Gurr-Hirsch: "Wir stehen im Ackerbau vor einer Zeitenwende"
Eine Zeitenwende sieht Staatssekretärin Sieglinde Gurr-Hirsch im Ackerbau gekommen. Die Klimaveränderungen, die Neuausrichtung der GAP und die gesellschaftlichen Erwartungen stellten den Ackerbau vor zahlreiche neue Herausforderungen, sagte Gurr-Hirsch vor Bauern, Beratern und Wissenschaftlern bei der 50. Pflanzenbaulichen Vortragstagung in Sindelfingen.
Eine Zeitenwende sieht Staatssekretärin Sieglinde Gurr-Hirsch im Ackerbau gekommen. Die Klimaveränderungen, die Neuausrichtung der GAP und die gesellschaftlichen Erwartungen stellten den Ackerbau vor zahlreiche neue Herausforderungen, sagte Gurr-Hirsch vor Bauern, Beratern und Wissenschaftlern bei der 50. Pflanzenbaulichen Vortragstagung in Sindelfingen.
Einen Neustart bei der GAP sieht die Politikerin als nicht sinnvoll und als nicht realistisch an. "Die so genannten Eco-Schemes in der 1. Säule sind abzulehnen, zumal wir schon viele ökologische Angebote haben. Und was wird dann aus unserer vielfältigen Landwirtschaft in Baden-Württemberg? Die Eco-Schemes untergraben die Schlagkraft der bestehenden Programme wie Landschaftspflegerichtlinie oder FAKT." Zudem sei dadurch mit mehr Bürokratie zu rechnen, fasste die Staatssekretärin zusammen. Mit ihrem Wunsch, dass das Verwaltungs- und Kontrollprinzip künftig auf Vertrauen, und nicht wie bisher auf Misstrauen basieren müsse, sprach sie sicher den anwesenden Bauern aus der Seele.
Applikationstechnik verbessern
Prof. Bernhard Bauer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf diskutierte in seinem Vortrag verschiedene Ansatzpunkte, wie man künftig den vielfältigen Anforderungen an den Pflanzenbau gerecht werden könne. Neben dem kompletten Verzicht auf Pflanzenschutzmittel sei die drastische Reduktion der Aufwandmengen ein Ansatzpunkt. In diesem Zusammenhang müsse über eine Verbesserung der Applikationstechnik nachgedacht werden, denn nur 1 bis 5 % der Herbizide erreichten tatsächlich ihren Wirkort. Zudem lande über 75 % des Wirkstoffes in der Regel auf dem Fahnenblatt und nicht auf der Ähre. "Die Pflanzenschutzspritze wird es nur noch adaptiert geben", so Bauer. Denkbar sei ein Revival der Bandspritze in Reihenkulturen und dem Einsatz der Hacke zwischen den Reihen.
Große Chancen räumte der Wissenschaftler künftig der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung der Flächen ein. So könne es zum Beispiel künftig Flächen mit vielen unterschiedlich intensiv bewirtschafteten Zonen geben. Gerade bei pilzlichen Erregern komme der Unterbrechung der Vermehrungszyklen über die Fruchtfolge oder über die Bodenbearbeitung eine wichtige Rolle zu. Ebenso sei ein Resistenzmanagement in der Fruchtfolge wichtig. Gegen Insekten gelte es Vermehrungszyklen zu stören und Gegenspieler, zum Beispiel durch mehr Biodiversität, zu fördern. Von der Züchtung sei sowohl bei der Resistenz gegenüber Pilzen als auch Insekten künftig wenig zu erwarten.
Saatgut-Ablage verbessern
Der Landtechnik-Industrie gab Prof. Bauer mehrere Aufgaben mit auf den Weg: Die maschinelle Ablage der Saaten müsse weiter verbessert werden, um die Standraumverteilung zu optimieren. Außerdem gebe es bisher wenig gute Rückverfestigungstechnik. Die Landwirte forderte er auf, digitale Konzepte kritisch zu hinterfragen: "Bei Ertragspotenzialkarten sollten Sie beispielsweise prüfen, wie die Schlaghistorie war und ob die Angaben überhaupt auf ihren Standort passen." so der Wissenschaftler. Die digitalen Möglichkeiten führten letztlich dazu, dass mehr Zeit auf dem Acker verbracht werden müsse und man seine Felder sehr gut kennen müsse.
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Eine Zeitenwende sieht Staatssekretärin Sieglinde Gurr-Hirsch im Ackerbau gekommen. Die Klimaveränderungen, die Neuausrichtung der GAP und die gesellschaftlichen Erwartungen stellten den Ackerbau vor zahlreiche neue Herausforderungen, sagte Gurr-Hirsch vor Bauern, Beratern und Wissenschaftlern bei der 50. Pflanzenbaulichen Vortragstagung in Sindelfingen.
Einen Neustart bei der GAP sieht die Politikerin als nicht sinnvoll und als nicht realistisch an. "Die so genannten Eco-Schemes in der 1. Säule sind abzulehnen, zumal wir schon viele ökologische Angebote haben. Und was wird dann aus unserer vielfältigen Landwirtschaft in Baden-Württemberg? Die Eco-Schemes untergraben die Schlagkraft der bestehenden Programme wie Landschaftspflegerichtlinie oder FAKT." Zudem sei dadurch mit mehr Bürokratie zu rechnen, fasste die Staatssekretärin zusammen. Mit ihrem Wunsch, dass das Verwaltungs- und Kontrollprinzip künftig auf Vertrauen, und nicht wie bisher auf Misstrauen basieren müsse, sprach sie sicher den anwesenden Bauern aus der Seele.
Applikationstechnik verbessern
Prof. Bernhard Bauer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf diskutierte in seinem Vortrag verschiedene Ansatzpunkte, wie man künftig den vielfältigen Anforderungen an den Pflanzenbau gerecht werden könne. Neben dem kompletten Verzicht auf Pflanzenschutzmittel sei die drastische Reduktion der Aufwandmengen ein Ansatzpunkt. In diesem Zusammenhang müsse über eine Verbesserung der Applikationstechnik nachgedacht werden, denn nur 1 bis 5 % der Herbizide erreichten tatsächlich ihren Wirkort. Zudem lande über 75 % des Wirkstoffes in der Regel auf dem Fahnenblatt und nicht auf der Ähre. "Die Pflanzenschutzspritze wird es nur noch adaptiert geben", so Bauer. Denkbar sei ein Revival der Bandspritze in Reihenkulturen und dem Einsatz der Hacke zwischen den Reihen.
Große Chancen räumte der Wissenschaftler künftig der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung der Flächen ein. So könne es zum Beispiel künftig Flächen mit vielen unterschiedlich intensiv bewirtschafteten Zonen geben. Gerade bei pilzlichen Erregern komme der Unterbrechung der Vermehrungszyklen über die Fruchtfolge oder über die Bodenbearbeitung eine wichtige Rolle zu. Ebenso sei ein Resistenzmanagement in der Fruchtfolge wichtig. Gegen Insekten gelte es Vermehrungszyklen zu stören und Gegenspieler, zum Beispiel durch mehr Biodiversität, zu fördern. Von der Züchtung sei sowohl bei der Resistenz gegenüber Pilzen als auch Insekten künftig wenig zu erwarten.
Saatgut-Ablage verbessern
Der Landtechnik-Industrie gab Prof. Bauer mehrere Aufgaben mit auf den Weg: Die maschinelle Ablage der Saaten müsse weiter verbessert werden, um die Standraumverteilung zu optimieren. Außerdem gebe es bisher wenig gute Rückverfestigungstechnik. Die Landwirte forderte er auf, digitale Konzepte kritisch zu hinterfragen: "Bei Ertragspotenzialkarten sollten Sie beispielsweise prüfen, wie die Schlaghistorie war und ob die Angaben überhaupt auf ihren Standort passen." so der Wissenschaftler. Die digitalen Möglichkeiten führten letztlich dazu, dass mehr Zeit auf dem Acker verbracht werden müsse und man seine Felder sehr gut kennen müsse.