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Wenn Engerlinge zur Plage werden

Lesezeit: 6 Minuten

Die Schäden im Grünland durch Engerlinge nehmen zu. Wie Sie vorbeugen und betroffene Flächen sanieren können, zeigt Dr. Ullrich Benker, LfL Bayern.


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Heimlich, still und leise hat sich der Maikäfer bei uns in den letzten Jahren wieder breitgemacht. Während Reinhard Mey noch 1974 das Lied „Es gibt keine Maikäfer mehr!“ sang, ärgern sich mittlerweile immer mehr Landwirte über massive Schäden im Grünland durch seine Larven, die sogenannten Engerlinge.


Der Feldmaikäfer – wissenschaftlich Melolontha melolontha – aus der Familie der Blatthornkäfer (Scarabaeidae), war nie ganz weg. Er fiel nur nicht so stark auf, da die Engerlinge unterirdisch leben. Und in einer Generation, die in der Regel vier Jahre dauert, nehmen die insgesamt drei Engerlings-Stadien die meiste Zeit in Anspruch.


Die erwachsenen Käfer leben dagegen nur vier bis sechs Wochen. Sie haben nicht viel Zeit, um aus dem Erdreich zu krabbeln, zu Laubbäumen in der Umgebung zu fliegen, dort den Reifungsfraß durchzuführen, einen Geschlechtspartner zu finden, sich zu paaren und letztendlich die Eier auf Wiesen abzulegen.


Wo sind die Hotspots?

In Bayern sind fünf größere und stabile Vorkommen des Feldmaikäfers bekannt. In Oberbayern sind dies der kleine Ort Reichling (Landkreis Landsberg/Lech), im Inntal die Gemeinde Oberaudorf (Landkreis Rosenheim) und der Ort Weißbach an der Alpenstraße (Landkreis Berchtes-gadener Land). In Niederbayern sind die Orte Breitenberg und Sonnen (Landkreis Passau) betroffen. In Unterfranken im Spessart sind es vor allem das Tal von Hessenthal-Mespelbrunn (Landkreis Aschaffenburg) sowie inzwischen auch Nachbartäler.


Ursachen für die Ausbreitung:

Bis auf eines haben alle genannten Gebiete denselben Generationenzyklus. Das letzte Hauptflugjahr war somit jeweils 2018, das nächste kann man mit hoher Sicherheit für 2021 prognostizieren. Nur in Reichling finden sich überlappende Generationen und der Flug der Maikäfer kann dort jedes Jahr bewundert werden. Eine Umfrage der LfL während der Hauptflugzeit 2018 zeigte, dass es inzwischen auch viele kleinere Vorkommen gibt, wo der Maikäfer entweder bisher nicht bekannt war oder über viele Jahre als verschollen galt.


Hauptursache für das Erstarken der Maikäfer-Populationen dürfte neben dem Klimawandel vor allem die zunehmend pfluglose Bodenbearbeitung sein.


Denn im Boden lebende Schädlinge wie etwa Engerlinge werden kaum noch erfasst. Die Abnahme von Ackerflächen und deren Umwandlung in Dauergrünland förderte ebenfalls typische Grünlandschädlinge, wie etwa Drahtwürmer von Schnellkäfern oder eben Engerlinge von Maikäfer, Junikäfer, Purzelkäfer und Gartenlaubkäfer.


Wie sehen die Schäden aus?

Bei mehr als 40 Engerlingen pro m2 ist die Schadschwelle im Grünland überschritten. Dann wirkt sich der unterirdische Fraß an Graswurzeln durch oberirdisches Welken und Absterben der einzelnen Pflanzen deutlich aus. Graben sich die Engerlinge dann seitlich weiter zu den nächsten Gräsern, tritt ein flächiger Ausfall auf.


Die Grasnarbe verliert durch das Fehlen der Wurzeln auch den Halt zum darunterliegenden Erdreich. Das ist der Primärschaden! Sekundärschäden entstehen oft durch Wildschweine und Krähen, die auf der Suche nach Engerlingen die Grasnarbe aufreißen. Sie wird dann wie ein Teppich aufgerollt. Bei Hanglagen und starken Regenfällen droht die Abschwemmung von Erdreich bis ins Tal.


Mit gravierenden Schäden wird man auch in diesem Jahr, im Folgejahr nach einem Maikäferflugjahr, rechnen müssen. Das späte zweite Larvenstadium ist nämlich am gefräßigsten und bereits im Frühsommer lassen sich wohl die Grasnarben abheben. Die Konsequenzen sind erhebliche Einbußen an Grundfutter sowie Aufwand und Kosten für eine Neuansaat der Flächen.


Wie bekämpfen?

Die Bekämpfung der Engerlinge wie auch der erwachsenen Feldmaikäfer gilt als schwierig, da sie immer mit hohem Aufwand verbunden ist. Alle Maßnahmen bewirken zudem nur eine gewisse Reduzierung der Individuenzahl in der Gesamtpopulation.


Dazu ist z.B. eine mechanische Bodenbearbeitung mit einer Fräse auf 6 bis 8 cm Tiefe ratsam. Durch die Fräse werden die Engerlinge entweder direkt getroffen und abgetötet oder sie werden an die Oberfläche geschleudert, wo sie durch die UV-Strahlung absterben. Bei Anwendung zum optimalen Zeitpunkt ist die Fräse sehr effektiv (80 bis 90% Wirkungsgrad). Der optimale Zeitpunkt ist gegeben, wenn die Engerlinge im Frühjahr direkt unter der Grasnarbe sitzen. Durch eine Probegrabung kann man dies herausfinden.


Auf Flächen mit starker Hangneigung ist von der Fräse jedoch abzuraten, da ein Umstürzen der Zugmaschine denkbar ist. Ein Nachteil der Fräse ist zudem immer, dass die Grasnarbe zerstört wird und ein oder mehrere Schnitte ausfallen. Eine Nachsaat mit einer geeigneten Gräsermischung ist im Anschluss erforderlich.


Pilz als Gegenspieler einsetzen:

Alternativ oder zusätzlich zur Fräse ist der Einsatz des Pilzes Beauveria brongniartii (Trägersubstanz: Gerstenkörner) sinnvoll, ein natürlicher und einheimischer Gegenspieler der Engerlinge. Nach einer Infektion mit dem Pilz sehen die abgetöteten Engerlinge wie mit weißem Mehl bestäubt aus. Da Beauveria brongniartii-Präparate keine zugelassenen Pflanzenschutzmittel in Deutschland sind, müsste allerdings eine Ausnahmezulassung nach Art. 53 beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) beantragt werden. Mehrere betroffene Landwirte könnten sich für einen derartigen Antrag zusammenschließen.


Erforderlich ist dazu aber eine spezielle Schlitz-Sämaschine, um die ebenfalls UV-empfindliche Pilzgerste auf der Fläche auszubringen.


Reduktion der Käfer:

Als praktikable Möglichkeit zur Reduzierung der Weibchen und Männchen käme das Abspritzen der Laubbäume, auf denen sich die Käfer zum Reifungsfraß aufhalten, mit dem Präparat NeemAzal T/S infrage.


Dessen Wirkstoff Azadirachtin führt zu einer Verminderung der Fraßleistung bis hin zum Fraßstopp. Bei den Weibchen zusätzlich zu einer verzögerten Ovarien- Ausbildung. Abzuspritzen wären die Waldränder um die Engerlings-Flächen sowie einzeln stehende Maikäfer-Wirtsbäume wie Ahorn, Buche, Eiche, Rosskastanie und Obstbäume. Die Spritzung könnte vom Boden aus mit leistungsstarken Spritzen oder über einen Helikopter erfolgen. Auch bei dieser Art der Behandlung wäre jedoch in jedem Fall eine Ausnahmezulassung erforderlich.


Art bestimmen:

Aber aufgepasst! Wie schon erwähnt, bilden auch andere Blatthornkäfer-Arten Engerlinge aus, die auf Grünflächen vergleichbare Schäden anrichten können. Der Junikäfer Amphimallon solstitiale hat 2018 sein Unwesen auf Rasenflächen in der Gemeinde Fuchstal, Landkreis Landsberg/Lech, und in Kempten im Allgäu getrieben. Er kommt auch auf Wiesen vor.


Der Gartenlaubkäfer Phyllopertha horticola richtet zwar ebenso Schäden an, ist aber auf Grünland im urbanen Bereich, also auf Privatgärten und Sportanlagen, fixiert. Letztgenannte Art kann dafür sehr gut mit insektenpathogenen Nematoden bekämpft werden, die Pilzgerste würde dagegen nicht funktionieren. Für eine Erfolg versprechende Kontrolle von Engerlingen ist die genaue Feststellung der Art dringend erforderlich, bevor man zur Tat schreitet. Die Artermittlung ist leicht mit einer Lupe durchzuführen.


Kontakt: silvia.lehnert@topagrar.com

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