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Striegeln und hacken: Worauf es dabei ankommt

Lesezeit: 11 Minuten

Immer mehr Betriebe interessieren sich für die mechanische Unkrautbekämpfung. Wir haben drei Profis besucht und diskutiert, wie man Zinken- und Rollstriegel sowie Hacken am besten einsetzt.


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Beim Einsatz von Striegeln und Hacken muss vieles passen, damit die Maßnahme sitzt: Der Bestand, das Wetter, Einstellung, Fahrgeschwindigkeit und schließlich das Gerät selbst.


Vor allem größere Biobetriebe setzen bei der mechanischen Unkrautbekämpfung nicht nur auf ein Gerät. Viele nutzen mittlerweile verschiedene Maschinen, um je nach Witterung, Kultur und Verunkrautung das passende Werkzeug zu haben. Denn die Zeitfenster sind klein. Eine weitere Herausforderung sind die Fruchtfolgen mit oft mehr als 15 Kulturen.


Wir wollten wissen, wie Profis Zinkenstriegel, Rollstriegel und Hacke nutzen und in ihre Ackerbaustrategie einbinden. Wir haben gezielt nach Bio-Betrieben gesucht, die alle Gerätetypen einsetzen und miteinander vergleichen können:


  • Armin Meitzler und Monika Meitzler-Stöhr in Spiesheim im Weinbaugebiet Rhein-Hessen. 230 ha, Ackerbau und Weinbau.
  • Christoph Förster, 300 ha, Gut Marienborn in Büdingen am östlichen Rand des Rhein-Main-Gebiets. Ackerbau und Schweinemast.
  • Thomas Schubert, Gut Döllnitz in Halle an der Saale, 700 ha Ackerfläche plus Wald.


Welche Schwerpunkte die einzelnen Betriebe setzen, lesen sie in den drei Reportagen am Ende dieses Beitrages. Die Erfahrungen und Einsatzgrundsätze für die drei Gerätetypen fassen wir hier zusammen.


Der aggressive Rollstriegel


Auf vielen Betrieben macht der Rollstriegel im Frühjahr den Anfang. Das Ziel: Die Beikräuter bekämpfen und vor allem auch die Krusten brechen. Der Boden soll oberflächig durchlüftet werden, um das Bodenleben zu fördern und Nährstoffe verfügbar zu machen.


Beim Rollstriegel gibt es je nach Hersteller unterschiedliche Bauformen. Der herkömmliche Rollstriegel arbeitet mit paralellen, drehenden Kunststoffscheiben und sternförmig angeordneten Zinken. Die Zinkensterne sind schräg zur Fahrtrichtung angestellt und rotieren bei der Fahrt. Die Wirkung ist eine Kombination von Ausreißen und Verschütten. Durch die einzelne Aufhängung können sich die Sterne gut dem Boden anpassen. Der Anpressdruck und damit die Eindringtiefe der Zinken bzw. der Bearbeitungseffekt lassen sich hydraulisch während der Fahrt einstellen. Der Grat zwischen gutem Arbeitseffekt und Schäden an den Kulturen ist schmal – hier ist echtes Fingerspitzengefühl gefragt.


Der 9,20 m breite Einböck-Striegel der Meitzlers wiegt etwa 1,5 t, Traktoren mit rund 80 PS kommen gut damit klar. Christoph Förster setzt ein 12 m breites Gerät ein. Auf dem Betrieb von Thomas Schubert laufen zwei unterschiedliche Geräte mit rollenden Werkzeugen: Ein Rollstriegel und eine Rotary Hoe des US-amerikanischen Herstellers Yetter. Hier sind die Zinken am Ende löffelförmig gebogen und nicht ganz so aggressiv wie die spitzen Zinken. Die Schuberts setzen die Hoe erfolgreich z.B. in Soja ein. Dazu gehören Strategie und Geduld: „Drei bis fünf Tage vor der Saat bearbeiten wir den Boden generell nicht mehr. Dann säen wir mit der Scheibendrille direkt in diesen Boden und gucken genau, was passiert. Da muss man warten können, wie ein guter Jäger. Am besten geht es, wenn die Soja gerade erst beginnt zu keimen, das Unkraut aber schon im Fadenstadium ist. Würden wir direkt vor bzw. bei der Saat den Boden bearbeiten, liefe alles gleichzeitig auf.“ Entweder ist die Maßnahme dann nicht effizient oder die Kultur nimmt Schaden. Außerdem wichtig für den Erfolg: Es sollte mindestens zwei Stunden nach der Durchfahrt richtig trocken sein. Aber Achtung, bei zu aggressiver Einstellung oder wenn die Kultur kurz vor dem Auflaufen ist, kann es zu schweren Schäden kommen. Das gilt für alle Rollstriegel.


Das Ganze funktioniert nach Erfahrungen der Schuberts auch einmal in Kartoffeln und sogar im wachsenden Mais, bei dem Thomas Schubert mit 4 bis 5 % Verlusten kalkuliert. Weil er pfluglos arbeitet, schätzt er auch die geringe Anfälligkeit gegen Verstopfungen.


Armin Meitzler setzt den Rollstriegel im Getreide meist nur einmal ein, bei Soja mitunter auch zweimal. Es geht ihm vor allem auch darum, den Boden zu durchlüften und für die spätere Untersaat vorzubereiten. Zudem arbeitet er den Stallmist oberflächig ein und schafft so Kontakt zum Bodenleben.


Die Witterung sollte trocken und wüchsig sein – „wenn wir Getreide verschütten, muss es wachsen können“. Trotzdem sieht auch er eine höhere Gefahr von Kulturschäden als beim Zinkenstriegel. Bei Meitzlers ist der Rollstriegeleinsatz deshalb Chefsache – beim Einstellen des Zinkendrucks braucht man Fingerspitzengefühl und arbeitet mitunter zu aggressiv.


Die mögliche Fahrgeschwindigkeit variiert nach Bodenzustand. Bei harten Krusten fährt Armin Meitzler etwa 5 bis 8 km/h mit hohem Zinkendruck. Bei guten Verhältnissen kann er mit geringerem Zinkendruck durchaus 11 bis 12 km/h schnell fahren. Wenn der Landwirt den Rollstriegel in Lohn bei Kollegen einsetzt, berechnet ab 25 €/ha.


Die Durchlüftung des Bodens und damit das Nährstoffmanagement ist für Christoph Förster ein ganz entscheidender Vorteil des Rollstriegels bei der Unkrautbekämpfung: „Ganz einfach: ein dünner Bestand verunkrautet schneller!“ Er setzt das Gerät vor allem im Getreide, aber nur sehr zurückhaltend in der Soja ein. Durch Reihenkulturen fährt er nur damit, wenn es warm ist und die Pflanzen elastisch sind.


Der klassische Zinkenstriegel


Christoph Förster hat einen Exaktstriegel mit 12 m Arbeitsbreite, zusätzlichem Fahrwerk und hydraulisch einstellbarem Zinkendruck. Das Getreide reagiert nicht so empfindlich, doch in Sonderkulturen muss man den Arbeitseffekt feinfühlig einstellen können, findet Förster. Er setzt den Striegel je nach Jahr und Witterung im Getreide zwei- bis viermal ein. Zum Blindstriegeln reicht die Zeit aber meist nicht.


Windiges, trockenes Wetter ist für den Effekt ideal. Eine große Gefahr von Schäden sieht Christoph Förster bei Nachtfrösten. Vor allem Roggen reagiert hier bis hin zum Totalverlust, Weizen ist weniger empfindlich. Wenn es häufiger wechselnden Frost gegeben hat, walzt Christoph Förster das Getreide vor dem Striegeln erst an, um die jungen Pflanzen nicht auszureißen. Weil Wintergerste die Reihen schnell dichtmacht, reicht bei ihr oft ein Durchgang.


Warten bis zum Fadenstadium


Schlagkraft beim Striegeln ist dem Landwirt wichtig: „Man muss warten können, bis das Unkraut im Fadenstadium ist, und dann schnell zuschlagen können.“ Je nach Jahr und Stadium der Kultur fährt er beim Striegeln 4 bis 15 km/h. Setzt er das Gerät im Lohn ein, berechnet er 20 bis 25 €/ha. Wegen der Hanglagen braucht er einen 120 PS-Schlepper, in der Ebene würde seiner Ansicht nach ein 80er reichen. Auch in Kartoffeln arbeitet Christoph Förster mit dem Zinkenstriegel ein. Er pflanzt mit einer eigenen All-in-one-Maschine und striegelt in den folgenden 14 Tagen die Dämme ein ganzes Stück wieder runter. Dann folgt ein Häufelgang, um sie wiederaufzubauen.


Familie Meitzler setzt einen 9,20 m breiten Zinkenstriegel von Treffler ein, meist nach einer ersten Durchfahrt mit dem Einböck-Rollstriegel. Schwerpunkt ist das Getreide, mit Fingerspitzengefühl und ohne Druck hat Armin Meitzler versuchsweise aber auch Zuckerrüben in verschiedenen Stadien erfolgreich damit bearbeitet.


Bei Meitzlers bringt der Striegel auch die Untersaaten aus. So sät der Praktiker fast in allen Getreidebeständen eine Mischung aus Weißklee und Weidelgras mit der Aufbaudrille auf dem Striegel. Zum Einbringen der Zwischenfrucht überlegt er, den Striegel eventuell mit einer Walze zu kombinieren.


Thomas Schubert hat zwei Striegel, einen mit normalen Zinken und einen mit extra langen – beide mit 12 m Arbeitsbreite. Er setzt die Geräte im Vorauflauf und in wachsenden Beständen ein. Schwerpunkte sind bei ihm direkt vor und nach der Saat. Roggen striegelt er im Herbst generell nur blind, sonst bestockt er sich zu stark. Das Ergebnis sind dann Schmachtkörner.


Auch Dinkel mag das Striegeln nicht so gerne. Im unempfindlichen Winterweizen und Mais nutzt er den schwereren Striegel im Frühjahr zum Einarbeiten des Biogärsubstrats. Auch Thomas Schubert achtet sehr genau auf das Wetter und striegelt nie bei Frostgefahr.


Die Intensität steuert der Praktiker durch die Fahrtrichtung, und die verläuft diagonal zur Bestellrichtung. Normalerweis stellen die Schuberts einen Winkel von 25 bis 30° im GPS-Lenksystem ein. Denn bei gerader Fahrt oder zu flachem Winkel folgen die Zinken oft den rückverfestigten Saatreihen und pendeln unruhig hin und her. Bei sehr harten Bodenverhältnissen hat sich sogar ein Durchgang im rechten Winkel zur Saatreihe bewährt.


Hacken mit Kamera


Alle drei Betriebe setzen Hacken mit Kamera-Technik und Verschieberahmen ein. Das Ziel: So dicht wie möglich an der Kulturpflanze arbeiten. Unter idealen Bedingungen sind 3 cm Abstand realistisch.


Armin Meitzler hat bei unserem Besuch gerade eine neue zwölfreihige Hacke als Nachfolger für seine bisherige Maschine bestellt. Er setzt die Hacken heute in allen Reihenkulturen inklusive Soja ein. Im Getreide plant er den Einsatz aber nicht. Bisher geht es in den Reihen noch nicht ohne Nacharbeit von Hand. Doch der Landwirt möchte den Einsatz der Handhacke unbedingt reduzieren. Deshalb planen die Meitzlers in diesem Jahr erstmals die GPS-gesteuerte Exaktsaat von Zuckerrüben, damit künftig auch quer gehackt werden kann.


Seit 2002 hat der Betrieb Erfahrungen mit einer Kamera. Mit der neuen Hacke kommt auch ein neues, verbessertes Lenksystem. Trotz der Kameratechnik verzichtet Armin Meitzler auch beim neuen Gerät nicht auf einen Sitz mit manueller Lenkung (hier sitzt der Betriebsleiter auch beim Einstellen der Hacke). Vor allem am Seitenhang will er aktiv eingreifen können – schließlich geht es um die hochwertigsten Kulturen. Er kalkuliert im Schnitt mit zwei Hackgängen. Vor allem beim frühen Einsatz (Keimblatt bzw. Zweiblattstadium) ist die Fahrgeschwindigkeit auf 3 bis 4 km/h begrenzt – die Gefahr des Verschüttens ist sonst zu hoch.


Christoph Förster hackt neben Soja, Sonnenblumen und Körnermais auch den Weizen. Wegen der Seitenhänge ist seine Hacke nur 4,5 m breit – sie ist sonst nicht exakt genug zu führen. Weil auch die Drille diese Arbeitsbreite hat, passen die Reihen gut. Je nach Kultur und Witterung setzt er die Hacke zwei- bis dreimal ein. Im Mais fährt er zum Schluss schneller und häufelt die Reihen leicht an.


Der Betrieb setzt einen Verschieberahmen ein, der zu beiden Seiten rund 30 cm Weg erlaubt. Der Rahmen nimmt auch die Maishacke auf. Zuerst hat der Praktiker Ultraschall-Sensoren ausprobiert – was nicht gut funktionierte. Heute setzt er – wie die beiden anderen Betriebe – auf die Culti Cam von Claas E-Systems. Die Kamera erkennt die grünen Reihen (und erkennt keine Rottöne, was eventuell bei bestimmten Kulturen ein Nachteil ist). Im Getreide kann Christoph Förster bis zu 8 km/h schnell fahren, dabei sollte es möglichst trocken sein. Am Seitenhang schafft es der Verschieberahmen aber teils nicht, gegen die Seitenkräfte anzuarbeiten. Auch bei starkem Unkrautbesatz kommt die Kameratechnik an ihre Grenzen. Weil seine Flächenausstattung das zulässt, hat sich der Landwirt gerade einen gebrauchten Geräteträger mit Hacke im Zwischenachs-Anbau angeschafft und kann so auf Problemflächen wieder per Augenmaß fahren.


Auch Thomas Schubert hat gute Erfahrungen mit der Kameralenkung. Probleme gibt es aber teils kurz vor Reihenschluss, besonders wenn sich der Bestand im Wind bewegt. Er stellt die Kamera dann etwas steiler, sie blickt weniger weit und man muss langsamer fahren. Der Praktiker bestückt seinen Verschieberahmen wahlweise mit einer zwölfreihigen (45 cm Abstand) oder einer achtreihigen (75 cm) Hacke. Er hackt kein Getreide, sondern Kartoffeln, Soja, Mais, Fenchel und Buschbohnen. Einige Erfahrungen hat er auch im Bioraps, der aber nur sehr schwer anzubauen ist (Käferdruck). Besondere Strategien fährt der Betrieb in Soja und Kartoffeln.


„Soja mag Striegeln und Hacken auf den Punkt – das ist die Königsdisziplin.“ Hier holt sich der Betrieb auch Anregung von Sojaanbauern in anderen Ländern. Richtig gut läuft es, wenn die Finger der Hacke auch zwischen die Pflanzen greifen. Bei Kartoffeln wird es noch spezieller. Hier geht Thomas Schubert einigermaßen radikal zur Sache. Er pflanzt vierreihig und hackt mit zwölf Reihen. Die Kartoffelhacke ist mit Dammformern ausgestattet. Zunächst verschiebt er die Dämme nach dem Pflanzen per Hacke 3 bis 5 cm nach rechts und mit zeitlichem Abstand wieder nach links – was auch den „Drahtwurm ärgert“. Die Pflanzkartoffeln liegen danach exakt in der Dammmitte. Dann gibt es bei den nachfolgenden Striegeldurchfahrten keine Probleme, dass die Kartoffeln im Damm freigelegt oder beschädigt werden. ▶


guido.hoener@topagrar.com

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