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Kaniber: „Das Volksbegehren gibt mir Rückenwind!“

Das Ergebnis des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ ist nach Auffassung von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber kein Misstrauensvotum gegen die bayerische Agrarpolitik. „Das Ziel des Volksbegehrens ist gut, es hat allerdings handwerkliche Fehler“, betont die Ministerin im Gespräch mit top agrar.

Lesezeit: 5 Minuten

Warum haben aus Ihrer Sicht so viele Wählerinnen und Wähler am Volksbegehren teilgenommen?

Kaniber: Das war nicht überraschend. Die Bewahrung der Schöpfung, der Natur und Artenvielfalt bewegt die Menschen. Das ist positiv und erfreulich. Zudem war die Werbung für das Volksbegehren sehr professionell aufgezogen. Die niedliche Biene als Symbol-Tier für den Artenschutz zu wählen war schlau ­- und erfolgreich. Alle wollen die Biene retten. Deshalb wurde das notwendige Quorum von 10 Prozent für ein Volksbegehren auch in allen Landkreisen und kreisfreien Städten in Bayern erreicht. Besonders groß war die Zustimmung dort, wo die Landwirtschaft am wenigsten zum Alltag gehört – in den großen Ballungsräumen wie Augsburg, München und Nürnberg.

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Sie und andere Mitglieder der Staatsregierung haben sich kritisch zum Volksbegehren geäußert. Warum haben Ihre Argumente nicht gezündet?

Kaniber: Wir haben nicht das Ziel des Volksbegehrens kritisiert, aber den Weg dorthin. Es gibt viele gute Vorschläge im Gesetzentwurf des Volksbegehrens, wir müssen aber einen geeigneten Weg finden, um das Ziel – mehr Artenschutz – auch wirklich zu erreichen. Der Gesetzentwurf des Volksbegehrens nimmt aber nahezu ausschließlich die Landwirtschaft in die Pflicht. Es sind gesetzliche Regelungen enthalten, die fachlich nicht sinnvoll und so in der Praxis nicht umsetzbar sind.

Bestes Beispiel dafür ist das Walzverbot von Grünland in ganz Bayern ab dem 15. März. Oder feste Termine für die Mahd. Das ist in einem klimatisch und topografisch so unterschiedlichen und großen Flächenland wie Bayern nicht sinnvoll, was auch jedermann sofort einleuchtet. Deshalb haben viele Menschen, die für das Volksbegehren unterschrieben haben, und einige Initiatoren selbst gesagt, dass sie darauf setzen, dass die Staatsregierung und der Landtag die handwerklichen Mängel noch ausbügeln werden. Das ist jetzt Aufgabe und ein besonderer Ansporn für den Runden Tisch, den Ministerpräsident Markus Söder installiert hat. Wir wollen gemeinsam etwas sehr Gutes aus dem Volksbegehren machen, das vielleicht auch wegweisend für andere Länder werden kann.

Hat die Staatsregierung die politische Stimmung im Land zum Volksbegehren falsch eingeschätzt?

Kaniber: Nein. Wie gesagt, sehr vielen Menschen ist das Thema ein Herzensanliegen. Ich hätte mir aber gewünscht, dass die Initiatoren vor dem Volksbegehren mit uns gesprochen hätten. Dann wäre es schon vorher möglich gewesen, auf Ungereimtheiten und ungewollte Konsequenzen des Gesetzentwurfs, zum Beispiel bei den Fördermaßnahmen, hinzuweisen. Und wir wissen jetzt, dass wir noch mehr auf unsere schon bestehenden Leistungen und sehr positiven Entwicklungen aufmerksam machen sollten, zum Beispiel beim Ökolandbau. Dort werden wir unser Ziel – eine Verdoppelung von 2012 bis 2020 erreichen – ganz ohne gesetzliche Vorgabe.

Bayerns Agrarpolitik setzt stark auf Wertschöpfung, Diversifizierung und Agrarumweltprogramme. Das lobt sogar der Bundesvorsitzende der Grünen, Robert Habeck, für vorbildlich. Trotzdem ist das Volksbegehren auch ein Misstrauensvotum gegen die Landesagrarpolitik. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Kaniber: Das Volksbegehren kann jetzt meinen Aktivitäten sogar Rückenwind geben. Zudem muss es über die Landwirtschaft hinaus viel breiter angelegt werden, indem auch der Staat, die Kommunen und jeder Einzelne eingebunden wird, um das Artensterben zu stoppen. Das Volksbegehren ist kein Misstrauensvotum gegen unsere Agrarpolitik, auch wenn das gewisse Kreise gerne so hinbiegen würden. Im Gegenteil: Auch die Initiatoren haben ja mehrfach betont, dass ihr Anliegen darin besteht, dass noch mehr öffentliche Mittel für den verstärkten Artenschutz ausgegeben werden. Das ist gut gemeint.

Es wird aber schwierig, wenn ein Gesetz ganz konkrete Verbote und Auflagen vorsieht. Dann sind die Möglichkeiten von Förderung oder Ausgleichszahlungen deutlich reduziert oder sogar verwehrt. Wenn es um Beihilfen geht, spielt Brüssel immer eine große Rolle. Das ist ja der Grund, warum wir auf das Prinzip Freiwilligkeit setzen. Nur dann steht die Tür für Fördermaßnahmen weit offen. Gerade bei der Frage möglicher Förderungen gibt es viele Missverständnisse. Hier muss jetzt eine Versachlichung der Diskussion erfolgen.

Der landwirtschaftliche Berufsstand aber auch die Politik müssen künftig den Bürgerinnen und Bürgern noch deutlicher und konkreter zeigen, was alles getan wird und welche Erfolge damit erzielt werden. Wir haben zum Beispiel vor einigen Jahren bereits damit begonnen, Wildlebensraumberater einzustellen. Sie legen zusammen mit den Landwirten und Akteuren vor Ort die passenden Strukturelemente in der Kulturlandschaft an. So wird bereits der gewollte Verbund von Biotopen und Schutzgebieten praktiziert.

Der Bauernverband hat von Anfang an die Probleme des Volksbegehrens aufgezeigt. Er sagt ja zum Schutz der biologischen Vielfalt mit einem freiwilligen, flexiblen und kooperativen Naturschutz, der weiterhin die eigenverantwortliche Nutzung des Eigentums ermöglicht. Diesen Ansatz hat die Staatsregierung bislang unterstützt. Bleibt es dabei?

Kaniber: Natürlich bleibt es dabei. Ich bin überzeugt, dass ein wirksamer Umwelt- und Naturschutz, der Erhalt der Kulturlandschaft und der natürlichen Ressourcen nur gemeinsam mit den Landwirten und Waldbesitzern und nicht gegen sie möglich ist. Das sehen ja auch die Vertreter der Naturschutzseite so. Verbote behindern freiwillige Ansätze. Das gilt für Fördermaßnahmen, aber genauso für die persönliche Bereitschaft des Einzelnen, mehr für die gute Sache zu tun als vorgeschrieben.

Wie geht es jetzt weiter?

Kaniber: Ministerpräsident Markus Söder hat den Runden Tisch einberufen, die Moderation hat er dem ehemaligen Präsidenten des Bayerischen Landtags, Alois Glück angetragen. Ich bin überzeugt, dass damit die besten Voraussetzungen geschaffen sind, die Interessen aller Beteiligten so zu berücksichtigen, dass am Ende eine Lösung steht, bei der Bayern seiner Vorreiterrolle in der Agrarpolitik und beim Natur-, Umwelt- und Klimaschutz gleichermaßen mehr als gerecht wird.

Zur Person: Michaela Kaniber (41) ist seit 2013 Mitglied des Bayerischen Landtags und seit März 2018 Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

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