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Ackern wie auf Schienen

Lesezeit: 7 Minuten

Ein Raster für alle Arbeiten: In Tschechien erleben die Jugend trifft Landtechnik-Entdecker, wie sich Fahrspuren auf dem Acker auf ein Minimum reduzieren lassen.


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Ohne Spuren auf dem Acker geht es nicht – aber wie sortiert man sie am besten? Auf der Suche nach der Antwort hat sich das Jugend trifft Landtechnik-Team aufgemacht nach Kněžmost, Tschechien, etwa 80 km nordöstlich von Prag. Hier hat Michael Horsch vor vier Jahren die ehemalige LPG AgroVation Kněžmost gekauft. 3 000 ha Ackerbau, voll arrondiert. Prädestiniert für einen eigenen Forschungsauftrag: Controlled Traffic Farming (CTF).


Bei unserem Besuch ziehen die Mähdrescher, Überladefahrzeuge und Bodenbearbeitungsgeräte gerade ihre Bahnen. Was man nicht sieht: Alle Maschinen fahren – von Satelliten gesteuert – auf festgelegten Spuren. Und es gibt hier weit und breit kein Fahrzeug mit Reifen. Alle Schlepper, Mähdrescher und sogar Gülletanker sind in Kněžmost auf Raupen unterwegs.


Gemeinsam mit seinem Betriebsleiter Christoph Foth feilt Horsch im böhmischen Paradies, so wird die Region hier genannt, am CTF-Verfahren. Bei diesem aus Australien stammenden System, das mittlerweile auch Farmer in England, Frankreich und Holland praktizieren, konzentriert sich der gesamte Fahrverkehr auf dem Acker auf feste und dauerhafte Spuren. In jedem Jahr, in jeder Kultur liegen diese Spuren an exakt der gleichen Stelle, gespeichert über Satelliten.


Ein bisschen CTF geht nicht!

Egal ob der Betrieb sät, düngt, spritzt oder erntet, alle Arbeiten finden ausschließlich auf den dafür vorgegebenen 12 m-Spuren statt. Dieses Raster entwirft Christoph Foth am Computer, ein Programm richtet die Fahrspuren dem Feldzuschnitt entsprechend optimal aus. Horsch hat ehrgeizige Ziele: „Wir wollen den Anteil des unbefahrenen Bodens auf über 85 % steigern – im konventionellen Anbau ist dieses Verhältnis meistens umgekehrt. Und je größer die Arbeitsbreiten sind, desto geringer wird der Spuranteil.“ Die Vorteile des kontrollierten Verkehrs sind aus seiner Sicht:


  • weniger Bodenverdichtungen,
  • verbessertes Pflanzenwachstum,
  • einfachere Ernte bei nassem Boden.


Die Pflegebreite für die Pflanzenschutzspritze und den Düngerstreuer beträgt im Horsch-CTF 36 m. Diese sogenannten „Lichtschächte“, also die sichtbaren Fahrgassen, sind feste Spuren, die gar nicht mehr gelockert werden – an diesen Spuren orientieren sich alle anderen. Dazwischen arbeiten die Geräte für die Bodenbearbeitung, Aussaat, organische Düngung und Ernte mit 12 m Arbeitsbreite. So kommt man von der Feldgrenze aus sofort in das Raster, ohne mit halben Arbeitsbreiten starten zu müssen. Die Bodenbearbeitungsgeräte und Mähdrescher-Schneidwerke sollten etwas Überlappung haben. Sie sind daher 12,3 m breit. Nur die Sämaschine arbeitet exakt auf 12,0 m. Der Haken am Ganzen: Breite Maschinen sind schwer. Die CTF-Pioniere haben auf ihre Weise reagiert.


Aufstand der Raupen:

Da für das CTF alle Achsen verbreitert werden mussten, haben sie in Kněžmost gleich jedes Fahrzeug auf Raupenlaufwerke gestellt. Die Spurbreite der gesamten Flotte beträgt jetzt 3 m, nur so können alle Maschinen in derselben Spur fahren. Soviel ist klar: Den kompletten Fuhrpark so umzubauen, können sich wahrscheinlich die wenigsten Betriebe leisten. Doch für Michael Horsch gehört das Raupenlaufwerk zu seinem CTF-Konzept: „Eigentlich möchte ich auf dem Acker keine Reifen mehr sehen – bis auf unsere eigene Selbstfahrspritze ist uns das bisher auch gelungen“, erklärt er den Reise-Teilnehmern bei dem Besuch des Betriebes.


Vorteil der Bandlaufwerke: Sie reduzieren den Bodendruck. Durch ihre enorme Aufstandsfläche erzeugen sie keine Sperrschicht im Boden. „Das Wasser läuft unter den CTF-Spuren scheinbar problemlos durch“, so die ­bisherigen Erfahrungen von Betriebs­leiter Foth. Und nebenbei erlebt das ­Jugend trifft Landtechnik-Team auch noch den Fahrkomfort der breiten Spurweiten, als sie mit den Fahrzeugen selbst ackern dürfen.


Nach den ersten drei Jahren auf festen Spuren gehen bereits wichtige Entwicklungsaufträge an die Hersteller dieser Maschinen aus der tschechischen Praxis hervor: Die Mähdrescher benötigen deutlich verlängerte Abtankrohre, damit die Umladefahrzeuge auch auf den 12 m-Spuren fahren können. Die bisherigen Lösungen sind für Horsch in Sachen Dauerhaltbarkeit noch etwas verbesserungswürdig.


Ganz und gar nicht zufrieden sind Betriebsleiter Foth und Michael Horsch mit der Strohverteilung der Mähdrescher: „Selbst ohne Seitenwind verteilen die Häcksler das Stroh nicht über die komplette Arbeitsbreite.“ Die Kritik hört man auf vielen Betrieben, die mit 12 m-Schneidwerken arbeiten, sie wiegt im CTF aber besonders schwer: „Jahr für Jahr landet auf demselben Streifen wieder nichts. Und da die Bodenbearbeitungsgeräte im selben Raster arbeiten, können auch sie das Häckselgut nicht diagonal verteilen. Wenn die Mähdrescher-Hersteller hier nicht bald nachlegen, muss das Raster alle paar Jahre versetzt oder gedreht werden“, sagt Christoph Foth – und das wäre komplett gegen die Grundidee.


Bei den Bodenbearbeitungs- und Säarbeiten wechseln die Fahrer bei jedem Arbeitsgang die Bearbeitungsrichtung. Das ist die einzige Möglichkeit im CTF, Unebenheiten vorzubeugen oder sogar Absätze zu vermeiden. Damit die gezogenen Geräte möglichst exakt arbeiten, sollten Schlepper und Gerät jeweils einen eigenen GPS-Empfänger haben.


Beim Thema GPS gibt es für den Betriebsleiter ebenfalls noch Verbes­serungsmöglichkeiten: „Zwangsläufig kommen auf unserem Betrieb die Systeme verschiedener Hersteller zum Einsatz. Bei den Raupentraktoren John Deere, bei den Mähdreschern Claas und bei der Horsch-Spritze Trimble. Es ist fast unmöglich, die unterschiedlichen Lenksysteme miteinander zu synchronisieren. Hier sollte es ubedingt einen Daten-Standard geben, mit dem man feste Spuren von einem Lenksystem ins andere übertragen kann!“


Gülle geht:

Die organische Düngung hat Horsch von Anfang an mit in das CTF eingebunden, denn auf dem tschechischen Betrieb gibt es auch noch eine Milchviehherde. Dazu hat man in Schwandorf eigens ein Güllefass mit 12 m-Injektor gebaut – natürlich auf Raupen. Der Tanker mit 22 m3 wiegt leer nur 8,5 t. Um die Reichweite des Gülletankers je nach Schlag zu erhöhen, wird die Gülle mit AHL gestreckt. Ziel ist es, mit einer Tankfüllung unabhängig von der Feldlänge immer die gleiche N-Menge pro Hektar auszubringen.


Die Umstellungen zahlen sich bisher aus: Beim Kauf war der Ackerbau des Betriebes in einem sehr schlechten Zustand. Die Erträge lagen nur bei 3 t Weizen und das bei durchschnittlich 55 Bodenpunkten. Bereits jetzt stiegen die Erträge auf knapp 8 t Winterweizen und über 4 t Raps. Das Jugend trifft Landtechnik-Team weiß: Natürlich hat Horsch für diese Ertragssteigerung auch kräftig in den Betrieb investiert – wie viel davon bis jetzt dem CTF zuzuschreiben ist, lässt sich nur schwer beantworten.


Interessant sind auch die Ideen zum Maisanbau: Auch diese Frucht haben sie in Kněžmost in das CTF-Verfahren integriert. Derzeit wird hier an Dammkulturen mit Zwischenfrüchten in den Tälern geforscht. Auch dass die hohen Spurgenauigkeiten eine gute Voraussetzung für die mechanischen Unkrautbekämpfungs-Maßnahmen sind, lässt sich bei unserem Rundgang durch die Maisfelder erahnen.


Ein zweites wichtiges Forschungsgebiet auf dem tschechischen Betrieb ist die Logistik. Es geht darum, Zeit zu sparen, Kosten zu senken und Straßen- sowie Ackerfahrzeuge konsequent voneinander zu trennen. Lkw übernehmen in Kněžmost die Straßentransporte. Sie transportieren nicht nur Erntegut zum Betrieb, sondern bringen auch Dünger, Pflanzenschutzmittel und Gülle an den Feldrand – alles just in time. „Billiger als mit dem Lkw geht es nicht und die teuren Ackerfahrzeuge werden wesentlich besser ausgelastet“, ist Horsch überzeugt. Natürlich kann man die Maßstäbe des Horsch-CTF in dieser Größenordnung nicht auf jeden Betrieb übertragen. Und für die meisten Landwirte in Deutschland wäre eine 3 m-Spur auf der Straße bereits das erste K.-o.-Kriterium – ganz abgesehen von 12 m breiten Grubbern.


Diesen Ansatz verfolgt das Projekt in Tschechien aber auch nicht. Vielmehr will Horsch mit seinen Möglichkeiten das Potenzial dieses Systems aufzeigen. Das Ganze lässt sich nämlich auch im 6 m-Raster mit 18 m Pflegebreite durchführen. Sogar 3 m wären denkbar – wenn man mit einer halben Arbeitsbreite startet und mit 4,5 m erntet. „Die Möglichkeiten sind vielfältig“, sind sich die fünf Nachwuchs-Agrarier unserer Reisegruppe einig. „Und eines nehmen wir bestimmt mit: Fahrspuren kosten Ertrag!“Jan-Martin Küper

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