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Schleppen oder Schlitzen?

Lesezeit: 8 Minuten

Bodennah ist klar. Jetzt stellt sich die Frage, ob man das Gras mit dem Schleppschuh oder besser mit einem Schlitzgerät zum Wachsen bringt. Wir haben beide Systeme für die gezielte Gülledüngung untersucht.


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Das Wort „Düngeverordnung“ gehört zu den meistgeschriebenen und -diskutierten der letzten Zeit. Inzwischen sind die Würfel gefallen. Jetzt geht es um die Umsetzung. Zumindest bei der Ausbringung sollte jeder Betrieb wissen, was künftig auf ihn zukommt: Die Gülle muss auf oder in den Boden!


Nach den Ackerinjektoren im letzten Jahr (top agrar 4/2016) geht es nun um die effiziente Gülledüngung auf dem Grünland. Schleppschuh oder Schlitzgerät – welches System ist besser? Als Nullvariante haben wir diese beiden Geräte mit dem Prallteller verglichen.


Das Auslaufmodell:

Die Emissionen bei der Breitverteilung sind ihr großer Hemmschuh. Beim Ausbringen mit dem Prallteller wird Ammoniak freigesetzt – Stickstoff, der den Gräsern später nicht mehr zur Verfügung steht, aber in die Bilanz eingeht. Diesen Verlust mineralisch auszugleichen, ist künftig nur noch eingeschränkt möglich. Deshalb wird die Breitverteilung auf bewachsenem Boden verboten. Das Positive: Die bodennahen Alternati-ven bringen Ertrag – das ist nicht neu, wir konnten es in unseren Feldversuchen aber wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis stellen.


In den letzten Jahren hat sich auf Grünland vor allem der Schleppschuh durchgesetzt. Diese Verteiler legen die Gülle unterhalb der Stängel und Blätter direkt auf dem Boden ab. 12 bis 15 m Arbeitsbreite sind mittlerweile Standard, Profi-Gestänge erreichen heute sogar bis zu 30 m. Demgegenüber stehen Schlitzgeräte. Schneidscheiben öffnen den Boden und bringen die Gülle direkt in die Schlitze. Scheibenschlitzgeräte sind schwerer und teurer, ihre Arbeitsbreite bleibt unter 12 m. Was ist effektiver?


Bodennah:

Wie bei all unseren Systemvergleichen bedienten wir uns bei beiden Geräten desselben Herstellers. Die bodennahen Verteiler haben wir hinter einem 14,5 m3 großen Tandem-Güllewagen mit Verdrängerpumpe von Joskin eingesetzt:


  • Schleppschuh „Pendislide“ mit 15 m Arbeitsbreite
  • Scheibenschlitzgerät „Solodisc“ mit 6 m Breite.


Für beide Geräte ist bei Joskin ein 4-Punkt-Hubwerk am Güllefass Voraussetzung.


Der nach unten strahlende, also derzeit noch erlaubte Prallteller mit 12 m Streubreite für die Nullvariante stammte von unserem Testbetrieb in der Wesermarsch, Niedersachsen. Das Güllefass für die Breitverteilung hatte das gleiche Volumen, die gleiche Bereifung und ebenfalls eine Verdrängerpumpe. Auch bei diesem Vergleich lassen sich die Ergebnisse unseres Feldversuchs natürlich auf ähnliche Systeme anderer Hersteller übertragen.


Die Versuchsanlage:

Der zweite Schnitt räumte auf unserem Betrieb im letzten Jahr erst im Juli. Das Schnittbild unserer Testfläche war sehr sauber, das Gras begann nach der Ernte schnell und gleichmäßig wieder auszutreiben. Sechs Tage nach dem Schnitt konnten wir dann 15 m3/ha Gärsubstrat (7,8% TS, Gesamt-N: 6,2 kg/m3, NH4-N: 3,5 kg/m3) mit allen drei Verfahren zeitgleich in das etwa 12 bis 14 cm hohe Gras ausbringen. Dazu teilten wir die homogene Dauergrünlandfläche (Deutsches Weidelgras, Wiesen-Liesch-gras, Wiesen-Rispe, Weißklee) in gleich große Parzellen auf. Auf eine mineralische Ergänzungsdüngung haben wir komplett verzichtet.


Das Wetter am Tag der Düngung war mit 24°C und heiter bis wolkigen acht Sonnenstunden erwartungsgemäß nicht ideal für den Prallteller. Ammoniakverluste lassen sich zu dieser Jahreszeit halt nicht vermeiden. Die beiden bodennahen Techniken sind hier klar im Vorteil – deswegen sollten sie die gute fachliche Praxis sein! Außerdem mussten wir mit dem Prallteller zur Feldgrenze einen größeren Abstand einhalten, mit Schleppschuh und Schlitzgerät konnten wir bis auf einen Meter an die Grenze arbeiten. Diese Randeffekte haben wir bei der Ertragserfassung aber ausgeblendet und nur aus dem Vollen geerntet. Zwei Tage nach der Gülleapplikation gab es den ersten Regen. Das reichte aber nicht, um die Pralltellerparzelle „zu waschen“. Die Gräser blieben stark verschmutzt und haben – ähnlich wie eine verschmutzte Photovoltaikanlage – weniger Sonnenlicht aufgenommen und dementsprechend weniger Energie produziert. Erst nach zwei Wochen mit regelmäßigen Regenschauern hatten wir erstmals den Eindruck, dass sich das Gras erholt und Wachstum einsetzt.


Streifen steigern Ertrag:

Sechs Wochen und 102 Liter Regen später konnten wir unsere Mähweide ernten. Schon optisch war die Prallteller-Variante unterlegen. Ein satter Aufwuchs bot sich dagegen bei den beiden Parzellen mit bodennaher Ausbringung. Mit dem bloßen Auge waren keine Unterschiede zwischen Schleppschuh und Schlitzgerät zu erkennen. Randbereiche und Vorgewende haben wir vorab geerntet, um anschließend die Frischmasse der jeweiligen Parzellen exakt zu erfassen.


Unsere Vergleichsvariante mit dem Prallteller erreichte einen Ertrag von 23,6 dt TM/ha. Die geschlitzte Parzelle brachte gut 20% mehr Ertrag (28,4 dt TM/ha), sogar noch leicht darüber lag der Schleppschuh mit 29,1 dt TM/ha (plus 23%). Beide bodennahen Ausbringtechniken steigerten den Ertrag also um gut 20% (Übersicht 1). Die Ergebnisse unseres Feldversuchs sind zwar nur für diesen einen Schnitt erfasst, decken sich aber mit den Erfahrungen unseres Testbetriebs, der auf seinen Grünlandflächen schon seit 25 Jahren konsequent auf die bodennahe Ausbringung setzt.


Um diesen großen Unterschied zu verdeutlichen, sei ein theoretisches Rechenbeispiel auf Grundlage unserer Zahlen erlaubt: Legt man den durchschnittlichen Ertragsgewinn durch die bodennahe Ausbringung von 515 kg TM pro Hektar und Schnitt auf insgesamt 40 ha und drei Schnitte um, ergibt sich ein Mehrertrag von fast 62 t TM Grassilage. Bei einer täglichen Grundfutteraufnahme von 8,4 kg TM Gras pro Tag könnte man davon eine Milchkuh ganze 7357 Tage zusätzlich füttern. Oder 20 Kühe für ein Jahr!


Anhand der untersuchten Futterproben ließen sich übrigens keine Qualitätsunterschiede feststellen, die eindeutig auf die Art der Düngung zurückzuführen wären. NEL und nutzbares Rohprotein waren bei allen drei Varianten vergleichbar. Die Nährstoffe der Gülle sind also – je nach Ausbringung – rein in den Ertrag gegangen.


Fahrspuren kosten Ertrag:

Dem Schlitzgerät wird mit 90% die höchste Reduzierung der Ammoniakemission im Vergleich zur Breitverteilung bescheinigt. Der Schleppschuh erreicht in der Theorie nur 70%. Warum konnte das Schlitzgerät dann, wenn es mehr Ammonium-Stickstoff an die Pflanze bringt, nicht den höchsten Ertrag generieren? Dieser Frage sind wir in den Fahrspuren nachgegangen.


Obwohl wir die Gülle bei idealen Bedingungen, also trockenem Boden ausgebracht haben, lag der Ertrag in den Fahrspuren sowohl beim Schleppschuh als auch beim Schlitzgerät etwa 40% niedriger als auf der unbefahrenen Fläche. Die Erklärung: Die gerade austreibenden Gräser reagieren äußerst empfindlich auf Gewicht und Anzahl der Räder, die sie überrollen.


Da das Schlitzgerät mit 6 m deutlich weniger Arbeitsbreite im Vergleich zum 15 m breiten Schleppschuh bot, ist der Fahrspuranteil beim Schlitzen 2,5-mal höher. Die Reifen (750/50 R 30.5) des Testtankers überfahren pro Tour eine 1,5 m breite Fläche. Auf unseren jeweils 60 m breiten Parzellen bedeutete das also einen Fahrspuranteil von 6 m beim Schleppschuh und 15 m beim Schlitzgerät. 25% der gesamten Fläche mussten wir beim Schlitzen also überfahren.


Noch früher Schlitzen!

Den Ertragseinfluss der Fahrspuren beim Scheibenschlitzgerät hätte man allerdings reduzieren können: Man kann deutlich eher nach dem Schnitt loslegen als mit dem Schleppschuhverteiler. Dagegen sind die Schleppschuhe so geformt, dass sie den Pflanzenbestand zur Seite kämmen. Nur dann legen die Gummidüsen hinter den Schuhen die Gülle zuverlässig unterhalb der Stängel und Blätter direkt auf dem Boden ab. Ist das Gras noch zu kurz, ist der Schleppschuh kontraproduktiv, die Gülle liegt wie eine Wurst auf dem jungen Gras.


Mit dem Schlitz umgeht man diese Wartezeit und gewinnt ein paar Tage bei der Düngung. In dieser frühen Phase reagieren die Grasstoppeln deutlich unempfindlicher auf Überfahrten. Auch in den Fahrspuren bekommt das Schlitzgerät die Gülle besser weg. Der Schleppschuh reduziert zwar die Überfahrten, doch in den Fahrspuren liegt ein Nachteil dieses Systems: Die Schuhe legen die Gülle auf das platt gefahrene Gras.


Und die Prozesszeiten? Mit dem Schlitzgerät brauchten wir die 2,5-fache Strecke bei gleicher Ausbringmenge, bis das Fass leer war. Das kostet Zeit und Grasnarbe am Vorgewende. Denn bei 6 m Arbeitsbreite muss man verdammt eng drehen, wenn man Anschluss fahren will. Die Prozesszeiten beim Ausbringen mit dem Schleppschuh sind dagegen nicht höher als beim Fahren mit dem Prallteller. Den Zeitverlust des Gestängeklappens gleicht die größere Arbeitsbreite am Ende wieder aus.


Schlitzen ist teurer:

Der Energieeinsatz ist beim Schlitzen höher. Obwohl wir die Scheiben nur 2 cm tief in den Boden gedrückt haben, musste unser 180 PS-Schlepper schwerer arbeiten, um das volle Fass und das Schlitzgerät auf Touren zu bringen. Vor allem bei geringen Gaben muss man aufgrund der schmaleren Arbeitsbreite sehr schnell fahren oder den Bypass etwas öffnen. Dieser höhere Grundbedarf multipliziert sich dann noch mit unserem Arbeitsbreitenfaktor von 2,5.


Bei der Anschaffung liegt das 6 m breite Scheibenschlitzgerät knapp unter dem 15 m-Schleppschuh. 28340 € stehen bei Joskin für das Solodisc in der Liste, der Pendislide kostet 30460 €. Bezieht man diese Preise auf die Arbeitsbreite, kostet das Schlitzgerät mit 4722 €/m mehr als doppelt so viel wie der Schleppschuh mit 2030 €/m. Hinzu dürfte ein etwas höherer Verschleiß beim Schlitzgerät kommen. Irgendwann sind Scheiben und Lager mal fällig. Schleppschuhe aus Kunststoff – wie beim Pendislide – oder aus Edelstahl sind dagegen fast „unkaputtbar“. Jan-Martin Küper

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