Die Preise für Mähdruschfrüchte treten auf der Stelle, die Zuckerrübe ist auf den Rang einer guten Körnerfrucht zurückgefallen. Wie der Kartoffelanbau dasteht, beleuchtet Jörg Reisenweber.
Für 2019 ergibt sich für die Rentabilität der Kartoffel nach derzeitigem Stand ein ziemlich eindeutiges Bild: Als Favoritin dürfte die Speisekartoffel mit seinem Deckungsbeitrag von etwa 2500 €/ha gelten. Dicht darauf folgt die Veredelungskartoffel (Pommes- und Kloßteigware) mit durchschnittlich 2400 €/ha (Übersicht 1). Stärkekartoffeln werden aller Voraussicht nach den fünfjährigen Schnitt halten und ca. 1600 €/ha erzielen.
Selbst die leistungsfähigsten Mähdruschfrüchte, wie Qualitätsweizen, Dinkel oder Körner- und Silomais als Biogassubstrat im Verkauf, werden weit abgeschlagen hinter den Kartoffeln zu liegen kommen.
Die Speisekartoffel bestätigt ihre Vorrangstellung auch bei längerfristiger Betrachtung. So kommt sie unter mittleren bayerischen Verhältnissen im fünfjährigen Durchschnitt auf einen Deckungsbeitrag von ca. 2600 €/ha, gefolgt von der Veredelungskartoffel mit ca. 2000 €/ha und der Stärkekartoffel mit ca. 1640 €/ha.
Speisekartoffel führt
Für diese Rechnung haben wir die Marktleistung – berechnet aus Naturalertrag und Erzeugerpreis – den entstandenen Spezialkosten (z.B. Saat- und Pflanzgut, Düngemittel, Maschinenunterhalt) gegenübergestellt. Im Betrieb bestehende Festkosten wie Abschreibungen und Gebäudeunterhalt bleiben zunächst unberücksichtigt. Als Berechnungsgrundlage haben wir Daten und Auskünfte der Statistikämter, des Bayerischen Bauernverbandes, des Landhandels sowie der Südstärke GmbH herangezogen.
bis 1500 €/ha Gewinn
Neben den Spezialkosten sind für die Rentabilität allerdings auch die Festkosten sowie die Aufwendungen für Pachten und Löhne von Bedeutung. Die Höhe der Festkosten wird überwiegend von den Investitionen in Technik und Gebäude bestimmt.
Nach Auswertung der bayerischen Buchführungsergebnisse kann im größeren Kartoffelbaubetrieb (90 ha LF; 29 ha Kartoffeln) mit Werten von etwa 650 bis 750 €/ha LF gerechnet werden.
Hinzu kommen Kosten für Fremdpachten von durchschnittlich ca. 450 bis 600 €/ha zugepachteter Fläche. Der Aufwand für Fremdarbeitskräfte beträgt nach der Buchführungsstatistik etwa 200 bis 260 €/ha Kartoffeln. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Lohnkosten für Fremdarbeit bereits im Deckungsbeitrag als Kosten für Lohnarbeit/Maschinenmiete berücksichtigt sein können.
Unter diesen Voraussetzungen kann nach Abzug der Fest-, Lohn- und Pachtkosten vom Deckungsbeitrag mittelfristig mit durchschnittlichen Gewinnbeiträgen (ohne Anrechnung der entkoppelten Betriebsprämie) von etwa 800 bis 1500 €/ha Kartoffel gerechnet werden. Da die betriebsindividuellen Gegebenheiten (Produktionsrichtung, Flächenausstattung) außerordentlich stark schwanken, können diese Werte allerdings nur als grober Anhalt dienen.
Eigene Vollkostenrechnung sinnvoll
Für eine wirtschaftlich erfolgreiche Kartoffelerzeugung ist es wichtig, die ökonomischen Kennzahlen des eigenen Betriebes zu erfassen und zu analysieren. Neben der Deckungsbeitragsrechnung – die eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte – ist zumindest ab und zu eine Vollkostenrechnung zu erstellen. In diese fließen neben den schon behandelten Spezialkosten und Fest-/Pacht-/Lohnkosten auch die kalkulatorischen Faktorkosten ein. Sie setzen sich aus Ansätzen zur Entlohnung der eigenen (Familien-)Arbeitskräfte und des eingesetzten Kapitals (z.B. eigener Boden, Maschinen, Gebäude) zusammen. Diese Art der Kostenberechnung ist gerade für die Kartoffelproduktion aufgrund der Spezialtechnik, des Lagers und des hohen Arbeitszeitbedarfs von besonderer Bedeutung. Während die meisten Mähdruschfrüchte und auch Zuckerrüben heute mit weit unter zehn Feldarbeitsstunden je ha auskommen, wird bei der Kartoffel mit ca. 30 bis 35 AKh/ha zu kalkulieren sein. Fallen darüber hinaus noch Arbeiten im Lager (Ein-Auslagern, Vorsortieren, Kontrollieren) an, sind durchaus weitere 20 bis 25 AKh/ha zu veranschlagen. Werden diese Arbeiten von nichtentlohnten Familienarbeitskräften erledigt, so sind bei einem Lohnansatz von 19 €/AKh bis zu 500 €/ha als kalkulatorische Faktorkosten anzusetzen. Die Ergebnisse einer Vollkostenrechnung auf Basis der Buchführung zeigt Übersicht 2.
Hierzu wurden an der LfL Bayern 19 bayerische Betriebe mit Kartoffelanbau für das Erntejahr 2018 (Grundlage: Buchführung 2017/18) nach dem DLG-Schema ausgewertet.
In diesen Betrieben (94 ha LF, 29 ha Kartoffeln, Kartoffelertrag: 378 dt/ha) konnten die durchschnittlichen Erlöse aus dem Kartoffelbau in Höhe von 17,63 €/dt (ohne MwSt.) die Vollkosten von 11,61 €/dt (ohne MwSt.) gut abdecken. Unter Einbezug sonstiger Leistungen (Direktzahlungen, Entschädigungen) sowie der entkoppelten Betriebsprämie war in diesem Jahr ein Unternehmergewinn in Höhe von knapp 7 €/dt bzw. 2500 €/ha Kartoffeln zu erzielen. Eine Unterscheidung nach Speise-, Veredelungs-, und Stärkekartoffeln war nicht möglich.
Freier Markt oder Vertragsanbau?
Die Erzeugerpreise schwanken vor allem bei Speise- und Veredelungskartoffeln (freie Ware) stark (Übersicht 3). Relativ konstant hingegen verlaufen die Erzeugerpreise für den Vertragsanbau der Stärkekartoffeln.
Für die betriebliche Ausrichtung auf einen Anbauschwerpunkt macht es daher keinen Sinn, sich nur einige Einzeljahre als Entscheidungsgrundlage auszuwählen. Vielmehr ist es beim Kartoffelanbau nötig, langjährige Durchschnittswerte zu betrachten. Im Schnitt der Erntejahre 2012 bis 2018 wurden so für die Speisekartoffeln 18,62 €/dt, für die Veredelungsware 15,10 €/dt und für die Stärkekartoffel 9,70 €/dt inkl. MwSt. erzielt.
Allerdings dürfen dabei die weitaus höheren Qualitätsanforderungen, der Arbeitszeitbedarf und die Lagerkosten bei Speise- und Veredelungskartoffeln im Vergleich zur Stärkekartoffel nicht unterschätzt werden. Andererseits ist beim Anbau der Stärkekartoffeln ein gleichmäßiges Einkommen gewährleistet, das für die betriebliche Liquidität ein entscheidender Vorteil sein kann.
Zudem ist das Vermarktungsrisiko ungleich geringer. Ein guter Kompromiss kann der teilweise Vertragsanbau bei Speise- und Veredelungsware sein. Im Schnitt der Jahre 2012 bis 2018 zeigte sich, dass der Durchschnittspreis für Vertragsware bei Veredelungskartoffeln nur um etwa 30 ct unter dem Durchschnitt für freie Ware lag.
silvia.lehnert@topagrar.com
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Die Preise für Mähdruschfrüchte treten auf der Stelle, die Zuckerrübe ist auf den Rang einer guten Körnerfrucht zurückgefallen. Wie der Kartoffelanbau dasteht, beleuchtet Jörg Reisenweber.
Für 2019 ergibt sich für die Rentabilität der Kartoffel nach derzeitigem Stand ein ziemlich eindeutiges Bild: Als Favoritin dürfte die Speisekartoffel mit seinem Deckungsbeitrag von etwa 2500 €/ha gelten. Dicht darauf folgt die Veredelungskartoffel (Pommes- und Kloßteigware) mit durchschnittlich 2400 €/ha (Übersicht 1). Stärkekartoffeln werden aller Voraussicht nach den fünfjährigen Schnitt halten und ca. 1600 €/ha erzielen.
Selbst die leistungsfähigsten Mähdruschfrüchte, wie Qualitätsweizen, Dinkel oder Körner- und Silomais als Biogassubstrat im Verkauf, werden weit abgeschlagen hinter den Kartoffeln zu liegen kommen.
Die Speisekartoffel bestätigt ihre Vorrangstellung auch bei längerfristiger Betrachtung. So kommt sie unter mittleren bayerischen Verhältnissen im fünfjährigen Durchschnitt auf einen Deckungsbeitrag von ca. 2600 €/ha, gefolgt von der Veredelungskartoffel mit ca. 2000 €/ha und der Stärkekartoffel mit ca. 1640 €/ha.
Speisekartoffel führt
Für diese Rechnung haben wir die Marktleistung – berechnet aus Naturalertrag und Erzeugerpreis – den entstandenen Spezialkosten (z.B. Saat- und Pflanzgut, Düngemittel, Maschinenunterhalt) gegenübergestellt. Im Betrieb bestehende Festkosten wie Abschreibungen und Gebäudeunterhalt bleiben zunächst unberücksichtigt. Als Berechnungsgrundlage haben wir Daten und Auskünfte der Statistikämter, des Bayerischen Bauernverbandes, des Landhandels sowie der Südstärke GmbH herangezogen.
bis 1500 €/ha Gewinn
Neben den Spezialkosten sind für die Rentabilität allerdings auch die Festkosten sowie die Aufwendungen für Pachten und Löhne von Bedeutung. Die Höhe der Festkosten wird überwiegend von den Investitionen in Technik und Gebäude bestimmt.
Nach Auswertung der bayerischen Buchführungsergebnisse kann im größeren Kartoffelbaubetrieb (90 ha LF; 29 ha Kartoffeln) mit Werten von etwa 650 bis 750 €/ha LF gerechnet werden.
Hinzu kommen Kosten für Fremdpachten von durchschnittlich ca. 450 bis 600 €/ha zugepachteter Fläche. Der Aufwand für Fremdarbeitskräfte beträgt nach der Buchführungsstatistik etwa 200 bis 260 €/ha Kartoffeln. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Lohnkosten für Fremdarbeit bereits im Deckungsbeitrag als Kosten für Lohnarbeit/Maschinenmiete berücksichtigt sein können.
Unter diesen Voraussetzungen kann nach Abzug der Fest-, Lohn- und Pachtkosten vom Deckungsbeitrag mittelfristig mit durchschnittlichen Gewinnbeiträgen (ohne Anrechnung der entkoppelten Betriebsprämie) von etwa 800 bis 1500 €/ha Kartoffel gerechnet werden. Da die betriebsindividuellen Gegebenheiten (Produktionsrichtung, Flächenausstattung) außerordentlich stark schwanken, können diese Werte allerdings nur als grober Anhalt dienen.
Eigene Vollkostenrechnung sinnvoll
Für eine wirtschaftlich erfolgreiche Kartoffelerzeugung ist es wichtig, die ökonomischen Kennzahlen des eigenen Betriebes zu erfassen und zu analysieren. Neben der Deckungsbeitragsrechnung – die eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte – ist zumindest ab und zu eine Vollkostenrechnung zu erstellen. In diese fließen neben den schon behandelten Spezialkosten und Fest-/Pacht-/Lohnkosten auch die kalkulatorischen Faktorkosten ein. Sie setzen sich aus Ansätzen zur Entlohnung der eigenen (Familien-)Arbeitskräfte und des eingesetzten Kapitals (z.B. eigener Boden, Maschinen, Gebäude) zusammen. Diese Art der Kostenberechnung ist gerade für die Kartoffelproduktion aufgrund der Spezialtechnik, des Lagers und des hohen Arbeitszeitbedarfs von besonderer Bedeutung. Während die meisten Mähdruschfrüchte und auch Zuckerrüben heute mit weit unter zehn Feldarbeitsstunden je ha auskommen, wird bei der Kartoffel mit ca. 30 bis 35 AKh/ha zu kalkulieren sein. Fallen darüber hinaus noch Arbeiten im Lager (Ein-Auslagern, Vorsortieren, Kontrollieren) an, sind durchaus weitere 20 bis 25 AKh/ha zu veranschlagen. Werden diese Arbeiten von nichtentlohnten Familienarbeitskräften erledigt, so sind bei einem Lohnansatz von 19 €/AKh bis zu 500 €/ha als kalkulatorische Faktorkosten anzusetzen. Die Ergebnisse einer Vollkostenrechnung auf Basis der Buchführung zeigt Übersicht 2.
Hierzu wurden an der LfL Bayern 19 bayerische Betriebe mit Kartoffelanbau für das Erntejahr 2018 (Grundlage: Buchführung 2017/18) nach dem DLG-Schema ausgewertet.
In diesen Betrieben (94 ha LF, 29 ha Kartoffeln, Kartoffelertrag: 378 dt/ha) konnten die durchschnittlichen Erlöse aus dem Kartoffelbau in Höhe von 17,63 €/dt (ohne MwSt.) die Vollkosten von 11,61 €/dt (ohne MwSt.) gut abdecken. Unter Einbezug sonstiger Leistungen (Direktzahlungen, Entschädigungen) sowie der entkoppelten Betriebsprämie war in diesem Jahr ein Unternehmergewinn in Höhe von knapp 7 €/dt bzw. 2500 €/ha Kartoffeln zu erzielen. Eine Unterscheidung nach Speise-, Veredelungs-, und Stärkekartoffeln war nicht möglich.
Freier Markt oder Vertragsanbau?
Die Erzeugerpreise schwanken vor allem bei Speise- und Veredelungskartoffeln (freie Ware) stark (Übersicht 3). Relativ konstant hingegen verlaufen die Erzeugerpreise für den Vertragsanbau der Stärkekartoffeln.
Für die betriebliche Ausrichtung auf einen Anbauschwerpunkt macht es daher keinen Sinn, sich nur einige Einzeljahre als Entscheidungsgrundlage auszuwählen. Vielmehr ist es beim Kartoffelanbau nötig, langjährige Durchschnittswerte zu betrachten. Im Schnitt der Erntejahre 2012 bis 2018 wurden so für die Speisekartoffeln 18,62 €/dt, für die Veredelungsware 15,10 €/dt und für die Stärkekartoffel 9,70 €/dt inkl. MwSt. erzielt.
Allerdings dürfen dabei die weitaus höheren Qualitätsanforderungen, der Arbeitszeitbedarf und die Lagerkosten bei Speise- und Veredelungskartoffeln im Vergleich zur Stärkekartoffel nicht unterschätzt werden. Andererseits ist beim Anbau der Stärkekartoffeln ein gleichmäßiges Einkommen gewährleistet, das für die betriebliche Liquidität ein entscheidender Vorteil sein kann.
Zudem ist das Vermarktungsrisiko ungleich geringer. Ein guter Kompromiss kann der teilweise Vertragsanbau bei Speise- und Veredelungsware sein. Im Schnitt der Jahre 2012 bis 2018 zeigte sich, dass der Durchschnittspreis für Vertragsware bei Veredelungskartoffeln nur um etwa 30 ct unter dem Durchschnitt für freie Ware lag.