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Kaniber: „Wir wollen maximal fördern“

Die Landwirtschaft in Bayern steht vor großen Herausforderungen. Agrarministerin Kaniber will ihnen mit Förderprogrammen und einer reformierten Landwirtschaftsverwaltung begegnen.

Lesezeit: 6 Minuten

Frau Ministerin, Sie haben kürzlich den Bayerischen Agrarbericht vorgestellt und dabei auf den niedrigen Strukturwandel in Bayern von 0,7 % hingewiesen. Gleichzeitig haben im letzten Jahr fast 5 % der Milchviehhalter und 6 % der Schweinehalter ihre Produktion eingestellt. War Ihre Darstellung nicht etwas einseitig?

Michaela Kaniber: Ein Agrarbericht ist ja immer eine Gesamtschau von Daten und Fakten. Bei der Gesamtstruktur ist eine Aufgaberate von 0,7 % pro Jahr kein schlechter Wert. Andererseits bereitet uns die Entwicklung der Tierhaltung Sorgen. Dort waren die Rahmenbedingungen in den letzten Jahren aber auch ungünstig und unsicher. Das heißt aber nicht, dass jeder, der aus der Tierhaltung aussteigt, die Landwirtschaft gänzlich aufgibt.

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Die Wertschöpfung findet aber vor allem in der Tierhaltung statt.

Kaniber: Das ist richtig. Die Tierhaltung ist für Bayern ganz entscheidend, weil daraus fast 70 % der Verkaufserlöse stammen. Aber jetzt gilt es, nach vorne zu schauen, auch wenn auf die Landwirte noch weitere Anforderungen zukommen werden. Man braucht sich nur die Vorschläge der Borchert-

Kommission anzuschauen. Deshalb müssen wir in Bayern den Landwirten die Rückendeckung geben, die sie benötigen, in der Beratung und in der Förderung.

Die Sauenhalter trifft es zurzeit wohl am härtesten. Sehen Sie noch eine Chance, dass der vierte Weg, also die lokale Betäubung, noch bis Ende des Jahres realisiert werden kann?

Kaniber: Bis Jahresende wird dies nicht mehr gelingen, so realistisch muss man sein. Abschreiben sollte man diese Variante aber nicht völlig. Ich persönlich war nie glücklich mit der Entscheidung für Isofluran und ich bin nach wie vor überzeugt, dass der vierte Weg der beste wäre. Wir werden daher das aktuelle und vom Bund geförderte Forschungsprojekt zur Wirksamkeit von Lokalanästhesie bei der Ferkelkastration sehr intensiv mitverfolgen. Leider werden die Ergebnisse nicht mehr rechtzeitig vorliegen. Die Ferkelerzeuger müssen sich nun in Absprache mit ihren Abnehmern entscheiden, welche der verbleibenden Alternativen für sie ab dem 1. Januar 2021 infrage kommt.

Nach dem Beschluss des Bundesrates zum Kastenstand vor einigen Wochen haben Sie versprochen, die Sauenhalter nicht alleine zu lassen und ein starkes Investitionsförderungsprogramm angekündigt. Wie könnte das aussehen?

Kaniber: In der Gesamtschau bin ich froh, dass endlich dieser Entschluss gefasst wurde. Denn das Magdeburger Urteil beschäftigt uns schon einige Jahre und jeder wusste, worauf es hinausläuft. Wenn wir das jetzt wieder hinausgezögert hätten, dann hätte das Damoklesschwert „Kastenstand“ weiter über unseren Bauern geschwebt. Jetzt muss es darum gehen, die Sauenhalter bei den notwendigen Umbaumaßnahmen massiv zu unterstützen.

Wir warten täglich darauf, Einzelheiten zu den 300 Mio. € an Fördermitteln zu erfahren, die vom Bund kommen sollen. Klar ist, dass wir in Bayern den förderrechtlichen Rahmen maximal ausschöpfen.

Bayern bezuschusst Investitionen in die Sauenhaltung zurzeit mit maximal 35 %. In Baden-Württemberg können Betriebe die Investitionsförderung mit der Europäischen Innovationspartnerschaft kombinieren und kommen so auf einen Fördersatz von bis zu 60 %.

Kaniber: Wenn wir die Sauenhalter motivieren wollen, weiterzumachen, ist diese Größenordnung notwendig. Das geplante Bundesprogramm sieht aber nur Investitionen in den bestehenden Tierbestand vor. Parallel dazu werden wir unsere Investitionsförderung durch das Ausschöpfen des beihilferechtlichen Rahmens attraktiver machen.

Ein Hemmschuh für Tierhalter in Bayern ist die Genehmigung von Güllegruben. Behälterbauer und Landwirte sagen, es gebe keine Genehmigungen für praktikable Leckage-Erkennungssysteme, weshalb der Bau fast überall stocke. Was tun Sie dagegen?

Kaniber: Die Kritik ist absolut berechtigt. Deshalb haben wir in einer Arbeitsgruppe mit dem Entbürokratisierungsbeauftragten der bayerischen Staatsregierung, dem Umweltministerium und den Behälter-Baufirmen nach einer Lösung gesucht. Mit dem „Gruber Modell“ haben wir jetzt eine praktikable Möglichkeit der Leckage- Erkennung entwickelt. Das „Gruber Modell“ wird aber von vielen Landratsämtern nur im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung akzeptiert, weil es bisher keine Anerkennung vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBT) hat. Der Antrag auf Anerkennung liegt bereits beim DIBT und wir hoffen, dass es zeitnah darüber entscheidet.

Sie strukturieren aktuell die Landwirtschaftsämter neu. Was sind die wichtigsten Neuerungen und welche Vorteile sollen sie bringen?

Kaniber: Landwirte haben uns oft die Rückmeldung gegeben, dass es lange dauert, bis sie eine Beratung bekommen. Ein Problem ist, dass die Fachzentren zum Teil sehr große Gebiete abdecken müssen. In der derzeitigen schwierigen Phase für die Landwirte kam es für uns nicht infrage, Standorte aufzulösen und Personal abzubauen. Die Ämter bleiben bestehen, aber zum Teil unter einer Behördenleitung. So können wir Leitungs- in Beraterstellen umwandeln. Und wir lösen einen großen Teil der Fachzentren auf, wodurch uns an den Ämtern weitere 50 Stellen zur Verfügung stehen. Zusätzlich haben wir 50 neue Stellen für Wildlebensraumberater geschaffen.

Alle Sachgebiete mit bisher zwei Stellen werden auf bis zu fünf Stellen pro Sachgebiet und Amt aufgerüstet. Das heißt: Wir bleiben in der Fläche und stocken sogar das Personal auf.

Ändern sich die Beratungsangebote?

Kaniber: Die Ämter sollen maximale Beratung und Dienstleistung anbieten, abgestellt auf aktuelle Herausforderungen wie Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz sowie die strategische Unternehmensberatung.

Darüber hinaus sollen die Ämter vor Ort Netzwerke spannen, damit das Wissen um die Landwirtschaft und ihre Leistungen in der Gesellschaft besser ankommen. So sollen sie die Kommunen, die Schulen und die Vermarkter wie Metzger und Gastwirte an einen Tisch bringen, um die Chancen der regionalen Vermarktung noch besser zu nutzen. Denn Landwirtschaftspolitik ist nicht nur für die Landwirte da, sondern für die gesamte Gesellschaft. Unser Motto ist, die Landwirtschaft wieder in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Das muss auch über unsere Ämter in der Fläche passieren.

Im Gegensatz zu den Ämtern dünnen Sie die Schulstandorte von 27 auf 20 aus. Wie begründen Sie das?

Kaniber: Damit keine Missverständnisse entstehen: Wir schließen nicht die Standorte in Gänze. Die Hauswirtschaftsschulen bleiben überall bestehen und natürlich auch die BiLa-Kurse.

In den vergangenen Jahren hatten wir bis zu 18 000 besuchte BiLa-Module. Ich habe aber in den letzten Jahren vielen Landwirtschaftsschulen immer wieder eine Sondererlaubnis für die Klassenöffnung erteilen müssen, weil die Mindestzahlen nicht erreicht wurden. Insgesamt haben wir noch rund 400 Studierende an den Landwirtschaftsschulen.

Mit der neuen Ausrichtung gewährleisten wir ein stabiles und hochqualitatives Schulangebot und wir geben den Studierenden persönliche Planungssicherheit. Mit der Konzentration auf 20 Zukunftsschulstandorte erreichen wir genau das.

Dieser Artikel stammt aus der Südplus 08/2020. Jetzt testen.

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