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Zuckerrüben: Ausstieg unmöglich?

Lesezeit: 5 Minuten

Damit die Südzuckerlieferanten nicht aus dem Anbau aussteigen, gibt es auch 2019 eine Rohstoffsicherungsprämie. Doch das Kleingedruckte lässt aufhorchen.


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Noch immer orientiert sich alles an der „magischen 3“: Mindestens 30 €/t muss Südzucker den Anbauern zahlen, damit die Rübe den Alternativkulturen überlegen bleibt, sagen Experten. Rein vertraglich hätten die Anbauer für die Ernte 2018 mit deutlich weniger rechnen dürfen. Südzucker hat mit 260 €/t historisch wenig für den Zucker erlöst. Gerade einmal 20,32 €/t für Rüben mit 16% bereinigtem Zuckergehalt (BZG) ergibt das.


Absatzprobleme


Wie hat es die Südzucker AG geschafft, beim Erlös so mager abzuschneiden? Immerhin meldet die EU-Kommission für Mittel- und Westeuropa für die Zeit von Herbst 2018 bis Frühjahr 2019 durchgängig Weißzuckerpreise von 313,50 €/t ab Werk, für Drittlandsexporte 328 €/t fob (“free on board“).


Der Geschäftsführer des Verbands Süddeutscher Zuckerrübenanbauer e.V., Dr. Fred Zeller, erklärt sich die Sache so: Preisexporte in Drittländer seien in der EU-Preisberichterstattung nicht enthalten, hätten den Preis aber nach unten gezogen. Zudem habe Südzucker höhere Transportkosten im Binnenmarkt als andere, kleinere Unternehmen, da es in Süddeutschland nicht viele große Zuckerkunden gebe.


Zur Erklärung: Südzucker darf laut Rübenliefervertrag vom Verkaufspreis noch Positionen abziehen, um zum „Zuckererlös“ zu gelangen, der Grundlage für die Rübenpreisberechnung ist.


Hielte sich der europäische Marktführer strickt an sein Preismodell, wäre wohl bald nicht viel übrig vom Anbau. Das wussten auch die Konzernstrategen und boten den Landwirten in diesen Tagen eine „Rohstoffsicherungsprämie“ von 7 €/t bei 16% BZG. Rechnet man dann noch den Netto- in den Bruttopreis um, landet die Rübe – für pauschalierende Betriebe – wieder knapp über 30 €/t. Also alles im Lot?


Prämie mit Tücke


Mitnichten, wenn man auf die Bedingungen blickt. Wer den Rübenliefervertrag für 2020 abschließen will und sein Häkchen bei den Bedingungen der Rohstoffsicherungsprämie setzt, der akzeptiert automatisch auch die Bedingungen der Prämie für die Ernte 2021.


Damit sind die Anbauer bereits jetzt auch für das Anbaujahr 2022 an Südzucker gebunden, weil sie sich verpflichten, dann wieder 100% ihres Lieferrechtes anzubauen. Da diese Rüben erst im Folgejahr abgerechnet werden, erfolgt die Bindung faktisch bis 2023. Wenn bei der Abrechnung des Vertrages 2019, welche im Juni 2020 erfolgt, in gleicher Weise verfahren wird, entsteht eine Bindung mit faktischer Wirkung ins Jahr 2024. Wenn dies von Jahr zu Jahr so weitergeht, wird diese Prämie vor allem ihrem Namen gerecht: Sie sichert Südzucker den Rohstoff Rübe.


Aufteilung vertuscht?


Das bemängelt unter anderem Johannes Zirngibl, Rübenanbauer aus Niederbayern. Zudem moniert er seit Jahren, dass Südzucker die Landwirte von Abrechnung zu Abrechnung schlechter stellt.


Der Rückgang des Zuckerpreises sei nur einer der Gründe für das niedrige Rübengeld. Der andere sei, dass Südzucker einen immer größeren Teil des Erlöses einfach einbehalte. Südplus hat diese Aussage zum Anlass genommen, einmal selbst nachzurechnen.


Rund die Hälfte des Zuckererlöses floss früher an die Landwirte. Nach der alten Marktordnung hatte die Abrechnung stets auf der Basis einer Rübe mit 16% Zuckergehalt zu erfolgen. Setzt man z.B. den ehemaligen EU-Referenzpreis von 404 €/t an, so hatten die Anbauer nach alter Marktordnung dafür einen Rübengrundpreis von 26,29 €/t für eine Rübe mit Standardqualität zu erhalten. Das wären pro Tonne Zucker 202€/t gewesen – 50% des Erlöses (siehe Übersicht).


Dieser Rübenmindestpreis nach alter Marktordnung existiert nicht mehr. Südzucker legt heute gemäß der Preistabelle im Rübenliefervertrag einen „All-inclusive-Preis“ fest. Die weiteren Zu- und Abschläge beeinflussen nur noch die Aufteilung des Rübengeldes unter den Landwirten und somit die individuellen Kontraktrübenpreise.


Um herauszufinden, welcher Rübengrundpreis „nach altem Muster“ den Landwirten nach dem heutigen Südzucker-Modell zusteht, muss man zunächst alle Zu- und Abschläge abziehen. Zudem muss man Rübenmarkvergütung und Transportkosten abziehen – erstere hat die Fabrik nach wie vor separat zu zahlen, letztere hatte sie früher selbst zu tragen (Übersicht). Bei den 260 €/t, die Südzucker für den Zucker der letzten Kampagne erlöst hat, ergibt sich so ein Anteil des Rübengrundpreises „alten Musters“ am Zuckererlös von 29%. Zum direkten Vergleich: Hätte Südzucker den alten EU-Referenzzuckerpreis von 404 €/t erlöst, läge der Anteil bei 31%.


Falsch gerechnet, tönt einem aus der Zuckerbranche entgegen, denn man müsse noch die Rohstoffsicherungsprämie hinzurechnen. Für die Ernte 2018 zahlt Südzucker 7 €/t bei 16% BZG. In unserem Beispiel mit 14% BZG wären es daher 6,13 €. Der Anteil von Rübengrundpreis nach altem Muster und Rohstoffsicherungsprämie zusammen liegt damit bei 44%.


Anbauer Johannes Zirngibl lässt das nicht gelten. Seiner Meinung nach kann man die Rohstoffsicherungsprämie aus verschiedenen Gründen nicht zum Rübengeld zählen:


  • Sie sei kein Vertragsbestandteil und damit nicht einforderbar, sondern unterliege dem Belieben des Zuckerunternehmens,
  • sie sei zwei Jahre lang rückforderbar und könne mit späteren Abrechnungen als Vorschuss verrechnet werden,
  • sie gehöre nicht derselben Periode an wie der Zuckererlös, der der Abrechung zugrunde liegt, und:
  • sie sinkt künftig ab einem Kontraktrübenpreis von 30 €/t auf Null. Ab einem Zuckererlös von 416 €/t würden die Anbauer auf ihrem niedrigen Anteil von 33% am Zuckererlös also sitzen bleiben. „An besseren Zuckerpreisen verdient die Industrie alleine“, sagt Zirngibl.


claus.mayer@topagrar.com


claus.mayer@topagrar.com


Mit welchen Problemen Rübenanbauer in Österreich und der Schweiz zu kämpfen haben, lesen Sie auf den folgenden Seiten. ▶

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