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FFH-Gebiete: Ein neuer Zukunftsbericht birgt Sprengstoff

Durch den Klimawandel - nicht durch die Bauern - werden sich viele FFH-Gebiete im Land künftig wohl massiv verändern. Eine neue Studie aus dem Schwarzwald sorgt für Zündstoff.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Klimawandel wird die verschiedenen FFH-Lebensraumtypen massiv verändern und macht daher ein Umdenken bei den derzeit definierten Maßnahmen zu ihrer Erhaltung notwendig. Viele Lebensraumtypen werde es auf den derzeitigen Standorten in Zukunft nicht mehr geben, daher müsse man die statische Betrachtung der Erhaltungszustände zugunsten einer dynamischeren Betrachtung des Naturschutzes aufgeben. Außerdem bedürfe es einer großräumigen Betrachtung des Naturschutzes im FFH-Kontext. Die derzeit festgelegten Erhaltungs- und Entwicklungszustände seien zu kleinräumig festgelegt zumal es Flächen gebe, die bereits aus heutiger Sicht durch die Veränderung der Klimafaktoren keine Chance zum Erhalt haben. Statt auf die Einzelfläche müsse der Fokus z.B. auf Biogeographische Regionen und Unterregionen gelegt werden.

Veröffentlichung verzögert

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Das ist kurz gefasst das Ergebnis eines Berichtes zu neuen Nutz- und Schutzkonzepten im Klimawandel, den der Naturpark Südschwarzwald beim Fachbüro UNIQUE forestry and land use GmbH in Auftrag gegeben hat. Finanziert wurde die Studie im Rahmen des Klimopass-Programmes des Umweltministeriums in Stuttgart. Eigentlich war der Bericht schon Mitte 2019 fertiggestellt. Das Umweltministerium sah bei den Ergebnissen allerdings "erhebliche inhaltliche Mängel", die vor der jetzigen Veröffentlichung noch ausgemerzt werden mussten.

Die Inhalte bergen in der seit Jahren kontrovers geführten Diskussion um den Erhalt von FFH-Flächen einigen Sprengstoff. Praktiker sehen bereits eine Zeitenwende angebrochen: "In dieser Deutlichkeit hat noch keiner gesagt, dass die FFH-Gebiete von großräumigen Faktoren mindestens ebenso beeinflusst werden, wie von der Bewirtschaftung. Daher hoffe ich, dass wir endlich aus der Diskussion um Managementpläne herauskommen und die Bewirtschafter künftig aus der alleinigen Verantwortung genommen werden. Denn bisher bekommt immer der Landwirt den Schwarzen Peter, wenn eine besondere Art auf der Fläche verschwindet", sagt Bernhard Bolkart, Vizepräsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes, BLHV. Der Verband sitzt im Beirat des Naturpark Südschwarzwald.

Ohne Düngung keine tragfähige Bewirtschaftung

Mit den aktuellen Managementplänen, die z.B.vielfach einen späteren Schnitt oder eine extensive Bewirtschaftung vorschreiben, sorgen wir laut Bolkart erst recht dafür, dass Lebensraumtypen verschwinden. "Im Wald leugnet niemand mehr den Klimawandel, auf dem Grünland muss diese Erkenntnis erst noch wachsen", sagt Bolkart.

Zum Erhalt der Flächen sind laut dem Bericht künftig Maßnahmen nötig, die reaktiv auf den Klimawandel wirken und die Bewirtschaftbarkeit verbessern und vor allem eine Verschlechterung der Standortbedingungen aufhalten. Dazu gehöre z.B. die moderate Düngung der Offenland-Lebensraumtypen. Notwendig sei in diesem Zusammenhang auch eine stärkere Akzeptanz und Bewilligung von Düngemaßnahmen durch die Behörden. "Denn ohne Düngung ist eine tragfähige Bewirtschaftbarkeit durch den Landwirt kaum realistisch noch arbeitsökonomisch machbar", so der genaue Wortlaut.

Die Änderungen durch den Klimawandel bedeuten laut der Autoren der Studie aber nicht nur Verluste in der Lebensraumtypen-Bilanz eines FFH-Gebietes, sondern bislang nicht in der FFH-Kulisse liegende Flächen könnten in Zukunft die Artenzusammensetzung von Lebensraumtypenflächen aufweisen.

Auf andere Mittelgebirge übertragbar?

Es sei an der Zeit, das Thema großflächiger zu denken und zu akzeptieren, dass artenreiche Flächen unter Umständen in andere Gebiete abwandern: "Wir müssen generell akzeptieren, dass sich die Flächen nicht unter einer Käseglocke befinden", so Bolkart. Der Praktiker und Verbandspolitiker wünscht sich konkret mehr Dialog mit den Landschaftserhaltungsverbänden auf den jeweiligen Flächen und sieht die jetzt vorliegenden Erkenntnisse auch als übertragbar für andere Mittelgebirge in Deutschland an. Der Handlungsdruck sei hoch, neue Lösungen müssten her: "Denn in diesen Regionen hören die Bauern schneller auf als anderswo." so seine Warnung.

Diese Dringlichkeit sieht das zuständige Umweltministerium in Baden-Württemberg derzeit aber noch nicht: "Ein komplettes grundsätzliches Umdenken bei den FFH-Erhaltungsmaßnahmen sei mit den klimabedingten Artenverschiebungen nicht verbunden", teilt es auf Anfrage von Südplus mit. Die Aussagekraft der Studie sei durch die Fokussierung auf den Naturpark sehr eingeschränkt. "Die Untersuchung an wenigen Beispielen in einem eng begrenzten Untersuchungsraum sind aber nur bedingt übertragbar." schreibt das Ministerium. Man könne daraus keine allgemeinen Forderungen zur Neuorientierung des gesamten Naturschutzes ableiten. FFH-Mähwiesen oder Borstgrasrasen beispielsweise seien durch eine extensive Bewirtschaftung entstanden und auch nur durch eine Fortführung dieser Nutzung zu erhalten. Ohne Maßnahmen wie einen späten Schnitt oder geringe Düngung würde der Artenverlust auf diesen Flächen noch deutlich rasanter fortschreiten.

Wie geht es jetzt weiter?

Dass Konsequenzen aus dem Bericht gezogen werden müssen, ist aber auch der Politik und der Naturschutzverwaltung klar, welche das konkret sind, ist noch offen. "Dass der Klimawandel in der Managementplanung zukünftig stärker berücksichtigt werden sollte, ist zutreffend. Bisher überwiegen jedoch in den meisten Fällen andere Einflussfaktoren wie beispielsweise die Landnutzung den Einfluss des Klimawandels bei Weitem", erklärt das Umweltministerium auf Anfrage. Bei der künftigen Managementplanung werde man auch den Klimawandel berücksichtigen. Das Ministerium betont aber: "Auch bei Berücksichtigung des Klimawandels können durch Bewirtschaftung entstandene Lebensraumtypen nur durch eine angepasste Bewirtschaftung erhalten werden."

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