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Punktgenauer Pflanzenschutz: Nicht mehr als nötig

Das Smart-Sprayer-System soll den Pflanzenschutzmitteleinsatz in der Landwirtschaft weiter verringern – über die sogenannte Spot-Applikation. Wir haben uns die Technik auf dem Feld angeschaut.

Lesezeit: 5 Minuten

Nur dort spritzen, wo es nötig ist – dieser Ansatz klingt vielversprechend. Das Gemeinschaftsprojekt Smart Sprayer von Amazone, Bosch und BASF soll das möglich machen. Die Firmen arbeiten seit 2017 an der Realisierung des Systems. Das Projekt wird zudem von der EU gefördert.

Der Ansatz: Kameras erkennen während der Fahrt Unkräuter in Reihenkulturen und die einzelnen Spritzdüsen applizieren genau an der gewünschten Stelle die Spritzbrühe. Was theoretisch einfach klingt, ist aber in der Praxis eine technische Herausforderung. Wir haben uns die Technik an einer Amazone Feldspritzenkombination im Osten Deutschlands genauer angesehen.

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Doppelte Düsenzahl am Gestänge

Unser Testgespann setzt sich zusammen aus einer Amazone UX 5201 Anhängespritze in der „Smart Sprayer“-Ausführung mit 5.200 l Tankvolumen und einem 36 m breiten L3-Gestänge, an dem die Hardware-Komponenten der Smart-Spraying-Lösung montiert sind. Außerdem kommt ein Fronttank FT-P 1502 zum Einsatz. Denn bei diesem Smart-Sprayer-Gespann gibt es eine Zweitank-Lösung: Den Fronttank z. B. für Spritzbrühe zur Spotapplikation und den Tank der gezogenen Maschine für eine breitflächige Applikation, wie z.B. Bodenherbizide. Oder eben beide Tanks für eine der Möglichkeiten.

Im Gestänge sind die herkömmlichen Spritzdüsen mit 50 cm Abstand montiert. Diese Düsen werden mit Spritzbrühe aus der UX gespeist. Die zweite Düsenreihe ist etwa 5 cm weiter hinten positioniert. Hier mit einem Abstand von 25 cm. In die zweite Spritzleitung gelangt die Spritzbrühe über Schlauchleitungen direkt vom Fronttank. Diese Düsenreihe nutzt man zur Spot-Applikation. Das kann entweder gleichzeitig mit der breitflächigen Behandlung erfolgen oder einzeln.

Bei den Düsenventilen handelt es sich um pulsweitenmodulierte (pwm) Ventile von Teejet. Diese benötigt man, um ein schnelles Schließen und Öffnen während der Fahrt bei gleichmäßigem Düsenausstoß zu gewährleisten. Die Vorteile der pwm-Technik sind die schnellen Reaktionszeiten. Die Ventile können bis zu 20 mal pro Sekunde öffnen und schließen.

Eine Kamera pro Meter Arbeitsbreite

Zur Unkrauterkennung kommen am UX 5201 Smart Sprayer insgesamt 36 Kamera- und 72 Lichteinheiten zum Einsatz, also eine Kombination je Meter Arbeitsbreite. Sie sind in ein Alu-Gehäuse integriert, das vorne am Spritzgestänge montiert ist. Klappt man das Spritzgestänge aus, schwenken die Alu-Leisten vor dem Gestänge hoch. Die Kameras schauen dann etwa einen Meter vor den Düsen auf den Boden bzw. den Bestand.

Jede Kamera hat einen integrierten „Rechner“, um die schnellen Schaltzeiten zu erreichen. Das Bild wird also direkt verarbeitet und führt zu einer Applikationsentscheidung – oder eben nicht. Diese wird an die Master Control Unit weitergegeben, die diese an die korrekte Section Control Unit weitergibt, um die richtige Düse anzusteuern. Es sind insgesamt je acht Master- und Section Control Units an Bord, die alle per Bus-System angebunden sind. Einfach gesagt: Erkennt die Kamera ein Unkraut, gibt sie die Befehle weiter zur Spritze, die dann die entsprechende Düse öffnet und wieder schließt. Das Ganze funktioniert in weniger als 200 ms, bei Fahrgeschwindigkeiten bis zu 12 km/h.

Zwei LED-Lichteinheiten für jede Kamera

Jeweils zwei LED-Einheiten unterstützen die Kamerasysteme bei der Bilderkennung. Die Licht-Units arbeiten je mit 15 unterschiedlichen LED mit verschiedenen Farbspektren, um die Bilderfassung zu jeder Tages- und Nachtzeit sicher arbeiten zu lassen. Außerdem ist es neben der Vorauflauf-Erkennung auch möglich im Nachauflauf zu arbeiten. Das ist erheblich anspruchsvoller. Dabei ist das System bzw. der Algorithmus in der Software lernfähig. Sobald man einige Meter gefahren ist, erkennen die Kameras in Reihenkulturen ein definiertes Muster und applizieren entsprechend immer dort, wo etwas nicht in der Reihe steht. Eine weitere Kalibrierung ist nicht notwendig. Eine konkrete Blattform können sie bisher noch nicht unterscheiden. Das ist aber notwendig, um später auch in Kulturen ohne erkennbare Reihenstrukturen (Getreide) arbeiten zu können. Die Software-Entwickler arbeiten intensiv an diesem Thema.

Erst planen, dann fahren

Wir setzten unser Gespann bei der Herbizidbehandlung in Zuckerrüben ein. Um die Arbeit beginnen zu können, muss man zunächst einen Auftrag anlegen. Das funktioniert über den xarvio Fieldmanager, einer Online-Anwendung. Den Auftrag kann man entweder über das Online-Portal am Rechner oder über die App auf dem Smartphone erstellen. Dabei legt der Landwirt die Sensitivität für die Kameras bzw. den Smart Sprayer fest. Das ist in drei Stufen eingeteilt. Den Auftrag schickt man anschließend drahtlos an das Terminal.

Die Software nimmt während der Arbeit auf, wo die Düsen appliziert haben. Im Portal bekommt der Landwirt nach der Arbeit eine Übersichtskarte der Fläche angezeigt. Hier ist dann unter anderem auch der Besatz an Unkraut und dessen Verteilung im Feld zu erkennen. Das hilft bei der Planung für weitere Maßnahmen. Außerdem zeigt xarvio auch die Einsparungen der einzelnen Herbizidmaßnahmen an. BASF nennt Einsparpotenziale mit dem System von bis zu 70 %. Das hängt aber stark vom Unkrautbesatz, dem Applikationszeitpunkt und dem Entwicklungsstadium der Kulturpflanzen ab.

Erfahrungen wird man sicherlich im Umgang mit der Restmenge sammeln müssen. Wir finden es zumindest schwierig, im ersten Anlauf ausreichend Spritzbrühe für die Applikation anzumischen oder eben nicht zu viel. Wenn noch eine Restmenge im Tank ist, schaltet der Fahrer auf Flächenbehandlung um. Helfen können bei der Planung die Daten vorangegangener Applikationen.

top agrar-Fazit: Insgesamt machte die Technik im Einsatz einen guten Eindruck. Es ist schon beeindruckend wie schnell die Systeme reagieren können. Die Spotapplikation kann sicherlich einen wichtigen Beitrag zur weiteren Einsparung von Pflanzenschutzmitteln leisten. Allerdings richtet sich die Technik eher an Großbetriebe und Lohnunternehmer. Denn allein die Komponenten für die Spotapplikation sind teurer als die gesamte UX-Feldspritze...

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