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Trends bei der Technik für die Zuckerrübenernte

Ein Ausblick von Dr. Klaus Ziegler, Verband Fränkischer Zuckerrübenbauer, Eibelstadt, für die DLG: Weltweit erzeugen 113 Länder Zucker – in 42 davon aus Zuckerrüben; das sind vor allem klimatisch gemäßigte Länder wie in West-, Mittel- und Osteuropa, den Vereinigten Staaten, China und Japan.

Lesezeit: 9 Minuten

Ein Ausblick von Dr. Klaus Ziegler, Verband Fränkischer Zuckerrübenbauer, Eibelstadt, für die Deutsche Landwirtschafts Gesellschaft (DLG):


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Weltweit erzeugen 113 Länder Zucker – in 42 davon aus Zuckerrüben; das sind vor allem klimatisch gemäßigte Länder wie in West-, Mittel- und Osteuropa, den Vereinigten Staaten, China und Japan. Der überwiegende Teil – gut zwei Drittel – des Weltzuckers wird aus Zuckerrohr in (sub-)tropischen Klimazonen gewonnen.



An die Zuckerproduktion ist oftmals eine Bioethanol-Erzeugung gekoppelt, die sowohl bei Zuckerrohr als auch bei der Zuckerrübe zusätzliche Anbauflächen benötigt. Nicht erst seit der Diskussion über die „Energiewende“ kommt besonders in Deutschland eine weitere Entwicklung hinzu: In Biogas-Anlagen werden zunehmend Zuckerrüben zur Auflockerung maislastiger Substratzusammensetzungen verwendet.

 

Dabei spielt die Erkenntnis eine wesentliche Rolle, dass die Zuckerrübe zu den Feldfrüchten mit den höchsten Trockensubstanz-Erträgen in einer leicht vergärbaren Form zählt. Auf diese Weise konnten die Anbauflächen von Zuckerrüben sogar leicht zulegen – und 2017 wird das vermutlich noch mehr, wenn schließlich die Quotenregelung in der EU fällt. Alle Zucker-Unternehmen und Rübenregionen in der EU rüsten sich aktuell für die Liberalisierung, die dann aber auch den Zugang zu den Weltmärkten weiter öffnet. Wettbewerbsfähigkeit hängt mit der kostenoptimierten Auslastung der vorhandenen Anlagen zusammen, so dass vielerorts spürbare Verlängerungen der Kampagnen und Vergrößerungen der Anbauflächen in der EU zu erwarten sind.


Roden, was gewachsen ist


Die Rahmenbedingungen, unter denen Zuckerrübenanbauer und Zuckerindustrie künftig kooperieren, müssen sich neu finden. Jedoch ist heute schon klar: Der Zucker, der auf dem Feld gewachsen ist und in den Fabriken wirtschaftlich ausgebeutet werden kann, soll möglichst vollständig gerodet und auf den Mieten – oft länger als bisher – gelagert werden. Zudem macht sich die Erkenntnis breit, dass der Rübenkopf – aufgrund züchterischer Fortschritte - heute deutlich weniger schädliche Nicht-Zuckerstoffe enthält, die die Ausbeute behindern. Daneben gilt es, eine (technische) Antwort zu haben auf die rasante Ertragsentwicklung der Rübe im Anbau – es müssen immer größere Massen vom Feld bewegt werden.



Diese Zusammenhänge strahlen unweigerlich auf die Anforderungen der Erntetechnik: bodenschonend, verlustarm, möglichst wenig Beschädigungen, keine (grünen) Blattreste und dennoch kosteneffizient!



Ungeachtet der eigenen Brancheneinschätzung liegt damit ein noch größerer Kostendruck auf allen Bereichen der Erzeugung, aber insbesondere der Erntetechnik; immerhin rund 25 % der Spezialkosten im Feld werden durch diese verursacht.


Mehrreihig selbstfahrend


Beim allgemeinen Trend zur leistungs- und kostenorientierten Mechanisierung in der Landwirtschaft geht der Rübenerntebereich weiter voran. Große selbstfahrende Maschinen, meist 6-reihig, immer öfter 9-reihig und in Ausnahmefällen auch 12-reihig und bunkernd, sind mittlerweile das Maß und das weltweit. Was 1974/1975 mit den ersten sechsreihigen Köpfrodebunkern „Südzucker-Betaking 3000“ und dem „Holmer-System Paintner“ begann, wurde in den letzten Jahrzehnten und wird weiter perfektioniert.



Weiterentwicklungen auf den Gebieten einer schonenden Behandlung der Zuckerrübe, eines geringen Erdanteils bei dennoch geringen Ernteverlusten - und das bei einem Maximum an Bodenschonung - erfolgen meistens nur noch bei diesen mehrreihigen, selbstfahrenden Maschinen, die die Ernte in Einmann-Arbeit erledigen. 12-reihige Versionen erfordern stets eine zusätzliche, ausgefeilte Abfuhr-Technik/-Logistik auf dem Feld – die Bodenbelastung zu verringern, steht dabei immer im Fokus.



Innovationsmotor sind natürlich auch die veränderten Ansprüche in der äußeren Qualität der Rüben(Köpfschnitt/Ganzrübe) bei Biogasnutzung und Langzeitlagerung. Hohe Mobilität, Wendigkeit, schnelle Betriebsbereitschaft und Einsatzsicherheit sind Parameter für den effizienten Einsatz auf allen Flurstücks-Größen. Der ergonomischen Bedienung und der Schulung des Bedienungspersonals in High-Tech-Fahrerkabinen gilt ein großes Augenmerk. Kameraüberwachung und Touch-Screen-Bedienung über/auf Monitor-Oberflächen verlangt höchste Aufmerksamkeit vom Fahrer, der für jede Automatisierung dankbar ist. Dies darf allerdings nicht den direkten Kontakt zu Boden und Erntegut verhindern, um beste Arbeitsqualität bei annehmbaren Bodenbedingungen im Blick zu behalten.

 

Die Nutzung der neuesten Reifentechnologie mit Balance- und Wank-Stabilisierung bei zwei- und immer mehr dreiachsigen Maschinen erhöht die Einsatzflexibilität nicht nur im hängigen Gelände. In die gleiche Richtung zielen verlängerte, klappbare Bunkerausleger, um größere Mieten für 10 m Mäuse aufzubauen oder ein Rodeaggregat, an dem die Rodewerkzeuge (Polderschare) einzeln aufgehängt sind und sich automatisch und unabhängig voneinander exakt an die (unebene) Bodenoberfläche anpassen. Gerade bei größeren Arbeitsbreiten dürfte diese Fähigkeit immer mehr geschätzt werden, bei 12 Reihen ein Muss. Mit Blick auf das Gewicht werden zunehmend leichtere, aber gleich robuste Werkstoffe verbaut. Die Maschinen für Profis können mit Hilfe von Smartphones und/oder Tablet-PC´s (fern-)gewartet werden; das erspart Arbeitszeit und Kosten.


Alternative Köpfsysteme


Die Entblätterung der Zuckerrüben durch zwei, alternativ in der Front angebaute Wellen mit Gummi- und Stahl-Schlegeln, deren Drehzahl und Arbeitshöhe individuell dem Bestand anzupassen sind, hat auch die klassische Köpfarbeit mit dem Schleifkufen-Tastmesser zur Weiterentwicklung animiert. Parallel geben alle Hersteller mit Lösungen zur sogenannten „Minimal-Köpfung“ eine effiziente und kostengünstige Antwort auf das Schlegel-Entblättern. Der klassische Nachköpfer mit der Schwierigkeit oft hoher Anteile „zu tief geköpfter“ Rüben ist damit abgelöst.



Entblattungs- und Minimalköpfungs-Verfahren werden sich in der Praxis – orientiert auch an den Ansprüchen der Zuckerindustrie - weiter etablieren, denn beiden ist gemeinsam: möglichst geringe Masseverluste und Verletzungen sowie keine (grünen) Blattreste im Erntegut.


Rübenlogistik


Eine effiziente Rübenverarbeitung in den Zuckerfabriken (oder Biogas-Anlagen) setzt die Bewältigung enormer Warenströme voraus. Bei Kampagne-längen Richtung 120 Tage und mehr muss die Verladung der Rübenmieten rund um die Uhr stattfinden. Schlüsselposition nimmt dabei die (selbstfahrende) Verlademaus ein. Alle Hersteller haben den Schritt zur „10 m-Aufnahmebreite“ vollzogen, wodurch rund ein Drittel mehr Rüben (und Erde!) pro Meter in der Miete liegen.



Das verlangt natürlich eine Anpassung der Erntetechnik (aber auch der Aufnahmetechnik an den Reinigungsladern) sowie der Logistikketten, die mit den unterschiedlichsten Software-Programmen unterstützt und vernetzt sind. Hürde ist stets der Einsatz unter schwierigen, feuchten Bedingungen mit hohen Anteilen an nasser, klebriger Erde in den Mieten. Stationäre Geräte stehen lediglich für Spezialnutzungen (mit Verleseband für Großmieten) noch zur Verfügung – eine Weiterentwicklung findet kaum noch statt.


Sauber und ohne Steine


Für den Lieferanten von Zuckerrüben in eine Zuckerfabrik ist mit der Vorreinigung und Bewertung der äußeren Qualität (mehr und mehr nur noch Erde und Grünanteile zu beachten) die Ernte abgeschlossen. Anders in/für die Biogas-Anlage: Je nach Standort und Boden bedarf es einer Trocken- oder Nassreinigung und vor allem Entsteinung. Mit wachsendem Interesse der Betreiber von Biogas-Anlagen bieten immer mehr etablierte Maschinenhersteller technische Lösungen für die entsprechende Aufbereitung dieser (Zucker-)Rüben. Das in Frage kommende Verfahren wird bestimmt von der Art der Langzeitkonservierung des Rübenmaterials. Dabei scheint sich die Ganzrübensilage aus Gründen der Minimierung der Verluste und Kosten durchzusetzen. Das Entsteinen stellt für alle Hersteller ein zentrales Thema dar, wobei einige je nach Bedarf noch Reinigungs- und Zerkleinerungsmodule verschiedener Leistungsklassen miteinander kombinieren und anbieten. Innovative kompakte Maschinen – im stationären oder mobilen Einsatz - nutzen dabei die mechanischen und physikalischen Eigenschaften der Zuckerrüben, wie zum Beispiel die statische Auftriebskraft im Wasser. Eine Rübenwäsche kann, muss aber nicht am Ende dieses Prozesses stehen.


Elektronik und Effizienz


Die Entwicklung der Technik für Zuckerrübenernte und -transport ist geprägt von einer umfassenden Nutzung der Elektronik für Regel- und Steuerfunktionen – sei es in die Zuckerfabrik oder bis zum Fermenter einer Biogasanlage. Die Touch-Screen-Technik (Standard u.a. bei Smartphones) soll den Maschinenführer weiter entlasten; Arbeitsschritte werden immer mehr automatisiert, um die Arbeitsqualität und Rüstzeiten bei wechselnden Fahrern im 24-Stunden-Einsatz zu halten bzw. zu steigern.



Strengere Auflagen für Abgaswerte in der EU bedingen neue Motorentechnik (in der Regel mit AdBlue-Zugabe), was der Leistung nicht abträglich ist. Automotives Arbeiten mit immer geringeren Motordrehzahlen reduziert zusätzlich den Kraftstoffverbrauch und die Lautstärke der Maschinen.


Fazit: Bodenschonung ist Trumpf


Der selbstfahrende Köpfrodebunker – meist 6- und 9-reihig, selten auch 12-reihig – setzt seinen Siegeszug weltweit fort. Spurversetztes Fahren in 3- oder immer weniger 2-achsigen Maschinen in Verbindung mit neuester Reifentechnologie oder mit Gurtband sorgt für ein effizientes, bodenschonendes Ernten und schafft „Luft“ im Einsatz für Schlechtwetterperioden im Herbst. Fortschritte in der Reifentechnologie (mit Reduzierung des Reifenfülldrucks auf 1,4 bar und damit Vergrößerung der Aufstandsfläche) kommen dem Boden zugute. Spurtreue, Seitenhangtauglichkeit und Gewichtsverteilung auf die Achsen sind in Kombination mit neuen ausgefeilten (hydraulischen) Fahrwerkskonzepten verbessert. Die Minimal-Köpfung mit modifiziertem Schlagentblatten (Verbindung von Gummi- und Stahl-Schlegeln) löst den klassischen Köpfer mit tief arbeitendem Blatt-Häcksler ab. Die Entblätterung mit zwei unabhängig voneinander arbeitenden Schlegel-Wellen im Frontanbau ist eine vollwertige Alternative am selbstfahrenden Köpfrodebunker sowohl für Rüben zur Biogas-Nutzung als auch in der Zuckerfabrik.


Ausblick und Wirkung


In der mit der Organisation der Rübenernte vernetzten Logistik der Rübenabfuhr spielt die „Maus“-Verladung eine Schlüsselrolle. In Ländern mit Vorreinigung am Feldrand setzen sich die selbstfahrenden Reinigungslader vom Bautyp „Maus“ und mit 10 m-Aufnahme weiter durch. Nur noch für Sonderlösungen (v.a. Steine!) werden kleinere gezogene bzw. angehängte Maschinenvarianten entwickelt. Die Mechanisierung der Mietenpflege – vor allem auf Vlies-Basis – schreitet parallel voran. Die digitale Datenvernetzung von Saat, Anbau, Ernte, Mietenpflege und Transport sorgt für eine Optimierung der gesamten Prozesskette.


Eine Stabilisierung bzw. Steigerung der Wettbewerbskraft der Rübe - für die Verwendung in der Zuckerfabrik oder Biogasanlage - durch technische Innovationen ist gegeben und bei globaler Betrachtung weiter nötig. Alle Maschinenhersteller sind mittlerweile in allen wichtigen Rübenanbauregionen der Welt aktiv. In der kostenintensiven Entwicklung sensorgesteuerter Automatisierung von Ernteaggregaten zur Entlastung des Fahrers werden zunehmend Kooperationen mit externen Forschungsinstituten eingegangen. Die Botschaft für die guten Rübenanbau-Regionen der Welt heißt: Neueste Technik im Feld erhöht die Konkurrenzkraft des Zuckers aus Rübe wesentlich!

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