Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Umsetzung des Volksbegehrens "Rettet die Bienen"

Kartierung empört Bauern

Die Wasserbehörden in Bayern haben ein Kartenwerk mit Gewässern erstellt, an deren Rändern kein Ackerbau stattfinden darf. Sie enthält gravierende Fehler.

Lesezeit: 5 Minuten

Ein Ackerbauverbot kommt für Landwirte einer Enteignung gleich. Deshalb ist für Bayerns Bauern die Ausweisung von 5 m breiten Randstreifen entlang von Gewässern, die sie nicht mehr bewirtschaften dürfen, einer der heikelsten Punkte im Volksbegehren Artenvielfalt.Die Wasserwirtschaftsämter haben nun Mitte November eine Kartierung auf der Internetplattform iBALIS der bayerischen Landwirtschaftsverwaltung veröffentlicht, die zeigen soll, an welchen Gewässern Randstreifen liegen.

„Hanebüchen und chaotisch“

Das Wichtigste zum Thema Süd extra freitags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Doch dieses behördliche Kartenwerk ist offenbar so fehlerhaft, dass es nicht nur die Landwirte in Rage bringt. So sind Gewässer auf Flächen eingezeichnet, auf denen sich seit Jahrzehnten bzw. noch nie ein Gewässer befunden hat.

Dementsprechend hagelt es Kritik. Grob fehlerhaft, hanebüchen, chaotisch, mit extrem heißer Nadel gestrickt, kommentieren nicht nur Landwirte, sondern auch Berater der Landwirtschaftsverwaltung das Kartenwerk.

„Vorläufige Einstufung“

„Die Kulisse mit den fehlerhaften und unklaren Kartierungen gibt nur eine vorläufige Einstufung wieder“, beschwichtigt das bayerische Landwirtschaftsministerium auf Anfrage. Sie müsse vor Ort geprüft und wo nötig korrigiert werden. „Bei fehlerhaften Einstufungen darf es keine Sanktionen gegen betroffene Landwirte geben“, verspricht das Ministerium. Auch die Ernte von bereits angesäten Flächen dürfe im nächsten Jahr noch ohne Sanktionen eingebracht werden.

Ein weiterer Streitfall dürfte noch werden, welche Gewässer in die Kulisse fallen. Denn Artikel 16 des Bayerischen Naturschutzgesetzes schließt künstliche, also von Menschen geschaffene Gewässer sowie Be- und Entwässerungsgräben vom Verbot explizit aus.

Noch nicht geklärt zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsverwaltung ist offenbar auch, wie Gewässer zu beurteilen sind, die nur periodisch Wasser führen. Für die Bauern ist die Klärung dieser Fragen von enormer Bedeutung, weil von diesen Grenzfällen sehr viele landwirtschaftliche Flächen betroffen wären.

Dieser Beitrag stammt aus der Südplus 12/2019. Jetzt testen.

Wo die Fehler liegen und wie die Landwirte nun damit umgehen, fragten wir Hermann Greif, Bezirkspräsident Oberfranken im Bayerischen Bauernverband.

Die Mitte November auf der Internetplattform iBALIS des bayerischen Landwirtschaftsministeriums veröffentlichte Kartierung der Gewässer, an denen sich Gewässerrandstreifen befinden sollen, soll extrem fehlerhaft sein. Ist das auch ihr Eindruck?

Hermann Greif: Ja. Das kann ich nur bestätigen. Ich habe mir sofort nach Bekanntwerden der Veröffentlichung meine eigenen Flächen angeschaut und jede Menge Fehler gefunden. Zudem haben mich viele Berufskollegen angerufen, denen es ebenso ergangen ist.

Zum Teil handelt es sich um schon lange verrohrte Gräben, die durch Ortschaften und durch Höfe gehen. Es sind auch Linien eingezeichnet, wo noch niemals ein Graben war, sogar an steilen Hängen sollen sich Gräben befinden.

Woher rührt die hohe Fehlerquote?

Greif: Offenbar ist diese Kartierung mit sehr heißer Nadel gestrickt und einfach rausgehauen worden. Dabei hat man den Frust der Landwirte einfach einkalkuliert.

Letztlich hat der Landtag ein Gesetz mit Gewässerrandstreifen durchgewunken, ohne zu realisieren, dass man dazu auch ein Kartenwerk braucht. Jetzt hat man schnell auf den Knopf gedrückt, und dabei ist dieser Mist herausgekommen. Es ist unfassbar, dass Behörden des Freistaats Bayern so etwas veröffentlichen.

Wie rechtsverbindlich ist die in iBALIS ausgewiesene Kulisse?

Greif: Das steht noch in den Sternen. Einerseits stehen die Gewässerrandstreifen nun mal im Gesetz und wenn in einer Kartierung dann entsprechende Gewässer eingezeichnet sind, dann droht die Gefahr, dass all diese fehlerhaften Kartierungen rechtsverbindlich werden.

Andererseits sollen Landwirte, die betroffen sind, angeblich noch angeschrieben werden, welche Flurstücke von Gewässerrandstreifen betroffen sind. Dann fragt man sich, was diese Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt soll.

Schließlich muss man sich die Frage stellen, wie rechtsverbindlich dieser fehlerhafte Krampf eigentlich sein kann. Wenn ich auf meinen eigenen Flächen Linien sehe, die 100 %ig keine Gewässer sind, dann zweifele ich die ganze Kartierung an.

Ist es bei so vielen Fehlern sinnvoll, dass die Landwirtschaftsverwaltung die Bauern jetzt über ihre Grundstücke mit Randstreifen informiert?

Greif: Ob ein Landwirtschaftsamt bei diesem Kartierungschaos die Landwirte sinnvoll anschreiben kann, wage ich zu beweifeln. Voraussetzung wäre zunächst, dass die Karten auf den Stand von heute gebracht werden.

Ein weiteres Problem ist, dass nie richtig klar war, welche Gewässer überhaupt betroffen sind. Zuerst hat man gesagt, dass seien nur Gewässer erster und zweiter Ordnung. Dann kamen die Gewässer dritter Ordnung dazu, also die kleinen Bäche. Und dann fällt ihnen ein, periodisch wasserführende Gräben könnten wir auch noch nehmen. Dann wären richtig große Flächen betroffen.

Es ist doch klar, dass die Bauern die Welt nicht mehr verstehen. Wenn wir Bauern so fehlerhaft arbeiten würden, dann gäbe es einen Riesenaufschrei.

Wie sollen Landwirte, die Fehler entdecken, darauf reagieren?

Greif: Landwirte, die die Kartierung anschauen und Fehler finden, sollten sich bei den Wasserwirtschaftsämtern beschweren. Aber man darf nicht vergessen, dass viele Bauern noch kein Internet haben und deshalb auf diese Fehler gar nicht aufmerksam werden. Folglich können sie auch keine Beschwerde einlegen.

Andererseits sind die Bauern nicht dazu da, die Fehler von Behörden zu korrigieren. Man gewinnt den Eindruck, die Landwirtschaft wird hier eingespannt, dass sie draußen ein Kartenwerk zeichnen soll. Das ist in einem Rechtsstaat nicht in Ordnung.

Welche Forderungen stellen Sie?

Greif: Wir fordern die Staatsregierung auf, die Kartierung sofort wieder rauszunehmen. Die Behörden sollen erst ihre Hausaufgaben machen, bevor sie etwas an die Öffentlichkeit geben. Im Klartext: Die Kartierung rausnehmen, diese sauber neu erarbeiten, damit man nach der Veröffentlichung nur noch über Feinheiten diskutieren muss.

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.