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topplus Beregnung

Mit Selbstfahrer und Handysteuerung

Lesezeit: 9 Minuten

Sandige Böden und viel Wind: Wir haben uns angesehen, wie ein dänischer Landwirt die intensive Beregnung von Futterflächen und Kartoffeln organisiert.


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In der Saison bekommt Ralf Sanderink regelmäßig SMS auf sein Handy – von den Pumpen seiner Beregnungsmaschinen. Der 52-jährige Landwirt stammt aus Deutschland und bewirtschaftet seit 1987 einen Milchviehbetrieb im dänischen Ribe. Auf dem Acker wächst das Futter für die 1200 Kopf Rindvieh des Betriebes. Außerdem baut der Praktiker auf 65 ha Industriekartoffeln an.


Rund 400 ha seiner Flächen kann Ralf Sanderink beregnen. Die Schläge liegen arrondiert rund um den Hof. 90 ha davon sind gepachtet. Auf dieser Fläche beregnet der Praktiker faktisch alle Kulturen – vom Getreide und Feldfutter über den Mais bis zu den Kartoffeln. Auch in Dänemark war es 2018 und 2019 sehr trocken. Durch das gezielte Bewässern konnte Ralf Sanderink die Erträge aber stabil halten. Er ist davon überzeugt, dass in seiner Region der Kartoffelanbau ohne Beregnung kaum oder nur mit großen Ertragseinbußen möglich wäre.


Der Landwirt hat insgesamt 15 Beregnungsmaschinen im Einsatz. Dabei handelt es sich um selbstfahrende Anlagen, die in der Region sehr verbreitet sind. Bereits bei der Übernahme des Betriebes gab es diesen Maschinentyp und der Praktiker ist aus Überzeugung dem System treu geblieben.


Sandige Böden und viel Wind


Die überwiegend leichten Sandböden hier an der Westküste können rund 60 mm Wasser speichern. In den letzten beiden warmen Sommern mit teils über 30°C und stetigem (Ost-)Wind rechnete der Landwirt mit einem „Wasserverlust“ von 5 bis 6 mm pro Tag. Bei der Planung der Beregnungsmaßnahmen verlässt er sich auf seine langjährige Erfahrung. Computerprogramme oder elektronische Messtechnik setzt er bisher bei der Beregnung nicht ein. Der Grundwasserstand ist mit 2 bis 3 m relativ hoch. Es sei immer genug Wasser für die Beregnungsanlagen vorhanden, sagt Ralf Sanderink. Die Wasserentnahmemenge ist durch eine Quote begrenzt. Für die meisten Flächen darf der Betrieb 150 mm entnehmen. Bis vor einigen Jahren lag die Quote noch bei 100 mm. Doch nach einem sehr trockenen Sommer vor fünf oder sechs Jahren hatte sich der Landwirt um eine Erhöhung auf den heutigen Wert bemüht. Das war bei den Behörden ohne größere Probleme möglich. Der Betrieb muss keine Gebühr für das entnommene Wasser bezahlen.


Über die 400 ha Beregnungsfläche verteilen sich mittlerweile 15 Bohrlöcher. Die Bohrungen sind 30 m tief und haben einen Durchmesser von 20 bis 25 cm. An vier Stellen pumpen oberirdische Kreiselpumpen das Beregnungswasser zu den Anlagen. Aber die meisten Brunnen hat der Landwirt mittlerweile mit modernen Tauchpumpen ausgestattet, die 15 bis 20 kW Antriebsleistung haben.


Pumpen regelmäßig reinigen


Die Tauchpumpen können auch im Winter im Bohrloch bleiben, es gibt keine Probleme mit Frost. Die Wasserförderung ist sicherer, weil die Pumpen das Wasser nicht ansaugen müssen. Allerdings hat Sanderink festgestellt, dass sich mit der Zeit der reichlich vorhandene Ocker in den Pumpen festsetzen kann. Der eisenhaltige Stoff war in den letzten Jahren die Ursache für Defekte von zwei Pumpen. Deshalb reinigt der Betrieb die Tauchpumpen regelmäßig.


Alle Pumpen im System arbeiten elektrisch. Jedes Bohrloch hat einen eigenen Stromanschluss und die elektrischen Antriebe lassen sich deutlich einfacher steuern als z.B. Dieselpumpen.


Jede Pumpe versorgt einen Beregnungsschlag über ein separates Hydrantennetz. Landwirt Ralf Sanderink ist davon überzeugt, dass der dezentrale Aufbau weniger anfällig für Störungen ist, als wenn alle Bohrlöcher und Pumpen das Wasser in ein großes Netz speisen würden. Außerdem stehen bei Ralf Sanderinks Netz die Leitungen nach dem Abschalten nicht unter Druck.


Am Feld haben die Hydranten einen Abstand von 60 m. Durch die Wurfweite der Kanone von je 35 bis 40 m (zu beiden Seiten) und 30 m Arbeitsbreite der Spritze fährt die Beregnungsanlage so durch jede zweite Fahrgasse. Im Mais schaltet der Landwirt die Reihen der Einzelkorndrille in den Beregnungsgassen ab. Denn die Stängel höherer Bestände könnten die Steuerung der Anlage später stören. Außerdem hat er auch einen psychologischen Grund für die freien Gassen ausgemacht: Er startet heute mit der Beregnung, bevor der Mais Trockenstress bekommt. „Früher haben wir teils zu lange gewartet, weil man einfach ungern die Anlage durch einen hohen Bestand zieht und dabei viele Pflanzen platt fährt.“


Begrünte Gassen im Mais


Weil der Landwirt grundsätzlich beim Einsatz der Reihenhacke Grasuntersaaten ausbringt, sind auch die Beregnungsgassen begrünt. Den Ertragsverlust durch die Gassen alle 60 m schätzt er sehr gering ein. Vor allem auch weil sich die Pflanzen im Randbereich besonders gut entwickeln und damit vieles kompensieren.


Die Leitungen zu den Hydranten hat der Betrieb in Eigenleistung verlegt. Dabei setzen die Dänen auf PE-Druckrohre. Bei den älteren Anlagen haben die Leitungen 110 mm Durchmesser. Seit einigen Jahren verwendet Ralf Sanderink aber lieber Rohre mit 160 mm Durchmesser. Die Druckverluste in den größeren Rohren sind deutlich geringer, was sich vor allem bei längeren Leitungswegen auszahlt. Das Wasser verlässt die Pumpe mit 7 bis 9 bar Druck. An der Düse der Beregnungsanlage kommen dann noch 3,5 bis 4 bar an. Die Förderleistung liegt im Schnitt bei 40 m³ pro Stunde.


Fast alle Pumpen kann der Landwirt per SMS schalten. Dazu ist in die Steuerung der Anlagen ein GSM-Modul integriert. Das Schalten der Anlagen ist einfach: Im Adressbuch seines Handys hat der Praktiker die Telefonnummern der Pumpen mit Klarnamen für den Schlag abgespeichert. In der Steuerung kann man hinterlegen, bei welchem SMS-Text bzw. Buchstaben die Pumpe startet, und bei welchem sie stoppen soll. Wenn die Anlage die Fläche fertig beregnet hat, erhält der Landwirt ebenfalls eine SMS.


Die Hydrantenleitung hat zwei Drucksensoren, die bei Überdruck oder plötzlichem Druckabfall (z.B. bei einem Rohrbruch) Alarm schlagen. Den Schaltwert für den Druckabfall nutzen auch die Beregnungsanlagen: Wenn sie den Endanschlag erreichen, öffnet sich ein großer Schieber, das Wasser entweicht, die Pumpe stellt sich ab und versendet eine SMS. Insgesamt setzt der dänische Landwirt 15 selbstfahrende Anlagen ein. Die Anlagen haben ein Chassis mit einer gelenkten Vorderachse und einer AS-bereiften, angetriebenen Hinterachse. Die Schlauchtrommel und die Kanone sind direkt auf dem Chassis montiert. Das ankommende Wasser treibt eine Turbine an. Diese gibt die Leistung an ein Getriebe ab, das zum einen für den Achsantrieb sorgt und auch die Schlauchtrommel dreht.


Gesteuerte Wassermenge


Die Wasserabgabe lässt sich über die Getriebeeinstellung und den Durchfluss der Turbine regeln. Der Bordcomputer überwacht die Geschwindigkeit und ermöglicht das Vor- und Nachberegnen am Anfang und Ende des Feldes. Dazu regelt er den Durchfluss der Turbine.


Ein wichtiges Argument für diese Art der Anlage ist der geringe Aufwand beim Umsetzen. Dazu hat der Landwirt im Heckkraftheber des Traktors eine Traverse montiert. Damit hebt er die Hinterachse hoch und fährt zum nächsten Einsatzort. Die Anlage rollt dann quasi rückwärts auf den Vorderrädern.


Am nächsten Hydranten angekommen, schlägt der Landwirt einen Erdanker in den Boden und schließt den Schlauch an das Wassernetz an. Jetzt löst er die Bremse der Schlauchtrommel und fährt zum anderen Feldende, während sich der Schlauch abrollt. Dabei kann er auch Kurven fahren. Denn beim Einsatz führt sich die Anlage selbst über eine Tastrolle und die gelenkten Vorderräder am Schlauch entlang. Sobald die Tastrolle den Endanschlag erreicht hat, öffnet sich das Ventil und das System schaltet sich ab. Genau so reagiert die Anlage übrigens auch, sollte sie sich einmal festfahren, also nicht von der Stelle kommen.


Wenn alles klappt wie es soll, schafft es Ralf Sanderink, die Anlage in 20 bis 30 Minuten umzustellen. In der Saison teilt er sich die Arbeit mit einem Mitarbeiter. Vor allem in den heißen Phasen der letzten beiden Jahre liefen die Anlagen teils ununterbrochen. Je nach Feldlänge und Regengabe dauert eine Überfahrt der Anlage zwischen einem und anderthalb Tagen. Im Schnitt beregnet der dänische Landwirt rund 30 mm pro Einsatz. Die Kartoffeln erhalten teils auch geringere Mengen (20 bis 25 mm) und werden dafür häufiger beregnet.


Bis zu 650 m Reichweite


Der Landwirt setzt die Maschinen in unterschiedlichen Größen ein – je nach Schlaglängen. In der Saison bleiben sie meist an einem Feldblock stationiert. Die Größen der Maschinen richten sich nach der Schlauchlänge. Der Betrieb hat Typen mit 400, 450, 550 und 650 m Reichweite im Einsatz. Die großen Anlagen haben einen Schlauch mit 125 mm Durchmesser, die anderen mit 110 mm.


Den Preis für einen neuen Selbstfahrer mit 500 m Schlauchleitung gibt Ralf Sanderink mit 30000 € an (o. MwSt.). Wichtig ist dem Landwirt die Wartung der Maschinen nach Abschluss der Saison, das erledigt er meist selbst. Jede Maschine passiert die Werkstatt und wird gründlich durchgesehen und winterfest gemacht.


Wichtig ist dem Praktiker, dass alle Lager, Ketten und Antriebe mit reichlich Fett versorgt sind, damit kein Wasser eindringt. Die Strategie geht auf: Einige Anlagen sind bereits über 20 Jahre alt.


Unter dem Strich erhielten in den letzten beiden Trockenjahren die Kartoffeln einmal pro Woche frisches Wasser, das Getreide etwa alle zehn Tage. Den Mais hat der Landwirt drei Mal beregnet. Weil die Stromkosten für die Beregnung komplett von Steuern befreit sind, zahlt Ralf Sanderink netto 10 Eurocent pro kWh. Pro Maschine macht das nach seinen Erfahrungen rund 40 € pro Tag Stromkosten.


Die Gesamtkosten für die Beregnung erfasst der Betrieb übrigens nicht separat. Der dänische Landwirt gibt sich pragmatisch: „Das ist bei uns nicht so im Fokus. Ich hätte ohnehin keine Alternative bei den Böden und dem Wind.“


guido.hoener@topagrar.com


Dieser Beitrag stammt aus dem neuen top agrar-Ratgeber Beregnung. Der Ratgeber hat 84 Seiten und kostet für top agrar-Abonnenten 25 € (shop.topagrar.com)


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