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Warum hält sich der Markt für einfache Futterverteilwagen?

Der Mischwagen ist Standard auf Milchviehbetrieben. Trotzdem gibt es immer noch einen Markt für professionelle Futterverteilwagen – warum? Wir haben vier Betriebe besucht, die mit der einfachen Technik erfolgreich arbeiten. Es gilt fast als Gesetz, dass erfolgreiche Milchviehhalter nicht ohne Mischwagen auskommen.

Lesezeit: 8 Minuten

Der Mischwagen ist Standard auf Milchviehbetrieben. Trotzdem gibt es immer noch einen Markt für professionelle Futterverteilwagen – warum? Wir haben vier Betriebe besucht, die mit der einfachen Technik erfolgreich arbeiten.


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Es gilt fast als Gesetz, dass erfolgreiche Milchviehhalter nicht ohne Mischwagen auskommen. Und beim Einsatz einer TMR stimmt das sicher auch. Trotzdem verkaufen Firmen wie Holaras, Strautmann oder Schuitemaker auch in Deutschland eine ganze Reihe von Futterverteilwagen. Und Wagen mit bis zu 20 m3 Volumen sowie elektronischer Waage laufen sicher nicht auf Hobbybetrieben. Warum entscheiden sich also professionelle Milcherzeuger für die scheinbar altmodische Technik?


Ein schlagendes Argument – vor allem in Zeiten anhaltender niedriger Milcherlöse – ist sicher der Preis: Verteiler kosten weniger als die Hälfte eines Futtermischwagens ähnlicher Größe. Das kann aber nicht der einzige Grund sein. Auf der Suche nach weiteren Antworten haben wir deshalb vier überzeugte Verteilwagen-Besitzer besucht:


  • Helmer und Rainer de Vries im ostfriesischen Ihlow.
  • Knud Heuer, Hingstheide in Schleswig-Holstein.
  • Jörg Gaidetzka, der mit seiner Frau Jutta und seinen Eltern einen Betrieb in Dümmer bei Schwerin bewirtschaftet.
  • Friedrich Kinkelbur, Bio-Landwirt aus Minden in Nordrhein-Westfalen.



Alle Landwirte verfügen übrigens über eigene Erfahrungen mit Futtermischwagen. Entweder hatten sie bereits Vorführmischer im Einsatz oder sind sogar vom Mischer auf den Verteiler umgestiegen. Jörg Gaidetzka hat über Jahre mit einem Futtermischwagen gearbeitet, bevor er sich vor knapp vier Jahren bewusst zum Verteilwagen entschloss. Die anderen Milchviehhalter in der Region konnten das kaum verstehen, erinnert sich Jörg Gaidetzka.


Einfache Technik


Die Technik der Verteilwagen ist bekannt und einfach. Sie arbeiten fast wie ein klassischer Miststreuer und fördern das Futter per Kratzboden vor mehrere Walzen, die es an das Querförderband übergeben. Durch die modulare Bauweise hat der Landwirt bei den meisten Firmen die Wahl: Auswurf vorne oder hinten? Friedrich Kinkelbur hat sich bei seinem Wagen für den vorderen Austrag entschieden. Er muss zum Füttern einige Auffahrten meistern. Fördert der Kratzboden nach vorne, sorgt das Futter auch bei halb leerem Wagen für Gripp auf der Schlepperhinterachse. Helmer und Rainer de Vries haben dagegen einen Wagen mit hinten liegendem Förderband. Sie fahren rückwärts in den Stall.


Einige Hersteller bieten unterschiedliche Auflösewalzen für ihre Wagen an. Wichtig ist allen Landwirten das intensive Auflockern des Futters – die Kühe schätzen das. Bei „normalem“ Futter hatte keiner der Wagen Probleme. Schwieriger ist Ballensilage, die nur mit weniger Vorschub und voller Walzendrehzahl aufzulösen ist.


Knud Heuer setzt ausschließlich Ballen ein, die mit vollem Messersatz gepresst wurden. Außerdem lässt er den Ballen vor dem Wagen ein paar Mal auf den Boden fallen und lockert ihn so auf. Andere schneiden den Ballen per Blockschneider oder Schneidzange einmal in der Mitte durch, was die Sache deutlich erleichtert. Trotzdem sollte Ballensilage im Verteilwagen die Ausnahme bleiben.


Der Vorschub des Kratzbodens lässt sich hydraulisch verstellen. Alle Praktiker fahren nicht mit maximalem Vorschub, um das Futter optimal aufzulockern und gleichzeitig den Wagen zu schonen. Wie beim Futtermischwagen lässt sich bei einigen auch die Geschwindigkeit des Querförderbandes und damit die Wurfweite verstellen.


Beim Strautmann-Wagen der Familie de Vries funktioniert beides tadellos per Bowdenzug-Steuerung, was zusätzlich Kosten spart.


Bei den Abmaßen der Wagen können die Firmen teils flexibler reagieren als beim Futtermischer. Niedrige Bauhöhen für Altgebäude bei gleichzeitig großem Volumen lassen sich durch längere, flache Wagen einfacher umsetzen als beim Vertikalmischer.


Mit Straßenzulassung


Alle Landwirte haben festgestellt, dass es deutlich einfacher ist, für den Verteilwagen eine Betriebserlaubnis für die Straße zu bekommen als für einen Futtermischwagen. Eine gebremste Achse ist bei den Verteilern häufig serienmäßig verbaut. Friedrich Kinkelbur ließ seinen Wagen zusätzlich mit einer Druckluftbremse ausstatten, die ihm bei den steilen Stalleinfahrten Sicherheit bringt.


Der Biolandwirt entschied sich für einen möglichst großen Wagen mit „echten“ 20 m3, wie er sagt. Er findet die Volumenangabe realistischer als bei Futtermischwagen. Denn hier muss der Platzbedarf der Mischschnecken berücksichtigt werden. Außerdem ist das Futter auf dem Verteilwagen nicht aufgelockert wie beim Mischer, auch das bringt mehr Tonnage.


Beim Verteilwagen wird das Futter nur direkt vor den Walzen abgefräst. Der Mischwagen bewegt permanent die gesamte Menge, auch beim Austragen. Dementsprechend niedriger ist der Leistungsbedarf der Verteilwagen. Alle Praktiker halten 60 PS für ausreichend, auch wenn bei einigen größere Traktoren den Job erledigen. Dann aber mit Sparzapfwelle und reduzierter Drehzahl.


Der geringere Leistungsbedarf schlägt sich im Dieselverbrauch nieder. Jörg Gaidetzka schätzt, dass er heute im Vergleich zum Mischwagen rund zwei Drittel weniger Kraftstoff verbraucht. Friedrich Kinkelbur kommt beim Füttern seiner 120 Milchkühe plus Nachzucht mit rund 3 l Diesel am Tag aus. Auch das Anlaufmoment ist gering und unabhängig vom Füllstand des Wagens. Dieser Punkt war allen Praktikern wichtig – aus unterschiedlichen Gründen: Knud Heuer aus Schleswig-Holstein fährt mit dem beladenen Wagen zwei Kilometer zu einem gepachteten Stall. Ein Mischwagen ohne Schaltgetriebe lässt sich mit festgerütteltem Futter nur mit hohem Drehmoment in Gang setzen.


Jörg Gaidetzka und Friedrich Kinkelbur beladen den Wagen einmal am Tag, legen dann aber immer nur kleinere Mengen vor, bis zu vier- oder fünfmal. Die weitere Durchfahrt kostet kaum mehr Zeit als das Anschieben des Futters. „Dafür bekommen die Kühe mehrmals am Tag frisches Futter – sie fressen das einfach lieber“, findet Landwirt Kinkelbur. Jörg Gaidetzka hat beim Vergleich von Futtermischwagen und Verteiler bei gleicher Ration bezogen auf die 300er-Herde etwa eine Tonne mehr Futteraufnahme täglich festgestellt. Zum Anschieben der Reste direkt beim Nachlegen will er künftig in der Fronthydraulik einen Schiebereifen anbauen.


Familie de Vries füttert morgens und belädt den Wagen für sonntags bereits am Samstagabend. Alle anderen nutzen ähnliche Möglichkeiten, um sich z. B. in der Ernte Zeitfenster zu schaffen. Probleme mit Futtererwärmung auf dem Wagen hat keiner der Landwirte festgestellt. Die Silage bleibt beim Beladen kompakt und lockert nur wenig auf.


Schlechtere Mischwirkung


Der Verteilwagen hat natürlich eine deutlich geringere Mischwirkung – Schwerpunkt bleibt das Grundfutter. Alle vier Betriebe teilen das Kraftfutter deshalb per Transponder-Fütterung zu. Das Biokraftfutter ist für Friedrich Kinkelbur ein erheblicher Kostenfaktor, deshalb legt er großen Wert auf eine individuelle, genaue Dosierung. Seiner Ansicht nach würde das ständige Aufteilen der Herde in Gruppen Stress für die Tiere bedeuten. Mehrere Mischungen am Tag findet er auch nicht besonders arbeitswirtschaftlich.


Auch Jörg Gaidetzka will per Transponder auf den Punkt dosieren. Er hat zu Zeiten seines Mischwagens festgestellt, dass man oft „daneben füttert“, wenn z. B. die Zahl der Gruppen zu gering ist. Bei Knud Heuer und Familie de Vries bieten die älteren Ställe kaum Möglichkeiten für Leistungsgruppen und TMR. Beide haben Pläne für Neubauten wegen der aktuellen Milchpreise erstmal auf Eis gelegt. Bei einem Neubau könnten sie sich aber vorstellen, auf TMR nebst Mischwagen umzusteigen.


Damit der Verteiler das Futter einigermaßen gemischt ablegt, muss die Beladestrategie stimmen. Die Komponenten gehören schichtweise in den Wagen – „wie man befüllt, so kommt es heraus“, bringt es Helmer de Vries auf den Punkt. Um dabei immer den Überblick zu behalten, haben die Mitarbeiter von Friedrich Kinkelbur eine Skala an den Rand des Verteilwagens gemalt: alle 20 cm ein Strich mit fortlaufender Nummerierung. Das hatte sich schon beim Vorgängerwagen bewährt. Alle Betriebe entnehmen die Silage per Schneidzange oder, wie Jörg Gaidetzka, mit einem Blockschneider am Radlader.


Die Grassilage kommt nach unten, darüber Maissilage. Familie de Vries lädt in mehreren Schichten: Zunächst relativ lockere Grassilage, von oben oder vom Rand des Futterstocks, das dämpft den „Aufprall“ der folgenden Futterpakete. Darüber kommt eine Schicht Mais, dann folgen als Ergänzung rund 200 kg Soja-Triticale-Mischung. Dann wieder Gras und abschließend eine Maisschicht. Weil die Silos nebeneinanderliegen, sind die dünneren Einzelschichten kein Problem.


Beim Ausbringen legen de Vries’ das komplette Futter vor. Dabei läuft der Vorschub des Wagens langsam und die Landwirte fahren zweimal am Trog vorbei. Das dauert kaum länger und gleicht Ungleichmäßigkeiten beim Beladen aus. Mit der gleichen Strategie arbeitet auch Knud Heuer. Weil er den Wagen mit einem Schmalspurschlepper zieht, wird das Futter kaum überrollt.


Struktur bleibt erhalten


Die Walzen des Verteilers lockern das Futter intensiv auf, ohne es zu zerkleinern. Es liegt in einem sehr lockeren, luftigen Schwad. Das ist für Jörg Gaidetzka der wichtigste Vorteil: „Die Struktur bleibt komplett erhalten – das Futter ist fast stachelig.“ Gaidetzka konnte deshalb das Stroh aus der Ration streichen. Ein Vorteil, denn in seiner feuchten Region ist pilzfreies Qualitätsstroh knapp. Der Praktiker ist sicher, dass Verdauungs- und Klauenprobleme durch das strukturreichere Futter abgenommen haben – die Remontierungsrate des Betriebes liegt zwischen 16 und 18 %.


Natürlich haben die Kühe beim Verteilerfutter mehr Möglichkeiten zu selektieren. Und mitunter bleiben auch etwas mehr Reste zurück. Doch die Verteilwagen-Besitzer sehen beides nicht unbedingt als Nachteil. Zum einen legen sie nur Grundfutter vor, hier gibt es also kaum Anlass für die Kühe, sich Rosinen rauszupicken. Zum anderen sollen die Tiere nur das fressen, was ihnen schmeckt – und davon möglichst viel. Jörg Gaidetzka glaubt, dass im Mischwagen auch mal schlechteres Futter „verschwindet“. Ähnlich wie beim Salz in der Suppe kann auch eine kleine Menge den Geschmack der ganzen Portion verderben.

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