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Closed-Transfer-Systeme: die Pflanzenschutzspritze geschlossen befüllen

Pflanzenschutzmittel einfüllen, ohne zu kleckern: Zusammen mit zwei Landwirten und der LWK NRW haben wir zwei Systeme für den geschlossenen Transfer ausprobiert.

Lesezeit: 8 Minuten

Kein Kontakt mit dem Anwender, kein Verschütten, saubere Gebinde – das sind die Anforderungen an ein Closed-Transfer-System (CTS) im Pflanzenschutz. Das Ganze ist schnell erklärt: Durch einen Adapter oder ein spezielles Koppelsystem soll sich der Kanisterinhalt in die Spritze füllen lassen, ohne dass der Inhalt mit der Umgebung in Kontakt kommen kann. In das System ist eine Reinigungsdüse integriert.

Derzeit gibt es in Deutschland zwei CTS-Lösungen, die nach und nach in der Praxis ankommen: Das schon länger verfügbare easyFlow von Agrotop und das easyconnect, das ein Konsortium um BASF in den Markt bringen will. Zusammen mit Harald Kramer von der Landwirtschaftskammer NRW haben wir uns beide genauer angesehen und mit zwei Praktikern über die Vor- und Nachteile diskutiert.

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Der Termin fand auf dem Ackerbaubetrieb von Wilhelm Wortmann im nordrhein-westfälischen Fröndenberg statt. Wortmann arbeitet im Hauptberuf ebenfalls für das Pflanzenschutzamt der LWK NRW. Stephan kleine Kalvelage bewirtschaftet einen Betrieb im bergischen Lindlar und erledigt Pflegearbeiten im Lohn. Im Folgenden fassen wir die Praxiseindrücke zusammen.

easyFlow von Agrotop in der Weiterentwicklung

Das easyFlow Agrotop ist bereits seit 2013 am Markt. Das Einstiegsmodell gibt es für unter 200 € (alle Preise ohne MwSt.). Ein angehängtes M in der Typenbezeichnung weist auf einen integrierten Behälter zum Abmessen von Teilmengen hin. Der Preis hierfür bewegt sich um 718 €. Der Hersteller räumt allerdings ein, dass der große Durchbruch am Markt noch nicht erreicht ist.

Beide Landwirte haben ihre Spritzen hingegen auf eigene Initiative schon länger damit ausgestattet. Für sie spielen Anwendersicherheit und Vermeiden von Punkteinträgen eine wichtige Rolle. Sie haben die CTS-Einheiten über Halter direkt an den Geräten montiert und in den Flüssigkeitskreislauf integriert.

Kern der Entwicklung sind spezielle Adapter, die man vorher auf den Kanisterhals schraubt. Der Adapter passt von oben in den Anschluss des easyFlows. Ein Bügel sichert Adapter und Kanister. Über eine Drehung des Bügels öffnet die Kupplung den Zufluss in das System. Auch die Reinigungsdüsen sind im Adapter integriert.

Drückt man von oben auf den aufgeschraubten Adapter, durchstößt ein Kranz aus Kunststoffzähnen die Siegelfolie. An einer Stelle bleibt ein Steg stehen, sodass die Folie weiter am Kanister hängt, aber nicht stört. Ein kleiner Drahtbügel drückt die Folie nach unten und gibt so den Weg für die Pflanzenschutzmittel frei.

easyFlow: kein Mehraufwand für Adapter

Die Spritzenprofis Wortmann und kleine Kalvelage finden diese Lösung sehr gelungen. Denn normalerweise öffnet man die Folie z.B. mit einem Taschenmesser oder einem anderen Werkzeug – und verschleppt mitunter konzentriertes Mittel.

Ein Adapter kostet 39,90 € und passt auf Kanister mit dem weltweit gängigen 63 mm-Standardgewinde. Das macht das System weitgehend unabhängig vom Mittelanbieter.

Vor allem bei großen Spritzen und Tankmischungen sind entsprechend viele Adapter notwendig. Praktiker sehen das oft als wichtigen Nachteil des Systems. Sie befürchten zudem einen hohen zusätzlichen Zeitbedarf für das Umschrauben der Adapter.

Stephan kleine Kalvelage kann das nicht bestätigen, weil der Adapter das separate Entfernen des Siegels überflüssig macht und damit den Aufwand für das Aufschrauben mehr oder weniger neutralisiert. Wenn es in der Saison schnellgehen muss, wechselt er die Adapter direkt von Kanister zu Kanister.

Der vollintegrierte, geschlossene Messbecher für Teilmengen fasst 2.200 ml. Der Becher lässt sich mit der eingebauten Reinigungsdüse säubern. Nach Erfahrung von Wilhelm Wortmann geht das schneller, wenn er die Innenwandungen des Bechers vor dem Einsatz über das Reinigungssystem befeuchtet.

easyFlow: Vorsicht bei Teilmengen

Zu viel dosiertes Mittel lässt sich aus dem Becher nicht zurück in den Kanister füllen. Deshalb starten die beiden Landwirte immer erst mit der Teilmenge und füllen dann die kompletten Kanistermengen ein. Machen sie also einen Fehler, lässt sich dieser noch korrigieren.

Bei zähflüssigen Mitteln kritisieren die Anwender die relativ langsame Fließgeschwindigkeit durch den Adapter. Das soll der sogenannte Chucker beschleunigen. Das ist ein Belüftungsdorn (14,90 €), den man in den Boden des kopfstehenden Kanisters stößt. Der Dorn bleibt bis zum Abschluss der Kanisterreinigung hier stecken. Unsere beiden Tester nutzten den Dorn aber bisher nicht.

Die Reinigungsdüse ist direkt im Adapter integriert. Damit lässt sich der entleerte Kanister im gekuppelten Zustand ausspülen. Beide Landwirte haben die Erfahrung gemacht, dass die Reinigung bei zähflüssigen Mitteln durchaus anspruchsvoll ist.

Künftig Mehrwegbehälter für Pflanzenschutzmittel?

Die Entsorgung der leeren Kunststoffkanister ist ein wachsendes Problem. Nachdem ein erstes System mit Mehrwegbehältern vor einigen Jahren gescheitert war, gibt es aktuell einen neuen Ansatz von Agrotop und dem Anbieter SumiAgro mit Getreidefungiziden.

Die Behälter „easyMatic“ sind mit RFID-Chips ausgestattet (Dokumentation u. a. welches Mittel in dem Tank war). Über eine tropffreie Kupplung, ähnlich wie bei einem Bierfass, kann man das Mittel entnehmen. Manche landwirtschaftliche Großbetriebe beziehen ihre Pflanzenschutzmittel auch im IBC, wahlweise 560 oder 1.000 l.

Für beide Systeme hat Agrotop das easyFlow M aufgerüstet. Die komplette Anlage ist dann auf einer Karre untergebracht (komplett ca. 3.150 €). Hier gibt es für Kanister die normale Adapterlösung mit Messbecher. Für die großen Behälter saugt die Pflanzenschutzspritze das Mittel über einen speziellen Anschluss an. Ein präziser Durchflussmesser mit integrierter Taumelscheibe zeigt die Menge auf einem Display an. Ist das Ziel erreicht, schließt der Nutzer die Saugleitung per Kugelhahn. Ein Behälter unten in der Karre fängt Wasser beim Reinigen auf. Er wird später in die Spritze entleert.

easyconnect noch in der Vorserie

Das notwendige Aufschrauben eines separaten Adapters ist ein oft genannter Kritikpunkt im Zusammenhang mit dem easyFlow. Das System easyconnect arbeitet deshalb mit einem speziellen Schraubverschluss mit einem integrierten Innendeckel, der den Adapter überflüssig machen soll (siehe top agrar-Ausgabe 11/2020). Zum Entleeren setzt man den Kanister mit der Öffnung nach unten in den „Coupler“. Eine Lanze greift dann von unten mit Krallen in den Innendeckel, fixiert ihn und schiebt ihn nach innen (oben) in den Kanister. Jetzt kann das Pflanzenschutzmittel durch den Coupler in die Spritze gefüllt werden. Pentair, ein Düsenhersteller aus Großbritannien, hat das System unter dem Namen „Clean Load Nexus“ entwickelt.

Nimmt man es genau, heißen nur die Kanisterverschlüsse „easyconnect“. BASF hat im Industrieverband Agrar (IVA) eine Initiative gegründet, mit dem Ziel, dass möglichst viele Hersteller von Pflanzenschutzmitteln ihr Gebinde ab Werk mit dem speziellen Verschluss ausstatten. Unter www.easyconnect.tech/de finden sich neben der technischen Beschreibung die teilnehmenden Hersteller, darunter mittlerweile auch Adama, Bayer und Syngenta.

Fehlt ein passender Coupler, lässt sich der Deckel übrigens auch wie üblich als Ganzes aufschrauben. Andersherum: Das CTS funktioniert nur, wenn die Kanister mit dem mehrteiligen Deckel verschlossen sind. Das ist ein Nachteil, wenn Hersteller – z. B. von Generika – nicht mitmachen.

Zulassung bisher nur für Komplettentnahme

Bisher hat das JKI nur eine Zulassung für die Komplettentnahme ausgesprochen und nicht für Teilmengen. Denn der anspruchsvollste Part des Systems ist das Wiederverschließen eines teilentleerten Behälters. Dazu muss die Kralle den Innendeckel zurück in den Sitz ziehen und den Kanister 100 % dicht verschließen. Zusätzlich muss die Außenseite des Innendeckels gereinigt sein, hier dürfen sich keine Mittelreste mehr finden. Vor allem bei zähflüssigen Stoffen ist das schwierig. Andererseits: Weil die Öffnung größer ist als beim easyFlow, gelangen zähflüssige Mittel schneller in die Spritze.

Nach Erfahrungen der Experten der LWK NRW gibt es noch Entwicklungsbedarf beim Wiederverschließen und Dichtigkeit. Weil die Kanister auch über das Pamira-System entsorgt werden sollen, ist z. B. eine zusätzliche Gummidichtung nicht möglich – das Material würde das Recycling stören.

easyconnect: Teilmengendosierung unelegant

Die Landwirte kleine Kalvelage und Wortmann haben das System ebenfalls in der Praxis getestet. Sie fanden vor allem das Dosieren von Teilmengen weniger elegant. Bisher gibt es dazu nur Markierungen am Schlauch, der zur Spritze führt. Den Schlauch muss man entsprechend hochhalten und per Hebel am Coupler langsam das Mittel dosieren, bis der Pegel die Markierung der gewünschten Teilmenge erreicht hat. Die Markierungen erlauben aktuell bis 800 ml, sodass man den Prozess mehrfach wiederholen muss, bis z.B. 3,5 l aus einem 5 l-Gebinde entnommen sind.

Auf den DLG-Feldtagen im Juni hat Pentair einen Dosierbehälter für Teilmengen bis 1.000 ml gezeigt. Der Messbehälter ist – wahrscheinlich aus patentrechtlichen Gründen – vom Coupler getrennt an einem Gestell montiert. Teven stellte auf den Feldtagen einen neuen, elektrischen Coupler mit integriertem digitalen Messsystem vor, der das Thema Teilmengen eleganter lösen soll.

Auch Lechler arbeitet scheinbar an einem Coupler für das System. Weil die großen Chemiefirmen hinter dem System stehen, dürfte die Entwicklung weitergehen.

easyconnect: Reinigung im Uhrzeigersinn

Auch beim easyconnect ist eine Reinigungsdüse in der Lanze integriert. Sie gibt konstruktionsbedingt das Wasser aber nur in eine Richtung ab. Deshalb muss der Kanister während der Reinigung von Hand im Coupler in 90°-Schritten gedreht werden. Wichtig ist, dass man ihn dabei im Uhrzeigersinn dreht. Denn andernfalls schraubt man den Deckel los.

Nach Abschluss der Reinigung zieht der Coupler die Lanze zurück und damit den Innendeckel in seinen Sitz. Damit Landwirte die Kanister komplett leer in das Pamira-System geben können, gibt es eine spezielle Abtropfwanne. Dazu steckt man den Kanister auf einen Dorn und drückt den Innendeckel endgültig in den Behälter. Das restliche Reinigungswasser kann jetzt einfach nach unten herauslaufen.

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