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Schwedisches Multitalent

Lesezeit: 6 Minuten

Bei den Agrotrucks wächst das Angebot. Zusammen mit Lohnunternehmer Thorsten Block haben wir den ersten MultiTruck auf Volvo-Basis gefahren.


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Ich suche eigentlich so was wie eine eierlegende Wollmilchsau,“ sagt Thorsten Block, Lohnunternehmer, Biolandwirt und Direktvermarkter aus Nienburg an der Weser. Block hat neun Lkw in Fernverkehrsausstattung und sechs Traktoren bis 300 PS. Anstatt einen siebten Schlepper zu kaufen, überlegt er, einen Agrotruck anzuschaffen. Wir treffen Thorsten Block Mitte Mai, als er gerade den MultiTruck auf Volvo-Basis testet.


Das Fahrzeug ist das erste seiner Art auf Volvo-Basis und wurde von A+T Nutzfahrzeuge im norddeutschen Garrel für die Landwirtschaft umgebaut. Bislang teilen sich vor allem MAN und Mercedes den wachsenden Markt für Lkw mit land- oder forstwirtschaftlicher (lof) Zulassung in Deutschland. Deshalb haben wir gerne die Gelegenheit ergriffen, den Volvo zusammen mit dem Landwirt und Lohnunternehmer Probe zu fahren. Zum Umfang gehörten Straßenfahrten und sogar ein Einsatz mit einem 11 m breiten Wender.


Agrotruck aus dem Baukasten


Der MultiTruck ist modular aufgebaut. Der Kunde kann die Ausstattung nach seinen Wünschen zusammenstellen. Ganz nach dem Motto „entdecke die Möglichkeiten“ eines anderen schwedischen Unternehmens. Unser Testfahrzeug hatte fast alle Optionen an Bord. Derzeit ist es bei verschiedenen landwirtschaftlichen Unternehmen im Einsatz, der Serienstart soll im Herbst 2019 sein.


Basis des MultiTruck ist ein Volvo FMX 4x4 540 in Baustellenausstattung. Die Kabine ist übersichtlich und geräumig – der Fahrer findet einen schönen Arbeitsplatz. Der Fahrkomfort auf unebenen Feldern ist ein echter Pluspunkt. Gewöhnen muss man sich allerdings daran, dass man auf der linken Seite sitzt, vor allem, wenn man am Feldrand arbeitet. Um die Übersicht zu verbessern, hat der Lkw aber drei Kameras an Bord (vorne, Dach hinten, hinten neben Kraftheber), die man sich abwechselnd auf den Bildschirm holen kann.


Der Motor leistet 540 PS. Das Getriebe ist elektronisch gesteuert und bietet in dieser Ausstattung 14 Vorwärts- sowie 6 Rückwärtsgänge. Zwei der Vorwärtsgänge sind als „Kriechgang und sehr kurzer Kriechgang“ ausgelegt. Die Schaltung arbeitet je nach gewählter Fahrstrategie automatisch oder manuell.


Der Gangwechsel des Getriebes läuft dabei mit einer kurzen Unterbrechung des Drehmoments. Eine Lastschaltung oder ein stufenloser (hydraulischer) Fahrantrieb wie bei einigen Unimogs ist nicht an Bord. Für langsame Zugarbeiten ist die Gangzahl also – wie bei anderen Agrotrucks auch – nicht mit einem Traktor zu vergleichen.


Reifen mit AS-Profil


Unser Testfahrzeug war vorne mit den Größen 445/65 R 22.5 und hinten mit 600/50 R 22.5 bereift. Die Pneus sind bis 90 km/h zugelassen. Mittlerweile bauen die Reifenhersteller ihr Programm für die Agrotrucks weiter aus. Eine manuelle Reifendruckregelanlage ist lieferbar. Diese arbeitet allerdings nur im Stand per Schlauch.


In puncto Traktion hat bei gleicher Motorleistung auf dem Acker natürlich der Traktor weiter die Nase vorne. Für die geplanten Springereinsätze – kurze Fahrten auf dem Feld oder unbefestigten Wegen plus weitere Straßentransporte – sieht Thorsten Block aber keine Probleme damit. Er möchte den Lkw vor allem mit Zubringerfässern, Überladern oder Häckseltransportwagen einsetzen.


Bei unseren Testfahrten haben wir auch mit der Zapfwelle gearbeitet. Hier setzt A+T Nutzfahrzeuge auf eine hydraulische Lösung. Die Drehzahl der Zapfwelle lässt sich per Poti in der Kabine elektronisch bis 1000 U/min regeln. Laut Hersteller ist bei Motordrehzahlen ab 1600 U/min eine Zapfwellen-Dauerleistung von 110 kW/150 PS möglich.


Für Packenpressen oder Rotorladewagen dürfte das knapp sein. Doch für die Pumpen der Fässer oder Schnecken/Kratzböden der Transporttechnik reicht die Zapfwellenleistung völlig aus, findet Thorsten Block.


Beim Einsatz während der Fahrt muss man die Zapfwellendrehzahl auf den gewählten Gang abstimmen. Durch die elektronische Drehzahlregelung der Welle kann man die Fahrgeschwindigkeit durch mehr oder weniger Gas aber variieren (wenn die Hydraulikpumpe genug Drehzahl bekommt). Bei unserem Wendereinsatz – der sicher eine Ausnahme für ein so motorisiertes Fahrzeug ist – sind wir im Schnitt 11 km/h gefahren. Auf Basis der bordeigenen Verbrauchsanzeige hat Thorsten Block dabei einen Verbrauch von 3,8 l/ha errechnet. Sehr angenehm war übrigens die Geräuschkulisse, vom Motor bekam man in der Kabine kaum etwas mit. Unterhaltungen in Zimmerlautstärke waren kein Problem.


Umfangreiche Hydraulik


Der MultiTruck bietet umfangreiche Hydraulikoptionen. Es gibt zwei Kreise, einen mit fester Fördermenge und einen mit Load Sensing-System. Zum Serienstart im Herbst wird der erste Kreis maximal 60 l Öl pro Minute liefern, der zweite bis zu 100 l/Minute. Der erste Kreis verfügt über sechs doppeltwirkende Steuergeräte (zwei vorne, vier hinten). Die zweite Pumpe gibt ihre Leistung an die drei Power-Beyond-Anschlüsse im Heck ab (Druck-, Tank- und Steuerleitung). Zusätzlich ist auch ein Anschluss für eine Kipppritsche möglich.


In unserer Testausstattung hatte der MultiTruck vorne und hinten Kraftheber, jeweils mit Außenbedienung. Der Hersteller gibt die Hubkraft vorne mit 2,2 t und hinten mit 3,5 t an. Leider waren die Kraftheber noch nicht lagegeregelt. Einstellbare Aushubhöhe und Absenktiefen würden den Einsatz wegen der eingeschränkten Sicht auf die Koppelpunkte aber deutlich komfortabler machen. A+T Nutzfahrzeuge will hierzu noch eine Lösung prüfen.


Der vordere Kraftheber ist an einer Kommunalplatte der Größe 5 montiert. Er lässt sich so z.B. im Winterdienst gegen einen Schneepflug tauschen. Weiterer Pluspunkt für diesen Einsatz: Die optionale Ballastpritsche (5,2 t) ruht auf Kugelkipplagern, die auch einen Salzstreuer-Aufsatz aufnehmen können. Damit kann man die Auslastung des Fahrzeugs im Winter verbessern.


Der Fahrer steuert alle Hydraulikfunktionen über einen Kreuzhebel mit der rechten Hand. Der Hebel sitzt griffgünstig. Über Druckknöpfe auf dem Hebel wählt der Fahrer verschiedene Ebenen des Hebels und damit die Funktionen aus. Hat man sich eingearbeitet, geht das gut. Vielleicht wäre aber eine Kombination eines einfachen Kreuzhebels mit zwei bis drei separaten Fingertipp-Hebeln für die jeweiligen Hydraulikanschlüsse übersichtlicher. Allerdings muss der Fahrer dann umgreifen. Am Ende ist das wahrscheinlich Geschmacksache. In der Testversion ließ sich die Durchflussmenge nur von einem Steuerkreis per Poti einstellen.


Viele Kupplungsoptionen


Sehr vielseitig – und oft auch entscheidend für die Zulassung als lof-Zugmaschine – sind die Anhängemöglichkeiten des MultiTruck. Oben auf dem Chassis gibt es eine Standard-Sattelplatte. Hinten hatte der Lkw eine K80-Kugelkopfkupplung mit seitlichen K50-Kupplern für die Nachlauflenkung des Anhängers. Dazu kommt eine im Schlitten höhenverstellbare Maulkupplung (38 mm Bolzen). Das geht dann ein gutes Stück in Richtung der eierlegenden Wollmilchsau für Lohnunternehmer Thorsten Block.


Der Anbieter möchte die Fahrzeuge künftig ganz nach Kundenwunsch zusammenstellen und weitere Erfahrungen zu den jeweiligen Ausstattungen sammeln. Deshalb mochte er sich noch nicht zu den Listenpreisen des Fahrzeuges äußern.


Unter dem Strich bietet der MultiTruck auf Volvo-Basis alle Möglichkeiten, die die bisherigen Platzhirsche auch im Programm haben. Jetzt wird es spannend, wie sich der schwedische Allrounder in diesem Markt schlägt.


guido.hoener@topagrar.com

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