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Ackerbau mit dem System Cameleon: Anpassungsfähig

Markus Lenhart probiert gerne mal etwas aus, auch beim Ackerbau: Zur Aussaat und mechanischen Unkrautbekämpfung nutzt er ein und dieselbe Maschine.

Lesezeit: 8 Minuten

Gut zu wissen

- Markus Lenhart betreibt pflug­losen Bioland-Ackerbau.

- Gesät und gehackt wird mit der Cameleon von Gothia Redskap.

- Die Maschine kann beim kameragesteuerten Hacken auch Dünger oder Untersaaten ausbringen.

- Das System wurde für skandinavische Bedingungen entwickelt.

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Dieser Beitrag wurde zuerst auf profi.deveröffentlicht.

Zügig zieht der Claas Ares 657 ATZ seinen Bahnen über den Acker mit Winterweizen. Im Schlepp die auffällige, gelbe, 8 m breite Cameleon. Bei dem System Cameleon handelt es sich um eine Kombimaschine für die Aussaat und die mechanische Unkrautbekämpfung. Das Unternehmen Gothia Redskap aus dem schwedischen Fornåsa bietet das System seit einigen Jahren an. Die Basis bildet ein gelenktes Aufsattel-Fahrwerk mit einem Tank sowie pneumatischer Dosiereinrichtung für Saatgut bzw. Dünger. An einem hydraulischen Verschieberahmen sind die Säaggregate, die gleichzeitig auch als Hackschare dienen, in zwei Reihen montiert — relativ simple Technik.

Während sein Sohn weiter seine Runden dreht, berichtet Bioland-Landwirt Markus Lenhart von der Entwicklung seines Betriebes, die zur Anschaffung des Systems Came­leon geführt hat. Denn zum heutigen Ackerbaukonzept auf dem Betrieb mit rund 200 ha, davon 150 ha Ackerfläche, führten einige Zwischenschritte.

Den Ackerbau entwickeln

Bereits seit 2003 wird der damals noch konventionelle Ackerbau auf dem Betrieb ohne Pflug durchgeführt. Zu dieser Zeit wurde der Bestand an Fleckvieh-Milchkühen mit einem neuen Laufstall von 80 auf 120 Tiere aufgestockt und Arbeitszeit zunehmend zum begrenzenden Faktor. Neben arbeitswirtschaftlichen Gründen liegt Markus Lenhart aber auch die Bodenstruktur und -biologie sehr am Herzen.

Die Flächen des Betriebes mit zwei Standorten am Fuße des Steigerwalds haben im Schnitt zwischen 19 und 30 Bodenpunkte, mit zum Teil stark sandigen Böden. 2007 investierte Lenhart in einen angebauten, 5 m breiten Kverneland Tine-Seeder, um von der Kreiselegge wegzukommen.

„Mir war grundsätzlich eine möglichst flache Bodenbearbeitung wichtig. Wir rühren zwar oft im Boden herum, aber eben nicht tief“, hält der Landwirt fest. „2016 habe ich an einem Bodenkurs teilgenommen.“ Im Anschluss fiel eine weitere wichtige Entscheidung für den Betriebsleiter: „Danach war für mich klar: Ich stelle um auf Bio!“

Sätechnik als Hobby

„Sätechnik ist ein wenig mein Hobby, ich wollte immer eine kanadische Seed-Hawk-Maschine haben und habe mir für Versuchszwecke auch mal einen Zinken aus Kanada bestellt. Das Meißelschar hat mir eigentlich ziemlich gut gefallen“, erzählt der interessierte Praktiker. Nach verschiedenen Experimenten musste Lenhart aber zunehmend feststellen: „Komplett ohne mechanische Unkrautbekämpfung kommen wir nicht klar.“

Bei Betrieben in der Umgebung konnte er bereits sehr gute Ergebnisse bei Hacken im Getreide beobachten. Auf der Agritechnica 2017 hat sich Markus Lenhart das System Cameleon genauer ansehen. „Eigentlich war die Maschine utopisch für mich, auf der Messe war es aber vorbei. Ich bin nach Hause und habe zu meiner Frau gesagt, die muss ich haben!“ Gesagt, getan: Lenhart bestellte sich den veredelten Schwedenstahl. Für den Kauf waren vor allem diese Punkte ausschlaggebend:

  • Mit der Maschine kann sowohl Aussaat als auch Hackarbeit erledigt werden.
  • Mulch- und Direktsaat sind möglich.
  • Untersaaten und Dünger können während des Hackens ausgebracht werden.

„Mich hat vor allem sehr gereizt, dass die Maschine mehrfach nutzbar ist und nicht fast das ganze Jahr nur herumsteht“, erklärt der umsichtige Praktiker. „Mit 120 000 Euro netto ist die Maschine zwar teuer, aber um eine Investition in eine andere Drilltechnik und die entsprechende Hacke wäre ich sowie so nicht herumgekommen.“ Sowohl für die Aussaat als auch die Hackarbeit werden die gleichen parallelogrammgeführten Aggregate mit Wechselscharen und Tiefenführungsrollen verwendet. Für den Wechsel zwischen Sä- und Hackarbeit wird der Rahmen hydraulisch seitlich verschoben, so dass die Schare beim Hacken seitlich versetzt arbeiten.

Wahlweise kann zwischen 25 und 33 cm Reihenweite gewählt werden. Gekauft wurde die Maschine mit 25 cm Reihenweite 2018 über den Vertriebs­partner für die südlichen Teile Deutschlands, Thorsten Gath aus Braunfels-Altenkirchen in Hessen.

Mehrnutzung

Markus Lenhart nutzt die Maschine seitdem für Aussaat und Pflege in Winterweizen, Wintergerste, Roggen, Mais und Kleegras. Im vergangenen Herbst wurde zudem versuchsweise auch Raps ausgesät, der sich bisher gut entwickelt hat. Rund 40 ha Mais werden mit der Maschine bestellt. Zur Aussaat mit 75 cm Reihenweite arbeiten weiterhin alle Schare im Boden, allerdings werden die Reihen teilweise verschlossen.

Die Aussaat mit einer herkömmlichen Einzelkorndrille ist laut Lenhart nicht möglich. Denn: „Was nicht mit der Cameleon gesät wird, lässt sich meiner Ansicht nach auch nicht damit hacken.“ Zum einfachen Umstellen von Sä- auf Hackbetrieb wird in der Bedienbox die gewünschte Arbeit ausgewählt. Für den Hackbetrieb wird so die Kamera aktiviert, die die Maschine über den Verschieberahmen steuert. Darüber hinaus müssen je nach Bedarf die Schare gewechselt werden. Markus Lenhart nutzt zur Aussaat 12 mm breite Schmalschare und für den Hackeinsatz breite Gänsefußschare.

Eine Personen kann den Wechsel in gut zwei Stunden erledigen. Außerdem kann bei der Saatgutablage durch Auslass-Stücke zwischen Reihensaat Breitsaat gewählt werden.

Klare Linie dank Kamera

Gehackt wird mit rund 6,5 km/h — bis zu 9 km/h sind unter guten Bedingungen aber möglich. Nach zwei Wochen soll dann ein zweiter Arbeitsgang mit gleichzeitiger Untersaat erfolgen, dabei wird tiefer gearbeitet. Angesprochen auf den Unkrautdruck durch die biologische Wirtschaftsweise entgegnet Lenhart: „Durch unseren Schwerpunkt auf die Milchviehherde können wir eine offene Fruchtfolge fahren, die beispielsweise durch dreijähriges Kleegras und Luzerne eine gute Unkrautunterdrückung ermöglicht.“ Vor dem ersten Hackdurchgang wurde bereits einmal im Frühjahr gestriegelt, um die Vogelmiere zu schwächen. „Wenn diese zu dicht wird, kann es zu Problemen bei der Reihenerkennung durch die Kamera von Claas kommen“, hat der Biolandwirt festgestellt.

Im vergangenen Herbst konnte erst Ende Oktober gesät werden. „Bei nassen Bedingungen hat die Maschine ihre Grenzen“, berichtet Markus Lenhart. „Eigentlich will ich im Herbst zeitig säen, um schon einen Hackgang durchführen zu können.“ Im Herbst ist die Reihenfindung der Kamera auch bei sehr dünnen Beständen kein Problem.

Bei Mais kann es im frühen Stadium aber zu Orientierungsproblemen kommen. Gerade für den Einsatz im Mais wurde ein einfacher Hackstriegel mit 8 m Arbeitsbreite angeschafft. Eine vorhergehende Bearbeitung mit dem Striegel kann die Reihenerkennung der Kamera nach den Erfahrungen des Landwirts verbessern.

Düngung und Untersaaten

Bei unserem Besuch zum ersten Hackdurchgang bringt Markus Lenhart erstmals mit der Maschine parallel elementaren Schwefel aus: „Das ist ein Versuch, das Ergebnis wird zeigen, ob wir diese Maßnahme wirklich brauchen.“ Beim zweiten Hackdurchgang wird immer eine Untersaat ausgebracht. Dazu verwendet Lenhart entweder eine Weidelgrasmischung mit Rasengenetik der DSV, das besonders niedrigwachsend ist. Gleichzeitig hat die Sorte aber ein gutes Wurzelwachstum. Alternativ wird beim zweiten Hackdurchgang auch das Kleegras als Untersaat mit ausgebracht und als dreijährige Folgekultur beerntet.

Bei jeder Spur wird eine Fahrgasse angelegt. Beim Hackeinsatz sind dort entsprechend breitere Schare montiert, um die komplette Fahrspur zu hacken. Das Fahrwerk der Maschine läuft dabei immer mit. „Die Spuren sieht man natürlich, aber auf den Ertrag hat das unter unseren Bedingungen keine Auswirkung“, ist sich Markus Lenhart sicher.

Versuche mit Direktsaat

Um den Boden flächig zu schneiden wird auf dem Betrieb ein 4,50 m breiter, dreibalkiger Grubber von Kverneland mit Gänsefußscharen eingesetzt. Für die tiefere Arbeit kommt ein ebenfalls dreibalkiger Kverneland-Grubber mit 3 m Arbeitsbreite und 4,5 cm breiten Schmalscharen bei 22 cm Strichabstand zum Einsatz. Hinzu kommt ein 5 m breiter Federzinkengrubber.

Seit vergangenem Herbst ist zudem eine 5 m breite Moreni-Kreiselegge auf dem Betrieb. Diese wird vor allem vor Mais eingesetzt. „Beim Kleegrasumbruch reicht mir die Arbeit unserer Howard-Fräse nicht aus“, erklärt Markus Lenhart. Die Kreiselegge mit speziellen horizontalen Messern an den Zinken sorgt für eine gutes Abschütteln und Austrocknen der Wurzelballen.

„Insgesamt komme ich mit dieser Technik gut zurecht. Mein Ziel für die Zukunft ist aber, verstärkt auch auf Direktsaat zu setzen“, gibt Markus Lenhart einen Ausblick. „Bei unseren Bedingungen reicht der Schardruck der Cameleon dafür aus.“

Ackerbau mit Pragmatismus

Markus Lenhart betreibt auf seinem Biolandbetrieb pragmatischen Ackerbau. Mit dem schwedischen System Cameleon nutzt er eine Kombimaschine für die Aussaat und spätere Hackeinsätze. Für die hohe Schlagkraft und die universelle Einsetzbarkeit geht Lenhart dabei Kompromisse ein. Dazu gehören 3,18 m Transportbreite oder die auch beim Hacken nachlaufenden Andruckrollen. „Das Konzept des System Cameleon passt für meinen Betrieb ideal“, ist sich Markus Lenhart mittlerweile sicher.

Gothia Redskap

Das Familienunternehmen Gothia Redskap AB aus Fornåsa (Schweden) wurde von Öko-Landwirt und Entwickler der Cameleon Lars Askling gegründet. Ursprünglich war er auf der Suche nach einer Hacke für seine schweren Böden, die gleichzeitig die Ausbringung von pelletiertem Dünger bzw. Untersaaten ermöglicht. Daraus entstand das modular aufgebaute System aus angebauten und aufgesattelten Maschinen mit 4, 6 und 8 m Arbeitsbreite. Optionen wie ein zweigeteilter Saattank, Schare für Reihen- oder Bandsaat sowie verschiedene Bereifungen sind lieferbar. Zweites Produkt der jungen Firma sind Reifenmontagewagen.




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