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Drilltechnik: Körner fallen lassen oder pusten?

Vor- und Nacheile der mechanischen und pneumatischen Sämaschinen.

Lesezeit: 10 Minuten

In der 3 m-Klasse können Sie zwischen mechanischen und pneumatischen Sämaschinen wählen. Wir haben mit Experten über Vor- und Nachteile der beiden Systeme diskutiert.


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Vor dieser Frage steht der Käufer einer neuen 3 m-Drillmaschine zwangsläufig: mechanisch oder pneumatisch? Denn fast alle Firmen haben neben den mechanischen Klassikern auch Maschinen mit pneumatischem Säsystem im Programm. Bei den breiten Maschinen hat sich die Pneumatik längst durchgesetzt. Doch weit mehr als die Hälfte der Neugeräte in der 3 m-Klasse dosieren das Saatgut weiter mechanisch. Liegt das nur am Preis oder punktet die klassische Drille auch in anderen Bereichen?


Um die Vor- und Nachteile der Konzepte neutral zu bewerten, haben wir Spezialisten von einigen Herstellern, die beide Maschinen im Programm haben, zur Expertenrunde eingeladen: Amazone, Kuhn, Lemken und Rabe.


Mechanische Drillen gibt es entweder als klassische Kasten-Drillmaschine mit seitlichen Rädern oder als aufgebaute Varianten, z.B. auf der Kreiseleggenwalze. Bei den aktuellen Verkaufszahlen machen die aufgebauten Maschinen mittlerweile geschätzte drei Viertel aus. Pneumatische Maschinen sind immer aufgebaut unterwegs.


Anbaudrillen mit Rädern lassen sich einfach auch solo fahren. Bei aufgebauten Drillen ist der Soloeinsatz generell umständlicher – egal ob pneumatisch oder mechanisch. Es gibt zwar Adapterrahmen – das Ganze bleibt aber ein Kompromiss. Wer unbedingt solo drillen will, sollte sich für eine mechanische Anbausämaschine entscheiden.


Viele Firmen bieten mittlerweile aufwendigere Schartypen auch für mechanische Drillen an. Früher waren die „guten“ Schare, z.B. Doppelscheiben- Schare, oft den pneumatischen Maschinen vorbehalten. In Grenzen gilt das für einige Typen aus vertrieblichen Gründen auch heute. Auf der anderen Seite: Wer es besonders günstig und einfach mag, kann seine mechanische Maschine immer noch mit Schleppscharen ausstatten – bei allen Nachteilen in puncto Verstopfungsgefahr und Ablagetiefe.


Bei mechanischen Drillen ist der Scharschritt etwas eingeschränkt, weil die Schwerkraft die Körner durchs Särohr fördert und die Dosierung möglichst steil über dem Auslass sitzen sollte. Aus dem gleichen Grund kann der Tank für einen günstigeren Schwerpunkt auch nicht unendlich weit Richtung Schlepper positioniert werden. Beim pneumatischen Saattransport haben die Konstrukteure etwas mehr Freiheiten für eine aufgelöste Bauweise.


Das Dosiersystem


Mechanisch:

Für jede Saatreihe gibt es ein Särad mit Nocken, die gewendelt bzw. schneckenförmig angeordnet sind, um „schubfrei“ zu dosieren. Daneben sitzen jeweils Feinsäräder, die sich per Schieber, Stift oder Schlüssel in 10 bis 15 Minuten aktivieren lassen. Für grobe Saaten, wie z.B. Bohnen, ab etwa 70 g TKG muss man bei einigen Herstellern die Standardwelle gegen eine mit Schaufelsärädern tauschen. Das ist meist in rund 30 Minuten erledigt, Kostenpunkt 350 bis 500 €.


Kuhn setzt auf gewendelte Zellenräder, deren Öffnungsweite sich verstellen lässt. Damit lassen sich die Räder schnell zwischen Grob- und Feinsaat umstellen.


Weitere Einstellungen sind an Schiebern, Bodenklappen und der Rührwelle nötig. Über die Schieber lässt sich zum Bohnendrillen einfach jede zweite Reihe abschalten.


Die Querverteilung ist durch die Einzeldosierung oft besser als bei pneumatischen Drillen (keine Zufallsverteilung wie im Luftstrom). Dafür bleibt bei geringer Saatstärke wie beim Raps zwangsläufig eine größere Restmenge übrig.


Bei geraden Fahrgassen-Rhythmen (z.B. 12, 18, 24 m) muss man mit halber Arbeitsbreite starten. Praktisch ist deshalb eine halbseitige Abschaltung der Säwelle, z.B. per Fingerkupplung. Bei den meisten Drillen muss man allerdings die einzelnen Schieber schließen – was aber auch kein echtes Problem ist.


Pneumatisch:

Die meisten 3 m-Maschinen arbeiten mit einer einzelnen zentralen Dosierung – dann ist oft das halbseitige Abschalten nicht möglich. Bei einigen Maschinen mit dem Verteiler auf dem Deckel lässt sich aber das Saatgut beim Abschalten der halben Breite in den Behälter zurückführen. Aufwendigere Maschinen haben auch getrennte Einheiten für je 1,50 m Breite, die sich dann auch abschalten lassen.


Bei Schubzellenrädern lässt sich das Volumen variieren (Kuhn, Kverneland). Bei geringen Saatmengen drehen diese Zellenräder besser schneller mit kleinem Volumen, damit das Saatgut gleichmäßig und nicht in Schüben zum Verteiler gelangt. Oder es gibt mehrere, unterschiedlich große und versetzte Zellenräder auf einer Welle, die sich koppeln und entkoppeln lassen (Lemken). Eine ganze Reihe von Firmen tauscht gleich den kompletten Dosierkern passend zum „Kaliber“ des Saatguts (Amazone, Horsch). Neben der Serienausstattung für gängige Früchte gibt es dann auch Kerne für „exotisches“ Saatgut, die man zusätzlich bestellen muss. Alle pneumatischen Lösungen lassen sich schneller auf große Saat umstellen als die meisten mechanischen Drillen. Durch die zentrale Dosierung bleiben z.B. bei Raps nur geringe Restmengen übrig.


Der Antrieb


Mechanisch:

Der Antrieb läuft über die Reifen oder ein Spornrad. Und das möglichst innerhalb der Arbeitsbreite, sonst kommt es zu Abweichungen, wenn das Rad einmal auf gepflügtem und bei der Rückfahrt auf bearbeitetem Boden rollt.


Standard sind stufenlose Getriebe. Der mechanische Antrieb bedeutet auch eine manuelle Abdrehprobe. Damit man sich dabei nicht so schnell verzählt, gibt es bei komfortableren Maschinen mit Bordrechner oder Isobus auch elektronische Hilfe: Entweder piept das Terminal oder es zählt mit. Dann dreht man so lange, bis z.B. die Wanne voll ist, gibt das Gewicht ein, und der Bordrechner schlägt die korrekte Getriebeeinstellung vor.


Nachteil von mechanischem Antrieb und Getriebe: Die Saatmenge lässt sich während der Arbeit nur begrenzt – meist hydraulisch – verstellen. Ein Drillen nach Applikationskarten ist dann nicht möglich. Unter anderem Amazone oder Kuhn bieten neben der hydraulischen Verstellung auch eine elektrische Lösung an. Mit dieser Variante ist dann auch das Drillen nach Karte möglich.


Lemken bietet derzeit als Einziger optional einen elektrischen Antrieb für die mechanische Drille Saphir – zu einem Aufpreis von 4000 €. Die so ausgestattete Maschine dreht sich dann auch selbstständig ab.


Pneumatisch:

Einsteigermaschinen haben einen mechanischen Antrieb. Doch die meisten pneumatischen Drillen dosieren mit Elektromotoren, nur wenige arbeiten mit hydraulischen Antrieben. Das Geschwindigkeitssignal kommt aus unterschiedlichen Quellen: Impulsrad (geringer Schlupf möglich), Radar (schlupffrei, aber teils zusätzlicher Sensor am Oberlenker für Arbeitsposition nötig), DIN-Steckdose Schlepper (messen an angetriebener Achse, also deutlicher Schlupf möglich), GPS-Signal (selten, Gefahr von Abschattungen). Der E-Motor macht das automatische Abdrehen, die ±-Schaltung und das Drillen nach Applikationskarte möglich. Praktisch sind Steuerungen, bei denen sich der Abdrehprozess per Taste oder über ein weiteres, kleines Terminal direkt hinten an der Maschine starten lässt. Die Gebläse arbeiten zunehmend hydraulisch, ihr Ölbedarf liegt bei ca. 20 bis 35 l/min. Bei Traktoren mit einer Verstellpumpe sollte das Gebläse immer in den Hydraulikanschluss mit Priorität eingestöpselt sein, dann kommt es nicht von Touren, wenn andere Hydraulikfunktionen aktiv sind. Für Konstantstrom-Systeme gibt es spezielle Stromregelventile, um die Drehzahl zu verstellen. Lösungen mit einer Bordhydraulik hängen am Zapfwellendurchtrieb der Kreiselegge.


Das Luftvolumen ist wichtiger als der Druck! Die Luft muss die Körner in der Schwebe halten und den Verteiler hinter dem Wellrohr optimal beschicken. Die Passage durchs Wellrohr soll die Körner gleichmäßig im Luftstrom verteilen. Der Verteilerkopf teilt das Luft-Korn-Gemisch auf die Schläuche auf. Damit diese Zufallsverteilung möglichst gleichmäßig ausfällt, muss neben der aerodynamischen Form des Verteilers auch die Luftmenge passen. Die Drehzahl oder eine Regelklappe stimmen die Luftmenge auf TKG und Saatmenge ab. Säen am Seitenhang verschlechtert die Querverteilung.


Die Fahrgassenschaltung


Mechanisch:

Bei mechanischen Drillen gibt es auch sehr einfache und günstige Fahrgassenschaltungen für Einsteiger. Gängige Lösung ist eine Vorgelegewelle, die sich meist per Magnetkupplung an- und abschalten lässt. Die Säräder der Fahrgassenreihen können sich frei auf der Hauptwelle drehen, sie werden von der Vorgelegewelle angetrieben. Zum Anlegen der Gassen stoppt diese Welle. Gängig ist die Ausstattung mit 2 x 2 oder 2 x 3 Reihen. Das System lässt sich aber über zusätzliche Zahnräder auf der Fahrgassenwelle oder das Verschieben der Zahnräder auf unterschiedliche Gassenbreiten bzw. Spurweiten einstellen. Kuhn arbeitet mit einer Schlingfederkupplung in den abschaltbaren Elementen. Auch hier lassen sich die Spurbreite oder/und die Zahl der Reihen ändern.


Weil zum Anlegen der Gassen die entsprechenden Säräder stoppen, passt sich die Menge „automatisch“ an. Die Gassen haben also keinen Einfluss auf die Querverteilung und Aussaatmenge.


Pneumatisch:

Hier sind die Fahrgassenschaltungen deutlich anspruchsvoller und wirken sich teils negativ auf die Querverteilung aus. Generell gibt es zwei Lösungen: Entweder verschließen Klappen die Abgänge der Gassen-Reihen direkt am Verteilerkopf. Hier wird die Querverteilung negativ beeinflusst, weil die symmetrische Aufteilung im Verteiler nicht mehr gegeben ist. Außerdem verteilt sich die Saatmenge der abgeschalteten Reihen auf die offenen Abgänge. Deshalb sollte das Dosierrad entsprechend langsamer laufen – was nicht bei allen der Fall ist. Bei der zweiten Lösung leiten Dreiwegeklappen in den Saatleitungen das Saatgut aus den Gassen-Reihen zurück in den Tank. Dazu ist teils mehr Luft nötig und Abrieb/Staub kann sich im Tank sammeln. Allerdings bleibt auch der negative Einfluss auf die Querverteilung aus.


Generell sollten alle Schläuche zu den Scharen wegen des Luftwiderstands möglichst gleich lang sein. Das ist konstruktiv anspruchsvoll und erschwert teils den Umbau auf andere Fahrgassen- oder Spurbreiten.


Bei einer neuen Lösung verschieben sich zum Anlegen der Gassen sogenannte Kartuschen im Verteiler, in denen die Abgänge jeweils symmetrisch angeordnet sind (Lemken). Bei Rabe ist in jedem Abgang am Verteiler ein kleiner Hebel integriert. Damit lassen sich Reihenzahl und Fahrgassenweite ändern.


Für beide Drillsysteme – mechanisch und pneumatisch – gibt es übrigens eine Stotterschaltung: Damit lassen sich die Gassen jeweils am Hang unterbrechen, um keine Erosionsrinnen zu schaffen.


Der Saatbehälter


Mechanisch:

Ein fast über die komplette Arbeitsbreite gezogener Blechkasten, ab 400 l Fassungsvermögen in der Einsteigerklasse. Je nach Typ lässt sich der Tank bis 1200 l aufstocken. So passt gerade ein Big-Bag rein – dessen Inhalt man dann aber von Hand über die Breite der Maschine verteilen muss.


Bei den meisten Maschinen ist die Ladekante niedrig. Ein Laufsteg erleichtert das Befüllen per Sack, vor allem, wenn man seitlich an den Saatwagen heranfährt. Trennbleche und am besten ein zweiter Anzeiger für den Füllstand sind am Hang sehr sinnvoll. Für kleinere Saatmengen (Raps) gibt es Einlegebleche oder Kunststoffteile, um das minimal notwendige Einfüllvolumen zu reduzieren. Praktisch sind Lösungen, die sich ein- und ausklappen lassen.


Wenn das Volumen der Abdrehschalen nicht reicht, ist die Restentleerung nicht sehr komfortabel. Meist kann man große Mengen dann nur auf den (sauberen) Boden laufen lassen. Die klassischen Anbaudrillen bieten dafür eine bessere Sicht nach hinten.


Pneumatisch:

Fast alle Maschinen haben einen trichterförmigen Tank, der sich recht einfach reinigen lässt. Das Volumen reicht in der 3 m-Klasse wegen der günstigeren Schwerpunktlage bis zu 2000 l. Das Volumen passt ideal zur Saatgutkette mit Big-Bags. Doch komplett gefüllt darf man damit natürlich nicht auf die Straße.


Die Ladekante ist immer hoch – einen absenkbaren Behälter wie früher bei Kuhn bzw. Rauch gibt es heute nicht mehr. Das Einfüllen gesackter Ware ist deshalb oft mit einer Klettertour verbunden. Durch die eher quadratische Öffnung lassen sich die meisten pneumatischen Drillen einfacher per Frontlader befüllen. Weil der Schwerpunkt oft weit vorne liegt, braucht man beim Laden von hinten mehr Reichweite.


Falls der Tank einen Schieber hat, lassen sich Reste einfacher entleeren, z.B. durch einen Schlauch in einen Sack oder die Frontladerschaufel.


Die Preise


Zum Abschluss der Expertenrunde haben wir alle Teilnehmer um jeweils ein Angebot für eine mechanische und eine pneumatische 3 m-Aufbaumaschine in folgender professioneller Ausstattung gebeten:


  • 12,5 cm Reihenabstand
  • Fahrgassenschaltung 2 x 3 Reihen
  • Spurreißer, Vorauflaufmarkierung
  • Einfachster Bordrechner
  • 1000 l Behältervolumen
  • Scheibenschar
  • Striegel in einfachster Ausführung


In dieser Ausstattung lagen die Listenpreise der verschiedenen Firmen jeweils kaum mehr als 1000 € auseinander. Der durchschnittliche Preis für eine mechanische, professionelle Drillmaschine in dieser Ausstattung liegt bei 18900 € (alle Preise im Text o. MwSt., je ohne Kreiselegge). Im Vergleich dazu kostet die pneumatische Maschine durchschnittlich 23500 €, also 4600 € bzw. knapp ein Viertel mehr. Jeder Betriebsleiter muss sich da selbst die Frage stellen, ob der höhere Komfort diese Preisdifferenz rechtfertigt.Guido Höner

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