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Schlepper: Die Kompakten kommen!

Lesezeit: 9 Minuten

Die nächste Abgasstufe fordert noch größere Anstrengungen bei der Motorentechnik. Interessante Entwicklungen gibt es aber auch bei den kompakten Traktoren.


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Natürlich stellen auch die Schlepperhersteller ihre Neuheiten auf der Agritechnica vor. Doch die Messe ist hier mal nicht der Innovationsmotor Nummer 1. Denn schon seit längerem richten sich die Entwicklungszyklen nach dem Inkrafttreten der nächst schärferen Abgasstufe. Bei Traktoren über 180 PS ist die Stufe Tier 3B zum 1.1.2011 fällig. Dann müssen die Stickoxide um 85 % und die Partikel um 97 % im Vergleich zum Start der Richtlinie 1996 reduziert werden. Dabei sind beide Ziele eher gegensätzlich. Denn Einspritzdrücke bis zu 2 000 bar, wie beim neuen Fendt 800, und hohe Temperaturen machen den Motor zwar effizient und halten die Partikel gering. Allerdings bilden sich unter diesen Bedingungen mehr Stickoxide (Nox).


Niedrigere Temperaturen und eine geringere Sauerstoffkonzentration in der Verbrennungsluft durch Abgasrückführung, Voreinspritzung und verzögerte Haupteinspritzung senken zwar den Nox-Gehalt. Gleichzeitig leidet die Effizienz des Motors und der Partikelgehalt steigt.


Harnstoff oder Filter?


Zur Agritechnica werden die Hersteller unterschiedliche Lösungen zeigen, mit denen sie die künftigen Abgasgrenzen einhalten wollen. Die SCR-Technologie stammt aus dem Lkw-Bereich. Das System dosiert Ammoniak in den Abgasstrom, das mit dem Stickoxid zu Stickstoff und Wasser reagiert. Der Motor mit SCR kann also auf Effizienz getrimmt werden, weil SCR die Stickoxide in der Abgasanlage unschädlich macht. Nachteil: Der Schlepper braucht einen zweiten Tank (und die Logistik) für die Harnstofflösung AdBlue. Als erster Hersteller hat MF die Serie 8600 bzw. Valtra die S-Serie mit baugleichem Sisu-Motor vorgestellt. Der neue Fendt 800 Vario wird ebenfalls mit AdBlue-Tank auf der Messe stehen. Man kann davon ausgehen, dass weitere Hersteller nachziehen und Konzepte mit dieser Technik vorstellen werden.


John Deere wird nach eigener Aussage die Ziele der Abgasstufe 3B noch ohne SCR-System und Zusatztank erreichen. Dabei setzen die Konstrukteure vor allem auf eine Weiterentwicklung der bereits vorhandenen gekühlten Abgasrückführung in Kombination mit einem Diesel-Partikelfilter.


Die endgültige Abgasstufe 4 (ab 2014) können die Motoren nach heutigem Stand wohl nur mit einer Kombination von SCR und Partikelfilter erreichen.


Durch die Abgas-Grenzwerte sind vor allem die Anforderungen an das Kühlsystem deutlich gestiegen. Der Lüfter ist deshalb der größte „interne Verbraucher“ des Triebwerks. Von Hägle kommt zur Agritechnica die neue Steuerung Pulstronic für den Umkehrlüfter Cleanfix heraus. Das mit Silber prämierte System wird in die Motorelektronik integriert. Es sorgt durch die Blattverstellung für das ständige Sauberhalten des Kühlerpakets und regelt die Luftleistung passend zum aktuellen Bedarf.


Neue Kompakte


Bei den Neuvorstellungen der einzelnen Traktoren gibt es auf der Agritechnica zwei entgegen gesetzte Tendenzen: Natürlich bauen die Hersteller das Leistungsspektrum weiter nach oben aus. Doch auf der anderen Seite tut sich bemerkenswert viel im Leistungsbereich unter 100 PS. Die Firmen bieten nun auch Schlepperbaureihen an, die ursprünglich Schwellenländern vorbehalten waren (und teils auch dort gebaut werden). Sie antworten so auch auf das wachsende, günstige Angebot aus Fernost in diesem Leistungssegment. Die Maschinen sind sehr einfach und auch ohne Kabine zu haben. Als Hofschlepper oder für den Futtermischwagen reicht das meist – eine Antwort auf die aktuelle Krise?


Passend zu diesem Trend stellt John Deere die Baureihen 5E, 5G und 5M vor. Mit dem Buchstaben steigt die Ausstattung bis zum 5R, der bereits seit einem Jahr auf dem Markt ist (Test in diesem Heft). Weitere Hersteller werden wohl nachziehen. Aber Traktoren im unteren Leistungssegment müssen nicht zwangsläufig mit einfacher Technologie ausgestattet sein: Der neue Fendt 200 Vario tritt mit stufenlosem Antrieb im Bereich von 70 bis 110 PS Maximalleistung an (einen ersten Fahrbericht finden Sie in diesem Heft). Claas erweitert die Arion-Baureihe nach unten: Die drei neuen Modelle haben DPS-Motoren von 90 bis 110 PS (Fahrbericht top agrar 10/2009). Die Schlepper haben das bekannte Quadrishift-Getriebe. Per Daumenschalter kann der Fahrer alle Gänge und Gruppen direkt am Hydraulik-Joystick schalten.


Nach oben wird Claas das Leistungsspektrum mit dem Xerion 4500/5000 erweitern. Der allradgelenkte Schlepper hat den Cat C12 Motor und bis zu 522 PS. Er bleibt trotz seiner 800er Bereifung unter 3 m Breite. Die Maschine soll erst unmittelbar zur Messe präsentiert werden.


Bei vielen Schleppern mit elektronischer Einspritzanlage steht mittlerweile ein Powerboost zur Verfügung. Hier sorgt die Motorelektronik für Mehrleistung, sobald es die Drehmomentbelastung des Getriebes zulässt. Neben den klassischen Boost-Anwendungen Zapfwellen- und Transportarbeiten kommen jetzt Hydraulikanwendungen dazu. Case-IH hat diese Lösung bereits bei der Vorstellung der Puma CVX-Traktoren präsentiert.


Schlepper unter Strom


Der Schlepper der Zukunft steht unter Strom. Denn bei vielen Schlepperaggregaten und Anbaugeräten sind elektrische An­triebe und Steuerungen effizienter und genauer. Dabei kommt die traditionelle Bord­netz-Spannung von 12 Volt an ihre Grenzen. Die Konstrukteure diskutieren verschiedene Ansätze, die auch auf der Agritechnica zu sehen sind:


Erhöhung der Bordspannung auf 24 Volt. Vorteil: Weil diese Spannung beim Lkw üblich ist, gibt es ein großes Angebot an Komponenten. Claas zeigt in Hannover den Xerion mit einem 24 Volt-Bordnetz (bis zu 2,4 kW).


Zusätzliches Netz mit deutlich höherer Spannung für die Nebenantriebe wie beim John Deere 7530 E-Premium. Der „Microhybrid-Schlepper“ produziert mit seinem Generator bis zu 20 kW elektrische Leistung und treibt damit u. a. die Kühlmittelpumpe, den Lüfter und den Kompressor der Klimaanlage an. Außerdem gibt es eine Steckdose im Heck – bisher aber nur für stationäre Anwendungen. ZF präsentiert in Hannover für das S-Matic-Getriebe einen Kurbelwellen-Startergenerator mit einer elektrischen Leistung von 50 bzw. 70 kW. So steht auch mehr Leistung für Anbaugeräte zur Verfügung.


Dieselelektrischer Antrieb: Der Motor treibt nur den Generator an und der komplette Antrieb arbeitet elektrisch. Frühe Studien gab es bereits vor Jahren vom New Holland-Händler Schmetz. Auch einige Baumaschinen arbeiten mit diesem Antriebskonzept. Jetzt stellt der weißrussische Hersteller Belarus einen Diesel-Elektrischen 300 PS-Schlepper vor, der – bis­her noch im Stillstand – bis zu 172 kW an externe Verbraucher abgeben kann. Belaraus erhält dafür eine Silbermedaille.


Brennstoff-Zelle: New Holland hat bereits im Frühjahr den NH2 vorgestellt. Diese etwas exotische Studie arbeitet mit einer Wasserstoff-Brennstoff-Zelle und elektrischem Antrieb.


Stufenlose Getriebe


Die stufenlosen Antriebe werden weiter aufgewertet und ausgebaut – und zwar ebenfalls in beide Leistungsrichtungen. Nach unten rundet Fendt das Programm mit dem 200 Vario ab. Der Schlepper bietet durch das Motor-Getriebe-Management TMS den gleichen Komfort wie seine großen Brüder. New Holland hat bereits im Frühjahr den stufenlosen Antrieb auf Basis eines mechanischen Schubkettenwandlers vorgestellt. Der Antrieb steht bisher nur für einen Kompakt-Schlepper zur Verfügung. Der angekündigte T 5000 mit dem SuperSpeed wird in Hannover wohl noch nicht zu sehen sein.


Deutz-Fahr wird in Hannover in der 100 PS-Klasse den kompakten Agrofarm mit stufenlosem TTV-Getriebe zeigen. Den Schlepper gibt es dann wahlweise mit zwei Antriebsvarianten.


Nach oben erweitert ZF das stufenlose Programm mit dem Eccom 5.0, das für Traktoren von 400 bis 650 PS entwickelt wurde. Das Getriebe arbeitet unter anderem im neuen Xerion. Außerdem wird angeblich ein Knicklenker aus russischer Produktion mit diesem Antrieb erwartet. Auch von Deutz-Fahr soll auf der Agritechnica ein Knicklenker gezeigt werden.


Von John Deere kommt erstmals ein Raupenschlepper mit stufenlosem Antrieb. Der neue 8RT bekommt außerdem ein luftgefedertes Fahrwerk mit verstellbarer Spurweite.


Elektronik am Steuer


Steer-by-wire ist ein weiteres Schlagwort auf der Messe. Ähnlich wie beim Fly-by-wire im Flugzeug gibt es jetzt keine direkte mechanische oder hydraulische Verbindung mehr zwischen dem Lenkrad und der Lenkachse. Das System wird bereits seit einigen Jahren von Zulieferern bei Rückfahreinrichtungen eingesetzt. Valtra stellt nun eine ähnliche Lösung für die Rüfa bei der S-Serie vor. Claas arbeitet beim Xerion mit Steer-by-wire.


Aber auch auf der Straße setzen die Hersteller auf das System – bis zu 60 km/h. Das Ansprechverhalten der Lenkung kann sich direkt an die Geschwindigkeit anpassen. So kommt die neue ActiveCommand-Lenkung des John Deere 8R am Vorgewende mit weniger Lenkradumdrehungen aus. Bei hohen Geschwindigkeiten sorgt ein Sensor für bessere Fahrstabilität und präzisen Geradeauslauf, was den Fahrer deutlich entlastet. Bei Ausweichmanövern kann das System ein Aufschaukeln des Fahrzeugs verhindern. Das System wurde mit einer Goldmedaille prämiert


Elektronische Lenksysteme lassen sich leichter in GPS-Anwendungen einbinden. Auch Anwendungen unter dem Oberbegriff „Gerät steuert Maschine“ sind möglich, z. B. beim optischen bzw. mechanischen Erfassen einer Reihe oder eines Schwads (siehe Messebericht Elektronik).


Eine weitere wichtige Entwicklung ist das ABS für Standard-Traktoren. Hier stellen Case-IH, New Holland und Fendt unterschiedliche Lösungen vor.


Das Smart-Braking-System von New Holland bietet neben dem ABS eine weitere Funktion: Auf dem Acker bremst das kurven­innere Rad proportional zum Lenkeinschlag mit ab. Das sorgt für einen engeren Wendekreis wie bei der klassischen Einzelradbremsung – allerdings ohne dass das Rad blockiert. Diese Entwicklung erhielt eine Silbermedaille.


Alles in einer Armlehne


Vor allem bei den größeren Schleppern setzen sich Kabinen mit Vierpfostenbauweise weiter durch. Hier verschwindet die B-Säule, die Ganzglastüren sind nun am hinteren Pfosten angeschlagen. Um die Vorteile der sehr guten Sicht voll nutzen zu können, konzentrieren die Hersteller zunehmend alle Bedienelemente auf der rechten Armlehne des Sitzes. Die Armlehnen sind im vorderen Bereich meist mit einem kompakten Display ausgestattet. Nahezu alle Maschineneinstellungen laufen nun per TouchScreen bzw. Tasten und diesem Monitor. Die Multifunktions-Armlehnen sind nicht mehr nur den absoluten Top-Modellen vorbehalten. Die Hersteller bieten die Systeme mittlerweile auch für Traktoren ab ca. 112 PS an.


Case-IH hat die neue Armlehne bereits beim Puma CVX vorgestellt. Jetzt erhalten auch die Maxxum-Schlepper (112 bis 141 PS) den neuen Multicontroller.


New Holland führt die (ähnliche) SideWinder-Armlehne jetzt auch beim T 7000 mit PowerCommand-Getriebe und in der Baureihe T 6000 (115 bis 165 PS Nennleistung) ein. Deutz-Fahr stellt den neuen iMonitor zunächst als Sonderausstattung beim TTV 630 vor. Beim neuen Fendt 800 kann man aus drei Ausstattungsvarianten wählen: Power, Profi und Profi Plus. Die Systeme unterscheiden sich unter anderem durch Monitor-Größe, Dokumentationsmöglichkeiten, GPS-Anwendungen und Kameraoptionen.


Dr. Norbert Uppenkamp, LWK NRW


Guido Höner (top agrar)

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