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topplus Runder Tisch mit Landwirten, Beratern & Entwicklern

Pflanzenschutz: Gezielter behandeln auf Knopfdruck

Nester behandeln, Mittel am Rand wechseln – Direkteinspeisung bringt Flexibilität und Nachhaltigkeit. top agrar hat mit Landwirten, Beratern und Entwicklern über DirectInject von Amazone diskutiert.

Lesezeit: 11 Minuten


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Inhaltsverzeichnis


„Mit dem System bringe ich in erkennbaren Befallsnestern, und nur dort, ein besonders wirksames, aber auch teures Mittel gegen Kraut- und Knollenfäule aus. Den übrigen Schlag behandele ich mit der Standardmischung.“ So bringt Landwirt Christoph Sandbrink einen Vorteil eines neu entwickelten Systems zur Direkteinspeisung von Pflanzenschutzmitteln auf den Punkt. Der Kartoffelanbauer ist einer von mehreren Praktikern, die vorab Prototypen getestet haben.

Amazone bringt zum Frühjahr 2022 eine Systemlösung zum direkten Einspeisen von Pflanzenschutzmitteln für UX-Spritzen auf den Markt. Die Neuheitenkommission der DLG hat die Entwicklung mit einer Silbermedaille prämiert. Wir wollten wissen, wie das DirectInject funktioniert und welche Erfahrungen Landwirte damit gemacht haben. Dafür haben wir zu einem Expertengespräch eingeladen. Teilnehmer waren:

  • Dirk Westrup, Betriebsgemeinschaft Westrup-Koch GbR in Bissendorf bei Osnabrück. Der Praktiker war bereits 2019 mit ersten Funktionsmustern unterwegs.
  • Christoph Sandbrink bewirtschaftet einen Betrieb mit den Schwerpunkten Energie und Kartoffelanbau. Der Landwirt aus Bersenbrück in Niedersachsen hat in der Saison 2021 ein Vorserienmodell eingesetzt.
  • Christian Hinz aus Klein Bünzow bei Anklam war online zugeschaltet. Er ist Geschäftsführer des Gutsbetriebs mit knapp 2000 ha.
  • Harald Kramer, Pflanzenschutzdienst der LWK NRW.
  • Konstrukteure und Produktspezialisten von Amazone.

Hohe technische Anforderungen für praxistaugliche Direkteinspeisung

Die Idee einer Direkteinspeisung ist nicht neu: Hochgenaue Pumpen dosieren das Pflanzenschutzmittel erst kurz vor der Ausbringung in das Flüssigkeitssystem. In der extremen Ausbaustufe ist der Hauptbehälter nur mit Wasser gefüllt. So lassen sich die Mittel teilflächenspezifisch und in variablen Mengen ausbringen – zumindest theoretisch.

Weil die Dosiertechnik aber sehr aufwendig ist, beschränkt sich der Einsatz oft auf ein oder zwei zusätzliche Mittel, die bei Bedarf einer Grundbrühe zugemischt werden. Bereits seit einigen Jahren gibt es dazu von verschiedenen Anbietern Lösungen am Markt, die aber nie wirklich aus der Nische herausgekommen sind. Denn die technischen Anforderungen an eine praxistaugliche Direkteinspeisung sind hoch:

  • Die Dosierpumpe muss das Mittel sehr genau in den Flüssigkeitsstrom geben und zwar unabhängig vom Druck in der Spritzleitung.
  • Zudem muss Sie einen weiten Regelbereich abdecken, der von der Mittelmenge pro Hektar, der Arbeitsbreite und auch der Fahrgeschwindigkeit abhängt.

Vor allem wenn Mittel standortspezifisch eingesetzt werden sollen, ergibt sich ein weiteres Problem: Je nachdem wo die Pumpe das Mittel in die Leitung dosiert, dauert es eine Zeit lang, bis es an den Düsen in der notwendigen Konzentration ankommt. Es ergeben sich die bekannten Anfahrdreiecke, Unterdosierungen sind aufgrund der Resistenzproblematik kritisch.

Es ist grundsätzlich praktisch, wenn die Dosierpumpen die Mittel direkt aus den Kanistern ansaugen – aber nur auf den ersten Blick. Bei größeren Flächen müsste der Fahrer die Ansauglanze relativ häufig in den nächsten Kanister stecken. Mittel, die sich absetzen bzw. entmischen, müssten während der Ausbringung gerührt werden, was im Kanister schwierig ist. Granulate lassen sich, wenn überhaupt, nur sehr umständlich einsetzen. Auch die Frage, wie die entleerten Gebinde vor der Entsorgung gereinigt werden, ist hier nicht einfach zu lösen.

Am Markt gibt es, z. B. mit dem Sidekick Pro von Raven, Nachrüstlösungen, die für jede Mittelkomponente einen eigenen Behälter haben. Eine Dosierpumpe fördert das Mittel in den Flüssigkeitsstrom der Spritzleitung. Die Nachrüstlösung hat eine eigene ISOBUS-Steuerung. Sie ist aber nicht in das ­Bedien- und Reinigungskonzept der Spritze eingebunden. Der Anspruch an den Fahrer ist dementsprechend hoch.

Amazone DirectInject: Direkteinspeisung in Serie

Neu beim Amazone DirectInject ist die volle Integration in die Serienspritze. Die Direkteinspeisung lässt sich übersichtlich über das normale Bedienterminal nutzen. Die Konstrukteure aus Gaste arbeiten mit einem Behälter für das konzentrierte Mittel. Der Tank ist an der rechten Maschinenseite untergebracht und fasst 50 l. Das elektrische Rührwerk im Tank arbeitet bis dicht an den Behälterboden. Neben der Off-Stellung gibt es drei einstellbare Intensitäten.

Die elektrische Dosier-Hochdruck-Kolbenpumpe SideKick baut Raven. Sie kann das Mittel in eine Spritzleitung mit bis zu 10 bar einbringen. Der Förderbereich liegt zwischen 30 und 1.180 ml/min. Beim Arbeitsstart befüllt der Fahrer die Pumpe per Knopfdruck an der Anlage mit dem Mittel. Dabei stellt er das Ventil am System auf Zirkulation. Über das gleiche Ventil kann er das Mittel aus dem Tank wieder zurück in den Kanister pumpen oder es an der Behälterunterseite über einen Schlauch abfüllen.

Es gibt keinen Füllstandsmesser. Nach Erfahrungen der Entwickler arbeitet die Pumpe so genau, dass es reicht, nach dem Befüllen des Tanks die Menge im Terminal einzugeben. Vergisst der Fahrer das, geht die Anzeige auch in den Negativbereich, zeigt also bspw. -10 l an. Die Information über die ausgebrachte Menge geht so nicht verloren. Wie bei anderen Systemen dosiert die Pumpe das Mittel in einen zentralen Kaskadenmischer. Das Flüssigkeitssystem dahinter ist beim DirectInject allerdings anders.

Getrennte Leitungen im Flüssigkeitssystem

Wie in der Übersicht dargestellt, arbeitet Amazone mit zwei Leitungen, eine für die reine Grundbrühe (blau) und eine zweite für die Grundbrühe plus vom DirectInject eindosierter Komponente (rot). Beide Leitungen führen getrennt zum Spritzgestänge mit Druck-Zirkulationsleitung und Einzeldüsenschaltung. Über die Arbeitsbreite verteilt gibt es für beide Leitungen parallele Einspeisepunkte mit Rückschlagventilen (z. B. zehn Stück bei 30 m Arbeitsbreite).

Zu Beginn der Arbeit entscheidet der Fahrer am Terminal, ob er die Direkteinspeisung nutzen möchte und gibt die gewünschte Ausbringmenge des Mittels in ml/ha ein. Dann lädt das System die rote Leitung automatisch vor. Im Computer ist dazu die genaue Füllmenge der Schläuche hinterlegt.

Beim Vorladen füllt das DirectInject so lange die rote Leitung, bis die mit der Zusatzkomponente „aufgeladene“ Grundbrühe an allen Einspeisepunkten ansteht. Diese Lösung verkürzt die Anfahrdreiecke deutlich. Die Reaktionsstrecke, bis die aufgeladene Grundbrühe an allen Düsen austritt, liegt laut Amazone bei 30 m.

Wenn die Elektronik auf die rote Leitung umschaltet, schließt sich automatisch der Rücklauf der Zirkulation in den Tank und öffnet nach Abschalten des DirectInjects zeitverzögert. Das verhindert, dass die Zusatzkomponente in die Grundbrühe gerät.

Vier Strategien zur Nutzung der Direkteinspeisung

Der Fahrer hat unterschiedliche Möglichkeiten, die Direkteinspeisung zu nutzen. Dabei schaltet er sie per Touch, per Aux-N-Joystick oder automatisch über eine ISOBUS-Funktion (z. B. Variable Rate) zu:

  1. Das System dosiert stetig auf der gesamten Fläche ein Mittel in die Grundbrühe. Das ist sinnvoll, wenn sich z. B. Grundbrühe und Insektizid nicht über einen längeren Zeitraum vertragen würden oder nach Flächenwechsel ein zusätzliches Mittel ausgebracht werden soll (rote Leitung permanent in Betrieb).
  2. Der Fahrer wählt die Zusatzkomponente nur in bestimmten Feldbereichen aus (Ränder, Befallsnester) bzw. lässt ein Mittel mit schärferen Abstandsauflagen z. B. an Gräben weg.
  3. Eine Applikationskarte steuert die Direkteinspeisung über die ISOBUS-Funktion „Variable Rate“. Amazone will künftig dafür in der Software den entsprechenden Vorlauf berücksichtigen, sodass das Mittel ohne Verzug genau an der gewünschten Stelle an den Düsen austritt. Die Applikationskarten können u. a. auf Basis von Satellitendaten oder Drohnenbildern erstellt werden.
  4. Ein Sensor am Traktor steuert das System an. So lässt sich bspw. ein Wachstumsregler standortspezifisch einsetzen und zu einer fungizidhaltigen Grundbrühe dosieren.

Reinigung in Schritten

Nach dem Befüllen des DirectInject-Tanks spült der Anwender die Kanister an der normalen Einspülschleuse links an der Spritze. Die Reinigungsflüssigkeit wird in der Grundbrühe aufgefangen. Diese Lösung schließt im Prinzip auch aus, dass der Hauptbehälter ausschließlich mit Klarwasser gefüllt wird, wie es eigentlich der reinen Idee einer Direkteinspeisung entsprechen würde.

In Arbeitspausen kann der Fahrer die Dosierpumpe einzeln unabhängig vom Mitteltank reinigen. Ist der Tank leer, lässt sich die Direkteinspeisung zunächst mit der Grundbrühe über einen Abzweig der Rührpumpe vorspülen. Der „Umweg“ über die Grundbrühe verhindert, dass anfangs konzentriertere Lösung aus der Direkteinspeisung ausgebracht würde.

Bei der Schlussreinigung mit Klarwasser erfasst das Reinigungsprogramm der Spritze auch alle Komponenten der Direkteinspeisung. Im Zusatztank ist dafür eine leistungsfähige Reinigungsdüse untergebracht. Die integrierte Reinigung ist ein Vorteil gegenüber vielen nachgerüsteten Lösungen.

Amazone bietet das DirectInject nur für die UX 01-Baureihe an. Voraussetzung ist die Ausstattung der Spritze mit dem Comfort Paket plus und dem Umlaufsystem DUS pro. Der Listen-Aufpreis für das System DirectInject liegt dann bei rund 15.000 € (o. MwSt.). Denkbar wäre es, später auch mehrere Systeme auf einer Spritze zu kombinieren.


Im folgenden haben wir für Sie die Erfahrungen der drei Landwirte zusammengefasste, die an der Diskussion mit top agrar teilnahmen.

Christoph Sandbrinks Erfahrungen mit Amazone DirectInject in Kartoffeln

„Wir konnten einen Prototypen in der Saison 2021 nutzen – leider erst, nach der Unkrautbekämpfung. Wir haben das System vor allem auf den Kartoffelflächen eingesetzt. Ich fand die Bedienung einfach, allerdings bin ich technikaffin. Die Flexibilität erleichtert unsere Streckenplanung, wenn wir mehrere Flächen hintereinander abarbeiten. Wir haben Schläge von unter 3 ha bis rund 20 ha. Unsere weitesten Felder liegen bis 35 km entfernt. Teils hätten wir Schläge noch mal separat anfahren und behandeln müssen.

Ich finde die Möglichkeit praktisch, auf Knopfdruck ein weiteres Mittel einzudosieren. Das haben wir z. B. in Befallsnestern oder in den Pflanzkartoffeln mit einem hoch wirksamen Fungizid genutzt, das auch Sporen abtötet, aber teuer ist. Oder wir setzten gezielt ein Insektizid nur in Bereichen mit Kartoffelkäfern ein.

Das Einsparen von teuren Mitteln bzw. Wegen würde die Mehrkosten für unseren Betrieb wahrscheinlich rechtfertigen. Vielleicht ist es künftig sinnvoll, wenn das System zwei Komponenten dosieren kann, also nach dem Prinzip „entweder oder“. Denn teils fahren wir heute die Bereiche an Gräben mit einem anderen Mittel separat an.

Beim aktuellen DirectInject fände ich es praktisch, wenn man das zusätzliche Mittel auch nur in einer Gestängehälfte dosieren oder an der äußeren Teilbreite weglassen könnte. Bisher schaltet das System nur die gesamte Arbeitsbreite.“


Dirk Westrups Erfahrungen mit DirectInject im Mais

„Wir konnten schon ab 2019 verschiedene Funktionsmuster ausprobieren. Ich habe mich da erst mit dem Spurenelement Mangan herangetastet und die Genauigkeit getestet. Nachher haben wir die Direkteinspeisung intensiv genutzt.

Bei der Unkrautbekämpfung im Mais setzten wir dann nur dort, wo es nötig war, ein zusätzliches Blattherbizid ein. Anderes Beispiel: Wir arbeiten in Mais grundsätzlich mit Grasuntersaaten. An Vorgewenden oder Rändern läuft in Folgekulturen das Gras teils wieder auf. Mit dem DirectInject haben wir nur hier ein Gräsermittel ausgebracht.

Mir gefällt die Möglichkeit, auf Knopfdruck gezielt zu arbeiten. Bei der Fungizidbehandlung im Fahnenblattstadium (EC 37) konnte ich z. B. Distelnester gezielt mit Ariane C ausschalten.

Ich fände es praktisch, wenn man die Direkteinspeisung zumindest für beide Gestängehälften getrennt schalten könnte. Der Fahrer kann meines Erachtens das System während der Fahrt zwar nicht genau für jede Teilbreite gezielt schalten, aber er sieht schon von Weitem, ob das Befallsnest rechts oder links von der Fahrgasse liegt.

Mir gefallen die Flexibilität bzw. das mögliche Einsparen von Mitteln. Es ist quasi ein technisches Splitting möglich. Das kann meines Erachtens dabei helfen, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln generell zu senken. Ich glaube, dass sich so ein System auf spezialisierten Ackerbaubetrieben durchsetzen kann.“


Christian Hinz‘ Erfahrungen mit DirectInject im Raps

„Wir hatten Erfahrungen mit einer Danfoil-Spritze plus Dreifach-Direkteinspeisung, die wir aber nicht mehr einsetzen. Das DirectInject nutzten wir in der Saison 2021. Für uns ist es interessant, bestimmte Mittel teilflächenspezifisch auszubringen, während wir die Fläche mit anderen ganzflächig behandeln. Das war z. B. ein Insektizid in der Grundbrühe und ein Wachstumsregler im Raps. Die Menge des Wachstumsreglers haben wir vorab auf Basis von Satellitendaten am PC geplant. Hier waren uns die Umschaltzeiten noch etwas lang. Künftig soll die Software laut Amazone aber den Vorlauf berücksichtigen und punktgenauer reagieren.

Durch das DirectInject ist auch die Behandlung von Unkrautnestern möglich. Dafür bräuchten wir sonst eine zweite Durchfahrt.

Ich finde es gut, dass die Mittel in dem Behälter ständig aufgerührt werden. Bei Direkteinspeisungen, die direkt aus den Kanistern ansaugen, kann es Probleme mit dem Absetzen geben. Perfekt – aber sehr teuer – wäre eine Lösung mit sechs Einspeisungen und Klarwasser im Tank. So könnte man u.a. auch Mittel kombinieren, die sich sonst nicht so gut vertragen würden.

Am DirectInject gefällt mir, dass es gut in die Spritze integriert ist – inklusive der Reinigung. Interessant ist die Kopplung mit Online-Sensoren. Diese müssten allerdings weit genug vorausschauen können.“

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