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Neuheit: Wie funktioniert die Pulsweitenmodulation bei Feldspritzen?

Eine interessante Entwicklung bei Feldspritzen ist die Pulsweitenmodulation (PWM). In einem Gespräch mit Herstellern und Beratern haben wir diskutiert, wie diese Technik funktioniert und was sie kann.

Lesezeit: 8 Minuten

Bei der letzten Agritechnica war es ein wichtiger Trend in der Pflanzenschutz-Technik: Die Pulsweitenmodulation, oder kurz PWM. Dabei spritzen die Düsen nicht ständig, sondern werden mit hoher Frequenz über ein spezielles Ventil an- und ausgeschaltet. Über den An-Anteil im Zyklus, den sogenannten Duty Cycle, lässt sich die Ausbringmenge z.B. an wechselnde Geschwindigkeiten anpassen, ohne dass sich der Druck und das Tropfenspektrum ändern.

Wir wollten wissen, wie diese Technik funktioniert, wo sie hinpasst, was die Vor- und Nachteile sind und was sie kostet. Wir haben die Hersteller agrotop/Müller, John Deere, TeeJet und Raven zu einem Expertengespräch im Amazone-Stammwerk in Gaste eingeladen. Mit dabei waren auch Vertreter von Geräteherstellern (Amazone, Hardi, Horsch, Lemken), einige Düsenanbieter (agrotop, Lechler), das JKI und Harald Kramer von der LWK NRW.

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Die Technik der PWM ist nicht neu. In der Industrie wird sie bereits seit ca. 25 Jahren eingesetzt, z.B. wenn Flüssigkeiten in der Produktion aufgebracht werden (u.a. Lebensmittel- oder Pharmaindustrie).

Auch in der Landtechnik sind PWM-Systeme schon lange im Einsatz, erste Prototypen waren bereits 1989 unterwegs. Aktuell sind sie vor allem in Australien und Nordamerika gängig, teils auch in der Ukraine oder in Russland. In diesen Ländern geht es meist um geringe Wasseraufwandmengen bei hohen sowie wechselnden Geschwindigkeiten.

Präzise mit Pulsweiten

Bei uns lag der Entwicklungsfokus mehr auf der Verringerung der Abdrift. Doch aktuell steigt auch in Europa das Interesse an PWM. Treiber sind vor allem die Entwicklungen in der Präzisionslandwirtschaft. Die Hersteller in unserem Expertengespräch berichteten übrigens, dass PWM-Systeme auch an vorhandenen Feldspritzen nachgerüstet werden können.

Die Einheit Hertz beschreibt, wie oft das PWM-Ventil pro Sekunde öffnet und schließt. Die gängigen Systeme arbeiten mit 15 bis 30 Hertz. Teils sind auch bis zu 50 Hertz möglich, aber weniger praxisrelevant. Je höher die Frequenz, desto kürzer ist die Öffnungszeit pro Zyklus. Denn das Wasser hat dann nur sehr wenig Zeit, durch das Ventil zur Düse zu fließen. Zusätzlich kommt es zu einer bestimmten mechanischen Verzögerung beim Schalten.

Aktiv ist ein PWM-Ventil komplett offen. Die Ausbringmenge variiert durch das Verändern der Pulsweite. Das Verhältnis auf/zu wird als Duty-Cycle in Prozent beschrieben. Bei 100 % ist das Ventil dauerhaft offen. Abhängig von den Strömungsverhältnissen im Ventil bedeutet ein Duty-Cycle von 50 % grob die halbe Ausbringmenge. Die meisten PWM-Ventile werden in einen Zyklus von 30 bis 100% gefahren.

Das Funktionsprinzip dahinter ist schnell erklärt: Ein Elektromagnet bewegt in hoher Geschwindigkeit einen Steuerkolben/Stößel plus Dichtungen im Ventil hin und her. Es gibt zwei Bauformen, die nach dem stromlosen Ventilzustand benannt sind: normally closed und normally open. Das erste öffnet sich, wenn der Steuerstrom anliegt, die andere Lösung schließt sich unter Strom.

Vorteil der ersten Lösung: Fällt der Strom aus, bleibt die Leitung dicht. Die andere Lösung hat eine klassische Tropfstoppmembran und einen speziellen Bypass, damit bei Ausfall keine Spritzflüssigkeit austritt. Einige PWM-Ventile können auch den Durchfluss der Düse überwachen bzw. bei Verstopfungen automatisch eine Störung an den Fahrer melden.

Ein wichtiger Fortschritt der letzten Jahre ist der deutlich geringere Stromverbrauch, der vor allem durch Verbesserungen in den Elektromagneten erreicht wurde. Je nach Hersteller sank die Stromaufnahme so z.B. von 0,8 auf 0,2 A per Ventil. Bezogen auf ein 27 m breites Gestänge macht das eine Reduktion von rund 43 A auf knapp 11 A. Bei Selbstfahrern spielt der Stromverbrauch eigentlich keine entscheidende Rolle – sein Stromsystem ist in sich geschlossen und lässt sich auf die PWM abstimmen.

Schwieriger wird es bei Anhängespritzen. Durch die reduzierte Stromaufnahme reicht der Isobus jetzt sicher zum Versorgen des Systems aus. Er stellt bis zu 60 A zur Verfügung. Das macht die PWM-Technik auch für diese Geräteklasse deutlich nutzbarer. Einen weiteren Schub gab es durch die deutlich leistungsfähigeren Steuerungscomputer.

Die PWM-Ventile werden z.B. wie Einzeldüsenkörper direkt in eine Zirkulationsleitung eingebaut. Wichtig ist ein konstanter Druck im System. Die Spritzenhersteller erreichen das entweder über geregelte Kreiselpumpen mit hydraulischem Antrieb oder über klassische Druckregelventile. Damit die Pulse nicht zu Schwingungen in der Leitung führen, schalten die einzelnen Ventile immer versetzt. Das bringt vor allem aber positive Effekte für die Verteilgenauigkeit.

Größerer Bereich

Ein zentraler Vorteil der PWM-Technik ist, dass hier eine Düse einen viel weiteren Geschwindigkeits- bzw. Volumenstrombereich abdecken kann, als in klassischen Systemen mit variablem Druck. Bisher bzw. alternativ ermöglichen die Firmen wechselnde Geschwindigkeiten/Ausbringmengen über „Düsengetriebe“. Diese Mehrfachdüsenkörper werden mit zwei bis vier unterschiedlichen Düsen bestückt. Der Bordrechner schaltet je nach Geschwindigkeit zwischen den Düsen oder kombiniert sie, um die gewünschte Menge im optimalen Druckbereich der Düsen zu erreichen.

PWM-Düsenträger gibt es entweder als Einzeldüsenträger oder in einer Doppelkombination, meist dann mit einem Schwarzweiß-Ventil. Damit lassen sich die Düsen einzeln, abwechselnd oder kombiniert schalten. Es gibt auch Systeme, die mit zwei plus zwei Düsen bestückt werden. Mit der Hand wählt man dann am Düsenstock das jeweilige Düsenpaar vor. PWM und ein Düsengetriebe lassen sich auch kombinieren. So kann ein Teil der Ausbringmenge gepulst und der andere konstant (z.B. mit einer Injektordüse) ausgebracht werden. Solche Lösungen gibt es z.B. von Horsch-Leeb oder von John Deere.

Das gewählte Düsenkaliber im PWM ist bei gleicher Ausbringmenge meist „größer“ als bei den klassischen Systemen. Normalerweise „fährt“ man mit PWM mit 75 % der Nennausbringmenge der Düse. Dadurch kann das System nach oben und unten regeln.

Durch PWM lässt sich bei konstantem Druck und Tropfenspektrum bspw. eine 06er-Düse bis auf die Ausbringmenge einer 02er-Düse herunterregeln. Der nutzbare Geschwindigkeitsbereich der Spritzdüse wird also größer (Vorteil z.B. bei Bergauf- und Bergabfahrten). Natürlich muss man dabei die biologische Wirkung bzw. die gewünschte Benetzung berücksichtigen.

Nicht für alle Düsen

Nicht alle Düsen funktionieren zusammen mit PWM. Der Praktiker kann also nicht einfach seine vorhandenen Düsen am PWM-Ventil montieren. Während konventionelle Düsen ohne Injektor keine Probleme verursachen, wird die Sache bei Injektordüsen komplizierter. Je länger die Düsenform und je höher die Pulsfrequenz, desto höher ist die Anforderung an die Düse.

Die PWM-Technologie kann auch die Einstufung einer Düse in die Klasse der Abdriftminderung infrage stellen, darauf hat das JKI in unserer Expertenrunde hingewiesen. Weil PWM einen deutlich weiteren Regelbereich bietet, lassen sich die Ergebnisse der Düsenprüfungen und besonders auch die verlustmindernden Eintragungen nicht 1:1 übertragen. Die Konstruktion des Ventils, die Durchflussmenge bzw. der Duty-Cycle haben großen Einfluss. Wahrscheinlich müssen individuelle Ventil-Düsenpaarungen untersucht werden, um eine sichere Aussage treffen zu können. Eventuell wird dann für die Abdriftminderung einer Düse auch der PWM-Hersteller und der passende Duty-Cycle angegeben.

Interessant ist auch die Frage, wie die Gerätekontrolle später Spritzen mit PWM überprüfen wird. Das DynaJet von TeeJet verfügt mittlerweile über eine JKI-Anerkennung. Die Anerkennung beinhaltet auch eine Prüfung der lückenfreien Benetzung. Auch das ExactApply von John Deere wurde vom JKI in Kombination mit bestimmten Düsen und Arbeitszyklen anerkannt.

Viele Vorteile – aber teuer

Wo liegen unter dem Strich die Vorteile der PWM-Technik?

  • Der Volumenstrom lässt sich in einem sehr großen Bereich variieren, ohne dabei die Tropfengröße zu ändern.



  • Der Fahrgeschwindigkeitsbereich erweitert sich. Das ist vor allem beim Beschleunigen am Vorgewende oder in hügeligen Regionen interessant. Je nach Typ ermöglicht PWM durch den Duty-Cycle und das Regeln des Drucks einen Ausbringbereich einer Düse von bis zu 1:5 (also z.B. 0,8 bis 4 l).



  • Bei bewährter Technologie ist der Aufbau des Systems einfacher und kompakter als ein „Düsengetriebe“.



  • Der Betrieb kommt mit weniger Düsengrößen aus.



  • Je breiter das Gestänge und je kurviger die Fahrgasse, desto mehr variiert die Geschwindigkeit zwischen den beiden Gestängeenden. Das führt bei einer konventionellen Schaltung mit gleicher Durchflussmenge an jeder Düse zu Über- und Unterdosierungen (Bestandschaden oder verminderter Behandlungserfolg). Die Kurvenkompensation der PWM-Technik kann das in Kombination mit einem Gyroskop durch unterschiedliche Taktfrequenzen der Düsen ausgleichen.



  • PWM ermöglicht je nach Ausbaustufe und Rechnerkapazität eine Einzeldüsenschaltung mit variabler Menge. Damit lassen sich künftig Applikationskarten viel genauer/kleinteiliger abarbeiten als mit der gleichen Ausbringmenge über die gesamte Arbeitsbreite.



  • PWM ist die technische Voraussetzung für das künftige Spot-Spraying, also das kleinräumige Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln auf den Punkt.

Stellt sich noch die Frage nach den Kosten. Dazu haben die Experten in unserem Gespräch eine grobe Schätzung abgegeben. Die notwendige Infrastruktur aus Controller (eventuell plus Monitor), Kabelsatz usw. kostet rund 7000 €. Dazu kommen Ventilkosten von rund 600 € pro Meter Arbeitsbreite. Für eine gängige Feldspritze mit 27 m Arbeitsbreite ergibt sich ein stolzer Preis von 21000 bis 25000 € bzw. rund 800 €/m. Ein vergleichbares Zweifach-Düsengetriebe gibt es für die Hälfte (400 €/m).

Keine Frage, die PWM steht bei uns erst am Anfang – was sich auch im derzeit noch recht hohen Preis niederschlägt. Für einen Betrieb, der sein Standardprogramm mit gleichen Mengen auf ebenen Flächen ausbringt, ist die Technik vielleicht überdimensioniert. Pflanzenschützer in hügeligem Gelände oder mit unförmigen Schlägen, Anwender von Applikationskarten und Pioniere beim Spot-Spraying werden die Vorteile der PWM-Technik dagegen nutzen können. Wahrscheinlich wird es wie bei vielen Entwicklungen laufen: Zuerst sind sie selten und teuer. Je mehr Anbieter und Nutzer, desto weiter fällt der Preis. Das GPS ist dafür ein gutes Beispiel.

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