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„Wir haben die fairste Brezel im Ländle“

Lesezeit: 6 Minuten

Bäcker Heinrich Beck von der Schwäbischen Alb bezieht die meisten Zutaten für seine Backwaren von regionalen Landwirten. Seinen Partnern zahlt er deutlich höhere Preise.


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Heinrich Beck aus Römerstein (Lkr. Reutlingen) ist es zu verdanken, dass auf der Schwäbischen Alb seit 1991 wieder Dinkel angebaut wird. Der Bäckermeister aus Leidenschaft, wie er selbst sagt, benötigte damals Dinkel in seiner „BeckaBeck-Backstube“. Seine Vision, Dinkel auf der Schwäbischen Alb, anzubauen, fand gleich bei mehreren Landwirten Anklang.


Falscher Dinkel


Inzwischen hat Beck mit über 40 Landwirten verschiedene Kooperationen. Längst bauen sie für ihn nicht nur Dinkel, sondern auch Roggen und Weizen an. Exoten wie Leinsamen, Kümmel, Mohn und Koriander blühen heute wieder auf den kargen Böden der Region. All diese Zutaten werden in BeckaBecks-Backstube zu Brot, Brötchen und anderen Backwaren verarbeitet.


Angefangen hatte alles damit, dass Heinrich Beck ein Mädchen mit Neurodermitis kannte, für das er ausschließlich Produkte aus Dinkelmehl herstellte. Als er 1991 das Geschäft von seinem Vater übernahm, erwarb er im Frühjahr für 300 DM/dt den letzten Sack Dinkel auf dem Markt. Dass das Mädchen aber darauf reagierte, hatte Beck nicht erwartet. Nach einer Laboranalyse stellte sich heraus, dass es sich dabei lediglich um einen besseren Weizen gehandelt hatte.


Kurzerhand trommelte Beck einige Landwirte aus Römerstein zusammen und beschloss mit ihnen, wieder Dinkel auf der Schwäbischen Alb anzubauen. Einst war die Region eine Dinkelhochburg, mittlerweile wussten aber nur noch wenige ältere Landwirte in Römerstein über den Anbau Bescheid. „Angefangen haben wir also mit dem Franckenkorn, heute verwenden wir Ebners und Oberkulmer Rotkorn“, erzählt Beck. Zu Beginn wirtschafteten die Landwirte noch nach konventionellen Richtlinien, doch bei Beck wuchs immer mehr das Bestreben, seine Kunden in den 20 Filialen mit ökologisch angebauten Produkten zu bedienen. Seit 2001 sind die meisten landwirtschaftlichen Betriebe, die für Beck in einem Umkreis von 50 km Rohstoffe anbauen, biozertifiziert. „Ich habe meinen Landwirten zwei Jahre Zeit zum Überlegen und drei Jahre zum Umstellen gegeben. Im Brot- und Brötchenbereich sind wir jetzt 100 % bio, in der Konditorei sind es 60 %“, erklärt er.


Höhere Preise


Und für die Landwirte ist diese Kooperation allemal attraktiv, schließlich bekommen sie rund 25% mehr, als der angegebene Biomarktpreis. Dafür erwartet der Bäckermeister im Gegenzug eine top Bioqualität.


Beck macht sich keine Sorgen darüber, dass die Menge einmal nicht mehr ausreichen könnte. Denn die Warteliste der Landwirte, die sich für dieses Projekt interessieren würden, sei lang, erklärt er. Ganz wichtig ist für den Bäckermeister das partnerschaftliche Verhältnis, das er zu seinen Landwirten pflegt. Für seine Geschäftsbeziehungen brauche es keine Verträge, für ihn zähle der Handschlag. „Wir haben die fairste Brezel im Ländle“, sagt Heinrich Beck.


Statt Milchpulver verwendet BeckaBeck in seiner Backstube ausschließlich Frischmilch vom nahegelegenen Bioland-Milchviehbetrieb Tröster. 100 bis 200l holt er dort täglich für die Zubereitung seiner Backwaren ab.


Zum größten Teil fließt die Biomilch in die Herstellung des Brezel-Teigs. Entsprechend hat Beck den Milchpreis an den Brezelpreis gekoppelt. „Somit kann der Landwirt am Erfolg teilhaben und auch am Lob unserer Brezel hat er seinen Verdienst“, sagt Beck. Für dieses innovative Preiskonzept wurde der Bäckerbetrieb 2017 im Rahmen des „Landeswettbewerbs Milch“ des Ministeriums für ländlichen Raum und Verbraucherschutz ausgezeichnet.


Bäcker trägt Risiko mit


Um Engpässe durch Ernteausfälle zu kompensieren, produzieren die Landwirte rund 20% mehr, als in der Backstube benötigt wird. Die Überschüsse werden entweder zu regulären Marktpreisen verkauft oder eingelagert.


Aber auch bei Missernten sieht sich Beck als Auftraggeber in der Pflicht, dem Landwirt unter die Arme zu greifen. Drei Jahre lang brachte der Versuch, in der Region Mohn anzubauen, nur mittelmäßige bis schlechte Erträge. „Ich arbeite mit meinen Landwirten zusammen und gehe mit ihnen auch ins Risiko“, erklärt Beck.


Wie es um die Felder bestellt ist, darüber weiß Beck stets Bescheid. Im Sommer bekommt er oft Fotos von den Getreidefeldern geschickt oder er fährt mit einem seiner Landwirte raus und überzeugt sich selbst von der Qualität.


Außerdem merkt Beck, dass die Landwirte seit der Umstellung auf biologischen Anbau nicht „mehr so unter Druck stehen“ und statt immer noch mehr zu produzieren, sich jetzt auf die „Qualität“ konzentrieren. Für Beck sind Authentizität, Regionalität und der ökologische Anbau große Anliegen, die für ihn Zukunft haben. „Wachstum ist nicht unser Ziel, Qualität ist unser Ziel“, sagt Heinrich Beck.


Mitbeteiligung an der Mühle


An der Qualität arbeite er jeden Tag, sagt Beck. In seiner Backstube verarbeitet er rund 2000 t Mehl im Jahr. Größtenteils wird das Getreide in der nahegelegenen Mühlengenossenschaft Römerstein e.G. vermahlen, an der Beck selbst und auch viele seiner zuliefernden Landwirte genossenschaftlich beteiligt sind. „Diese Mühle gibt es schon lange. Würden wir das nicht machen, wäre sie längst nicht mehr da“, sagt Beck.


Je nach Qualität des Getreides ist das Mehl unterschiedlich und der Bäcker muss in der Backstube die Rezeptur, die Knetzeiten und die Wassermengen entsprechend anpassen. „Deshalb schmeckt das Weckle bei uns nicht jeden Tag gleich, aber unsere Kunden schätzen das“, erklärt der Bäcker. Dabei seien die Preise für BeckaBecks-Bio-backwaren mit denen der Mitbewerber vergleichbar, durch Regionalität und Qualität heben sich seine Produkte ab. So ist es für Heinrich Beck wichtig, dass die Kunden wissen und schätzen, dass seine Zutaten von Biolandwirten aus der Region stammen. Ein Konzept mit dem BeckaBeck nicht nur Vertrauen schafft, sondern auch voll im Trend liegt. Als Auszeichnung erhielt er im März das Biozeichen Baden-Württemberg von Landwirtschaftsminister Peter Hauk überreicht.


Neue Pläne


In Merklingen an der Autobahn A8 entsteht nun Becks neue Vision – eine schwäbische Genuss-Markthalle mit gastronomischem Teil. Ganz nach dem Motto „So schmeckt schwäbisch“, sollen auf 1400 m² ausgewählte regionale Spezialitäten der Schwäbischen Alb angeboten werden. Tamara Lehmann


silvia.lehnert@topagrar.com ▶

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