Gastautor für die Agritechnica-Homepage ist Dr. Norbert Uppenkamp, Landwirtschaftskammer NRW, Münster
Die Deckelung der Stickstoffdüngung, insbesondere in roten Gebieten, zwingt dazu, die Effizienz der Düngung zu optimieren. Verluste durch Denitrifikation und Auswaschung werden stärker ertragswirksam und können nur bedingt durch eine nachträgliche Düngungsmaßnahme ausgeglichen werden.
Für eine hohe Düngereffizienz müssen zudem die Nährstoffe möglichst vollständig von den Pflanzen aufgenommen werden. Verlustminimierung, pflanzenverfügbare Platzierung und bedarfsgerechte Dosierung des Düngers sind daher auch Schwerpunkte der technischen Entwicklung.
Düngebedarfsermittlung
Voraussetzung für eine bedarfsgerechte Düngung ist die Kenntnis der standortspezifisch notwendigen Düngermenge. Die Technik zur sensor- und kartenbasierten teilflächenspezifischen Düngung ist seit Jahren ausgereift. Bisher kam jedoch insbesondere die kartenbasierte variable Düngung nur selten in der Praxis zum Einsatz. Ein wesentlicher Grund war das Fehlen aktueller Satellitenbilder.
Dies hat sich mit der Inbetriebnahme der Sentinel-Satelliten des europäischen Copernicus-Programms geändert. Für die Landwirtschaft sind die Sentinel-1-Satelliten mit Radar- und die Sentinel-2-Satelliten mit Multispektralkameras interessant.
Der letzte der vier Satelliten wurde im März 2017 in Betrieb genommen. Die hohe Auflösung entspricht den Anforderungen der teilflächenspezifischen Düngung. Und die häufige Überfliegung erhöht die Wahrscheinlichkeit, zeitnah auswertbare Bilder zu erhalten. Die ESA bietet die Bilder kostenfrei an und stellt auch Tools zur Auswertung bis hin zur Berechnung des NDVI-Vegetationsindexes zur Verfügung.
Etablierte Firmen und Start-Ups nutzen diese Möglichkeiten intensiv und bieten Biomasse-, Dünge- und Saatkarten auf der Basis der Sentineldaten sehr preisgünstig an. Die Vermarktung erfolgt in Form cloudbasierter Internetanwendungen für PCs in Kombination mit Apps für Android- und IOS-Geräte.
Durch die Kombination aktueller hochaufgelöster Karten in Verbindung mit der preiswerten, weit verbreiteten Smartphone-Technologie wird die teilflächenspezifische Düngung auch für kleine und mittlere Betriebe sehr attraktiv. Es ist daher zu erwarten, dass Düngerstreuer mit Isobus-Technik und vielleicht auch Pneumatikstreuer vermehrt nachgefragt werden. Sicherlich auch im Hinblick auf diese Entwicklung wurde auf der letzten Agritechnica ein neuer Anbau-Pneumatikstreuer vorgestellt. Der Streuer soll nächstes Jahr mit Arbeitsbreiten von 18 bis 30 m angeboten werden.
Dosierung der Düngermenge
Neue Dosiersysteme können bei diesen Pneumatikstreuern auch kleinräumige Variationen der Ausbringmenge exakt umsetzen. Dabei werden die Dosierorgane jeder einzelnen Düngerauslassöffnung unabhängig voneinander und stufenlos regelbar elektrisch angetrieben.
Der elektrische Antrieb mit einer Spannung von 48 V ermöglicht sehr kurze Verstellzeiten und somit eine schnelle Variation der Düngermenge in Fahrtrichtung. Quer zur Fahrtrichtung ist die Düngergabe in 1,2 m breiten Streifen variierbar. Das führt zu einer erheblich höheren räumlichen Auflösung im Vergleich zu bisherigen Lösungen.
Bei der Düngung nach Applikationskarte werden die Vorgabewerte genauer umgesetzt. Beim Streuen von Keilen und in Kurven lassen sich Über- und Unterdosierungen deutlich verringern. Das Grenzstreuen kann durch eine Mengenanpassung an der äußeren Düngerauslassöffnung in Verbindung mit einem Grenzstreuleitblech ebenfalls optimiert werden.
Düngerplatzierung
Ein weiterer Schwerpunkt in den letzten Jahren sind Entwicklungen im Bereich der Düngerplatzierung. Dazu gehören Verfahren wie Strip-Till und punktgenaue Unterfußdüngung. Mit dem Strip-Till-Verfahren zu Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln und bedingt zu Getreide und Raps wird ein großer Düngeranteil nahe an die Pflanzenwurzel gebracht. Das minimiert Verluste von Düngern, die die Wurzeln nicht erreichen.
Untersuchungen der Fachhochschule Köln haben gezeigt, dass durch eine weitere Konzentration der Düngerplatzierung auch innerhalb einer Reihe Dünger eingespart werden kann. Wird der Unterfußdünger bei der Maissaat in kleinen Portionen gezielt nur in der Nähe der Körner abgelegt, lassen sich bei gleichem Ertrag 25 % des Düngers einsparen. Bei gleicher Düngermenge wurde in den dreijährigen Versuchen ein Mehrertrag von 6 bis 7 % gemessen.
Weitere technologische Hilfsmittel
Bei all der modernen Technik darf man eines nicht vergessen: Eine hohe Düngeeffizienz kann nur dann erreicht werden, wenn der Düngerstreuer richtig eingestellt wird. Dafür gibt es Hilfsmittel, die den Fahrer unterstützen. Auch in diesem Bereich gibt es deutliche Fortschritte. Dazu gehören
- umfangreiche Datenbanken zur richtigen Streuereinstellung, die heute per App mit dem Smartphone auch während der Arbeit abgerufen werden können,
- automatisierte GPS-gestützte Teilbreiten- und Vorgewendeschaltung,
- Radarsensoren, die das Streubild während der Fahrt kontinuierlich erfassen.
Die Fortschritte bei der Steuerungs- und Regelungstechnik in Verbindung mit leistungsfähigen Datennetzen ermöglichen heute auch, den Einfluss der Hangneigung bei der Ausbringung mit Wurfstreuern zu berücksichtigen. Bisher konnte kein System die veränderte Wurfweite am Hang ausgleichen.
Ein neues Regelsystem ermöglicht dies. Die entsprechende Software verbessert in Verbindung mit einem Neigungs- und Gierratensensor bei Scheibenstreuern durch Veränderung von Aufgabepunkt, Scheibendrehzahl und Dosiermenge die Verteilgenauigkeit in hügeligem Gelände. Darüber hinaus werden Über- und Unterdosierungen beim Überfahren von Kuppen und beim Durchfahren von Senken verringert.
Die Kontrolle des Streubildes kommt in der Praxis oft zu kurz. Auch hier gibt es neue, praxisnahe Lösungen. So z.B. ein digitales Prüfset, bei dem statt der Prüfschalen Kunststoffmatten mit genoppter Oberfläche nach dem gleichen Muster wie die Prüfschalen auf dem Feld ausgelegt werden.
Beim Streuen fangen Noppen die Düngerkörner auf. Anschließend fotografiert man die Matten mit dem Smartphone, und eine herstellereigene App wertet sie aus. Im Vergleich zuden bisher üblichen Prüfschalen ist die Auswertung einfacher und etwas schneller, der Preis günstiger und das Transportvolumendeutlich geringer. Es bleibt zu hoffen, dass diese Vorteile die Akzeptanzin der Praxis verbessern. Denn die Überprüfung des Streubildes auf dem Feld sollte keine seltene Ausnahme mehr sein.