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Haben wir jahrzehntelang falsch gedüngt?

Immer mehr Landwirte in Süddeutschland schwören auf eine Untersuchung ihres Bodens nach der amerikanischen Kinsey-Methode. Müssen wir bei der Düngung komplett umdenken?

Lesezeit: 6 Minuten

Für uns als Mulchsaatbetrieb kommt es besonders auf die richtigen Nährstoffverhältnisse im Boden an und die Bodenuntersuchung nach Kinsey liefert mir dazu mehr Informationen als die LUFA-Methode“, sagt Ackerbauer Bernd Günther aus Fuchsstadt (Lkr. Würzburg). „Als wir Lösskindel auch in bis zu 1 m Tiefe fanden, war mir klar, dass Calcium verlagert wurde. Laut Standardmethode war dagegen immer genug Kalk vorhanden. Das brachte mich zu Kinsey.“

Was Kinsey bietet

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Günthers Wunsch, mehr über die Wechselwirkungen der Nährstoffe im Boden zu verstehen und aktiv zu einer besseren Bodengesundheit beizutragen, teilen mittlerweile immer mehr Praktiker in Süddeutschland.

Die Untersuchungsmethode, die der Amerikaner William Albrecht entwickelt hat und von Neal Kinsey verbreitet wird, bedient dieses Interesse. Sie gibt im Gegensatz zur Standardmethode (CAL-Methode) mit der Kationenaustauschkapazität (KAK) das Nährstoffspeichervermögen der Ton- und Humusteilchen eines Bodens exakt an. Welchen Anteil Calcium, Magnesium, Kalium und Natrium daran ausmachen, weist sie in Prozent aus. Nach Kinsey haben schwere und/oder humusreiche Böden eine hohe KAK. Die Analyse liefert zudem standardmäßig die Gehalte an Schwefel und Phosphor sowie die gängigen Mikroelemente (Cu, Mn, Zn, B) mit.

Die KAK ist in Deutschland nicht neu, wurde aber aus Kostengründen aufgegeben. Die heutige CAL-Methode schätzt das Speichervermögen eines Bodens lediglich anhand der Bodenart. Sie erfasst die aktuell vorhandenen Mengen der Makronährstoffe und stuft sie in Gehaltsklassen ein.

Höhere Erträge?

Die Vorteile der Kinsey-Methode sehen die überzeugten Landwirte vor allem bei schweren, problematischen Böden. Sie können zwar im Zuge der Düngung nach dem System nicht von eindeutig höheren Erträgen berichten, die Ertragsstabilität sei in extremen Jahren aber besser (sieh Praxisstimmen S. 26). Dafür nehmen sie pro Bodenprobe Kosten von 70 bis 85 € in Kauf. Die

LUFA-Methode führen sie nur noch durch, um die CC-Auflagen zu erfüllen.

In Deutschland gibt es bisher noch kein Labor, das die Kinsey-Methode anwendet. Die Landwirte schicken ihre Proben aus ca. 20 bis 25 cm Tiefe daher über zertifizierte Kinsey-Berater, wie z. B. das Geobüro Christophel oder die Bayer Handelsvertretung, nach Amerika, in die Niederlande oder nach Österreich. Nach vier bis sechs Wochen sind die Ergebnisse da. Zumindest zu Beginn braucht man zur Interpretation allerdings Unterstützung. „Wir berechnen daraus für den Betrieb konkrete Empfehlungen zur Düngung in kg/ha“, verspricht Dr. Dominik Christophel.

Was sagt die Beratung?

Rückenwind erhalten die Landwirte von Beratern. „Indem die LUFA-Methode die Bodenart mit dem Nährstoffspeichervermögen und den pH-Wert mit der Calcium-Sättigung gleichsetzt, ist sie aufgrund dieser Vereinfachung nicht in der Lage, manche Bodenprobleme zu identifizieren“, sagt Dr. Joachim Liebler von der Regierung von Unterfranken. Die Methode differenziere zu wenig nach Ton- und Humusgehalt. „Es macht für die Nährstoffspeicherung aber einen großen Unterschied, ob der Boden einen Tonanteil von 30, 50 oder 70 % oder einen Humusgehalt von 1,5 oder 3,5 % hat.“

Liebler hat bei 30 Proben aus Gipskeuperböden die CAL- mit der Kinsey- und der EUF-Methode, die ebenfalls das Nährstoffnachlieferungsvermögen des Bodens angibt, verglichen und Ergebnissen aus Pflanzenanalysen gegenübergestellt. Sein Fazit: „Gerade auf Gipskeuperböden gibt es wenig echten Nährstoffmangel, dafür aber eklatante Probleme mit der Verfügbarkeit. Diese sind auch auf Strukturprobleme im Boden durch eine zu niedrige Calciumversorgung zurückzuführen. Die pH-Wert-Methode erkennt das nicht.“

Seine Kritik an der Standardmethode geht noch weiter. Die Ermittlung der Bodenart per Fingerprobe führe immer wieder zu Fehlern. „Dadurch stimmen unter Umständen der anzustrebende pH-Wert sowie die anzustrebende Kalium- und Magnesiumversorgung nicht. Das kann zu falschen Empfehlungen bei der Kalkung sowie bei der Kalium- und Magnesiumdüngung führen.“

Zudem dürfe man nicht auf allen Böden anhand des pH-Wertes auf den Calciumgehalt schließen. Wenn beide Werte kaum korrelierten (siehe Übersicht), sei vermutlich ein hoher Magnesiumgehalt die Ursache. „Hier haben Kinsey und die EUF-Methode mehr Aussagekraft, weil sie das verfügbare Calcium, also die Ca-Sättigung, und Magnesium direkt messen.“

Ist Magnesium für hohe pH-Werte verantwortlich, empfiehlt Kinsey meist eine Gipsdüngung, damit Magnesium mit dem Schwefel verlagert wird und Calcium an seine Stelle treten kann. Ziel ist ein Anteil von Calcium und Magnesium an der Belegung des Nährstoffspeichers von insgesamt 80 %, der unabhängig von der Bodenart zu einem pH von 6,5 bis 6,8 führt.

Vorsicht sei bei Kinsey laut Liebler geboten, wenn die bei viel freiem Kalk oft empfohlenen hohen Schwefelmengen in versauernder Form (z. B. als schwefelsaurer Ammoniak oder Elementarschwefel) gegeben werden. Dies führe zur Lösung von Kalk, was die vorhandene Dominanz des Calciums verstärke. Mögliche Folge: Kalium- und Magnesiummangel in der Pflanze.

Weniger Stickstoff düngen

Zu den Verfechtern der amerikanischen Analyse gehört auch Josef Parzefall von N. U. agrar. „Kinsey-Betriebe setzen weniger Stickstoff und Kalk ein, düngen mehr Kali und Schwefel und gehen effizienter mit Spurenelementen um.“

Der Ackerbauberater favorisiert Kinsey nicht nur für Keuperböden, sondern z. B. auch für die süddeutschen Schotterterrassenböden südlich der Donau. „Über 50 % der süddeutschen Ackerböden passen von der Geologie her nicht zur CAL-Methode.“ Bei einzelnen Mais- und Kartoffelschlägen sehe man das bereits.

Parzefall sieht auch die Berechnung der Phosphatverfügbarkeit in Abhängigkeit von der Alkalität und dem pH-Wert bei Kinsey als großen Vorteil an. Denn durch häufig zu viel freien Kalk leide die Phosphatverfügbarkeit, die N-Verluste steigen. Die CAL-Methode berücksichtigt das per Korrekturfaktor.

Vergleichsversuche fehlen

Was meint die Offizialberatung zum Thema? „Das Untersuchungssystem nach Kinsey ist wissenschaftlich nicht validiert und beruht auf den Erfahrungen von Neal Kinsey als Berater. Zahlreiche Annahmen sind wissenschaftlich widerlegt“, sagt Dr. Jörn Breuer vom LTZ Augustenberg.

Die KAK sei zudem eine Standorteigenschaft, die über lange Zeit konstant sei und nicht von der Bewirtschaftung abhänge. Problematische Nährstoffverhältnisse gebe es nur bei extremen Düngefehlern.

Auch Konrad Offenberger von der LfL Bayern ist von der CAL-Methode überzeugt, weil sie durch verlässliche jahrzehntelange Versuche bestätigt sei und allen Bodenarten, Fruchtfolgen und Standorten gerecht werde.

Die Ackerbau-Beratungsdienste aus Baden-Württemberg stört bei Kinsey, dass man durch die Untersuchung im Ausland wenig Einblick habe und spezielles Wissen für die Interpretation nötig sei. Und aus der Wissenschaft kommt die Warnung, die Methoden nicht zu vergleichen, weil sie unterschiedliche Zielsetzungen verfolgten. Die kontrovers geführte Debatte unterstreicht die Forderung von Bernd Günther: „Es ist höchste Zeit, dass unabhängige Versuche dazu gemacht werden. Denn die Praktiker, die ihren Boden besser verstehen wollen, werden mehr.“

@silvia.lehnert@topagrar.com

Den kompletten Beitrag inklusive Einschätzungen von praktischen Landwirten finden Sie in der neuen Ausgabe von top agrar-Südplus, März 2020.

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