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Jedem Jungrind eine Liegebox?

Eine Milchviehhhalterin aus Südbayern darf laut Vorgabe des zuständigen Veterinäramtes maximal ein Jungrind pro Liegebox halten. Weil in den Buchten Platz für mehr Tiere ist, klagt die Landwirtin gegen den Bescheid.

Lesezeit: 4 Minuten

Als die Amtsveterinäre vor zwei Jahren den Milchviehstall von Karin Müller (Name geändert) kontrollierten, stellten sie eine Überbelegung fest: Bei den Kühen und beim Jungvieh waren deutlich mehr Tiere als Liegeboxen vorhanden. Die Milchviehhalterin hatte den Bestand aufgestockt, weil sie damals eine Erweiterung ihres bestehenden Stalles plante.

Zudem können ihre Kühe im Sommer auf die Weide, sodass ihnen in dieser Zeit ausreichend Platz zur Verfügung steht. Ihre Jungrinder weiden von Mai bis Oktober auf einer Alm. Das Veterinäramt verpflichtete sie trotzdem, den Milchkuhbestand auf 62 Kühe zu reduzieren. Bei 50 vorhandenen Liegeboxen für die Kühe wäre damit immer noch eine gewisse Überbelegung möglich gewesen.

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Müller reduzierte ihren Kuhbestand nach und nach. Bis zur gesteckten Frist im Februar 2018 erreichte sie die gesetzte Zielmarke jedoch nicht ganz.

Behörde ZOG schrauben an

Daraufhin zog die Behörde die Daumenschrauben weiter an. Sie verpflichtete die Landwirtin, den Kuhbestand auf 50 Stück zu reduzieren, damit jeder Kuh ein Liegeplatz zur Verfügung steht. Die gleiche Anordnung, nämlich ein Tier-Liegeplatz-Verhältnis von 1 zu 1, traf das Veterinäramt auch für die Jungrinder.

Die Behörde begründete diese Verpflichtung u.  a. mit den Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Nutztierhaltungen aus dem Jahr 1988. Demnach dürfe bei Laufstallhaltung die Zahl der aufgestallten Tiere die Zahl der verfügbaren Liegeboxen nicht übersteigen.

Damit nicht genug: Das Veterinäramt ordnete auch den sofortigen Vollzug der Anordnung an. Das bedeutet, dass die Milchviehhalterin die Zahl ihrer Rinder bis zum gesetzten Termin, den 31. Dezember 2018, auf die Zahl der vorhanden Liegeboxen zurückfahren musste.

Karin Müller hat ihre Jungrinder in den Wintermonaten in sechs Buchten unterschiedlicher Größe untergebracht. In jeder Bucht sind Liegeboxen installiert, die an die Größe der jeweiligen Altersgruppe angepasst sind. Insgesamt hat die Milchviehhalterin 40 Liegeboxen für die Jungrinder eingebaut.

Die Bodenfläche zwischen dem Fressgitter und den Liegeboxenreihen ist 3 m breit. Weil den Jungrindern damit zusätzlich Liegefläche zur Verfügung steht, wurde der Stall vor ca. 15 Jahren für 55 Jungrinder genehmigt und gefördert. Für diese Zahl an Tieren sind auch Fressplätze vorhanden.

Die Liegeboxen entfernen?

Müller legte Widerspruch gegen den Bescheid ein und forderte, wenigstens 55 Jungrinder halten zu können. Sollten die Behörden dem nicht zustimmen, kündigte sie an, die Liegeboxen aus den Buchten zu entfernen. Denn ohne Liegeboxen hätte es vermutlich keine Beanstandung gegeben, weil ausreichend Fläche zur Verfügung steht.

Doch die zuständige Regierung von Schwaben half dem Widerspruch nicht ab und berief sich ebenfalls auf die Empfehlungen aus dem Jahr 1988. Die Behörde schließt daraus, dass das Halten von Jungrindern auf Vollspalten seit 1988 verboten sei, und lehnt eine Entfernung der Liegeboxen deshalb ab.

Um die zwangsweise Abstockung ihres Rinderbestandes zu verhindern, blieb der Milchviehhalterin nichts anderes übrig, als gegen den Bescheid zu klagen und eine aufschiebende Wirkung der Klage zu beantragen.

Ein Exempel statuieren?

Ihr Anwalt Josef Deuringer von der Augsburger Kanzlei Meidert und Kollegen wirft dem Veterinäramt in seiner Begründung vor, an seiner Mandantin ein Exempel statuieren zu wollen. Die Haltungsform und das Verhältnis von Tierzahl zu Fläche sei in vielen anderen vom Veterinäramt kontrollierten Fällen gleich, blieben aber unbeanstandet. Zudem habe die von seiner Mandantin praktizierte Haltungsform auch nach tierärztlicher Überprüfung bislang zu keiner Beanstandung geführt.

Der Anwalt tritt auch der Auffassung der Veterinärbehörde entgegen, dass Spaltenböden sich nicht als Liegefläche für Jungrinder eigneten. Dafür, so Deuringer, gebe es keine fachliche Rechtfertigung.

Außerdem hätten die von den Behörden zitierte Europarechtsempfehlungen zum Tier-Liegeplatz-Verhältnis keinen Gesetzesrang und bezögen sich im Übrigen nur auf Kühe und Färsen. Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung enthalte ebenfalls keine entsprechende Vorgabe für Jungrinder.

Kein Sofortvollzug

Einen Teilerfolg hat Müller erzielt. Das Verwaltungsgericht Augsburg bestätigte Ende Januar die aufschiebende Wirkung der Klage, weil die Begründung des Veterinäramtes für den Sofortvollzug untauglich war (Au 1 S 18.2028). „Ein Rückschluss auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung lässt sich daraus aber noch nicht ableiten“, gibt Rechtsanwalt Deuringer zu bedenken.

Der Ausgang des Hauptverfahrens wird nun mit Spannung erwartet. Er hätte nicht nur Folgen für den Betrieb Müller, sondern für viele weitere Milchviehhalter. Denn die Haltung von Rindern auf Vollspalten ist seit Jahrzehnten Standard und nach wie vor weit verbreitet.

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