Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

Aus dem Heft

Alles Einstellungssache

Lesezeit: 8 Minuten

Vollautomatische Einstellsysteme, die sich selbst optimieren, lernen und teils auch vorausschauen, sind der wichtigste Trend bei Mähdreschern. Dazu kommt eine Baureihe mit einem komplett neuen Konzept.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Im vergangenen Sommer war er bereits in der Bildzeitung zu sehen: Der neue Agco-Mähdrescher Ideal, der auf den Bildern noch eine schwarz-weiße Tarnung trug. Der Oberklasse-Mähdrescher ist jetzt vorgestellt und wird künftig in dunkelgrau als MF oder Fendt unterwegs sein.


Mit seinen bis zu 647 PS Motorleistung hat er gegenüber bisherigen Mähdreschern einige Besonderheiten: Im selben Chassis mit 1,4 m Dreschkanalbreite drehen sich in der obersten Leistungsklasse zwei und in der kleineren Klasse ein Axial-Dresch- und Abscheiderotor. Damit bleibt der Mähdrescher auch bei breiter Frontbereifung oder Bandlaufwerk innerhalb von 3,3 m. Er ist der Einzige mit derselben Kanalbreite für unterschiedliche Klassen und konsequent nach dem Baukastensystem konzeptioniert. Die sogenannten Helixrotoren mit 4,85 m Länge und 60 cm Durchmesser sorgen für lange Dresch- und Abscheidewege.


Die Konstruktion des Rücklauf- und Vorbereitungsbodens beinhaltet gleichzeitig einen einfach gebauten Seitenhangausgleich (bis 15°). Der Bunkerinhalt beträgt gigantische 17,1 m³ und die Geschwindigkeit beim Entleeren lässt sich einstellen.


Eine neue Sensortechnik erfasst die Abscheidung an Dresch- und Abscheidekörben sowie in der Reinigung und bildet damit die Basis für eine automatische Einstellung. Zudem hat der komplett automatische Vorsatzkoppler eine RFID-Erkennung. Damit übernimmt die Maschine automatisch die Einstellungen für den Erntevorsatz. Die Ideen im Ideal wurden mit Silber prämiert.


Intelligent an der Trommel:

Der Trend zu immer mehr Mess- und Regeltechnik bzw. maschinengestützter Intelligenz und komplexen Automaten setzt sich auch bei anderen Mähdreschern fort.


Weil das Claas Auto Threshing erstmalig den Dreschprozess eines Tangential-Dreschwerkes regelt, wurde diese Entwicklung mit einer Goldmedaille belohnt. Denn das Finden der passenden Trommeldrehzahl und der Dreschspaltweite ist die schwierigste Aufgabe für Fahrer dieser Maschinen. Wenn der Mähdrescher ständig optimal ernten soll, muss der Fahrer beide je nach Erntebedingungen auch mehrmals täglich verstellen. Schon wenige Umdrehungen der Dreschtrommel mehr oder weniger können manchmal die Kornqualität, aber auch die Abscheidung am Dreschkorb, stark beeinflussen.


Einstellungen kommunizieren:

Durch ein neues Modul kommunizieren die Automaten des Mähdreschers miteinander. Detektiert das System irgendwo Reserven, passt es die Einstellungen an. Stellt AutoThreshing bspw. sanfteres Dreschen ein, aber bei den Kornverlusten sowie der Motorauslastung bliebe noch Spielraum, erhöht der Durchsatzregler die Fahrgeschwindigkeit. Oder bei losen und anhaftenden Spelzen im Korn reagieren sowohl Dreschwerk-, als auch Reinigungsautomat.


Die Regeltechnik ist komplex und betrifft alle Aggregate von Schüttler- und Hybrid-Mähdreschern. Per Bildschirm erhält der Fahrer Informationen, wenn das System startet oder sich die Erntebedingungen gravierend ändern. Die Gesamtautomatik lernt dann, indem sie Eckwerte ausgelotet, zwischen denen sich dann die Regler aller Automaten bewegen. Der Fahrer gibt nur noch Strategien und Empfindlichkeiten vor – mehr muss er nicht wissen.


New Holland erhält in diesem Bereich Silber für eine absolut neue Funktion: Die CR-Mähdrescher können sich nicht nur auf aktuelle Ernteverhältnisse einstellen, sondern nutzen dazu auch Daten aus der Vergangenheit. Alle wichtigen Daten wie Ertrag, Veränderungen in den Erntebedingungen, Feldneigung usw. werden georeferenziert gespeichert. Kommt der Mähdrescher bei der nächsten Überfahrt oder im Folgejahr wieder zu einer Teilfläche mit hohem bzw. geringem Ertrag oder Hangneigung, nutzt das System diese Daten vorausschauend. Der Mähdrescher „weiß“ also, welche Bedingungen ihn erwarten und kann vorab reagieren.


New Holland hat zudem Sensoren entwickelt, die den Winddruck in der Reinigung und damit die Unter- bzw. Überladung der Siebe messen. Stimmt das nicht mit den Sollwerten überein, korrigiert die Elektronik unter Einbezug Verlustwerte das Ober- und Untersieb sowie die Gebläsedrehzahl. Mit dem bereits 2007 mit Gold prämierten Kamerasystem Graincam wird die Kornqualität erfasst und davon abhängig die Rotordrehzahl und die Position der Leitschienen für die Durchflussgeschwindigkeit im Rotorgehäuse geregelt. Den Dreschspalt stellt man noch manuell ein.


Einen anderen Weg zur automatischen Einstellung wählt Agco. Im Ideal sind im Dresch- und Trennteil der Rotorgehäuse sowie in der Reinigung Sensorelemente mit vier Einzelsensoren verbaut. Diese messen die Längsverläufe der abgeschiedenen Körner, die sogenannte Abscheidefunktion. Der Fahrer erhält eine Information, wo sich jeweils ein Abscheidemaximum befindet und kann passend seiner Strategie die Auslastung des Mähdreschers nachvollziehen. Anhand der gemessenen Auslastung und der gewählten Strategie kann sich der Mähdrescher auch selbst einstellen.


Optimieren per Handy:

ConnectedHarvest heißt die neue externe Mähdrescher-Einstelloptimierung von John Deere per Mobiltelefon. Der Betriebsleiter oder Erntemanager greift damit nicht nur auf die Maschinendaten zu, sondern kann auch die Einstellung, z.B. nach Verlustproben, aktiv verändern. Damit gibt er dem weniger erfahrenen Mitarbeiter einfach Hilfestellung, ohne auf die Maschine zu klettern.


Die Big Data-Anwendung erzeugt zudem sogenannte Performancepunkte. Die Punkte basieren auf einer Datenbank und zeigen, wie effizient der Mähdrescher im Vergleich zu anderen in der Region arbeitet. Das System weist auch Steigerungen bei Leistung und Arbeitsqualität durch die neue Einstellung aus.


Damit bietet auch John Deere zwei Einstelloptimierungen: Zum einen das maschinenbasierte Einstellsystem ICA2 (Silber 2015) für Axialrotor-Mähdrescher der Baureihe 700. Dieses System arbeitet u.a. mit zwei intelligenten Kameras an Überkehr und Körnerelevator. Auf der anderen Seite gibt es die genannte Teleservice-Anwendung. Es liegt beim Kunden, ob er die Automatenlösung auf der Maschine ohne Datenübertragung bevorzugt, die Teleserviceanwendung mit Datenablage auf einem Server nutzt oder beides kombiniert.


Rostselmasch stellt eine andere Variante zum Anpassen der Einstellungen am Hang vor. Bei Bergauffahrt wird das Obersieb vorne weiter geschlossen und bergab umgekehrt. Im Vergleich zu bekannten Systemen soll damit die Reinigungsleistung bei unveränderter Gebläsedrehzahl gleich bleiben, die Kornverluste werden reduziert.


New Holland stellt die Harvest Logistics App vor, eine selbstanpassende Echtzeitanwendung zur Optimierung aller Erntevorgänge. Die App wurde in Zusammenarbeit mit der Fa. Agrointelli entwickelt. Sämtliche Teilnehmer kommunizieren miteinander. Die App berechnet einen Entladepunkt, an dem sich das Abfuhrgespann neben dem Mähdrescher befinden sollte. Wie andere Logistikhilfen ist das System webbasiert. Der Manager bekommt alle Situationen angezeigt und kann eingreifen.


Welche Qualität im Tank?

In Zusammenarbeit mit dem Sensorhersteller Dinamica Generale bietet New Holland zukünftig einen NIR-Sensor für Mähdrescher an. Der Sensor erfasst an der Zuführschnecke des Körnerelevators Inhaltsstoffe wie Stärke und Rohprotein sowie die Trockenmasse. Diese Daten lassen sich, z.B. für Eiweißfrüchte als Protein- und für Stärkefrüchte wie Mais als Stärke-Ertragskarten zusammenfassen. Kalibrierungs-Updates laufen über eine Cloud-Software.


Die Firmen arbeiten nicht nur an Sensoren und Software. Wer bei den meisten Rotor-Mähdreschern eine Verstopfung beseitigen musste, wird vorsichtiger und nutzt meist die Kapazität nicht mehr bis an die Grenze. Es gibt zwar Reversiereinrichtungen für Axialrotor-Mähdrescher mit mechanischem Rotorantrieb, wie z.B. bei Case IH, die jedoch technisch aufwendig sind. Deshalb schützen die Hersteller durch andere Maßnahmen vor Verstopfungen.


Claas setzt neben der bekannten Öffnung des Vor- und Dreschkorbes auf die automatische Gutflusskontrolle, die auch Teil des Cemos-Gesamtsystems ist. New Holland stellt mit dem Rotor-Protection-System einen patentierten Überlastschutz vor. Kernstück ist eine Art federbelastete Kniehebeltechnik, die bei Überlastung die Körbe absenkt. Nach Beseitigen der Stopfen werden die Körbe wieder in Dreschposition gebracht.


Bei großen Arbeitsbreiten bereitet die Spreu- und Strohverteilung Probleme. Insbesondere die hohen Kaffmengen von den Reinigungen großer Rotormähdrescher konzentrieren sich in der Mitte. Daher arbeiten die Firmen an technischen Lösungen, um die Nichtkornbestandteile gleichmäßiger zu verteilen.


New Holland stellt den OptiSpread-​Plus Spreu- und Häckselgutverteiler vor. Er führt die Gutströme von Spreuverteiler und Wurfgebläse des Häckslers neben dem Mähdrescher zusammen, wodurch die Spreu vom gehäckselten Stroh quasi mitgenommen wird. Zusätzlich sind die Schaufeln des Wurfgebläses V-förmig wie beim Düngerstreuer, sodass sie Strohpäckchen formen, die sich weiter werfen lassen.


Zu den Detailverbesserungen kommen neue bzw. überarbeitete Baureihen:


  • Bei Claas geht der Trend weiter Richtung Rotor mit dem schmalen Tucano.
  • Deutz-Fahr stellt überarbeitete Mähdrescher der Abgasstufe IV vor.
  • Sampo arbeitet enger mit dem indischen Konzern Mahindra zusammen.
  • Case IH und New Holland setzen mehr auf gleiche Baugruppen – bleiben aber bei den getrennten Produktlinien.
  • Rostelmasch wird überarbeitete Modelle zeigen.


Schneidwerk mit Luft:

Weltweit werden immer mehr Bandschneidwerke, sogenannte Draper, eingesetzt. Bei ihnen lässt sich die Bandgeschwindigkeit auf verschiedene Erntebedingungen einstellen. Außerdem passen sie sich besser an Bodenunebenheiten quer zur Fahrtrichtung an. Sie sind zudem leichter als gleichbreite Schnecken-Schneidwerke. Allerdings fehlt die Vorverdichtung des Ernteguts. Dazu kommen manchmal auch höhere Aufnahmeverluste. Hier arbeiten die Hersteller an technischen Lösungen. TruFlex Razor Air heißt das Band-Schneidwerk von Geringhoff mit mittigem Messerantrieb, flexiblem Messerbalken und Luftunterstützung zwischen dem Mähmesser und den Querförderbändern. Dazu gelangt Luft von zwei Gebläsen an der Schneidwerkrückwand über Leitungen zu einem Schlitz zwischen dem Messer und den Querförderbändern. Die Luft strömt in Richtung Band und bläst Körner, die andernfalls nach vorne geprallt wären, in den Erntevorsatz. Das soll Aufnahmeverluste reduzieren, v.a. bei der Ernte von platzempfindlichen Früchten.


Das PremiumFow Schneidwerk 735PF stellt Zürn exklusiv für John Deere her. Das Schneidwerk mit Längsförderband wurde nochmals überarbeitet. Die Konstrukteure haben die Abdichtungen der Bänder verbessert. Die Geometrie und stufenlose Antriebstechnik sorgen für einen gleichmäßigeren Gutfluss. Die Einzugsschnecke lässt sich zum Anpassen an Früchte mit unterschiedlichen Stroherträgen in der Höhe verstellen.


Prof. Dr. Thomas Rademacher, Technische Hochschule Bingen,


Guido Höner, top agrar

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.