur Auswahl der Präparate sollte man dringend den Hoftierarzt mit ins Boot holen. Eine begleitende Beratung ist unverzichtbar.


Generell Versiegler rein:

Der interne Zitzenversiegler findet in Achselschwang bei allen Tieren Anwendung, da die Milchleistungen vor dem Trockenstellen oft noch beachtlich sind und eine mechanische Barriere, die das Eindringen von Krankheitserregern verhindert, in dieser Situation nur richtig und gut sein kann. Einzeltierentscheidungen, sprich tierindividuelle Lösungen, sind mehr denn je angesagt! Warum selektiv trockenstellen? Weil nicht alle Tiere die gleiche Behandlung brauchen! Selektives Trockenstellen eignet sich aber nur für Herden mit guter Eutergesundheit, d.h., bis zu einem Zellgehalt von max. 200000 Zellen/ml in der Anlieferungsmilch.


Keine ansteckenden Erreger:

Weitere Grundvoraussetzung ist eine Bestandsdiagnose, die den Leitkeim bestimmt. Die Herde muss auch frei von kontagiösen, ansteckenden, euterassoziierten Erregern, wie Staphylococcus agalactiae und Staphylococcus aureus, sein. Der Landwirt muss zudem grundsätzlich bereit sein, Einzeltierentscheidungen zu treffen.


Was macht die Einzeltierentscheidung perfekt? Neben der bakteriologischen Untersuchung wird der Zellgehalt der letzten drei Probengemelke vor dem Trockenstellen, das Ergebnis des Milchzelltests am Tag des Trockenstellens und die Mastitis-Vorgeschichte der Kuh in der vorausgegangenen Laktation in die Entscheidung eingebunden. Der Kriterienkatalog lässt sich beliebig erweitern oder betriebsspezifisch gestalten. Übersicht 1 zeigt einen möglichen Entscheidungsbaum.


Folgende Beispiele erläutern dies:


Kuh Gloria


  • BU: kein Befund;
  • Letzte drei MLP < 200000 Zellen: 103, 57, 129;
  • Milchzelltest beim TS: maximal 1+, (leichte Schlieren);
  • Mastitis in der laufenden Laktation: ja;


Ergebnis: Einsatz eines Trockenstellers.


Kuh Nikolet


  • BU: kein Befund;
  • Letzte drei MLP < 200000 Zellen: 107, 27, 23;
  • Milchzelltest beim TS: maximal 1+ (leichte Schlieren);
  • Mastitis in der laufenden Laktation: nein;


Ergebnis: kein Trockensteller nötig.


Ergebnisse bisher:

Mit dem gezielten selektiven Trockenstellen konnten in den letzten vier Jahren in Achselschwang 57% der Kühe ohne Einsatz von Antibiotika trockengestellt werden. Insgesamt wurden in dieser Zeit 521 Kühe in diese Auswertung miteinbezogen (Übersicht 2).


Ziel der Maßnahme war es, antibiotische Trockensteller einzusparen und die Eutergesundheit stabil zu halten oder gar zu verbessern.


Und tatsächlich gelang neben der Einsparung von Trockenstellern eine Verbesserung beim Zellgehalt in den Bereich zwischen 100000 und 150000 Zellen/ml bei gleichzeitigem Anstieg der Milchleistung. Wie hoch dieser ausgefallen ist, lässt sich allerdings nur schwer ermitteln, weil zeitgleich Verbesserungen rund um den Kuhkomfort und die Fütterung in die Wege geleitet wurden. Alles in allem stieg die Herdendurchschnittsleistung von 9788 kg im Prüfungsjahr 2015 auf 10404 kg im Jahr 2016. Die hohe Leistung konnten wir bis zum heutigen Tag beibehalten.


Unser Fazit ist: Der richtige Weg beim selektiven Trockenstellen geht über die Optimierung des Betriebes, vor allem von Haltung, Fütterung und Herdenmanagement.


Kontakt: silvia.lehnert@topagrar.com

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