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So schalten Traktoren

Lesezeit: 10 Minuten

Schleppergetriebe gibt es in vielen Varianten. Damit Sie beim nächsten Kauf den Überblick behalten, stellen wir hier die unterschiedlichen Konzepte vor.


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Leistung setzt sich aus Drehmoment und Drehzahl zusammen. Damit der Diesel im optimalen Leistungsbereich läuft – also Leistung im möglichst günstigen Drehzahlbereich abliefert – braucht der Traktor ein Getriebe.


Mittlerweile ist die Auswahl an Getrieben so groß, dass viele Kunden schlicht den Überblick verlieren. Wir fassen deshalb die wichtigsten Informationen über die unterschiedlichen Bauformen hier zusammen.


Generell sind die mechanischen Antriebe heute in Sektionen aufgebaut: Gruppen, Wendegetriebe, Gänge, Lastschaltstufen. Um die Bauteile möglichst kompakt zu halten, arbeiten die Konstrukteure im Getriebe mit möglichst hohen Drehzahlen, das hält bei gleicher Leistung die Drehmomente gering und ermöglicht kleiner zu bauen. Das geht allerdings nicht unendlich, denn die Bauteile müssen geschmiert werden. Hohe Drehzahlen sorgen für mehr Zentrifugalkraft, das Öl haftet schlechter. Öl ist lebensnotwendig im Getriebe. Zu viel Öl führt aber zu Planschverlusten. Durch spezielle Druckumlaufschmierungen versuchen die Konstrukteure deshalb, den Öllevel so niedrig wie möglich zu halten, sodass möglichst wenig Bauteile im Öl drehen.


Planetensätze oder Portalgetriebe im Endantrieb reduzieren die Getriebedrehzahl schließlich und sorgen für das nötige Drehmoment an der Achse.


Interessant sind die Bezeichnungen Gruppen, Gänge und Lastschaltstufen, die je nach Hersteller nicht unbedingt einheitlich sind. „Gruppen“ bezeichnen bei fast allen Marken den größten Sprung in der Untersetzung. „Gänge“ sind die kleineren Abstufungen innerhalb einer Gruppe. „Lastschaltstufen“ lassen sich unter Last wechseln. Bei einigen Fabrikaten sind mit den Lastschaltstufen die Gänge gemeint. Bei anderen untersetzen die Lastschaltstufen jeden einzelnen Gang.


Einfache Schaltgetriebe


Die ersten Schaltgetriebe von Traktoren waren geradeverzahnt und hatten einfache Schieberäder. Sie ließen sich nur unsynchronisiert schalten und boten wenige Gänge.


Schrägverzahnung erhöhte die Laufruhe und senkte die Geräusche. Die weitere Entwicklungsstufe ist das Synchrongetriebe. Hier bringen kegelförmige Synchronringe die Gangräder und Wellen auf gleiche Drehzahl, sodass beim Schalten die Verzahnungen direkt ineinander gleiten können. Übrigens: Schaltet man ein Synchrongetriebe bei Schubfahrt ohne zu bremsen zurück, müssen die Synchronringe die komplette Bremsenergie aufnehmen und verschleißen dann schneller. Das gilt auch für synchronisierte Wendeschaltungen bei ungebremstem Wechsel vor/zurück.


Die „ideale“ Gangabstufung hängt von der Zahl der Gänge und von der Charakteristik des Motors ab. Sie sollte sich möglichst im Bereich von 17% bewegen. In der Praxis bieten die Traktoren heute 13 bis 21%. Bei sehr vielen Gängen muss der Fahrer zu häufig schalten, bei zu wenigen kann er den Motor schlecht im Optimalbereich halten.


Sehr kurz untersetzte Gänge, teils auch fachlich nicht ganz korrekt „Overdrive“ oder auch „lange Gänge“ genannt, erreichen bei Straßenfahrten die Höchstgeschwindigkeit bei reduzierter Motordrehzahl. Weil der Dieselverbrauch im direkten Verhältnis zur Drehzahl steht, spart das Kraftstoff. Viele moderne Traktoren bieten heute diese Lösung.


Mehr mit Gruppenschaltung


Die Gruppenschaltung sitzt meist hinter dem eigentlichen Schaltgetriebe. Durch zwei Gruppen lässt sich die Zahl der Untersetzungen verdoppeln bzw. mit drei verdreifachen. Auch ein extrem hohes Untersetzungsverhältnis ist möglich: die Kriechganggruppe. Nur noch wenige Gruppengetriebe sind gerade verzahnt und unsynchronisiert. Dann ist ein schneller Gruppenwechsel bei der Fahrt nicht möglich. Wichtig bei allen ist eine Überlappung der Gruppen/Gänge: Der schnellste Gang der niedrigen Gruppe bietet dann in etwa die gleiche Untersetzung wie der langsamste Gang der hohen.


Was sind Split-Gruppen?


Dieser Getriebeteil sitzt meistens hinter dem eigentlichen Schaltgetriebe und funktioniert oft voll mechanisch – ist also nicht lastschaltbar. Durch eine einfache Untersetzung lässt sich der jeweils gewählte Gang „splitten“, z.B. halbieren. Die Splitgruppen sind bei aktuellen Modellen kaum noch im Einsatz.


Unter Last schalten


Anders als bei den herkömmlichen Schaltgetrieben unterbricht der Kraftfluss bei diesen Systemen nicht. Daher der Name Lastschaltung oder auch Powershift. Eine zweistufige Lastschaltung in der Einstiegsklasse dieser Technik funktioniert so:


  • Eine feste Untersetzung im Getriebe wie eine Splitgruppe: Zwei Lamellenkupplungen wechseln zwischen den beiden Stufen hin und her.
  • Eine einzelne Lamellenkupplung mit integriertem Freilauf und einer festen Untersetzung: Ist die Kupplung kraftschlüssig, dreht die schnelle Untersetzung. Ist die Kupplung frei, ist durch den Durchtrieb keine Untersetzung aktiv.


Mehrstufige Lastschaltungen arbeiten u.a. mit Planetensätzen. Ein Planetensatz besteht aus dem Hohlrad, dem Planetensatz und dem Sonnenrad. Das Untersetzungsverhältnis ändert sich, je nachdem welcher Teil des Planetengetriebes angetrieben oder gebremst wird. Das läuft über Lamellenkupplungen und/oder Bremsbänder. Den höchsten Komfort bei mechanischen Antrieben bieten Volllastschaltgetriebe. Nachteil: Es drehen sich permanent sehr viele Teile und vor allem auch die Kupplungen mit.


Durch das Öl in den Zwischenräumen der Lamellen entstehen Schleppmomente, die Wirkungsgrad kosten. Deshalb findet man Volllastschaltgetriebe meist nur in der Top-Leistungsklasse. Übrigens: Je mehr Zwischenraum bei einer geöffneten Lamellenkupplung zwischen den einzelnen Scheiben bleibt, desto weniger Öl schleppen sie mit, aber desto länger werden die Schaltzeiten. Ein größerer Zwischenraum führt aber dadurch zum evtl. stärkeren Rucken beim Schalten.


Wegen der Verluste im Volllastschaltgetriebe kombinieren moderne Konzepte oft klassische Schaltgetriebe mit Lastschaltstufen. Teils läuft der Gangwechsel bei den Schaltgetrieben heute auf Knopfdruck.


Bei dieser sogenannten robotisierten Getriebeschaltung wechseln hydraulische Schaltzylinder die Gruppen. Aber egal, ob mit Handschaltung oder per Knopfdruck: Die Zugkraft unterbricht beim Wechsel. Deshalb ist in Kombination mit einer Lastschaltung eine gute Überlappung zwischen den Gängen notwendig. Die Überlappung sollte mindestens eine Lastschaltstufe betragen, also gleiche Geschwindigkeit in der höchsten Stufe der kleinen Gruppe und in der niedrigsten Stufe der nächst größeren Gruppe.


Bei manchen Getrieben erkennt man diesen Aufbau nicht sofort, weil alle Untersetzungen mit einem einzigen Knopf schalten, also Gruppen und Lastschaltstufen, und alle Untersetzungen fortlaufend nummeriert sind. Doch die Zugkraftunterbrechung beim mechanischen Gruppenwechsel bleibt. Auch das Überspringen ist oft nicht möglich, der Fahrer muss sich durch alle Stufen klicken.


Deshalb sollte dieser Wechsel nicht in einem Geschwindigkeitsbereich liegen, der für bestimmte Arbeiten besonders typisch ist. Also 4 bis 8 km/h beim Pflügen oder 10 bis 16 km/h beim Grubbern. Besonders unkomfortabel wird es, wenn die Schaltautomatik versucht, auch die Gruppe zu wechseln. Dann bleibt der Schlepper beim Ackern mitunter sogar stehen.


Schnelle Doppelkupplung


Getriebe dieser Bauweise haben meistens zwei parallele Wellen, eine für die geraden und eine für die ungeraden Gänge. Diesem Schaltgetriebe kann ein Gruppengetriebe vorgeschaltet sein.


Jede Welle hat eine eigene Lamellenkupplung. Daher der Name Doppelkupplungsgetriebe. Oft heißt es aber auch Direktschaltgetriebe (DSG) oder Direct Drive. Die Untersetzungen wechseln hydraulisch oder – selten – über Elektromagneten.


Während eine Untersetzung kraftschlüssig ist, „bereitet“ die Elektronik die nächste Gangstufe auf der anderen Welle vor. Je nach Motorlast, Drehzahl oder Pedalstellung entscheidet sie, ob es der nächst höhere oder niedrigere Gang sein muss.


Beim Wechsel überschneidet sich das Öffnen der einen Kupplung mit dem Schließen der anderen. So läuft der Gangwechsel ruckfrei und auch unter Last. Ein Doppelkupplungsgetriebe kommt mit relativ wenigen Bauteilen aus. Nachteil: Im Einsatz muss es jeden einzelnen Gang durchschalten – es sind keine Sprünge möglich. Außerdem konzentriert sich der Verschleiß auf nur zwei Kupplungen. Die Doppelkupplungsgetriebe können auch Teil von CVT-Getrieben sein, also von stufenlosen, lastverzweigten Antrieben. Über zwei bzw. vier Stufen sollen sie dafür sorgen, dass der mechanische Anteil im Antrieb möglichst hoch ist.


Bequemer automatisch


Alle Schaltvorgänge, die nicht von Hand laufen, lassen sich automatisieren. Das ist mit Lastschaltungen einfacher als mit robotisierten Schaltungen, bei denen der Kraftfluss unterbricht. Für einen automatischen Gangwechsel braucht der Traktor hier Schwung. Deshalb deckt eine Automatik für diese Getriebe nur die „schnellen“ Gänge ab.


Für die Automatik gibt es unterschiedliche Funktionsweisen. Eine einfache Automatik gibt die Motordrehzahlen vor, bei denen das Getriebe hoch- bzw. runterschalten soll. Meist beträgt die Differenz 300 U/min und die Punkte liegen bei 1700 und 1400 U/min. Teils lässt sich das Band verschieben und/oder auch spreizen. Eine echte Schaltautomatik berücksichtigt neben der Drehzahl auch die Motorlast (Drehmoment) und die Geschwindigkeit. Dazu kommt teils auch der Winkel des Gaspedals. Der Fahrer kann eine Strategie vorwählen: Eco = frühes Hochschalten, spätes Runterschalten, Motordrehzahl niedrig halten, Diesel sparen. Oder Power = Das Getriebe schaltet früher und hält die Motordrehzahl, der Traktor zieht kräftig durch. Im PTO- (Zapfwellen-) Modus erlaubt die Elektronik nur einen Drehzahlabfall von 10%. Hier haben Ausbringmenge bzw. Arbeitsergebnis Priorität.


Beim echten Tempomaten regelt die Elektronik sowohl das Getriebe als auch die Motordrehzahl. Der Fahrer gibt nur die gewünschte Geschwindigkeit ein. Der Fahrkomfort dieser Konzepte liegt dicht beim stufenlosen Antrieb – aber oft mit besserem Wirkungsgrad.


die Richtung wechseln


Zum Wechsel der Fahrtrichtung gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:


  • Rückwärtsgang im Schaltgetriebe: Je nach Zahl der Vorwärtsgänge liegt die Rückwärtsuntersetzung zwischen dem zweiten und dritten Vorwärtsgang. Im Idealfall ist die Schaltgasse genau gegenüber. Nachteil: In jeder Gruppe gibt es nur einen Rückwärtsgang.
  • Rückwärtsgang im synchronisierten Gruppengetriebe: Meist ist die Rückwärtsgruppe dann genauso untersetzt wie die langsame Vorwärtsgruppe. Vorteil: Durch das nachgeordnete Schaltgetriebe stehen mehrere Rückwärtsübersetzungen zur Verfügung.
  • Wendegetriebe: Synchronisierte Wendegetriebe mit Schaltmuffe sind verschleißempfindlich. Deshalb arbeiten moderne Wendegetriebe meist mit zwei nassen Lamellenkupplungen. Durch die Lamellenbauform bieten sie eine deutlich größere, ölgekühlte Reibfläche. Der Verschleiß ist geringer, die übertragbaren Drehmomente höher.


Die Lamellenkupplungen arbeiten hydraulisch. Der Fahrer wechselt die Richtung hier entweder per Hebel plus Ventil oder – bei größeren Traktoren – elektrohydraulisch. Weil sich die elektrohydraulische Schaltung geschwindigkeitsabhängig modulieren lässt, gibt es weniger Probleme mit Fehlbedienungen. Der Fahrer kann die Füllzeiten der Kupplungen oft am Terminal vorwählen und so die Aggressivität der Wendeschaltung anpassen. Bei den meisten Wendeschaltungen stehen alle Vorwärtsgänge und die Lastschaltstufen auch für die Rückwärtsfahrt zur Verfügung.


Besser stufenlos fahren?


Die ursprüngliche Form des stufenlosen Antriebs ist der vollhydraulische, hydrostatische Antrieb. Durch den schlechten Wirkungsgrad hat er sich bei Ackerschleppern nicht halten können. Nur im Kommunalbereich und/oder kleinen Traktoren ist er teils im Einsatz.


Ein stufenloses, lastverzweigtes Getriebe soll die Vorteile des Hydrostaten mit dem besseren Wirkungsgrad eines mechanischen Antriebs kombinieren. Das Prinzip ist bei den meisten Bauformen ähnlich: Ein Teil eines Planetengetriebes wird mechanisch angetrieben, der andere Teil über einen hydraulischen Axialkolbenverstellmotor. Dessen Drehzahl und Drehrichtung variiert das Untersetzungsverhältnis und damit die Geschwindigkeit (teils auch die Richtung). Entscheidend für den Regelbereich des Getriebes ist der Verstellbereich des Axialmotors.


Bei einigen Konzepten sind die integrierten Hydromotoren und -pumpen so kombiniert, dass sie für einen größeren Regelbereich ihre Funktion auch tauschen können. Ziel ist es, im Hauptarbeitsbereich einen möglichst hohen mechanischen Anteil zu erreichen – also steht im Idealfall der Hydraulikmotor still. Auf der Straße soll der Schlepper seine Höchstgeschwindigkeit mit reduzierter Motordrehzahl erreichen.


Die Hersteller lösen das mit zwei oder mehreren mechanischen Übersetzungen. Diese Stufen wechselt der Fahrer entweder im Stand selbst oder das Getriebe schaltet automatisch, z.B. durch einen integrierten Doppelkupplungsteil. Bei einer anderen Bauform ist die lastverzweigte Komponente hinter einem Schaltgetriebe angeordnet. Der Fahrer muss dann den passenden Gang zur Arbeit wählen.


Rein elektrische Antriebe sind bisher selten, was unter anderen an der limitierten Akkukapazität liegt. Und ganz ohne Getriebe geht es hier auch nicht. Denn für den hohen Geschwindigkeitsbereich müsste bei einem direkten Antrieb eine sehr große E-Maschine eingebaut werden. Die Konstrukteure setzen deshalb eher auf kleinere Motoren mit hoher Drehzahl.


Ein neuer Ansatz hat auf der Agritechnica die Goldmedaille gewonnen. In diesem Hybridkonzept ersetzen Elektromotoren die hydraulische Komponente im lastverzweigten Antrieb. Durch den eingebauten Generator kann der Traktor auch elektrische Energie an Anhänger mit elektrischen Triebachsen abgeben. Auch mehr als 130 Jahre nach dem ersten Traktor ist die Getriebeentwicklung scheinbar nicht am Ende.


guido.hoener@topagrar.com


Unser Experte


Reinhard Timpe ist Landmaschinenmechaniker-Meister und ausgewiesener Traktorenspezialist.

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