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Digitale Landwirtschaft: Da geht deutlich mehr!

Lesezeit: 15 Minuten

Digitalisierung bietet riesige Chancen – und enttäuscht oft. Wir haben mit Michael Horsch und John Deere-Präsident Markwart von Pentz diskutiert, was funktioniert und wo es in der Praxis noch hakt.


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Michael Horsch sieht den Hype um die Digitalisierung kritisch. Sie nutze der Landwirtschaft längst nicht überall und schlage sich oft nicht im Reinertrag nieder. Das findet Markwart von Pentz von John Deere viel zu pauschal. Für uns war das Anlass, mit beiden über die Chancen und Risiken der Digitalisierung zu diskutieren. Das überraschende Fazit: Die Digitaltechnik kann der Landwirtschaft künftig sogar helfen, verlorenes Vertrauen beim Bürger zurückzugewinnen.


Herr Horsch, wie nehmen Sie die aktuelle Diskussion wahr?


Horsch: Ich finde den Hype völlig überzogen. Keiner weiß genau, was „Digitalisierung“ überhaupt ist – ich auch nicht. Trotzdem reden alle drüber. Nicht voll digitalisierte Landwirte müssen sich derzeit doch fast wie Landwirte zweiter Klasse fühlen.


Was ist für Sie digitale Landwirtschaft?


Horsch: Jedenfalls ist es viel mehr als AutoTrac oder automatische Teilbreitenschaltung (SectionControl). Eigentlich geht es um das Sammeln und Verarbeiten von Daten. Da sind wir aber noch längst nicht dort, wo wir sein wollen. Vieles, was derzeit in den Himmel gelobt wird, funktioniert noch nicht oder nicht richtig. Das merkt man auch an der Basis. Mit unseren landwirtschaftlichen Betrieben sind wir in zwei Beratungsringen und stellen fest: Die digitalen Lösungen schlagen sich nicht im Reinertrag nieder. Da muss ich mir doch die Frage stellen: Was treiben wir da eigentlich?


von Pentz: Es ist richtig, dass es bei der Digitalisierung noch gewaltig an der agronomischen Optimierung hapert. Wir haben noch zu viele Insellösungen und zu viele Datenfriedhöfe. Und es gelingt noch nicht, aus Daten Informationen konsistent zu gewinnen und aus diesen Informationen dann fundierte Entscheidungen abzuleiten.


Ich rate dazu, in Teilschritten zu denken. Im ersten Schritt geht es um die Maschinenoptimierung. Da sind wir mit der automatischen Lenkung AutoTrac gestartet. Das hat 8 bis 12% mehr Effizienz gebracht. Zur Maschinenoptimierung gehören auch Einsatz und Verknüpfung von Sensoren, z.B. beim Mähdrescher, was die Auslastung um bis zu 20% erhöhen kann.


Im zweiten Schritt kommt die Joboptimierung. Sie unterstützt den Landwirt, die Qualität der Feldarbeit zu erhöhen. Die Maschinen werden so gesteuert, dass z.B. Dünger, Pflanzenschutzmittel, Saatgut etc. in der richtigen Menge, am richtigen Ort und zum optimalen Zeitpunkt ausgebracht werden.


Erst danach kommt die agronomische Optimierung. Hier erfassen zusätzliche Sensoren Bestands- und Bodenparameter. Basierend darauf werden dann automatisch bedarfsgerechte Applikationen durchgeführt. Das Ganze ist ein Puzzle, das noch längst nicht fertig ist. Ich glaube, auf der Maschinen- und auf der Jobseite ist das Puzzle schon kompletter als auf der Ebene der Betriebsführung.


Was kommt als Nächstes?


Horsch: Die Maschinen bekommen noch mehr Sensoren, z.B. um Arbeitstiefe oder Feuchtigkeit im Saatbett besser zu messen. Daran arbeiten alle Hersteller. Enden wird die Entwicklung in der Autonomie, also bei Maschinen ohne Fahrer.


von Pentz: Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Der Traktor kann zwar schon alleine übers Feld fahren. Doch er sät, mäht, pflügt. Und diese Jobs zu automatisieren, ist eine ganz andere Herausforderung. Das wichtigste passiert an den Anbaugeräten.


Das autonome Fahren auf der Straße werden wir von der Automobilindustrie kopieren. Doch im Feld liegt es an uns. Es beginnt mit den Arbeiten bei denen „einfach“ etwas verteilt wird, z.B. beim Düngen oder im Pflanzenschutz.


Horsch: Mir gefällt folgender Satz: Man muss wagen, das Unmögliche zu denken. Denn bei den Entwicklungen ist vieles dabei, bei dem einer sagt: „Du spinnst!“ Und zum Teil hat er dann auch noch recht. Trotzdem sollten wir immer Raum für verrückte Ideen lassen. Denn manchmal ist was dabei, das zum Erfolg wird.


von Pentz: Wir glauben, dass die Autonomisierung kommt – aber in Schritten. Wichtiger ist zunächst die Automatisierung: Sie unterstützt und vereinfacht. Dadurch kann man länger und entspannter arbeiten bzw. weniger ausgebildete Mitarbeiter einsetzen. Die Mitarbeiter haben in Zukunft vor allem die Aufgabe, einfache Störungen zu beseitigen.


Das Einstellen der Spritze oder auch die Überwachung des Arbeitsergebnisses übernimmt die Maschine automatisch. Sie entscheidet dann auch z.B., ob die Krümelung stimmt oder ob der Tonkopf ein zweites Mal bearbeitet werden muss.


Wann sind solche Lösungen serienreif?


von Pentz: Wir haben seit 2007 den Traktor, der alleine fährt und am Ende des Schlages auch umdreht. Die Infrastruktur zum autonomen Fahren ist also vorhanden. Die Sicherheits-Sensoren sind zurzeit aber noch viel zu teuer. Da brauchen wir die Lkw- und Pkw-Leute, um die Kosten von 400000 € auf 30000 € runterzubringen.


Wie geht es dann weiter?


von Pentz: Die einfacheren Jobs werden als Erstes ohne Fahrer in der Praxis laufen, z.B. das Spritzen. Die Mittel sind vorgegeben, es geht im Wesentlichen um das Ein- und Ausschalten. Die wirklich komplexen Arbeiten, bei denen es sehr viele Variablen gibt, werden dagegen noch länger den Fahrer benötigen. Nicht als steuerndes, sondern vor allem als überwachendes Element. Die Autonomie kommt nicht übermorgen, da machen sich viele etwas vor.


Herr Horsch, gab es auch digitale Sackgassen, in denen Sie sich verlaufen haben?


Horsch: Nicht nur eine (lacht). Da waren wir sicher nicht die einzigen.


von Pentz: Da liegen Sie richtig.


Haben Sie Beispiele?


Horsch: Wir versuchen seit 35 Jahren die Sätiefe automatisch zu steuern – ohne durchschlagenden Erfolg. Es wird direkt kompliziert, wenn man die Realität auf dem Acker berücksichtigen muss! Und manchmal sind es auch banale Dinge: Wir wollten unsere landwirtschaftlichen Mitarbeiter mit einem iPad ausstatten, um ihre Arbeit zu dokumentieren. Woran ist es gescheitert? An der Frage: Wo legst Du das Ding ab, wenn Du arbeitest? Du musst ja die Hände frei haben, um z.B. einen Zinken zu wechseln.


Herr von Pentz, haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht?


von Pentz: Viele frühe Telemetrielösungen sind auch durch mangelnde Unterstützung gescheitert – im eigenen Unternehmen und bei den Vertriebspartnern. Und teils war die Technologie einfach noch nicht weit genug.


Davon darf man sich aber nicht entmutigen lassen. Als wir 2001 das automatische Lenksystem AutoTrac eingeführt haben, meinten viele, das sei Spinnerei. Wir haben damals den Händlern gesagt: AutoTrac könnt ihr nicht verkaufen wie PS und Drehmoment. Dafür müsst ihr spezialisierte Leute haben, die sich damit auskennen und den Nutzen vermitteln können. Die wenigsten haben sich daran gehalten. Deshalb war der Start schwierig.


Hat die Industrie nicht auch übertriebene Erwartungen an den Nutzen der Digitalisierung geweckt?


von Pentz: Vermutlich. Nicht alles ist so eingetreten, wie wir gedacht haben, zumindest nicht so schnell. Ich behaupte aber, dass wir vorankommen. Die Digitalisierung ist halt ein großes Puzzle mit 100 Teilen. Und wir haben nicht den Mut zu sagen, dass es erst zu 35 Teilen komplett ist. Aber am Ende wird es sich zusammenfügen.


Wo muss man jetzt ansetzen, um die Digitalisierung sinnvoll voranzutreiben?


von Pentz: Wir müssen Chancen und Risiken vernünftig gewichten. Ich halte es für falsch, immer die Risiken des möglichen Datenmissbrauchs in den Vordergrund zu stellen. In anderen Ländern denkt man diesbezüglich viel progressiver als in Deutschland bzw. Europa. Dort stellt man den Nutzen in den Mittelpunkt – und sichert sich, was den möglichen Missbrauch betrifft, vertraglich mit den Anbietern ab.


Übertreiben wir es in Deutschland mit dem Datenschutz?


Horsch: Gefühlt sind wir Deutschen strenger als unsere Nachbarn. Das geht teils zulasten des Kundennutzens.


von Pentz: Es kommt darauf an, wie wir die Kunden ansprechen. Prinzipiell gibt es drei unterschiedliche Vorgehensweisen, wie man die Kunden einbindet. Die einen arbeiten mit dem „Lock-in“-Prinzip. Dort haben die Landwirte kaum Möglichkeiten, das System zu verlassen, wenn sie sich darauf eingelassen haben. Daneben gibt es das „Opt-out“. Das sind die typischen Datenkraken. Hier müssen Sie aktiv widersprechen, wenn Sie etwas nicht möchten. Und das dritte Prinzip ist das „Opt-in“. Hier kaufen Sie einen Traktor, nehmen an der digitalen Landwirtschaft aber nur soweit teil, wo Sie selber aus 50 Optionen ihr Kreuzchen gesetzt haben. Für diesen Weg hat sich John Deere entschieden. Das finde ich richtig.


Sie auch, Herr Horsch?


Horsch: Ja. Jeder, der versucht, seine Kunden in ein geschlossenes System zu pressen, wird scheitern. Das machen die Kunden nicht mit.


von Pentz: Wir haben diese Grundprinzipien für unsere Kunden festgeschrieben: Sie haben immer Zugang zu Ihren Daten. Wir verarbeiten Ihre Daten nicht ohne Ihre Zustimmung. Wir werden Ihre Daten nicht verkaufen. Wir werden Ihre Daten nicht ohne Ihre Zustimmung teilen. Sie haben das Recht, Ihre Zugangsdaten zu jeder Zeit zu ändern. Wir schützen Ihre Daten und verwahren sie sicher. Es ist unsere größte PR-Herausforderung, diese Prinzipien bei den Kunden bekannt zu machen und dort zu verankern.


Hat die Industrie nicht viel zu lang von einem geschlossenen System geträumt, in dem jedes Unternehmen allein die Spielregeln bestimmt?


von Pentz: Anfangs vielleicht – da waren wir mit dem Thema noch alleine auf der Welt. Wir haben aber schnell gelernt. Auch die US-Farmer wollen keine Abhängigkeit, weil sie dann keine freien Unternehmer mehr sind. Die offene Architektur der Systeme ist in Amerika genauso wichtig wie hier.


Haben das alle großen Player schon verstanden, Herr Horsch?


Horsch: Ich denke schon. Dennoch bleiben Unterschiede. Wenn ein John Deere-Traktor eine John Deere-Maisdrille zieht, kann die mehr, als hinter einem anderen Traktor.


von Pentz: Das finden wir legitim. Warum soll eine John Deere-Kombination nicht 10 bis 20% besser sein als andere Kombinationen? Wenn wir uns darum nicht bemühen, sind wir keine guten Unternehmer. Der Punkt ist eher, die Position nicht auszunutzen und den Kunden in den Schwitzkasten zu nehmen. Denn ein Landwirt kann seine Daten nehmen und zu einem anderen Anbieter wechseln.


Warum soll sich ein Landwirt überhaupt der Plattform „myJohnDeere“ anschließen?


von Pentz: Zunächst kann er dort die gesamte Maschinenoptimierung nutzen. Oder die Joboptimierung, wenn ich z.B. das Maissaatgut genauer ablegen kann. Und in der weiteren Entwicklung kann er hier die Daten verknüpfen und seinen Betrieb agronomisch optimieren.


Warum ist dafür eine Herstellerplattform notwendig? Das könnten doch neutrale Anbieter übernehmen?


Horsch: Ich sehe beides. Die großen Firmen – wie John Deere – müssen sich hier einbringen und auch damit verbundene Dienstleistungen anbieten. Sonst würden sie ins Abseits geraten. Und es gibt Aufgaben, die Landwirte künftig an Dienstleister vergeben, wie z.B. Düngekarten auf Basis von Satellitendaten. Da bilden sich neue Geschäftsmodelle und Angebote.


Was ist das derzeit größte strukturelle Problem?


von Pentz: Wir haben es als Hersteller noch nicht begriffen, dass wir schlagkräftiger werden, wenn die Industrie ihre Clouds verbindet. Erst wenn diese Einsicht siegt, wird der Durchbruch gelingen. Manche in der Landtechnikindustrie sind offen, andere bleiben aber lieber in ihrer eigenen Welt.


Ist John Deere denn offen?


von Pentz: Ja. Wir haben aus der Vergangenheit gelernt. Natürlich ist es schön, wenn sich die Kunden entschließen, ihre Daten bei uns zu haben. Aber es gibt daneben auch die Routing-Konzepte. Die Daten landen dann nicht auf unserem Server, sondern wir reichen sie im Auftrag des Landwirts an einen anderen Anbieter weiter. Außerdem würde ich mich freuen, wenn auch Hersteller-Apps auf unserer Plattform auftauchen, z.B. von Horsch, Lemken oder wem auch immer.


Können Sie sich das vorstellen, Herr Horsch?


Horsch: Prinzipiell ja, aber mit einem gewissen Unwohlsein: Auf all unseren großen Maisdrillen haben wir jetzt Telemetrie. Und dann schicken wir alle Daten mit Variationskoeffizienten und anderen Maschineninfos in die John Deere-Cloud. Diese Daten geben Hinweise, wie die Maschine im Feld arbeitet – wie genau sie ist, welche Bauteile defekt sind. Was hindert John Deere dann daran, auf diese Daten auch mal einen Blick zu werfen?


von Pentz: Die Sorge kann ich verstehen. Wir würden damit aber auf die Nase fallen. Ich bleibe dabei, wenn wir es nicht schaffen, unsere Daten-Clouds zu verknüpfen, haben wir immer nur Insellösungen. Der Landwirt wird sich am Ende für das System entscheiden, das am offensten ist.


Horsch: Stimmt, aber dann muss auch John Deere wie ein neutraler Anbieter agieren.


Reicht dafür das Vertrauen?


von Pentz: Nur bedingt. Eigentlich müssten wir die zehn führenden Anbaugerätehersteller einladen und darüber diskutieren, wie wir uns besser vernetzen können. Würden Sie kommen, Herr Horsch?


Horsch: Wenn die Spielregeln vertraglich sauber geregelt werden – gerne!


Wer wird in fünf Jahren die Nase vorn haben?


Horsch: Der, der die beste und offenste Plattform bietet und das Vertrauen der Kunden hat.


Wie groß ist die Gefahr, dass der Agrarhandel künftig so eine Plattform anbietet?


von Pentz: Eher gering. Auf Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmittel entfallen ca. 40 bis 60% der Kosten im Ackerbau. Wenn jetzt ausgerechnet der Landhandel Farmmanagement-Programme anbietet, steht sofort die Frage im Raum, ob diese unabhängig sind oder ob es am Ende nur um den Absatz von Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmittel geht. Der Landmaschinenhändler ist da neutraler. Er verkauft ja keinen Dünger.


Was braucht die Digitalisierung, um sich durchzusetzen?


Horsch: Ich betrachte mich bei so etwas immer selbst. Manche Entwicklungen, wie mein Smartphone, will ich nicht missen. Warum will ich das haben? Weil es das Leben einfacher macht! Wenn wir Maschinen mit digitalen Lösungen ausstatten, muss dem Landwirt ersichtlich sein, was er davon hat und es muss einfach sein. Wenn es ärgerlich wird, wenn er jemanden anrufen muss, wenn er etwas kompliziert einstellen muss, dann stellt er sich die Frage: Was soll das alles?


von Pentz: Am Ende sind es diese drei Treiber: Einfachheit (Convenience), der zweite die Nachhaltigkeit, der dritte ist die Wirtschaftlichkeit. Die Herausforderung ist, die Dinge einfach nutzbar zu machen – oder wie sie in den USA sagen: „Grandfather ready“.


Das sind große Ziele. Derzeit ist es mitunter schon schwierig, zwei Isobus-Maschinen zu verbinden.


von Pentz: Auch Isobus ist eine Reise. Der Standard ist anfangs unzureichend definiert gewesen, was zu Interpretationslücken geführt hat. Und dass eben Plug and Play nicht so funktioniert hat, wie wir uns das alle vorgestellt haben. Der Datenaustausch muss einfach und nahtlos laufen, egal bei welcher Gerätekombination. Nur so kommt die digitale Landwirtschaft auch bei den Landwirten an.


Ist die Branche zu ungeduldig? Es soll sofort funktionieren und billig sein. Und haben die Hersteller die Erwartungen zu sehr aufgeladen?


von Pentz: Sicher gilt das für Teile der agronomischen Optimierung. Es ist uns als Industrie nicht gelungen, klar zu machen, dass es eine Pionierreise ist, bei der es Gewinne und Verluste gibt. Als das GPS aufkam, war das erste Produkt bunte Ertragskarten – mit denen damals niemand etwas anfangen konnte. Der Landwirt will einen direkten Effekt haben.


Horsch: Die Ertragskarte ist ein perfektes Beispiel. Erst waren alle begeistert, und dann stellte sich heraus: Eigentlich kannst Du nichts damit anfangen. Im Ackerbau gibt es nur einmal im Jahr ein Ergebnis. Und dann weiß man oft nicht, was den entscheidenden Effekt hatte.


Wo und wie kann die Digitalisierung die Umweltwirkung des Ackerbaus verbessern?


Horsch: Digitalisierung ermöglicht auch Transparenz. Vernetzte Landwirte können sofort Auskunft geben, wie viel und welche Dünger und Pflanzenschutzmittel sie eingesetzt haben, wie rückstandsfrei ihre Produkte sind. Sie können nachhalten, dass Sie sich an die Regeln gehalten haben. Und sie können sagen, wie viel CO2 sie emittiert und wie viel sie davon wieder aus der Luft gebunden haben.


von Pentz: Die zunehmenden Forderungen nach mehr Nachvollziehbarkeit, mehr Nachhaltigkeit und einer besseren CO2-Bilanz werden die Digitalisierung vorantreiben. Ein NIR-Sensor kann organischen Dünger zum Beispiel vom Abfallstoff zum Wertstoff machen. Wenn Sie dadurch Handelsdünger einsparen, entlastet das die CO2-Bilanz. Wir hätten heute sicher keine Glyphosat-Diskussion, wenn wir mit hoher Präzision das Mittel gezielt auf einzelne Unkrautpflanzen bringen könnten. Beim selektiven Pflanzenschutz (See-and-Spray) reichen dann 5% der Herbizid-Aufwandmengen im Vergleich zur breitflächigen Anwendung.


Horsch: Die Digitalisierung bietet auch die Chance, verlorenes Verbrauchervertrauen zurückzugewinnen. Gegenwärtig befinden wir uns in einer Abwärtsspirale. Der Verbraucher traut den Landwirten nicht mehr. In der Folge erlässt die Politik immer schärfere Verordnungen. Die meisten Landwirte setzen diese um. Trotzdem gibt es graue und schwarze Schafe, die die Politik veranlasst, die Regeln weiter zu verschärfen. Das ist ein Teufelskreis, den wir durchbrechen müssen.


Viele Praktiker haben Bedenken, dabei zum gläsernen Landwirt zu werden. Insbesondere wenn der Staat auf die Idee käme, in diese Daten zu schauen. Ist das eine berechtigte Sorge?


von Pentz: Die Gefahr besteht. Allerdings kontrolliert der Staat so oder so. Das muss er auch. Trotzdem darf es hier keinen Automatismus geben. Auch die einzelnen Landwirte haben einen Anspruch auf Datenschutz. Am Ende zählt der Nutzen. Wenn der Betrieb durch die Digitalisierung wirtschaftlicher wird und die Branche über mehr Transparenz das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnt, hat die Digitalisierung viel erreicht.


Horsch: Das sehe ich genauso. Wir sind in einer Situation, dass immer mehr Bürger und Verbraucher die heutige Landwirtschaft nicht mehr akzeptieren. Da müssen wir gegensteuern. Die Digitalisierung kann uns dabei helfen.


Meine Herren, herzlichen Dank für das Gespräch!


Meine Herren, herzlichen Dank für das Gespräch!


Das Gespräch führten die top agrar-Redakteure Guido Höner und Dr. Ludger Schulze Pals


guido.hoener@topagrar.com

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