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Lesezeit: 10 Minuten

Moderne Maschinen funken Daten in die Cloud: In einer Gesprächsrunde haben wir Experten von Landtechnikfirmen gefragt, wie die viel diskutierten Telemetrie-Systeme funktionieren. Wo liegen die Chancen und Risiken für die Praxis?


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Irgendwie könnte man sich beobachtet vorkommen: Beim Ackern, Pflegen oder Ernten funken Maschinen Daten und Positionen in die Welt, die irgendwo landen und gespeichert werden. Vor allem die großen Landtechnikkonzerne arbeiten intensiv an Plattformen, die möglichst viele Daten erfassen und alle Betriebsabläufe miteinander vernetzen sollen – zum Wohl der Kunden, wie sie sagen. Doch eben diese Kunden stehen den Entwicklungen kritisch gegenüber. Jedenfalls konnten sich viele Angebote und Plattformen noch nicht durchsetzen. Oft fehlt einem einfach der Überblick, um diese neue Technik einordnen zu können. Deshalb haben wir einige Firmen zu einem Expertengespräch in die Redaktion eingeladen. Spezialisten von CCI, Müller-Elektronik, Claas, Case IH und John Deere nahmen an der Diskussionsrunde teil.


Wichtig war allen Teilnehmern folgende Feststellung: Vor allem die Datenschutz-Grundverordnung setzt der Nutzung der Daten enge Grenzen. „Herr“ über seine Daten bleibt in jedem Fall der Landwirt. Missbrauch ist mit empfindlichen Strafen belegt – und was passieren kann, wenn man schummelt, erleben gerade die Manager der Automobilindustrie.


Verschiedene Ansätze:

Um das Thema richtig zu verstehen, ist die Bedeutung der Begriffe wichtig. Telemetrie bedeutet wörtlich Fernmessung, also die Übertragung von Daten in Echtzeit oder in Paketen. Die Übertragung läuft übers Mobilfunknetz oder künftig auch über neue, spezielle Datenfunk-Netze.


Telemetrie kann in einer Richtung verlaufen (Maschine sendet Daten an einen Server) oder in beiden (Maschine funkt und erhält Daten, z.B. Einstellungen, Aufträge, Ausbringmengen). Während das Senden von Daten seit längerem klappt, ist die Funktion „empfangen“ in der Praxis noch eher selten.


Teils geht es auch um den Begriff Telematik, der sich aus Tele (Fern) und Informatik zusammensetzt. Telemetrie und Telematik lassen sich oft nicht scharf voneinander trennen. Doch bei der Telematik geht es meist um komplexere Anwendungen, wie z.B. umfassende Dokumentation oder Flottenmanagement.


Die Diskussion über das Thema vernachlässigt oft einen weiteren Punkt: Was fange ich mit den erhobenen Daten überhaupt an, welche Schlüsse ziehe ich daraus? In diesem Punkt war sich unsere Expertenrunde einig: Es geht auch künftig nicht ohne das Wissen und das richtige Gefühl des Landwirts. Die neue Technik kann ihn aber unterstützen, bei wachsenden Betriebsgrößen den Überblick zu behalten und ihn so entlasten.


Die Architektur bzw. die technische Umsetzung lösen fast alle Hersteller gleich: Ein Modem auf der Maschine greift auf den CAN-Bus (Kommunikationssystem der Sensoren und „Organe“/Baugruppen der Maschine), das ECU (Motorsteuerung) und auch den Isobus zu. Die Daten werden in unterschiedlichen Zeitintervallen gesammelt und verschickt. Hier setzen die Firmen auf unterschiedliche Strategien. Die Intervalle beginnen bei wenigen Sekunden bis hin zu stündlich oder täglich. Zu den Daten der drei Netzwerke kommen Fehlercodes und Informationen zu den Wartungsintervallen.


Die Datenpakete erreichen über das Mobilfunknetz einen Server. Diese Server gehören teils Dienstleistern, die für die Maschinenhersteller die Daten aufbereiten und an deren Systeme weiterleiten. Knackpunkt ist das oft überlastete oder lückige Mobilfunknetz in Deutschland. Die Firmen versuchen das durch Multi-SIM-Karten, die mehrere Netze abdecken, oder in Grenzgebieten durch multinationale Karten abzudecken. Sollte der Kontakt dennoch abreißen, speichert das System die Daten und verschickt sie später. Interessant ist auch, ob sich die SIM-Karte parallel auch für das mobile RTK, also das Korrektursignal des Lenksystems nutzen lässt. Die Datenmenge der Standard-Telemetrie bewegt sich übrigens im Bereich von 1 bis maximal 5 MB am Tag. Derzeit übernehmen die Firmen oft die Mobilfunkkosten. Sie haben ein großes Interesse daran, ihre Systeme in die Praxis zu bringen. Je nach Ausbaustufe der Telemetrie können allerdings Lizenzkosten anfallen.


Verbessern der Maschinen:

Die Firmen wollen ihre Maschinen ständig verbessern und so wettbewerbsfähig bleiben. Manche Schwächen stellen sich erst nach längerem Einsatz heraus. Je schneller der Hersteller Probleme einer bestimmten Baureihe eingrenzen kann, desto eher lässt sich der Schaden begrenzen. Das ist ganz im Sinne der Kunden.


Bereits seit langem speichern Fahrzeuge die Informationen aus dem CAN-Bus (Temperaturen, Drücke, Drehzahlen, Verbräuche, Einsatzzeiten, Geschwindigkeit, Schaltzustände usw.). Die Daten werden aber nur sichtbar, wenn der Service den Laptop anschließt und dann nur von dieser Maschine. Wenn aber viele oder alle Maschinen einer Reihe die Daten ständig an einen Server funken, lassen sich frühzeitiger Muster dieser Störungen erkennen und die Ursache abschalten. Deshalb statten mehr und mehr Firmen ihre Maschinen serienmäßig mit dieser Telemetrielösung aus. Für den Umgang der Daten gibt es verschiedene Ebenen:


Stufe 0:

Der Eigentümer möchte keinerlei Daten zur Verfügung stellen, auch nicht anonym. Er „zieht“ die SIM-Karte bzw. klemmt das Datenmodem ab. Dazu muss sich in der Betriebsanleitung ein Hinweis finden bzw. der Händler schaltet das System bei Auslieferung auf Wunsch des Kunden ab.


Stufe 1:

Anonyme Nutzung der Daten. Diese Stufe darf der Hersteller auch ohne ausdrückliche Erlaubnis des Kunden nutzen. Voraussetzung ist, dass sich die Daten niemals einer einzelnen, individuellen Maschine bzw. einem Kunden zuordnen lassen: Es dürfen deshalb keine Maschinennummern oder gar GPS-Positionen sichtbar sein.


In der Praxis treffen die Daten in der Cloud ein und werden zunächst von den Angaben zu Typ und Einsatzland getrennt. Erst wenn eine bestimmte Anzahl von Maschinen im Einsatz ist und sich die Daten dann nicht mehr mit einer individuellen Maschine zuordnen lassen, darf auch eine Information über den Typ dazukommen – nicht zur Fahrgestellnummer. Ähnliches gilt beim Land: Information erst, wenn die verkaufte Menge eines Maschinentyps eine Zuordnung nicht mehr möglich macht.


Stufe 2:

Der Kunde gibt die Nutzung der CAN-Bus-Daten frei. Der Hersteller/Händler muss den Kunden genau informieren, welche Daten sichtbar werden und was das bedeutet. Die agronomischen Daten (Erträge, Ausbringmengen, angehängte Geräte), die z.B. über Isobus erfasst werden könnten, sind hier ausgenommen und sollten besonders geschützt sein.


Tritt eine Störung am Traktor auf, kann der Hersteller auch nachträglich auf die Maschinendaten zugreifen. Oft ist das eine Voraussetzung, um das Angebot auch nutzen zu können. Allerdings: Auch ohne Telemetrie liest die Fachwerkstatt den Speicher einer Maschine aus, um Ursachen oder Fehlbedienungen zu erkennen. Der Zugriff auf die Daten per Telemetrie macht hier nicht den Unterschied.


Stufe 3:

Hier stehen auch die agronomischen Daten für Auswertungen zur Verfügung. Dazu können dann sogar genaue Positionsdaten, Ausbringmengen und Mittelnamen gehören.


In den Stufen 2 und 3 entscheidet der Kunde bewusst, wer welche Daten lesen darf. Teils verwaltet er diese Freigaben über das Webportal selbst, er setzt seine Häkchen dann beim Hersteller und/oder Händler. Damit er den Überblick behält, muss das übersichtlich gelöst sein.


Schwierige Interpretation:

Aber was geschieht mit den Daten? Intensiv diskutierten wir mit den Experten, wo künftig der Nutzen für die Kunden liegt. Es kommt eine intelligente Interpretation der Daten an.


Verschiedene Ansätze zur Auswertung sind bereits online, z.B. bei Maschinen: Wie hoch waren Verbrauch und Auslastung? Wie lassen sich beide verbessern? Wie gut sind die Fahrer, gibt es eventuell Schulungsbedarf? Das kann bei größeren Teams durchaus das Arbeitsklima gefährden – welcher Mitarbeiter lässt sich schon gerne so genau und dauernd über die Schulter gucken?


Die nächste Ausbaustufe der Telemetrie ist die Dokumentation kompletter Arbeiten. Eigentlich ist das ja ein Traum: Umständliche Aufzeichnungen ins Notizbuch entfallen, und man muss sich nicht mehr am nächsten Regentag ins Büro setzen, um mühsam alles in eine Schlagkartei zu hacken. Soweit die Theorie. In der Praxis befürchten einige Praktiker, dass es zu Fehlbuchungen kommen könnte, die man später nur schwer korrigieren kann.


Das System wird sich erst durchsetzen, wenn man so wenig wie möglich falsch machen kann. Bei frühen Versionen musste der Fahrer oder der Betriebsleiter zu Beginn der Arbeiten zunächst einen Auftrag (Task) anlegen. Schwierig wurde es, wenn er das vergessen hatte.


Heute gibt es verschiedene Ansätze, diese Klippe zu umschiffen: Das System zeichnet permanent Daten inklusive der Position auf. Später kann man die Feldgrenzen nachträglich eintragen oder aus dem Flächenantrag hinterlegen. Wenn die Daten einmal angelegt sind, erkennt die Maschine direkt, auf welchem Feld sie arbeitet. Intelligente Software kann bestimmte Muster erkennen und dem Fahrer vorschlagen, welche Arbeit gebucht werden soll: Mit 10 km/h im Sommer auf- und abfahren? Stoppelbearbeitung! Im Frühjahr mit 8 km/h in 27 m Abstand fahren und regelmäßig zum Betrieb zurückkehren? Düngen oder Spritzen!


Die aufgezeichneten Daten sollen in der Schlagkartei landen. Basis dafür ist die Funktionalität Task-Controller im Isobus. In der einfachen Stufe erhebt der Task-Controller Summenwerte (Stückzahl, Ausbringmenge, bearbeitete Fläche). In der höheren Stufe Task-Controller geo-based verknüpft er die Summenwerte mit den Positionsangaben – Applikationskarten entstehen. Über ein genormtes Format wie z.B. Iso-XML gelangen die Daten in die Schlagkartei.


Bisher konnte man diese Daten z.B. per USB-Stick „manuell“ in die Schlagkartei übertragen. Die agronomische Telemetrie kann diese Daten quasi in Echtzeit übertragen. Damit hier nichts unbemerkt schief läuft, muss der Betriebsleiter die dokumentierten Arbeiten vor dem endgültigen Speichern in der Schlagkartei am Rechner noch einmal bewusst buchen, also quasi freigeben.


Agronomische Daten sind nicht nur betriebsintern interessant. Sie lassen sich auch weiterschicken oder teilen. Es entwickeln sich Dienstleister, die sich auf die Weiterverarbeitung und Aufbereitung der Daten spezialisiert haben. Wichtig ist der reibungslose Austausch der Daten – unabhängig vom Maschinen- oder Softwareanbieter. Der Datenaustausch kann dann z.B. über eine spezielle Plattform laufen. Das System tauscht Daten aus, ohne sie zu speichern. Der Landwirt entscheidet, wer die Daten erhält oder welche App eines Dienstleisters er nutzen möchte.


Neue Dienstleistungen:

Wie könnte so eine Dienstleistung aussehen? Der Anbieter erhält bspw. Ertragsdaten, Schlaginformationen (Bodenarten) und die digitalisierten Ergebnisse der Bodenproben. Er erstellt daraus z.B. für die Grunddüngung oder Aussaat eine Applikationskarte, die er aufbereitet an den Landwirt zurücksendet. Über die Karte lassen sich dann Düngerstreuer oder Drille steuern.


Die aufbereiteten Daten lassen sich per Telemetrie übertragen. In dieser Stufe sendet die Maschine nicht nur Daten, sie empfängt auch welche mit dem Auftrag mit Informationen über eingesetzte Geräte, Feldgrenzen, Fahrspuren, Mengen, Mittel bis hin zu Applikationskarten mit standortspezifischen Mengen (Variable Rate). Sind mehrere Mitarbeiter im Einsatz, lassen sich so auch komplett Aufträge an sie verschicken, teils kombiniert mit Textnachrichten.


Wenn die Maschine auch Daten empfängt, kann der Service von der Werkstatt aus eingreifen und Fahrten aufs Feld einsparen. Denn manchmal ist nur ein falsch gesetztes Häkchen im Terminal die Ursache eines Fehlers. Über den Display-Fernzugriff – den der Fahrer jedes Mal erlauben muss – kann der Servicetechniker die aktuellen Einstellungen kontrollieren. Die notwendige Änderung muss der Fahrer aber aus Sicherheitsgründen selbst erledigen. Ganz ohne den Menschen sollte es dann doch nicht laufen.Kontakt: guido.hoener@topagrar.com

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