Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

Aus dem Heft

2. Die Praktiker

Telemetrie, automatische Dokumentation, zentrale Datenspeicher

Lesezeit: 6 Minuten

Vor allem größere Betriebe interessieren sich für die neuen Systeme zur Dokumentation. Doch aus der Sicht der Betriebsleiter sind noch einige Fragen zu klären.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Man kann Bahne Hansen und Dr. Jürgen Ohls nicht vorwerfen, sich gegen neue Entwicklungen zu sperren. Zusammen bewirtschaften sie 3400 ha an zwei Standorten im Raum Pasewalk. Hier haben sie u.a. Versuche mit Einzelkornsaat von Getreide durchgeführt, bestellen den Raps pfluglos mit Unterfußdünger, nutzen digitale Bodenprobenkarten für die Grund- und Kalkdüngung per Applikationskarte. Sie düngen Stickstoff mit dem N-Sensor und setzen bereits seit der Ernte 2000 auf die Ertragskartierung. Überdies ist Bahne Hansen in der Agritechnica-Neuheitenkommission und Dr. Jürgen Ohls engagiert sich in mehreren anderen Gremien.


Wo sind Grenzen?

Nein, technikfeindlich sind die Betriebsleiter nicht. Umso interessanter ist es, wie sie sich den neuen Möglichkeiten nähern, und wo sie noch Grenzen sehen: „Die Computerhörigkeit darf nicht überhandnehmen. Die Fahrer sollen mitdenken und wir erklären denen genau, was wir warum tun!“ Außerdem wollen sie auch künftig nicht auf ihre Feld-Entscheidungen verzichten: In der Saison fahren sie täglich raus und sehen vor Ort nach, welche Maßnahmen jetzt erforderlich sind. Versuche mit einem frühen elektronischen Dokumentationssystem außerhalb der Telemetrie brachten noch keine Wende. Probleme gab es u.a. mit der Datenübertragung per Stick und den Schnittstellen der Programme. Die Fahrer erhalten also bis auf weiteres noch einen Auftragszettel vom Betriebsbüro mit Informationen über Fläche, Mittel, Menge. Sie füllen einen Arbeitsbericht aus, der abschließend im Büro in die EDV übernommen wird.


Die Technik für künftige Lösungen per Telemetrie ist bei ihnen bereits vorhanden – zumindest zum Teil. Zehn Maschinen können online gehen, der Rest noch nicht. Stellt sich die Frage für Hansen und Ohls: Rüsten sie die anderen Maschinen nach, oder warten die Praktiker, bis die komplette Flotte erneuert und bereit ist? Nach ersten Telemetrie-Tests mit den vorhandenen Maschinen haben sie sich zunächst fürs Abwarten entschieden. Es ist kaum sinnvoll, parallel mit Zetteln und Online-System zu arbeiten.


Auch ist ihr Zettelsystem weniger anfällig als andere Lösungen, finden sie. Geht mal ein Bericht verloren, lässt sich der Verlust noch einigermaßen einfach rekonstruieren. Passiert das mit einem USB-Stick mit vielen verschiedenen Buchungen, sieht das schon anders aus. Sie sehen deshalb in der künftigen online-Übertragung an eine einheitliche Plattform den einzig vernünftigen Weg.


Was passiert bei Störungen?

Aber auch bei dieser Lösung stellen sich Fragen: Was passiert bei Störungen? Fällt dann das komplette System aus und bleibt alles stehen? Hansen und Ohls fordern, dass man die Systeme dann auch einfach überbrücken kann: „Wir verdienen kein Geld damit, Daten zu erheben, sondern Arbeiten zu erledigen!“


Bahne Hansen sagt, dass es aus seiner Sicht oft an der Praxistauglichkeit der Computersysteme mangelt: „Die wenigsten Programmierer kennen landwirtschaftliche Details.“ Das Ganze muss einfach und möglichst selbsterklärend sein. Die Fahrer sollen ein Interesse daran haben, „gute Daten“ zu liefern.


Die Betriebsleiter sehen noch eine Reihe weiterer Fragen: Die Telemetrie erfasst zwar alle Daten, kann sie aber nicht immer automatisch zuordnen. „Was passiert, wenn z.B. ein Sensor defekt oder falsch kalibriert ist und das System unlogische Daten speichert? Wie kann ich die Daten dann reparieren? Wann und wie fällt mir überhaupt auf, dass etwas schiefgelaufen ist?“, fragt Dr. Ohls. Kritisch empfindet er auch die regelmäßigen Updates. Alles muss direkt auf dem gleichen Softwarestand sein. Teils könnten Updates den Datensatz auch verändern, befürchtet er.


Künftig sehen beide aber großes Potenzial der vernetzten Lösungen – sogar über den Betrieb hinaus: „Wir fänden es sogar spannend, wenn die Landwirte untereinander Daten tauschen, um voneinander zu lernen. Auch wenn wahrscheinlich viele Praktiker bisher nicht dazu bereit wären.“ Die Sorge vieler Landwirte, „ausspioniert“ zu werden, teilt Dr. Jürgen Ohls übrigens nicht: „Wer hat schon wirkliches Interesse an meinen Daten und schadet mir damit? Ich finde es viel wichtiger, wenn unsere Daten 100%ig gegen Verlust geschützt sind.“ Denn auf vielen Betrieben ist der PC mit seiner Festplatte und ohne weitere Sicherung bestimmt keine Garantie gegen einen Totalverlust von Daten.


Ausgewählte Lösungen:

Auch Rüdiger Müller nutzt moderne Computersysteme, aber nur ausgewählte. Der Betriebsleiter aus der Uckermark kann sich mit der Idee, alles über eine Plattform zu steuern, noch nicht ganz anfreunden: „Ich möchte die Arbeiten nicht vom Büro aus bis ins letzte planen und vielleicht sogar von dort die Maschineneinstellungen vorgeben. Der Fahrer bleibt wichtig und muss täglich gefordert sein. Ich brauche Leute, die mitdenken!“


Rüdiger Müller hat auch erste Erfahrungen mit einem frühen elektronischen Dokumentationssystem gesammelt, überzeugen konnte das den Betriebsleiter aber noch nicht. Seine Mitarbeiter füllen bis heute Arbeitszettel aus, die dann in die Schlagkartei übernommen werden. Der Landwirt möchte nicht auf den persönlichen Austausch mit den Fahrern nach erledigter Arbeit verzichten. Trotzdem ist er sicher, dass die Entwicklung zu einem Doku-System nicht aufzuhalten sein wird. Die Frage ist nur, wie tiefgreifend so eine Lösung ist.


Eine komplette Entlastung des Betriebsleiters sieht er nicht darin: „Die Systeme können zwar alles messen – doch die Interpretation der Daten und die richtigen Schlüsse daraus werden weiter von den Fähigkeiten des Betriebsleiters abhängen!“ Vor allem müssten die Daten gepflegt und bearbeitet werden, und das ist ihm noch zu kompliziert. Vieles müsse noch vereinfacht werden, findet Rüdiger Müller.


Wo es sich lohnt, setzt der Betriebsleiter bereits auf neue Systeme: Seit mehr als fünf Jahren sind alle Traktoren und Erntemaschinen mit RTK-Lenksystemen ausgestattet. Der Betrieb arbeitet mit festen Fahrgassen. Seit knapp zwei Jahren nutzt der Betrieb überdies digitale Bodenkarten zur teilflächenspezifischen Aussaat. Durch eiszeitlichen Einfluss wechseln die Böden in der Gegend stark, auf den Lehmkuppen erhöht die Drille jetzt automatisch die Aussaatstärke. Auch bei der organischen Düngung will er die Karten ggf. künftig nutzen.


Die gesunde Skepsis erhält sich der Praktiker. Er befürchtet, dass ein zu starkes Vertrauen auf die Technik Betriebe unflexibel machen könnte: „Wenn alles komplett automatisiert ist, fallen unkonventionelle und damit oft gute Lösungen einfach weg.“

Die Redaktion empfiehlt

top + Top informiert in die Maisaussaat starten

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.