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Unterwegs mit den Agro-Truckern

Lesezeit: 8 Minuten

Mit einem brandneuen Vorführ-MAN waren wir einen Tag beim Unternehmen Agrolohn unterwegs. So konnten wir Vorteile und Grenzen von Agrotrucks selbst erfahren.


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Wenn Robert Schmid die Wahl hat, ist er lieber mit dem Lkw unterwegs. Schmid ist Mitarbeiter beim Lohnunternehmen Agrolohn in Neukirchen bei Passau und hat den direkten Vergleich. Er fährt Traktor und ist im Jahr 1500 bis 1700 Stunden mit seinem Agrotruck unterwegs. Sein Chef Roland Kobler hat zurzeit vier Agrotrucks im Einsatz: Davon drei MAN mit Sattelkupplung und Ackerbereifung sowie ein Fahrzeug mit vier Achsen und festem Aufbau.


Im Mai hatten wir einen Tag die Gelegenheit, mit Koblers Fahrern zu sprechen und selbst einen brandneuen MAN-Vorführer TGS 18.500 plus Fliegl Abschieber beim Grashäckseln einzusetzen. In unserer Kombination aus Fahrbericht und Reportage wollen wir mehr über den praktischen Einsatz der Agrotrucks erfahren. Denn der Einsatz von Lkw in der Landwirtschaft wächst rasant. Das bestätigt auch Johann Schuster, der sich bei MAN um diesen Bereich kümmert und uns an diesem Tag begleitete.


Roland Kobler hat bereits 2006 zusammen mit Fliegl eine spezielle Ausführung der Agrotrucks entwickelt. Seitdem hatte er zwei Versionen im Einsatz: Solofahrzeuge mit vier angetriebenen Achsen (8 x 8) und zweiachsige Sattelzugmaschinen mit Allradantrieb. Seine Sattelfahrzeuge sind generell mit zweiachsigen Aufliegern unterwegs. Deren zweite Achse ist nachlaufgelenkt und sperrt sich, sobald der Fahrer den Rückwärtsgang einlegt oder schneller als 25 km/h fährt. Damit die Achse sicher sperrt, muss sie in gerader Fahrtrichtung stehen, was bei engen Rangierarbeiten gewöhnungsbedürftig ist – sie öffnet bei jedem Vorwärtszug wieder.


Zweiachsige Auflieger:

Durch den Achsabstand des Aufliegers von mehr als 1,80 m darf jede Achse 10 t tragen. Dazu kommen hier ca. 11 t Aufsattellast bei einem Lkw-Radstand von 3,90 m, ohne die gesetzlichen Achslasten zu überschreiten. Technisch wären 9 t vorne und 13 t hinten möglich. Teils setzt Kobler auch auf den etwas kürzeren Radstand von 3,60 m, um den Zug etwas wendiger zu machen, was etwas auf Kosten der Sattellast geht. Die Lkw laufen bei Agrolohn häufig in Kombination mit einem Gülleauflieger (24 m³) oder dem Abschieber. Einige erledigen auch Tiefladertransporte.


In der genannten Ausführung liegt das zulässige Gesamtgewicht des vierachsigen Agrarsattelzuges bei 38 t. Ein Dreiachser würde nur 2 t mehr bringen – abzüglich des Gewichts der dritten Achse bliebe knapp 1 m3 mehr Güllevolumen bzw. eine knappe Tonne mehr Ladung. Dafür ist der Zweiachser deutlich wendiger und bei engen Wenderadien schonender zum Boden. Der zweiachsige Auflieger ist zudem günstiger, der Reifenverschleiß geringer. Martin Bauer von Fliegl sagt, dass ca. 90 % der dort ausgelieferten Agrar-Abschiebe- Auflieger auf einem zweiachsigen Achs-aggregat aus dem Werk rollen.


Das Leergewicht der Standardkombination bei Agrolohn beträgt 17,4 t, der kompaktere 8x8-Lkw bringt leer 17,6 t auf die Waage. Der Vierachser darf durch den geringeren Achsabstand aber nur bis 32 t beladen werden. Auch hier punktet die Sattellösung. Durch den schnellen Wechsel der Auflieger lassen sich die Sattelzugmaschinen besser auslasten. Auch kann Roland Kobler Sattel- Lkw gebraucht einfacher vermarkten. Der recht schnelle Absatz der Fahrzeuge ist ein Teil der betriebswirtschaftlichen Kalkulation bei Agrolohn. Chef Kobler hat ein deutlich gestiegenes Interesse an gebrauchten Fahrzeugen ausgemacht. Die Auflieger nutzt er übrigens meist mehrere Fahrzeuggenerationen.


Bei Agrolohn haben alle Agrotrucks die vergleichbare Ausstattung: Allrad, kurzes Fahrerhaus, 200 l-Load-Sensing- Hydraulik und hinten ein Anbaubock mit Scharmüller K80 sowie klassischer Zugkupplung. Aber: keine mechanische Zapfwelle oder gar einen Kraftheber. Für Fahrer Robert Schmid vollkommen logisch, dass man aus einem Lkw keinen vollwertigen Ackerschlepper machen kann. Der Lkw spielt seine Stärken vor allem beim Transport aus. Und auf dem Acker bleibt der Traktor der Spezialist.


Wäre es deshalb für Roland Kobler nicht besser, mit Standard-Lkw zu fahren? Auf den Allradantrieb, der immerhin 0,8 t mehr Gewicht und höhere Kosten bedeutet, kann Agrolohn nicht verzichten. Viele Felder sind für die Zubringerfässer nur über geschotterte Wege zu erreichen. Auch auf den Betrieben sind feste Zufahrten zu den Güllebehältern nicht selbstverständlich. Hier kommt ein Straßen-Lkw oft an seine Grenzen.


Allrad und breite Reifen:

Roland Kobler sieht den Allradantrieb immer in Kombination der entsprechenden Bereifung. Weil seine Agrar-Lkw als lof (land- oder forstwirtschaftliche) Zugmaschine eingetragen sind, liegt deren erlaubte Außenbreite bei 3,00 m. So darf der Lkw auf allen Bundes- und Landstraßen ohne Sondergenehmigung fahren, die wäre nur auf Autobahnen fällig. Das macht den Weg frei für eine möglichst große Bereifung. Die Agrolohn-Lkw rollen vorne auf 540er- und hinten auf 750er-Reifen (2,95 m Außenbreite) mit Cargo-Profil.


Der Agrolohn-Chef hält diese Bereifung für unbedingt notwendig: Einige Kunden sehen den Lkw auf dem Acker kritisch und wollen das technische Höchstmaß an Bodenschonung. Auch auf den Feldwegen sind die breiten Reifen deutlich schonender unterwegs als schmale Lkw-Pneus. Die Schonung der Wege wird immer mehr zum Thema beim Lkw-Einsatz und Kobler sieht dadurch einen Wettbewerbsvorteil für sein Unternehmen im Vergleich zum Einsatz von Straßen-Lkw mit dreiachsigen Aufliegern. Eine Reifendruck-Regel- anlage haben die Agrolohn-Fahrzeuge übrigens nicht an Bord. Diese Ausstattung wird von den Kunden nicht nachgefragt, hat Roland Kobler festgestellt.


Die lof-Zulassung bietet noch weitere Vorteile, wie z.B. Ausnahmen beim Sonntagsfahrverbot. Steuerlich gibt es für Agrolohn keine Unterschiede. Die Fahrzeuge haben ein schwarzes Kennzeichen. Die eingesetzten Mitarbeiter verfügen über eine Berufskraftfahrer- Ausbildung. Der Führerschein T würde nicht reichen: Er gilt nur bis 60 km/h und ausschließlich für lof-Transporte. Die Agrolohn-Fahrzeuge haben eine eingetragene Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h. Aber auch bis 90 km/h ist eine lof-Zulassung möglich – wie bei dem Vorführ-MAN, mit dem wir an diesem Tag unterwegs sind.


Dass möglichst breite Reifen wichtig sind, merken wir bei unserem Testeinsatz. Kurz vorher hatte es in Niederbayern ergiebig geregnet. Der Truck hatte zwar Reifen mit AS-Profil (Ackerschlepper-Profil). Doch weil das Fahrzeug europaweit im Vorführeinsatz ist, war es schmaler bereift als die Agrolohn-Lkw. Bei Bergauffahrt kam das Gespann damit auf dem Grünlandstandort deutlich an seine Grenzen – und das, obwohl der Häcksler den Auflieger zunächst vorne gefüllt hatte. Ein ordentlich bereifter Traktor mit angepasstem Reifendruck wäre hier wahrscheinlich hochgefahren. Dagegen ist das 8 x 8-Konzept dem Sattelzug und häufig auch der Schlepper-Anhänger-Kombination in puncto Geländeeignung wiederum überlegen, haben die Agrolohn-Fahrer festgestellt.


Roland Koblers Leute passen die Bereifung ihrer Agrotrucks bei Bedarf an. Stehen z.B. von Biogas-Anlagen größere Aufträge an die sich komplett über befestigte Wege abwickeln lassen, bereifen die Profis den Truck um. Die acht Reifen des Zuges lassen sich in der Werkstatt in rund zwei Stunden gegen Straßenpneus wechseln – ein Aufwand, der sich durch den geringeren Verschleiß bezahlt macht.


Wie ein Pkw:

Mit unserem „schmalen“ Agrotruck sind wir in Niederbayern problemlos unterwegs gewesen. Der 500 PS-Lkw fährt sich mit der automatisierten Schaltung MAN TipMatic 12 fast wie ein Pkw. Die anderen Verkehrsteilnehmer und die Leute in den Ortschaften nehmen den Lkw deutlich weniger wahr als einen großen Traktor mit ähnlich großem Transportvolumen, hat Fahrer Robert Schmid festgestellt. Das ist ein sehr wichtiger Vorteil der Transporte per Lkw. Das schätzen vor allem auch gewerbliche Biogasanlagen, die ohnehin oft in der Kritik der Anwohner stehen.


Bei guten Bodenverhältnissen fährt sich der Lkw auch auf dem Acker sehr angenehm. Der Allradantrieb ist permanent aktiv. Mit einem Drehschalter kann man die Differenziale in mehreren Schritten sperren: Zuerst in Längsrichtung und dann die Achsen.


Das Getriebe bietet verschiedene Schaltstrategien. Der automatisierte Gangwechsel lässt sich auch deaktivieren. Dann wechselt man die Gänge „manuell“ mit dem Hebel an der Lenksäule. So kann der Fahrer verhindern, dass der Lkw in einem bestimmten Geschwindigkeitsbereich immer automatisch hin und her schaltet. Das ist sinnvoll, denn beim Schalten unterbricht das Getriebe den Kraftfluss. Weil der 500 PS-Reihen-Sechszylinder bereits ab 930 U/min seine ordentlichen 2 500 Nm abliefert, kommt man auf dem Feld ohne häufigen Gangwechsel aus.


Die Kabine hat zwar eine Heckscheibe. Doch bei der Sicht nach hinten kann der Lkw natürlich nicht mit einem Traktor mithalten. An das neue Lkw-Navi lassen sich allerdings zwei Kameras anschließen, was wirklich sinnvoll ist. Die Fahrzeuge von Agrolohn sind alle mit Kameras unterwegs.


Insgesamt war für uns der Einsatz beim Grashäckseln kein unlösbares Problem, vor allem nicht, weil der Häckslerfahrer es gewohnt ist, Agrotrucks zu beladen. Beim Abladen auf dem Betrieb mussten wir uns dagegen erst einmal an die Dimensionen des Gespanns gewöhnen. Beim Rangieren in das enge Fahrsilo wäre eine zwangsgelenkte Trailerachse sicher praktisch gewesen.


Bei einer weiteren Fahrt begleiten wir Agrolohn-Fahrer Andreas Thaler mit seinem MAN TGS 18.440 beim Transport von Gärsubstrat über enge Landstraßen. Das Fahrzeug ist 2,95 m breit und wir müssen über ziemlich enge Landstraßen mit vielen Steigungen und einigen Ortsdurchfahrten. Die gesamte Fahrt ist ruhig und deutlich angenehmer als mit einem Schlepper. Wir können uns in normaler Lautstärke unterhalten, man hört vor allem das Abrollgeräusch der breiten Reifen. Allerdings kann man die knapp 50 cm mehr Außenbreite deutlich wahrnehmen. Vor allem bei Lkw-Gegenverkehr muss der Fahrer sehr aufmerksam sein. Fahrer Thaler schätzt, dass er mit seinen 24 m³ Gärresten etwa ein Drittel bis zur Hälfte schneller ist als mit einem Traktor. Vor allem bei den Leerfahrten ist er mit seinen 65 km/h deutlich schneller unterwegs.Guido Höner

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