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Mehr Kuhkomfort im Anbindestall

Es muss nicht immer ein neuer Laufstall sein: Auch im Anbindestall lässt sich mehr Tierwohl mit einfachen Maßnahmen erzielen. Fünf Umbautipps mit Bildern.

Lesezeit: 7 Minuten

Ja, in der Schweiz ist vieles anders. Doch die Milchviehhalter haben mit denen in Süddeutschland viel gemeinsam: Über die Hälfte der Kühe stehen noch in Anbindeställen. Und genau wie hier steigt der Druck auf die Anbindehalter von vielen Seiten.

Doch dass der Neubau eines Laufstalles nicht der einzige Weg zu mehr Tierwohl ist, argumentiert auch Christian Manser vom Landwirtschaftlichen Zentrum des Kantons St. Gallen schon lang. Mit seinen Weiterbildungen zu „Kuhsignalen“ hilft er Landwirten bei der Optimierung ihres Anbindestalles.

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Erstmals analysierte eine Agronomiestudentin der HAFL (Hochschule für Agronomie-, Forst- und Lebensmittelwirtschaften, Zollikofen) in ihrer Abschlussarbeit, was das bringt. Ergebnis: Neben den Tieren profitieren auch die Bauern. Hier ihre Ergebnisse mit Bildern.

Kalkstrohmatratze: Liegen bringt Milch

Auf einem Strohbett liegen die Tiere lieber und häufiger ab als z. B. auf Gummimatten. So zirkuliert mehr Blut durch das Euter und die Milchsynthese wird angeregt. Das Bett verhindert zudem Sprunggelenks- und Strichverletzungen. Es gilt:

  • Je tiefer, desto komfortabler. 20 cm sollten es aber mindestens sein, damit eine kompakte Matratze entsteht.

  • Der Liegestand sollte nicht länger als 1,95 m sein. Für die untersten 10 cm eignet sich als Erstbefüllung Kälber-, Pferde- oder Kuhmist.

  • Im oberen Bereich sorgt eine Kalk-Stroh-Mischung für Trockenheit. Drücken Sie die Füllung gut an, damit eine kompakte Strohmatratze entsteht, z. B. mit einer Dämmungsplatte.

  • Streuen Sie im Euterbereich anschließend täglich mit Kalk, am besten Mikrokalk, ein. Mischen Sie den Kalk bei Zellzahlproblemen mit Desical. Streuen Sie zudem wöchentlich Stroh vorne in den Kniebereich ein. Bringen Sie etwas Geduld mit: Das Know-how für eine gute Strohmatratze kommt mit der Erfahrung. Die meisten Landwirte fühlen sich erst nach ca. einem Jahr routiniert in der Boxenpflege.

  • Passen Sie die Einstreu dem Entmistungssystem an. Bei einer Schwemmkanalentmistung bieten sich Häckselstroh oder Strohpellets an, bei Schubstangenentmistung auch Langstroh.

Kopfraum: Mit Schwung auf die Beine

Damit die Kuh gerne liegt, muss sie wissen, dass sie danach gut aufstehen kann. Dafür braucht sie Kopf-Schwungraum. Die komfortabelste Lösung ist eine „Obenanbindung“ an einer Kette. Entfernen Sie zudem alle Zwischenabtrennungen und metallhaltige Einrichtungen. Die Anbindung per Karabiner zwischen Hals- und Anbindeband ist einfach zu betätigen. Weitere Tipps:

  • Die Nackenkette sollte auf einer Höhe von 1,2 m angebracht werden.

  • Eine in die Kette eingebaute Feder sorgt dafür, dass diese gut gespannt ist und gleichzeitig beweglich bleibt.

  • Befestigt man die Halsbänder mit einem Karabiner an der Kette, ist der Abstand zwischen den Kühen frei einstellbar.

  • Die Halsbänder sollen mindestens 60 cm lang sein, damit die Kühe gut aufstehen und den Kopf im Tiefschlaf auch auf den Bauch ablegen können.

  • Lassen Sie die Kuh, die am weitesten vom Ausgang entfernt steht, zuerst frei. So fürchten die Tiere nicht, den Anschluss zur Herde zu verlieren. Zudem drehen sie über den eigenen Platz ab und laufen über den Stallgang raus. So koten sie auf dem Weg zur Tür nicht auf den Liegebereich – das spart Arbeit. Zudem stellen sich die Kühe nach dem Auslauf ohne großes Suchen an den eigenen Platz zurück.

  • Sorgen Sie für Grip im Stallgang, z. B. mit einem Rasenteppich.

Lüftung: Frische Luft gibt’s gratis!

… warum sie also nicht auch den Kühen zur Verfügung stellen? Bei mehr Luftaustausch sinkt die Stalltemperatur. Das kommt den Kühen entgegen: Bei 5 bis 15° C erzeugen sie die Milch am effizientesten.

Letztlich profitieren Sie auch selbst von einer guten Luftqualität. Schlechte Luft schadet auf Dauer der Lunge. So sorgen Sie für mehr Frischluft:

  • Entfernen Sie die Fenster. Installieren Sie für den Notfall einen Fensterschutz mit Vlies, der schnell angebracht ist.

  • Installieren Sie Großraumlüfter statt Ventilatoren.

  • In niedrig gebauten Ställen sind die – eher teuren – Lufttubes eine Option. Die Luftrohre kühlen durch Löcher den Körper der Kuh ab. Die Lufströme sind sehr zielgerichtet. 

Tränken: Wer nicht säuft, frisst nicht

Kühe saufen gerne schnell. Fließt das Wasser in der Tränke nicht schnell genug nach, nehmen sie weniger davon auf. Dann reduzieren sie aber auch die Futteraufnahme. Dies führt anschließend zu einer geringen Milchleistung. Eine gute Wasserversorgung ist zudem wichtig für Kreislauf, Stoffwechsel und Immunsystem der Tiere. So sorgen sie dafür, dass Ihre Kühe stets genügend Wasser aufnehmen:

  • Wer noch keine Wasserbecken mit über 20 l Wasserfluss pro Minute installiert hat, sollte dies als Erstes in Angriff nehmen.

  • Wählen Sie genügend große Wasserbecken.

  • Die Wasserbecken über der Strohmatratze montieren. Ärgern Sie sich nicht über etwas Wasser aus dem Becken im Schulterbereich der Kuh. Dieses hilft, dass die Matratze etwas kompakter wird.

  • Überlegen Sie bei einem Kaltstall, ob es sich lohnt, einen Wasserrundlauf zu installieren.

  • Ihre Kühe sollten regelmäßig in den Laufhof, nicht nur für das Tanken von Vitamin D3. Dort lässt sich ein Brunnen mit fließendem Wasser installieren.

Licht: Lieber natürlich!

Licht ist ein zentraler Punkt für die Fruchtbarkeit der Tiere. Dabei reicht es aber nicht, den Tieren während eines ganzen Winters nur LED-Kunstlicht anzubieten. Denn natürliche UV-Strahlen regen die Vitamin D3-Produktion an. Dieses ist wiederum wichtig für die Calciumsynthese der Kuh. Viel Licht im Stall allein reicht also nicht, sorgen Sie parallel für genügend Auslauf. So wird es im Stall heller:

  • Decken weiß streichen;

  • Fenster säubern oder – noch besser –ganz entfernen;

  • LED-Lampen installieren;

  • Wände, wo möglich, entfernen.

Ad-libitum-Fütterung: Futter auf den Tisch!

Im Anbindestall ohne Futtertisch ist eine Ad-libitum-Fütterung schwierig. Daher verzichten viele darauf. Dennoch hat die Kuh das Bedürfnis, täglich 7 bis 12 Mahlzeiten mit einer Gesamtfresszeit von 5 Stunden zu sich zu nehmen.

Kann sie das Futter wegen der Krippenwand nicht weiter nach vorne schieben, stößt sie es zur Seite. Sind auf den Seiten Abtrennungen vorhanden, wirft sie das Futter entweder nach hinten oder zieht es in den Liegebereich.

Mit einem Futtertisch verschwinden diese Probleme von alleine und auch der Arbeitsaufwand für das Futteranschieben minimiert sich. Beachten Sie folgende Punkte beim Bau des Futtertisches:

  • Der Futtertisch soll nicht höher als 10 cm über dem Liegebett der Kuh sein.

  • Er sollte mindestens 1,2 m lang sein, da die Kuh mit ihrer Zunge bis auf eine Länge von 1,1 m kommt.

  • Bringen Sie als Abtrennung zum Strohbett anstelle eines Bugholzes (Krippenholzes) einen Gummilappen mit einer Mindesthöhe von 25 cm an. Dieser ist flexibel und erleichtert der Kuh das Aufstehen. Zudem verhindert er, dass die Kuh Futter in den Liegebereich verschleppt.

  • Sie füttern eine Totalmischration? Dann schneiden Sie diese möglichst kurz. Die Kühe können dann weniger selektieren und auch das Futter nicht so gut verschleppen.

Praktiker sind überzeugt

Insgesamt 18 Schweizer Anbindehalter, die die Maßnahmen umgesetzt haben, nahmen an der Auswertung von Martina Schmid teil. Die Ergebnisse sind „sehr erfreulich“, urteilt Schmid.

Für Melchior Koster aus dem Kanton Appenzell-Innerrhoden hat es sich ausgezahlt: Seit er 2016 den Anbindestall optimierte, sind seine Kühe gesünder und geben mehr Milch. Ihre Leistung stieg um 600 kg auf über 10 000 kg pro Tier und Jahr. Zudem zeigen die Kühe ihre Fruchtbarkeit deutlicher. Der Besamungsindex verringerte sich.

Insgesamt 18 Milchviehhalter, die mit Christian Manser vom Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen ihren Stall umgebaut hatten, ließen Martina Schmid dies für ihre Bachelorarbeit an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Bern auswerten.

Gesündere Kühe

Die Betriebe erhofften sich vorab vor allem eine bessere Tiergesundheit. Das erreichten sie auch. In den meisten Fällen kommt es seither zu weniger Mastitiserkrankungen.

Auch die Klauenerkrankungen nahmen ab. In den optimierten Ställen sind die Liegebetten trockener und die Kühe liegen länger – beides bringt trockenere Klauen. Vor allem aber gehören dank des Strohbetts fast alle Sprunggelenks- und Zitzenerkrankungen der Vergangenheit an. Viele der Landwirte bezeichnen es als ihren größten Erfolg, dass die Tiere gesünder und vitaler sind.

Mehr Milch

Gleichzeitig stieg auf den meisten Betrieben die Milchleistung – und den Landwirten macht die Stallarbeit dank einfacherer Fütterung und Anbindung mehr Spaß.

Die Jahresmilchleistung stieg vor allem durch die höhere Persistenz: Die Tagesmilchleistung der Tiere sinkt im Lauf der Laktation nicht mehr so stark.

Viele der Landwirte sorgten sich vor der Umstellung auf eine Kalkstrohmatratze um steigende Zellzahlen. Die meisten hatten dann jedoch keine Probleme damit. Wenn doch, erzielten sie mit Desical schnelle Besserung.

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