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Wie kommen viehlose Biobetriebe an Stickstoff?

Lesezeit: 7 Minuten

Nur Leguminosen in der Fruchtfolge oder zusätzlich organische Zukaufdünger? Beide Strategien können für viehlose Bioackerbaubetriebe Sinn ergeben. Anders sieht es aus ökologischer Sicht aus. Hier ist Fruchtfolgestrategien der Vorzug zu geben.


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Viehlose Ackerbaubetriebe stehen bei der Düngung immer vor der Frage, wie sie ihre Kulturen ausreichend mit Stickstoff versorgen können. Grundsätzlich verpflichtet sie die EU-Bioverordnung zum Anbau von Hauptfruchtleguminosen und Leguminosenbegrünungen, um den Stickstoffbedarf der Fruchtfolge sicherzustellen. Andererseits lässt die Verordnung auch den Zukauf konventioneller organischer Handelsdünger zu, deren zulässige Ausgangsstoffe im Anhang der Verordnung definiert sind. Im Folgenden wird gezeigt, wie beide Strategien betriebsindividuell und aus ökologischer Sicht zu bewerten sind.


Rückgrat Futterleguminosen


Das Fundament der Stickstoffversorgung im Bioackerbau ist die symbiontische Luftstickstofffixierung über die Knöllchenbakterien von Leguminosen. Folglich wird in der Beratungspraxis häufig ein Leguminosenanteil von 30% in Biomarktfruchtfolgen empfohlen. Den besten Vorfruchtwert bzw. die höchsten Stickstoffeinträge versprechen mehrjährige Luzerne- bzw. Klee(gras)-bestände. Zusätzlich tragen Futterleguminosen zum Humuserhalt bzw. Humusaufbau bei und hinterlassen eine günstige Bodenstruktur.


Da der Aufwuchs von Luzerne im viehlosen Biomarktfruchtbau meist nicht genutzt werden kann, werden diese Flächen häufig als Brache geführt. Weil dadurch eine Marktleistung fehlt, beschränken viele Bioackerbauern den Anteil von Luzernebrachen in ihren Fruchtfolgen auf ein Minimum. Dabei wird häufig vergessen, den symbiontisch gebundenen Luftstickstoff monetär zu bewerten.


Stickstoffwert: 4 bis 6 €/kg


Grundsätzlich sammeln Luzerneflächen im Biomasseaufwuchs etwa 200 bis 300 kg Stickstoff je Hektar und Jahr. In Modellrechnungen mit einem Luzerneanteil (zweijährig) von etwa 25% in der Fruchtfolge ergibt sich meist ein kalkulatorischer Preis von etwa 4 bis 6 €/kg für den Stickstoff, der über den Luzerneanbau für die Marktfrüchte bereitgestellt wird. Dazu kommen noch die monetär schwer zu bewertenden Leistungen für Humusaufbau, Bodenstrukturstabilisierung und Bodenaufschluss durch die tief reichenden Pfahlwurzeln.


In Regionen, wo noch tierhaltende Betriebe vorhanden sind, kann der Biomasseaufwuchs von Feldfutterflächen in Form von Futter-Mist-Kooperationen genutzt werden. Im Austausch wird Festmist oder Gülle aus der Rinderhaltung auf den Geberbetrieb geliefert.


Derartige Kooperationen sind nicht nur zwischen Biobetrieben möglich, sondern auch mit konventionellen Tierhaltern. Allerdings muss das Haltungssystem mit den Anforderungen der EU-Bioverordnung sowie des jeweiligen Bioanbauverbands kompatibel sein. Im Zweifelsfall sollte vor dem Abschluss einer derartigen Kooperation die Beratung kontaktiert werden.


Festmist aus der konventionellen Rinder- oder Pferdehaltung ist auch bei einigen Bioverbänden ein zulässiger Zukaufdünger. Vorteil für den Ackerbauern: Der Stickstoff aus der Luzerne kann über den Mist gezielter innerhalb der Fruchtfolge verteilt werden. Zudem kommt über den Mist auch organisch gebundener Phosphor auf die Flächen zurück. Nicht zuletzt steigert die Abschöpfung des Biomasseaufwuchses im Vergleich zum Mulchen tendenziell das Ausmaß der Luftstickstoffbindung.


Betriebe, die alle Biomasseaufwüchse von Luzerneflächen ohne Mistrückführung verkaufen, sollten bedenken, dass damit neben dem Stickstoff- auch ein geschätzter Phosphorexport von 3 kg P je Tonne Trockenmasse verbunden ist.


Neues System: Transfermulch


Zumindest in Österreich sind in der Praxis mittlerweile auch sogenannte Transfermulchsysteme angekommen. Hier wird der Aufwuchs der Geberfläche (Luzerne- oder Kleegrasfläche) gehäckselt und als Mulch in Kulturen wie Kartoffeln oder Mais eingebracht. Bisher vorliegende Forschungsergebnisse zeigen einen Ertragseffekt über den Stickstoffeintrag (geschätzt 28 kg N/t Kleegrastrockenmasse) aus dem Mulchmaterial. Auch der Wasserhaushalt ist deutlich ausgeglichener, die Bodenstruktur besser und die Nehmerfläche weniger erosionsanfällig.


Großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit derartiger Systeme haben die innerbetrieblichen Entfernungen zwischen Geber- und Nehmerflächen: Die Mehrkosten belaufen sich laut den Untersuchungen auf etwa 2,50 €/kg N aus dem Transfermulch.


Und was bringen Körnerleguminosen in der Fruchtfolge? Ackerbohne, Erbse oder Platterbse sind als Eiweißträger in der Biofütterung gesucht. Dennoch haben sie in Biomarktfruchtfolgen bisher nur untergeordnete Anbauumfänge. Das liegt nicht zuletzt an ihrer Ertragslabilität und Anfälligkeit für Fußkrankheiten bei zu kurzen Anbauabständen. Die notwendigen Anbauabstände von vier bis sechs Jahren für die Ackerbohne und sechs bis neun Jahren für die Körnererbse setzen ihren Fruchtfolgeanteilen enge Grenzen. Da die Verfügbarkeit von geeigneten Sorten zugenommen hat, ist der Anbau von Winterackerbohnen und Wintererbsen gestiegen – aber auch für die Winterformen sind die angeführten Mindestanbauabstände einzuhalten!


Bei Praxiserträgen von etwa 3 t/ha kann bei Erbse und Ackerbohne mit einer Luftstickstoffbindung von etwa 120 bis 180 kg N/ha gerechnet werden. Daraus ergeben sich positive Flächenbilanzsalden von 20 bis 50 kg N/ha. Dieser positive Vorfruchtwert führt in der Praxis zu meist sehr guten Ertrags- und Qualitätsergebnissen der Folgefrucht Winterweizen.


Mischkulturen mit Vorteilen


Häufig werden im Biomarktfruchtanbau auch Mischkulturen wie Wickroggen oder Wintererbse/Triticale statt Leguminosenreinbestände angebaut. Die Gemenge bieten vor allem Vorteile in der Beikrautunterdrückung, Schaderregervorbeuge und Standfestigkeit. Zu beachten ist aber, dass in den Gemengen in der Regel geringere Luftstickstoffmengen fixiert werden als in Reinbeständen. In Gemengen sollte daher optimalerweise ein Leguminosenanteil von 80% angestrebt werden. Dieser Anteil wird in der Praxis aber nur selten erreicht. Zudem müssen auch hier die jeweiligen Anbaupausen der Kulturen eingehalten werden.


Eine Sonderrolle hat die Sojabohne in Biofruchtfolgen: Einerseits treten in den meisten Regionen noch keine Fruchtfolgekrankheiten auf. Andererseits kann sie sehr hohe Luftstickstoffmengen symbiontisch binden. Im Verbund mit der hohen Marktnachfrage macht sie das zu einer sehr interessanten Kultur in Biomarktfruchtfolgen.


Allerdings werden über das Erntegut, speziell bei betriebswirtschaftlich interessanten Erträgen von mehr als 3 t/ha, auch relativ hohe Stickstoffmengen entzogen. Viele Studien weisen daher für Soja eine ausgeglichene bis leicht negative Stickstoffbilanz aus. In den niederösterreichischen Sojabohnen-Anbaugebieten manifestiert sich der schwache Vorfruchtwert in der Folgefrucht Winterweizen häufig mit Kornproteingehalten unter 12% (siehe Übersicht 1, S. 20).


Was leisten Begrünungen?


Der Beitrag von Begrünungen zum Stickstoffhaushalt von Biomarktfruchtfolgen kann in Abhängigkeit ihres Biomasseaufwuchses stark schwanken. Zwischen 10 und 150 kg Stickstoff je Hektar können in der oberirdischen Biomasse von Begrünungen gespeichert werden. Inwieweit diese Stickstoffmengen möglichst verlustfrei der Folgekultur zur Verfügung gestellt werden können, hängt stark von den Umbruchsstrategien in Verbindung mit dem C/N-Verhältnis der Begrünungsbestände ab.


Welche Ertragseffekte in der Folgekultur durch Winterbegrünungen erzielbar sind, zeigen Versuche des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) mit Wintererbsen: Der Silomaisertrag konnte mit einer Wintererbsenbegrünung im Vergleich zur Kontrollvariante (Grünschnittroggenbegrünung) um mehr als 10 t Trockenmasse je Hektar gesteigert werden.


organische Handelsdünger?


Bei den derzeit am Markt verfügbaren organischen Handelsdüngern handelt es sich zum großen Teil um Produkte, die aus Reststoffen der konventionellen Verarbeitungsindustrie hergestellt werden. Biomarktfruchtbetriebe, die einen Zukauf organischer Handelsdünger andenken, sollten daher vorher immer prüfen, ob ihre Biorichtlinien das zulassen.


Grundsätzlich dürfen Biobetriebe nur Zukaufdünger einsetzen, die im aktuellen FiBl-Biobetriebsmittelkatalog gelistet und damit konform mit den Auflagen der EU-Bio-Verordnung sind. Zudem gelten die Richtlinien des jeweiligen Anbauverbands – auch hier hilft die FiBL-Liste.


Feste bzw. pelletierte organische Handelsdünger setzen den organisch gebundenen Stickstoff eher langsam frei, flüssige relativ schnell. Das ermöglicht z.B. den gezielten Einsatz zur Ertrags- und Qualitätssteuerung im Bioweizenanbau. Wie die Übersicht 2 zeigt, ist der Stickstoff aus flüssigen organischen Handelsdüngern deutlich günstiger zukaufbar als jener aus festen Düngerformen. Die Preise schwanken von knapp über 2 bis fast 10 €/kg N. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Phosphor- und Kaligehalte der einzelnen Dünger nicht bewertet wurden.


Preise dürften steigen


Aufgrund der aktuellen Preisentwicklung für landwirtschaftliche Rohstoffe rechnet die Branche mittelfristig mit signifikanten Preissteigerungen für organische Handelsdünger. Zudem zeichnen sich aufgrund steigender Nachfrage bereits Verfügbarkeitsprobleme ab.


Deshalb und weil der Nährstoffzukauf – egal, ob vom Handel oder von Berufskollegen – von allen Anbauverbänden ohnehin stark begrenzt ist, wird die Optimierung der Fruchtfolgestrategien ein noch wichtigerer Erfolgsfaktor als bisher. Denn nur damit können viehlose Bioackerbaubetriebe den Stickstoffbedarf der angebauten Marktfrüchte sinnvoll decken.


andreas.holzhammer@topagrar.com

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