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top agrar System-Vergleich - Ist der Rotor der bessere Schüttler?

Rotor im Vergleich zum Schüttler: Zwei Mähdrescher – zwei Abscheidesysteme

Lesezeit: 9 Minuten

Zwei Mähdrescher – zwei Abscheidesysteme: Wie leistungsfähig ist der Rotor im Vergleich zum Schüttler und was macht er mit dem Stroh? Wir sind mit zwei (un)gleichen Tucanos in die Ernte gezogen.


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Auch wenn sie sich auf den ersten Blick ähneln wie Zwillinge – die Abscheidung der beiden Mähdrescher ist komplett unterschiedlich: Der Tucano 450 arbeitet mit sechs Schüttlern, während beim Tucano 470 ein Rotor die Restkornabscheidung übernimmt. Hybrid heißt diese Technik bei Claas, sie vereint das tangentiale APS-Dreschwerk mit einer axialen Abscheidung per Rotor.


Der Rotor hinter dem Dreschwerk gilt im Vergleich zum Schüttler als leistungsfähiger, weil er die restlichen Körner aus dem Stroh durch Zentrifugalkräfte abscheidet (Zwangsabscheidung). Ein Vorteil bei immer kürzeren Erntefenstern und zunehmend grünem Stroh, denn dann ist Leistung vom Mäh­drescher gefordert. Hier stößt die Schüttler-Technologie mit ihrer Schwerkraftabscheidung an ihre Grenzen.


Auf der anderen Seite gewinnt die Strohernte wieder massiv an Bedeutung. Stroh ist – auch durch energetische Nutzungsformen – gefragt wie lange nicht mehr und dementsprechend teuer. Die klassischen Strohregionen setzen deshalb oft noch auf den schonenden Schüttler. Sorge in der Praxis: Der Rotor zerstört das Stroh.


Wir haben beide Abscheide-Systeme ausführlich miteinander verglichen. Die Kernfragen unseres Vergleiches zwischen den beiden Techniken waren:


  • Der Korndurchsatz
  • Der Dieselverbrauch
  • Die Strohqualität


Unseren Systemvergleich haben wir gemeinsam mit Claas auf den Flächen des Betriebes „Ackerbau und Dienstleistungen Vorharz“ (ADV) im Landkreis Wolfenbüttel durchgeführt. Hier standen uns Teilflächen der insgesamt 100 ha Wintergerste und 400 ha Winterweizen des Marktfruchtbetriebes zur Verfügung.


Dank einer äußerst unbeständigen Druschsaison konnten wir unsere beiden Tucanos über eine komplette Ernte unter allen denkbaren Bedingungen testen: Von 18 % feuchter Gerste mit zähem und grünem Stroh bis hin zu richtig reifem Weizen mit trockenem Stroh war alles dabei. Ständiger Begleiter: Die nächste Regenfront.


Wie viel Durchsatz?

Unsere Durchsatzmessungen bestanden aus mehreren Parzellen-Versuchen sowie „Langzeitversuchen“ über mindestens zwei oder mehr Hektar. Die Parzellen waren 133,3 m lang. Multipliziert mit der Schneidwerksbreite von 7,5 m der beiden Drescher haben wir so immer genau 0,1 ha pro Parzelle geerntet.


Die Bestände sowohl in der Gerste als auch im Weizen waren sehr homogen, die Ertragsschwankungen in beiden Früchten minimal. Während unserer Versuche haben wir die Stoppellänge beider Schneidwerke immer identisch eingestellt und kontrolliert.


Bei unseren Durchsatzmessungen sollten die beiden Drescher-Fahrer, die unseren Versuch über die Saison begleitet haben, das Maximum aus ihren Maschinen holen. Die Rotordrehzahl des Tucano 470 war bei diesen Messungen immer auf Höchstdrehzahl eingestellt. Einzige Vorgabe: Die 1 %-Verlustgrenze durfte während der Messfahrten nicht überschritten werden. Um das zu überwachen, haben wir bei beiden Mähdreschern die Durchsatz-Kontrollgeräte kalibriert und die Verluste immer mit mehreren Prüfschalen gleichzeitig kontrolliert.


Um das aufgefangene Material der Prüfschalen schnell auszuwerten, hat uns die Versuchsabteilung von Claas eine mobile Nachreinigung zur Verfügung gestellt. Per Funk standen wir mit den Fahrern in Kontakt und konnten sie so jederzeit über ihr Verlustniveau informieren. Sobald die 1 %-Grenze stabil erreicht war, durften die Fahrer keine Einstellungen mehr an ihren Maschinen verändern.


Die Korndurchsätze haben wir dreifach kontrolliert: Beide Tucanos waren mit einer Ertragserfassung ausgestattet. Für jeden einzelnen Versuch haben wir im Cebis-Terminal einen Auftrag gestartet und hinterher ausgedruckt. Fliegl hat uns für unseren Systemvergleich einen Abschiebewagen mit Wiegeeinrichtung zur Verfügung gestellt. Die Wiegetechnik mit sechs Wiegestäben arbeitet genau. j Durch das sofortige Wiegen beim Abtanken konnten wir die Ertragserfassung der Mähdrescher regelmäßig kalibrieren. Zur endgültigen Sicherheit haben wir die Erntemengen nochmal auf der Brückenwaage des Landhandels vor Ort gewogen.


Rotor immer vorne:

Die ersten Tage in der Gerste waren typisch für diesen Sommer: Reifes Korn, aber grünes Stroh und bedeckter Himmel. Auf dem Feld standen durchschnittlich 9,8 t pro ha (Sorte: Leibniz). Unter diesen Bedingungen kam die Schüttler-Maschine auf einen Durchsatz von 20,3 t/h (bei 14,5 % Kornfeuchte). Die Schüttler können das Restkorn nur sehr schwer aus dem feuchten Stroh abscheiden. Fuhr der Tucano 450 nur geringfügig schneller, stiegen die Verluste sofort deutlich an. Mit 29,6 t/h (14,5 %) schaffte der Hybrid bei höchster Rotordrehzahl 46 % mehr Durchsatz. Die Zwangsabscheidung spielt ihre Stärke unter diesen Bedingungen voll aus – der Hybrid kann morgens früher starten und abends länger ernten.


Mit zunehmend trockenerem Stroh und Kornfeuchten von 13,0 bis 13,4 % näherten sich die beiden Abscheide-Systeme einander etwas an. Mit dem Schüttler waren jetzt bis zu 24,6 t/h Gerste drin, der Hybrid erntete bis zu 33 t/h – ein Leistungsvorsprung von immerhin noch 34 % zugunsten des Tucano 470.


Der Weizen brachte auf unserem Testbetrieb durchschnittlich genau 10 t pro ha (Sorten: Inspiration und Jenga). Auch hier haben wir unsere Versuche wieder bei relativ grünem Stroh und bedecktem Himmel gestartet. Bei einer Kornfeuchte von 14,9 % schaffte der Schüttler-Tucano 26 t/h. Dagegen waren 36,7 t pro Stunde beim Hybrid drin – das sind gut 40 % mehr Durchsatz.


Bei besten Bedingungen im Weizen liegen die Korndurchsätze beider Maschinen erwartungsgemäß höher als in der Gerste. Der Tucano 470 erreichte über eine Messfahrt sogar den Spitzenwert von 42,8 t/h. Auch die Schüttler-Maschine schlug sich hier mit maximal 28,4 t/h richtig gut. Trotzdem sind das 14,4 t oder gut 50 % pro Stunde mehr an Durchsatz. Anders ausgedrückt: Die Hybrid-Technologie des Tucano schafft in der Stunde bis zu 1,5 ha mehr als der vergleichbare Mähdrescher mit Schüttler! Weiterer Vorteil des Rotors: Auch bei Hangneigung scheidet er das Restkorn sicher ab. Der Schüttler verliert hier schneller an Leistung.


Kaum Unterschiede im Verbrauch:

Der gleiche Motor leistet im Tucano 470 durch ein anderes Kennfeld bis zu 27 PS mehr als im Tucano 450 (siehe auch Kasten „Die Technik der beiden Tucanos im Vergleich“). Der Grund: Der Rotor benötigt etwas mehr Antriebsleistung als der Schüttler. Zusätzlich verarbeitet der Hybrid entsprechend seines Durchsatzes mehr Erntegut. Der Motor wird deutlich höher beansprucht – das Antriebsaggregat verbraucht mehr Kraftstoff.


Die höhere Durchsatzleistung gleicht den höheren Verbrauch aber wieder aus. Pro Tonne geernteter Ware läuft der Tucano-Hybrid auf vergleichbarem Niveau wie der Schüttler-Tucano. Bei Schwadablage in trockener Gerste haben wir 1,47 l/t beim 450 und 1,45 l/t beim 470 gemessen.


Mit eingeschaltetem Häcksler verbrauchte der Tucano 450 1,59 l/t und der Tucano 470 1,57 l/t. Im Weizen lag der Dieselverbrauch des Hybriden unter trockenen Bedingungen auf gleichem Niveau, wie wir ihn in der Gerste gemessen haben. Lediglich bei richtig feuchtem Weizenstroh konnten wir einen Mehrverbrauch des Hybrid von 6 bis 8 % pro geernteter Tonne feststellen.j


Natürlich interessierte uns auch die Strohqualität der beiden Abscheide-Systeme. Mit der Rotordrehzahl lässt sich die Intensität und damit die Strohqualität des Hybrid-Mähdreschers beeinflussen. Für unseren Stroh-Vergleich haben wir drei verschiedene Rotordrehzahlen untersucht: 367, 850 und 977 U/min.


Die niedrigste sowie die schnellste Drehzahl gibt es beim Tucano 470 optional. Leider mussten wir jedesmal den Riemen von Hand umlegen, bzw. für die höchste und niedrigste Drehzahl die Riemenscheiben umschrauben. Damit der Hybrid flexibler wird, würden wir uns für den Tucano eine stufenlose Verstellung per Variator wünschen. Die verschiedenen Rotor-Strohschwaden haben wir jeweils mit dem Stroh der Schüttler-Maschine verglichen.


Um die nutzbare Strohmenge zu messen, gingen wir unterschiedlich vor: Mit einer Forke haben wir die verschiedenen Strohschwaden jeweils auf ein 10 m langes Laken umgepackt. Dabei arbeiteten wir wie eine Pickup: Kurzstroh, das zwischen den Stoppeln lag, konnten wir mit der Forke nicht erfassen. Anschließend wogen wir die Laken.


Als zweite Variante haben wir jeweils exakt 10 m der verschiedenen Strohschwaden abgesteckt und mit einer Rundballenpresse in Mini-Ballen gepresst und gewogen. Anschließend haben wir mit der Rundballenpresse normale Ballen aus den verschiedenen Schwaden gepresst und ebenfalls verwogen. Das Schöne: Eine Messmethode bestätigte jeweils die andere, so dass wir wiederholbare Ergebnisse bekommen haben.


Der Rotor kann Schüttler:

Bei nie-drigster Rotordrehzahl lag die nutzbare Strohmenge des Hybriden mit 6,77 t/ha Weizenstroh nur 2 bis 3 % unter der des Schüttlers (6,9 t/ha). Strohqualität und Halmlängen kann man kaum vom Schüttler-Stroh unterscheiden. Bei 367 U/min verliert der Hybrid klar an Durchsatzleistung, kann sich aber immer noch gut 1 t/h über Schüttler-Niveau behaupten.


850 Rotor-Umdrehungen bringen schon eine spürbare Durchsatzsteigerung (knapp 30 %). Die nutzbare Strohmenge verringert sich im Gegenzug aber lediglich um 6 bis 8 % auf 6,4 t/ha. Dem Stroh sieht man jetzt zwar die intensivere Bearbeitung des Rotors etwas an, seine Struktur ist aber immer noch überraschend gut erhalten. Selbst bei 850 U/min behandelt der Rotor des Hybrid das Stroh noch erstaunlich schonend.


Die letzten 127 Rotorumdrehungen (977 U/min) bringen dem 470 zwar nochmal einen anständigen Durchsatz-Schub (plus 50 % im Vergleich zum Schüttler), dafür wird jetzt aber auch das Stroh stark in Mitleidenschaft gezogen. Mit 4,6 t/ha haben wir gut ein Drittel weniger nutzbare Strohmenge gemessen.


Kurzstroh geht als Siebabgang über die Spreuverteiler verloren. Das restliche Stroh ist weitestgehend zerrissen, kaum ein Halm liegt noch ganz im Schwad. Auch die Pickup unserer Presse hatte Verluste und hinterließ ein paar Reste im Stoppel. Ist der Strohertrag zweitrangig oder wird sowieso gehäckselt, kann der Tucano 470 mit dieser Höchstdrehzahl seine Leistung voll ausschöpfen.


Der Hybrid drischt günstiger:

Preislich liegen beide Mähdrescher dicht beieinander. Laut Liste sind für den Schüttler-Tucano 259 000 € fällig. Lediglich 6 000 € mehr kostet die Hybrid-Technik in der Claas-Mittelklasse. Hinzu kommen jeweils die Kosten für die Schneidwerke sowie die Mehrwertsteuer.


Da auch der Dieselverbrauch beider Maschinen pro Tonne Erntegut auf vergleichbarem Niveau liegt, kann man den Anschaffungspreis direkt auf die potenzielle Durchsatzleistung der beiden Maschinen beziehen. Schafft ein Tucano 450 z. B. 200 ha in der Kampagne und der Tucano 470 in der selben Zeit 300 ha, also 50 % mehr, drischt der Hy-brid unterm Strich bis zu 33 % pro Tonne Korn günstiger. Jan-Martin Küper

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