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160 ha Pappel: Hackschnitzelernte mit Xerion für Viessmann

Das Unternehmen Viessmann beheizt das Stammwerk mit Hackschnitzeln von 160 ha Pappelplantagen. Wir haben uns angesehen, wie Ernte und Logistik in diesen Dimensionen ablaufen.

Lesezeit: 6 Minuten

Der Xerion geht manchmal ganz schön in die Knie, als er sich ­Anfang Februar durch einen Bestand mit Schwarzpappeln in Nord­hessen frisst. Fahrer Nick Korbmacher muss dabei gut aufpassen, dass sich der Vorbauhäcksler nicht verschluckt.

Lohnunternehmer Mario Wassmuth aus Frankenberg setzt die Maschine des Bodenverbandes Waldeck-Frankenberg für den dortigen Maschinenring ein. Die Maschinenring-Tochter BBL, die Biomasse-Brennstoff-Logistik GmbH, übernimmt laut Geschäftsführer Walter Dersch die gesamte Ernte und Hackschnitzel-Logistik für die Kurzumtriebs­plantagen (KUP) des Heizungs- und Klimatechnik-Herstellers Viessmann.

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Bei einem Ortstermin im Frühjahr haben wir uns angesehen, wie man 160 ha Schwarzpappeln managt und ein 1,5 MW-Heizwerk mit Hackschnitzeln versorgt.

Nachwachsende Heizenergie

Hans Moritz von Harling ist als Projektleiter bei Viessmann verantwortlich für die Holzfelder. Start der Initiative war der Energiegipfel der Bundesregierung im Jahr 2006, an dem auch Prof. Dr. Martin Viessmann beteiligt war. Als eine Konsequenz entschloss sich das Unternehmen, selbst Bioenergie zu nutzen.

Der Entschluss reifte, das Stammwerk mit Holzenergie zu be­heizen, und zwar von eigenen KUP. Das Unternehmen entschloss sich 2007, in der Region Flächen zu erwerben.

Die Flächen wurden zum Bodenrichtwert gekauft. Weil es sich um ein Real­teilungsgebiet handelt, musste das Unternehmen Gespräche mit vielen Eigentümern führen. Hans Moritz von Harling nennt ein Beispiel: „Bei einer Fläche, die heute 4,9 ha groß ist, haben wir mit 27 Familien verhandelt.“

Maschinenring-Geschäftsführer Walter Dersch begleitete den Prozess von Anfang an. Wichtig war den Beteiligten, die örtlichen Landwirte mit einzubeziehen und vor allem die Bodenpreise in der Region nicht hochzutreiben. Außerdem hat man sich auf Grenzstandorte konzentriert, die für Ackerbau weniger geeignet sind.

Bei der Aktion sind insgesamt 75 KUP-Schläge mit einer Gesamtfläche von rund 160 ha zusammengekommen, die sich in einem Radius von maximal 20 km um das Werk verteilen. Auf den Flächen wachsen zu 99 % Schwarzpappelhybriden. Einige davon haben die Nordhessen mittlerweile bereits dreimal beerntet.

Hohe Belastung des Hackers

Die komplette Ernte übernimmt der Xerion mit dem Erntevorsatz des Herstellers Kluge. Das Gerät ist seit sieben Jahren beim Maschinenring im Einsatz, in Kombination mit dem Xerion vom Bodenverband und Unternehmer Wassmuth seit fünf Jahren. Das Funktionsprinzip unterscheidet sich deutlich von den anderen Systemen am Markt, die meist mit einem Feldhäcksler arbeiten.

Der Erntevorsatz ist vergleichsweise einfach aufgebaut. Im Zentrum rotiert mit 1 000 U/min ein 1,30 m großes Kreissägeblatt. Aus der Sicht des Fahrers kappt das Blatt die Stämme in der Elf-Uhr-Position. Das Blatt ist mit drei Grad leicht nach vorne geneigt. Räder führen den Erntevorsatz in der Höhe. Der Fahrer stellt den Schnitt so ein, dass er entweder etwas höher oder tiefer liegt als bei der vorherigen Ernte. Das sorgt für einen sauberen Cut und einen besseren Wiederaustrieb.

Der gekappte Baum wird stehend von zwei Walzen gehalten. Die Hackmesser liegen auf der Oberseite des Kreissägeblatts. Die Walzen bewegen den stehenden Baum nach unten, wo die rotierenden Messer auf dem Sägeblatt die Hackschnitzel abtragen. Die Drehzahl der Walzen muss genau zur Fahrgeschwindigkeit passen.

Fahrer Nick Korbmacher kann den Vorschub sehr feinfühlig einstellen. Weiter oben halten ein Sternrad und Bügel den Baum in Position. Auch die Sternraddrehzahl muss der Fahrer genau im Blick haben. Erst wenn alle Drehzahlen sowie die Geschwindigkeit genau auf den Bestand abgestimmt sind, läuft das Verfahren rund.

Die Messer nehmen die Hackschnitzel mit und schleudern sie in den Auswurfkrümmer. Einen Beschleuniger gibt es nicht. Der Häcksler befüllt so entweder den aufgesattelten 15 m³-Überlade­bunker oder einen parallel fahrenden Hakenlift-Anhänger mit Volumencontainer. Vor allem beim Anhäckseln und an Hängen ist der Bunker nach Erfahrungen der BBL unverzichtbar. Teils fährt die Maschine dabei im Hundegang. Alle auf den Flächen eingesetzten Fahrzeuge haben Forstbereifung, auch das ist nach Erfahrungen der Hackschnitzelprofis Pflicht.

Die BBL und Lohnunternehmer Mario Wassmuth sind vom Prinzip des Erntevorsatzes überzeugt. Doch völlig ausgereift ist die Technik wohl noch nicht. Oft muss das Gerät nach einem Einsatztag erst einmal wieder in Wassmuths Werkstatt. Zusammen mit dem Hersteller feilen die Hackschnitzelprofis ständig an Details. Die Belastungen durch die großen Flächen und teils starke Bäume (bis 18 cm Durchmesser) sind einfach enorm. Aber die Unternehmer sind sich auch einig: Es gibt am Markt kaum Alternativen – vor allem keine, die so gleichmäßige Hackschnitzel mit 80 bis 100 mm Länge herstellen.

Bei der Ernte fährt der Xerion zwischen 0,5 und 1,5 km/h „schnell“. Entscheidend ist die Stammdicke. Die Pappelreihen haben einen Abstand von 2 m. So kommt auf einen Hektar eine Baumreihe von 5 km zusammen. Die Ernteleistung des Systems beträgt rund 15 t /h Frischmasse. Ein Volumencontainer (35 m³) ist in einer halben bis dreiviertel Stunde voll – wenn alles glattläuft.

Der Ertrag liegt nach Erfahrungen des Projektleiters von Harling zwischen 60 und 120 t/ha. Je nach Standort brauchen die Kulturen drei bis fünf Jahre bis zur nächsten Ernte. Zum Erntezeitpunkt haben die Hackschnitzel einen hohen Wassergehalt. Die Trockensubstanz beträgt 40 bis 50 %. Die Ernte muss vor dem Wiederaustrieb im Frühjahr gelaufen sein, andernfalls kommt es durch den Saftstrom zu Störungen im Erntevorsatz. Die schweren Böden sollten bestenfalls bei Frost beerntet werden.

Container-Lkw liefern sämtliche Hackschnitzel auf dem Betriebshof der BBL an. Ein Radlader schiebt das Material zu 5 m hohen Mieten auf. Nach vier bis sechs Wochen schichtet der Lader den Haufen einmal um. Ziel ist es, die Feuchte um 10 bis 15 % zu senken. Zum Schluss lagert das Material unter Dach. Hier reicht der Vorrat für zwei Monate.

Die 75 Schläge liegen ausschließlich auf Grenzstandorten - Hans Moritz von Harling

In verschiedenen, teils von Unis begleiteten Ansätzen, haben die Hackschnitzelprofis ausprobiert, Trocknung und die Qualität – z. B. durch Sieben – zu verbessern. Hans Moritz von Harling zieht dazu ein nüchternes Fazit: „Der Energiegehalt der Pappelhackschnitzel ist für jede weitere Maßnahme einfach zu gering – das rechnet sich nicht.“

Komplette Logistik

Der Maschinenring, bzw. die BBL, übernimmt die komplette Logistik und muss den Nachschub zu 100 % sicherstellen. Der Jahresbedarf des Heizwerks liegt zwischen 1.500 und 2.000 t Frischmasse. Wenn die KUP-Ernte dafür nicht komplett reicht, mischt die BBL laut Geschäftsführer Walter Dersch eigene Hackschnitzel ein, z. B. aus Fichten-Käferbeständen oder Landschaftspflege. Durch dieses trockenere Material liegt die Feuchte beim Verfeuern zwischen 30 und 35 %.

Der Heizkessel ist mit einem langen Feuerungsrost darauf abgestimmt. In der Saison liefert die BBL ein bis drei Container täglich im Werk an und versorgt so die Heizungsbauer mit klimafreundlicher Wärme aus der Region.

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